Bundesverfassungsgericht, Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren vom 29.08.2011, Az. 1 BvR 280/09

1. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2011, 3699

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Anordnung der Auslagenerstattung für das Verfassungsbeschwerdeverfahren nach Erledigterklärung - Gegenstandswertfestsetzung auf 10.000 Euro - Gleichbehandlung von in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Versorgungsempfängern mit Ehegatten im Hinblick auf Zusatzversorgungsbezüge


Tenor

Das [X.] und die [X.] haben dem Beschwerdeführer die durch die Verfassungsbeschwerde entstandenen notwendigen Auslagen je zur Hälfte zu erstatten.

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betraf die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnern und verheirateten Personen bei der Berechnung von Betriebsrentenanwartschaften in Form sogenannter [X.] anlässlich einer Systemumstellung der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Bei der Berechnung der [X.] kam es unter anderem als Berechnungsgröße auf das (fiktive) Nettoarbeitsentgelt der Versicherten an, das unter Zugrundelegung der Satzung der [X.] in ihrer bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung ([X.]S a.F.) berechnet wurde. Diese sah vor, dass bei Ermittlung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts hinsichtlich der Einkommensteuer bei verheirateten Personen pauschal - und damit unabhängig von der tatsächlichen Steuerklasse - die Steuerklasse III/0 zugrunde zu legen war (§ 41 Abs. 2c Buchstabe a [X.]S a.F.). Für eingetragene Lebenspartnerschaften fehlte es an einer entsprechenden Regelung.

2

Der Beschwerdeführer ist im öffentlichen Dienst beschäftigt und bei der [X.] zusatzversichert. Er lebt seit 2001 in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Die [X.] berechnete anlässlich der Systemumstellung seine Startgutschrift und legte dabei die Steuerklasse I/0 zugrunde. Die auf Neuberechnung seiner Startgutschrift unter Zugrundelegung der [X.]/0 gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos. Der Beschwerdeführer stützte seine Verfassungsbeschwerde auf eine Verletzung von [[X.]-2d4a-48fc-a343-13dfe5869e47]Art. 3 Abs. 1 [X.]] durch die angegriffenen Urteile.

3

Der [X.] ([X.]) entschied durch Urteil vom 10. Mai 2011 - [X.]/08 - (NJW 2011, [X.]), dass Art. 1 in Verbindung mit den Art. 2 und 3 Abs. 1 Buchstabe c der Richtlinie 2000/78 einer Regelung entgegensteht, wonach ein in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebender Versorgungsempfänger keine Zusatzversorgungsbezüge erhält, die den einem nicht dauernd getrennt lebenden verheirateten Versorgungsempfänger gewährten entsprechen, obwohl nach nationalem Recht die eingetragene Lebenspartnerschaft die Personen gleichen Geschlechts in eine Situation versetzt, die in Bezug auf diese Versorgungsbezüge mit der Situation von Ehegatten vergleichbar ist.

4

Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung berechnete die [X.] die Startgutschrift des Beschwerdeführers neu unter Zugrundelegung der [X.]/0. Der Beschwerdeführer hat mit [X.] vom 22. Juli 2011 das Verfassungsbeschwerdeverfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, dem [X.] und der [X.] die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers aufzuerlegen.

5

Dem Beschwerdeführer sind seine notwendigen Auslagen im Verfassungsbeschwerdeverfahren in vollem Umfang zu erstatten.

6

1. Über die Hauptsache ist infolge der Erledigungserklärung nicht mehr zu entscheiden (vgl. [X.] 85, 109 <113>). Über die Erstattung der Auslagen ist nach [X.] zu entscheiden (§ 34a Abs. 3 [X.]). Dabei kann insbesondere dem Grund, der zur Erledigung geführt hat, wesentliche Bedeutung zukommen. Beseitigt die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt oder hilft sie der Beschwer auf andere Weise ab, so kann, falls keine anderweitigen Gründe ersichtlich sind, davon ausgegangen werden, dass sie das Begehren des Beschwerdeführers selbst für berechtigt erachtet hat. In diesem Fall ist es billig, die öffentliche Hand ohne weitere Prüfung an ihrer Auffassung festzuhalten und dem Beschwerdeführer die Erstattung seiner Auslagen in gleicher Weise zuzubilligen, wie wenn seiner Verfassungsbeschwerde stattgegeben worden wäre (vgl. [X.] 85, 109 <115>; 87, 394 <397>; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 2. Februar 1998 - 2 BvR 356/97 -, juris; Beschluss der [X.] des [X.] vom 11. Mai 2004 - 1 BvR 363/04 -, juris; Beschluss der [X.] des [X.] vom 6. Oktober 2004 - 1 BvR 781/04 -, juris; [X.], 316 <327 f.>).

7

2. Nach diesen Grundsätzen erscheint es im vorliegenden Fall billig, die Auslagenerstattung anzuordnen. Die [X.] berechnete die Startgutschrift des Beschwerdeführers neu und beseitigte die Beschwer damit selbst. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass sie das Begehren des Beschwerdeführers in Ansehung des Urteils des [X.] vom 10. Mai 2011 (a.a.[X.]), auf das sie in dem Mitteilungsschreiben über die Neuberechnung ausdrücklich Bezug nahm, inzwischen selbst als berechtigt erachtet. Hieran kann die öffentliche Hand ohne weitere Prüfung festgehalten und die Auslagenerstattung des Beschwerdeführers in gleicher Weise zugebilligt werden, wie wenn der Verfassungsbeschwerde stattgegeben worden wäre. Demzufolge haben das [X.] und die [X.] dem Beschwerdeführer je zur Hälfte seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

8

3. Die Entscheidung über den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG.

Meta

1 BvR 280/09

29.08.2011

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 3. Kammer

Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren

Sachgebiet: BvR

vorgehend BGH, 14. Februar 2007, Az: IV ZR 267/04, Urteil

Art 3 Abs 1 GG, § 34a Abs 3 BVerfGG, Art 1 EGRL 78/2000, Art 2 EGRL 78/2000, Art 3 Abs 1 Buchst c EGRL 78/2000, § 37 Abs 2 S 2 RVG, § 41 Abs 2c Buchst a VBLSa, § 41aF Abs 2c Buchst a VBLSa

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren vom 29.08.2011, Az. 1 BvR 280/09 (REWIS RS 2011, 3699)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3699


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 BvR 1164/07

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 1164/07, 22.02.2010.

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 1164/07, 07.07.2009.


Az. 1 BvR 280/09

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 280/09, 29.08.2011.


Az. IV ZR 267/04

Bundesgerichtshof, IV ZR 267/04, 07.07.2010.


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