Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.03.2020, Az. XI ZR 199/18

11. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 1376

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Gegenstand

Gerichtliches Mahnverfahren: Zustellung der Aufforderung zur Anspruchsbegründung


Tenor

Der Antrag des [X.] auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des 14. Zivilsenats des [X.] vom 28. Februar 2018 wird zurückgewiesen.

Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] gegen den Beschluss des 14. Zivilsenats des [X.] vom 28. Februar 2018 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 580.000 €.

Gründe

I.

1

Die Voraussetzungen für die beantragte Gewährung einer Wiedereinsetzung in die [X.] (§ 233 ZPO) sind nicht erfüllt.

2

Zwar kann Wiedereinsetzung gewährt werden, wenn eine Rechtsmittelbegründung aufgrund eines Übermittlungsfehlers nicht vollständig bei Gericht eingegangen ist, auch wenn der fristgerecht eingegangene Rest des Schriftsatzes - wie hier - die Mindestanforderungen an eine Rechtsmittelbegründung wahrt ([X.], Beschluss vom 18. November 1999 - [X.], [X.], 364 f.).

3

Der Kläger hat jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass er ohne ein ihm [X.] (§ 85 Abs. 2 ZPO) Verschulden seines Prozessbevollmächtigten gehindert war, die per Telefax nicht ordnungsgemäß übermittelten Passagen seiner Beschwerdebegründung innerhalb der [X.] des § 544 Abs. 2 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung anzubringen. Im Hinblick darauf, dass der mit dem Wiedereinsetzungsantrag vorgelegte Sendebericht von 16.27 Uhr einen Hinweis auf eine mögliche Beeinträchtigung der Lesbarkeit von Teilen des übermittelten Schriftsatzes enthielt und die [X.] des [X.] telefonisch nicht erreicht werden konnte, war es angesichts des Kanzleisitzes in der [X.]    in [X.]       möglich und zumutbar, den Schriftsatz bis 24.00 Uhr im Original in den Briefkasten des [X.] einzuwerfen (vgl. Senatsbeschluss vom 24. September 2019 - [X.], juris Rn. 24).

II.

4

Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] hat keinen Erfolg, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

5

Insbesondere ist die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung oder zur Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Fall 1 ZPO) zuzulassen, weil das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, die Aufforderung zur Anspruchsbegründung nach § 697 ZPO müsse nicht zugestellt werden.

6

Aus dem durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses ([X.]) mit Wirkung vom 1. Januar 2002 eingefügten § 697 Abs. 1 Satz 2 ZPO und der Gesetzesbegründung zur Einfügung dieser Vorschrift (BT-Drucks. 14/4722, [X.]) ergibt sich klar und eindeutig, dass - jedenfalls seit 2002 - eine Zustellung der Aufforderung zur Anspruchsbegründung nicht erforderlich ist (so auch [X.]/[X.], ZPO, 33. Aufl., § 697 Rn. 4; [X.] in [X.], ZPO, 11. Aufl., § 697 Rn. 2; [X.]/[X.], ZPO, 78. Aufl., § 697 Rn. 7; [X.] ZPO/Dörndorfer, 35. Edition, Stand 1.1.2020, § 697 Rn. 3; [X.], 8. Aufl., § 697 Rn. 3; [X.], ZPO, 8. Aufl., § 697 Rn. 1; wohl ebenso [X.] in Musielak/[X.], ZPO, 16. Aufl., § 697 Rn. 2).

7

Die von § 697 Abs. 1 Satz 2 ZPO angeordnete entsprechende Geltung von § 270 Satz 2 ZPO (bis zum 31. Juli 2002 § 270 Abs. 2 Satz 2 ZPO) wäre überflüssig, wenn die Aufforderung zur Anspruchsbegründung förmlich zugestellt werden müsste. Zudem heißt es im Entwurf des [X.] vom 24. November 2000 (BT-Drucks. 14/4722, [X.]) ausdrücklich, dass diese Anfügung auf die Reduzierung von Zustellungen abzielt und klarstellt, dass eine Zustellung der Aufforderung zur Anspruchsbegründung nicht erforderlich ist, vielmehr eine formlose Übermittlung (Übersendung durch die Post) genügt. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass seit der Neufassung von § 697 Abs. 2 und 3 ZPO mit Wirkung vom 1. April 1991 nicht mehr spätestens bei Ablauf der Zweiwochenfrist für die Anspruchsbegründung Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen ist. Vielmehr erfolgt, solange eine Anspruchsbegründung nicht eingegangen ist, die Terminsbestimmung erst dann, wenn der Antragsgegner diese beantragt, und in diesem Fall wird dem Antragsteller eine (neue) Frist zur Anspruchsbegründung gesetzt (§ 697 Abs. 3 ZPO). Eine Versäumung der Frist aus § 697 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat überdies keine Präklusion gemäß § 296 Abs. 1 ZPO zur Folge ([X.]/[X.], aaO Rn. 4, 10).

8

Schließlich ermöglicht § 270 Satz 2 ZPO auch im Rahmen der Anwendung von § 204 Abs. 2 Satz 3 BGB, der § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB in der bis zum 31. Oktober 2018 geltenden Fassung entspricht, die Bestimmung des Zeitpunkts, in dem die letzte Verfahrenshandlung des Gerichts, mit der die [X.] für das Ende der Hemmung beginnt, der [X.] zugegangen ist (zur Notwendigkeit des Zugangs vgl. [X.], Urteile vom 20. Februar 1997 - [X.], [X.]Z 134, 387, 391 und vom 5. Februar 1998 - [X.], NJW-RR 1998, 954).

9

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

[X.]     

      

Grüneberg     

      

Matthias

      

Derstadt     

      

Schild von Spannenberg     

      

Meta

XI ZR 199/18

10.03.2020

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Nürnberg, 28. Februar 2018, Az: 14 U 2009/16

§ 270 S 2 ZPO, § 697 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.03.2020, Az. XI ZR 199/18 (REWIS RS 2020, 1376)

Papier­fundstellen: WM2020,857 REWIS RS 2020, 1376

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

IX ZR 185/23

XI ZR 199/18

Zitiert

XI ZB 9/19

Zitieren mit Quelle:
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