Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.03.2013, Az. III ZR 417/12

III. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7387

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[X.]R: ja

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 417/12
Verkündet am:

14. März 2013

B o t t

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. März
2013
durch den Vizepräsidenten [X.] und die Richter [X.], [X.], [X.] und Dr. Remmert

für Recht erkannt:

Die Revision der [X.] gegen das Urteil der
1. Zivilkammer
des [X.]s [X.] vom 15. Juni 2012
wird zurückgewie-sen.

Die [X.]
haben
die Kosten des [X.] zu tra-gen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Parteien streiten um ein
von der Klägerin geltend gemachtes
Besitz-recht an einer [X.].

Die [X.] sind seit 1998 (in [X.]) Ei-gentümer eines im Jahre 1986 parzellierten Grundstücks in [X.]

, auf dem sich,
wie
im Verhältnis zwischen den Parteien rechtskräftig festgestellt worden ist (Teil-
und Schlussurteil des Amtsgerichts P.

vom 1. September 2004
-
20 [X.]), Kleingärten im Sinne des Bundeskleingartengesetzes
befinden. Die Klägerin nutzt die Parzelle 22 dieses Grundstücks. Für diese Parzelle 1
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-

schloss sie am 20. Dezember 1996 einen "[X.]"
mit dem Verband der Garten-
und Siedlerfreunde e.V. Kreisvorstand P.

(im Fol-genden: [X.]), der indes, wie zwischen den Parteien ebenfalls rechtskräftig festgestellt worden ist (Teilurteil des Amtsgerichts P.

vom 9. Juni 2004
-
20
[X.]), für die [X.] nicht verpflichtend ist. Im September 2010 ließen die [X.] auf ihrem Grundstück neue Elektroleitungen verlegen und im Zuge dieser Maßnahme
auf der von der Klägerin genutzten Parzelle einen Teil des [X.] und der [X.] entfernen, um an dieser
Stelle einen Stromkasten aufzustellen.

Die Klägerin verlangt von den [X.] die Entfernung des [X.], die Wiederanpflanzung der Hecke und die Wiederherstellung
des Zauns. Sie stützt
sich auf
ein vertragliches Besitz-
und Nutzungsrecht
und hat dieses (zuletzt)
aus einem "Nutzungsvertrag für [X.] in Wochen-endsiedlungen des [X.]"
mit dem [X.], Siedler und Klein-tierzüchter, Kreisvorstand P.

(im Folgenden: [X.]) vom
23. November 1988 hergeleitet. Die [X.] begehren im Wege der Widerklage die [X.] und Herausgabe der Parzelle. Sie haben die Wirksamkeit des [X.] bestritten und sich hilfsweise auf eine am 27. Mai 2010 [X.] fristlose Kündigung dieses Vertrags wegen Zahlungsverzugs der Klägerin berufen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattge-geben. Das [X.] hat das Ersturteil auf die Berufung der Klägerin [X.],
der Klage stattgegeben und
die Widerklage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben
die [X.] die Wieder-herstellung des erstinstanzlichen Urteils.

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4
-

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin könne wegen verbo-tener Eigenmacht der [X.] die Beseitigung der Besitzstörung verlangen.
Ein
Räumungs-
und Herausgabeanspruch stehe den [X.]
nicht zu, weil die Klägerin aufgrund des
Nutzungsvertrags
vom 23. November 1988 in [X.] mit §
20a [X.] zum Besitz und zur Nutzung der [X.] berechtigt sei.
Nach
der Aussage des Zeugen

N.

stehe fest, dass der Nutzungsvertrag vom 23. November 1988 zwischen der Klägerin und dem [X.] wirksam abgeschlossen worden sei. Soweit die [X.] die Echtheit dieses Vertrags bestreiten, sei dies "ins Blaue hinein"
erfolgt und [X.] unbeachtlich. Der Nutzungsvertrag sei gemäß §
20a [X.] in den Gel-tungsbereich des Bundeskleingartengesetzes übergeleitet und nicht durch den Pachtvertrag zwischen der Klägerin und dem [X.] vom 20.
Dezember 1996 ersetzt worden. Mangels Identität der Vertragsparteien sowie in Anbetracht des [X.] liege keine Umgestaltung des alten Schuldverhältnisses durch eine Novation vor. Das sonach bestehende Vertragsverhältnis sei auch nicht durch die fristlose Kündigung der [X.] beendet worden, da es an einem Zahlungsverzug der Klägerin fehle.
Die Klägerin habe die Pachtzinsen über die von ihr Bevollmächtigten -

E.

und den [X.]
-
mit Erfüllungswir-kung geleistet. Die [X.] seien zur Zurückweisung dieser Zahlungen nicht berechtigt gewesen. Die Zuordnung der zusammengefassten Pachtzahlungen zu den einzelnen Pächtern sei den [X.] offengelegt und für diese erkenn-5
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-

bar gewesen. Ihnen
sei auch bekannt gewesen, dass die Klägerin über einen "Altvertrag"
verfüge.

II.

Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.

1.
Die Würdigung des Berufungsgerichts, der Nutzungsvertrag vom 23. No-vember 1988 sei wirksam zustande gekommen und durch den Pachtvertrag vom 20. Dezember 1996 nicht in Wegfall geraten, begegnet keinen durchgrei-fenden rechtlichen Bedenken.

a) Gestützt auf die Aussage des Zeugen
N.

, des damaligen Sekre-tärs
des Kreisverbands des [X.],
hat das Berufungsgericht die Überzeugung von der Echtheit des vorgelegten Nutzungsvertrags gewonnen.

Die in diesem Zusammenhang von der Revision erhobene
Rüge der Ver-letzung des § 286 ZPO hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erach-tet. Von einer
Begründung wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.

b) Der Nutzungsvertrag vom 23. November 1988 ist auch nicht im Wege der Schuldumschaffung (Novation) durch den Pachtvertrag vom 20. Dezember 1996 in Wegfall geraten.

aa) Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass der [X.] schon nicht befugt gewesen ist, durch Vereinbarung mit der Klägerin den Nutzungsvertrag vom 23. November 1988 aufzuheben und durch einen ande-7
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ren Vertrag zu ersetzen, weil er unstreitig nicht Rechtsnachfolger des [X.] (als bisherige Vertragspartei) ist (vgl. hierzu Senatsurteil vom 16. Dezember 2004
-
III
ZR 179/04, [X.], 475 f).

bb) Unbeschadet dessen lässt die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Pachtvertrags vom 20. Dezember 1996 als bloße (freilich: man-gels Sachbefugnis des [X.]
fehlgeschlagene)
Änderung des [X.] (im Sinne einer Anpassung an die Vorschriften des Bundeskleingartengesetzes) einen Rechtsfehler nicht erkennen.

Nach der Rechtsprechung des [X.] ist bei der [X.] zwischen einer Vertragsänderung und einer Novation durch Auslegung zu ermitteln, was die Parteien im Einzelfall
gewollt haben. Bei dieser Auslegung ist die anerkannte Auslegungsregel zu beachten, dass bei der Feststellung des Willens der Parteien, das alte Schuldverhältnis aufzuheben und durch ein neu begründetes Rechtsverhältnis zu ersetzen, im Hinblick auf die damit verbunde-nen einschneidenden Folgen große Vorsicht geboten ist und von einer Novation nur ausnahmsweise ausgegangen werden darf, sofern die Parteien einen sol-chen Willen unzweifelhaft zum Ausdruck bringen; im Zweifel ist daher nur von einer Vertragsänderung auszugehen (s. zu alldem etwa Senatsurteil vom 14.
November 1985 -
III
ZR 80/84, NJW 1986, 1490; [X.], Urteil vom 1. Okto-ber 2002 -
IX
ZR 443/00, NJW 2003, 59; Beschluss vom 22. Juni 2010 -
VIII
ZR 192/09, BeckRS 2010, 19644 Rn.
12; Urteile vom 5. Oktober 2010 -
VI
ZR 159/09, [X.]Z 187, 156, 165 Rn.
21; vom 26. Oktober 2010 -
XI
ZR 367/07, NJW-RR 2011, 403, 405 Rn. 28 und vom 21. November 2012 -
VIII
ZR 50/12, BeckRS 2013, 00692 Rn.
20).

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7
-

Diese Maßgaben
hat das Berufungsgericht beachtet und seiner Ausle-gung zu Grunde gelegt. Einen Rechtsfehler zeigt die Revision insoweit nicht auf. Sie möchte lediglich
-
in revisionsrechtlich unzulässiger Weise
-
ihre eigene Auslegung an die Stelle der Auslegung
des Berufungsgerichts setzen.

2.
Nicht zu beanstanden ist schließlich auch die Auffassung
des Beru-fungsgerichts, dass der Nutzungsvertrag nicht wirksam gemäß §
8 Nr.
1 [X.] gekündigt worden sei, weil kein Zahlungsverzug der Klägerin vorge-legen habe.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, welche die Revision als solche nicht in Zweifel zieht, hat die Klägerin die Pachtzinszahlungen
über Be-vollmächtigte, nämlich

E.

und den [X.], im Rahmen von Sammelüberweisungen -
gemeinsam mit anderen Nutzern der Kleingartenanla-ge
-
an die [X.] geleistet.

Entgegen der Ansicht der Revision waren die [X.] nicht zur Zu-rückweisung dieser Zahlungen berechtigt. Für die [X.] war ohne weiteres erkennbar, dass es sich bei diesen Zahlungen um Entgelte für die Nutzung der [X.](n) handelte. Ihnen
war zuvor mitgeteilt worden, dass der [X.] bei der Vornahme der Überweisungen als (Unter-)Bevollmächtigter der Kleingartennutzer, insbesondere auch der Klägerin, handelte und welche [X.] auf die einzelnen Pächter entfielen. Zudem war den [X.] seit dem Jahre 2003 bekannt, dass die Klägerin ihr Besitz-
und Nutzungsrecht an dem Kleingarten -
auch
-
auf einen "Altvertrag", nämlich den Nutzungsvertrag mit dem [X.] vom 23. November 1988, stützte.

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8
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Das Berufungsgericht ist daher zu Recht zu dem Schluss gekommen, dass die Pachtzinsforderungen der [X.] gegen die Klägerin mit Gutschrift der Überweisungen auf dem Konto der [X.] durch Erfüllung erloschen sind
(vgl. dazu [X.], Urteil vom 28. Oktober 1998 -
VIII
ZR 157/97, NJW 1999, 210 mwN).

Im Übrigen
wäre die Klägerin auch dann nicht in Schuldnerverzug [X.],
wenn die Erfüllungswirkung infolge der Rücküberweisung der [X.] -
mangels Annahme der Zahlungen durch die [X.]
-
gehin-dert worden sein sollte.
Denn durch die Ablehnung der angebotenen Zahlungen
wären die [X.] ihrerseits in Annahmeverzug geraten
(§§
293, 294 BGB), der einen Schuldnerverzug entfallen lässt
(vgl. [X.], Urteile vom 3. April 2007
-
X
ZR 104/04, NJW 2007, 2761,
2762 Rn.
7 und vom 15.
März 2012 -
IX
ZR 34/11, BeckRS 2012, 07964 Rn.
7).

3.
Mangels wirksamer Kündigung besteht zwischen den Parteien nach wie vor ein Kleingartennutzungsverhältnis. Dies bedeutet nicht nur, dass den [X.] kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Parzelle zusteht
(Widerklage), sondern zugleich, dass die eigenmächtige Beseitigung eines Teils der [X.] und des vorhandenen [X.] eine schuldhafte Vertragspflichtverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB)
darstellte. Es kann
deshalb
da-hinstehen, ob es insoweit (Wiederherstellung des vorherigen Zustands) -
wie

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-

das Berufungsgericht gemeint hat
-
(noch) um die Beseitigung einer (Besitz-)
Störung oder aber um Schadensersatz geht.

[X.]
[X.]
[X.]

[X.]
Remmert
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.08.2011 -
33 [X.]/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 15.06.2012 -
1 S 26/11 -

Meta

III ZR 417/12

14.03.2013

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.03.2013, Az. III ZR 417/12 (REWIS RS 2013, 7387)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7387

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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III ZR 417/12

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