Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.05.2014, Az. 2 AZR 1005/12

2. Senat | REWIS RS 2014, 5760

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Gegenstand

Betriebsbedingte Kündigung - Betriebsratsanhörung - Übergangsmandat - Restmandat


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 17. August 2012 - 10 [X.] 1347/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

2

Die Beklagte war - jedenfalls bis Ende Mai 2009 - auf dem Gebiet der Industriereinigung unternehmerisch tätig. Der Kläger war bei ihr seit September 2000 als Reiniger beschäftigt. Sein Bruttomonatsverdienst betrug rund 2.460,00 Euro. Seit dem Frühjahr 2008 erbrachte er - zumindest zeitweise aufgrund von Arbeitsunfähigkeit - für die Beklagte keine Arbeitsleistungen mehr.

3

Anfang April 2009 vereinbarte die Beklagte mit der [X.] ([X.]) einen Betriebspachtvertrag mit Wirkung zum 1. Juni 2009. Anschließend unterrichtete sie den Kläger über einen aus ihrer Sicht damit einhergehenden Betriebsübergang. Mit Schreiben vom 8. Mai 2009 widersprach der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die [X.].

4

Mit Schreiben vom 23. Juni 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien „fristgerecht“ zum 31. Juli 2009. Sie verwies auf fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten.

5

Gegen die Kündigung hat der Kläger - rechtzeitig - die vorliegende Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Sein Arbeitsplatz sei nicht weggefallen. Die Beklagte habe ihre unternehmerische Tätigkeit nicht, zumindest nicht vollständig eingestellt. Sie führe weiterhin Reinigungsarbeiten in Kraftwerken durch und setze dabei Arbeitnehmer ein, die dem behaupteten Betriebsübergang gleichfalls widersprochen hätten. Unabhängig davon sei die Kündigung nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Die Beklagte habe den im übergegangenen Betrieb gewählten Betriebsrat zur Kündigung anhören müssen. Für die [X.] vom 1. September bis 30. November 2009 habe er Anspruch auf Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs. Seit Ende August 2009 sei er wieder arbeitsfähig gewesen.

6

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 23. Juni 2009 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.500,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 2.500,00 Euro seit jeweils dem 1. Kalendertag der Monate Oktober, November und Dezember 2009 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgebracht, das [X.] finde keine Anwendung. Andernfalls sei die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 [X.] bedingt. Seit Anfang Juni 2009 habe sie im Bereich der Industriereinigung keine Aufträge mehr erledigt und Mitarbeiter nicht mehr tatsächlich beschäftigt. Gegenstand ihrer unternehmerischen Tätigkeit sei nur noch die Verpachtung des von der [X.] genutzten Grundstücks. Damit seien Beschäftigungsmöglichkeiten im bisherigen Arbeitsbereich des [X.] weggefallen. Den im übergegangenen Betrieb gewählten Betriebsrat habe sie zur Kündigung nicht anhören müssen. Ein Übergangs- oder [X.] habe diesem nicht zugestanden. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung der begehrten Vergütung. Er habe seine Arbeitsfähigkeit vor Ablauf der Kündigungsfrist nicht wiedererlangt.

8

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 23. Juni 2009 erst zum 30. September 2009 beendet worden ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren, soweit es in den Vorinstanzen erfolglos geblieben ist, weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist unbegründet.

A. Was den Vergütungsanspruch des [X.] für den Monat September 2009 betrifft, ist die Revision schon deshalb unbegründet, weil die [X.]erufung des [X.] in diesem Umfang unzulässig war. Es fehlt damit insoweit an einer - vom [X.] wegen zu prüfenden - Prozessfortsetzungsvoraussetzung. Unerheblich ist, dass das [X.] die [X.]erufung insgesamt als zulässig angesehen hat (vgl. [X.] 13. Februar 2013 - 7 [X.] - Rn. 11 mwN).

I. Das Arbeitsgericht hat den betreffenden Zahlungsanspruch des [X.] für unbegründet erachtet, obwohl es - rechtskräftig - auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 30. September 2009 erkannt hat. Es hat angenommen, der Kläger habe nicht hinreichend dargelegt, für seine vertraglich geschuldete Tätigkeit als Kesselreiniger leistungsfähig gewesen zu sein. Unabhängig davon habe er nicht mitgeteilt, in welcher Höhe er - auf das Arbeitsentgelt anzurechnende - Lohnersatzleistungen bezogen habe.

II. Der Kläger hat sich in der [X.]erufungsbegründung darauf beschränkt, pauschal auf seine wiedererlangte Arbeitsfähigkeit zu verweisen, ohne sich - wie nach § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO erforderlich (zu den Anforderungen an die [X.]erufungsbegründung: vgl. [X.] 17. Januar 2007 - 7 [X.] - Rn. 11 mwN, [X.]E 121, 18) - mit den Gründen des angefochtenen Urteils näher auseinanderzusetzen. Insbesondere hat er nicht dargelegt, warum die Zweitbegründung des Arbeitsgerichts betreffend den Erhalt von Lohnersatzleistungen dessen Entscheidung nicht trage (zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels in einem solchen Fall: [X.] 2. Mai 2014 - 2 [X.] - Rn. 39 mwN; 11. März 1998 - 2 [X.] - zu I der Gründe, [X.]E 88, 171).

[X.]. Die Revision ist auch hinsichtlich der weiteren Streitgegenstände nicht begründet. Zwar war die [X.]erufung des [X.] insoweit zulässig, sie war aber unbegründet. Das [X.] hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 23. Juni 2009 aufgelöst worden ist.

I. Die ordentliche Kündigung ist wirksam.

1. Sie ist nicht nach § 613a Abs. 4 [X.]G[X.] unwirksam. Die Vorschrift schützt nur vor einer Kündigung „wegen“ des [X.]etriebsübergangs. Sie greift nicht ein, wenn, wie im Streitfall, der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf einen [X.] widersprochen hat und der Arbeitgeber nunmehr wegen des Fehlens einer [X.]eschäftigungsmöglichkeit kündigt (vgl. [X.] 24. Februar 2000 - 8 [X.] - zu II 3 der Gründe; 21. März 1996 - 2 [X.] - zu IV 1 der Gründe, [X.]E 82, 316).

2. Selbst wenn das [X.] im Kündigungszeitpunkt auf das Arbeitsverhältnis der Parteien (noch) Anwendung fand, ist die Kündigung nicht gemäß § 1 Abs. 1 [X.] unwirksam. Sie ist durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 [X.] bedingt. Die [X.] Auswahl (§ 1 Abs. 3 [X.]) hat der Kläger nicht gerügt.

a) Dringende betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung bedingen, können sich daraus ergeben, dass sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, deren Umsetzung das [X.]edürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer im [X.]etrieb dauerhaft entfallen lässt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist ([X.] 29. August 2013 - 2 [X.] - Rn. 13; 20. Juni 2013 - 2 [X.] - Rn. 19). Ohne Einschränkung nachzuprüfen ist hingegen, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und ob dadurch das [X.]eschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist ([X.] 29. August 2013 - 2 [X.] - Rn. 13).

b) Daran gemessen war die Kündigung berechtigt.

aa) Das [X.] hat angenommen, die [X.]eklagte habe ihren [X.]etrieb iSd. § 613a [X.]G[X.] mit Wirkung zum 1. Juni 2009 auf die [X.] übertragen. Es stützt sich dabei ersichtlich auf den „[X.]etriebspachtvertrag“ vom 7. April 2009. Danach hat die [X.]eklagte zum fraglichen Termin der [X.] ihren [X.]etrieb mit dem Geschäftszweck „Industriereinigung“ einschließlich dort bezeichneter Immobilien und des beweglichen Sachanlagevermögens zur „Nutzung und Fortentwicklung“ überlassen. Gegen diese - nachvollziehbare - Würdigung bringt der Kläger nichts vor. Er stellt nicht in Abrede, dass die im „[X.]etriebspachtvertrag“ getroffenen Vereinbarungen umgesetzt worden sind.

bb) Das [X.] hat ferner - auf der Grundlage einer erstinstanzlich durchgeführten [X.]eweisaufnahme - angenommen, bei der [X.] hätten nach dem [X.]etriebsübergang keine [X.]eschäftigungsmöglichkeiten mehr bestanden. Zwar hätten einzelne Arbeitnehmer dem [X.]etriebsübergang widersprochen. Diese seien aber faktisch nicht mehr für die [X.]eklagte tätig geworden. Die betreffenden Mitarbeiter hätten ihre Arbeitsleistungen vielmehr ausschließlich gegenüber der [X.] erbracht. Deren [X.]etriebsleiter habe ihnen Arbeitsanweisungen erteilt. Auch lauteten die aus der fraglichen [X.] herrührenden Gehaltsbescheinigungen und die zur Vorlage beim Finanzamt bestimmten Arbeitsbescheinigungen auf die [X.]. Andere Umstände, die auf eine Fortführung des operativen Geschäfts durch die [X.]eklagte hindeuten könnten, lägen nicht vor. An die dieser Würdigung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen ist der Senat mangels durchgreifender Angriffe der Revision gebunden (§ 559 Abs. 2 ZPO).

(1) Eine vom [X.]erufungsgericht nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgenommene [X.]eweiswürdigung unterliegt nur einer eingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht. Es ist lediglich zu prüfen, ob das [X.]erufungsgericht die Voraussetzungen und Grenzen des § 286 ZPO beachtet hat. Seine Würdigung muss in sich widerspruchsfrei, ohne Verletzung von Denkgesetzen sowie allgemeinen [X.] erfolgt und rechtlich möglich sein ([X.] 21. Juni 2012 - 2 [X.] - Rn. 28, [X.]E 142, 188; 27. Juli 2011 - 7 [X.] - Rn. 51).

(2) Diesen Anforderungen wird die [X.]eweiswürdigung des [X.]s gerecht. Die gegen sie erhobenen [X.] des [X.] sind, soweit zulässig, unbegründet.

(a) Das [X.] durfte sich für seine Überzeugungsbildung auf das Ergebnis der erstinstanzlichen Vernehmung des Zeugen W stützen (§ 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Es brauchte diesen nicht erneut zu vernehmen. Eine solche Pflicht hätte nur bestanden, wenn es zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass die [X.]eweisaufnahme vom Arbeitsgericht nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, oder es die Glaubwürdigkeit des Zeugen abweichend hätte beurteilen wollen (vgl. dazu [X.] 22. November 2004 - 1 [X.]vR 1935/03 - zu II 1 a der Gründe). [X.]eides ist nicht der Fall.

(b) Das [X.] hat keinen wesentlichen, die Glaubwürdigkeit des Zeugen in Frage stellenden Vortrag außer [X.] gelassen. Es hat durchaus berücksichtigt, dass der Zeuge bei der [X.] die Stellung eines kaufmännischen Leiters innehatte. Es hat darin nur keinen Grund gesehen, dessen Glaubwürdigkeit oder die Glaubhaftigkeit seiner Angaben in Zweifel zu ziehen. Dafür hat es - vertretbar - dessen lebensnahe und nachvollziehbare Schilderung des Sachverhalts angeführt. Zu einer anderen [X.]ewertung musste das [X.] auch nicht aufgrund von Sachvortrag gelangen, den der Kläger in einem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz gehalten hat. Es musste wegen des dortigen Vorbringens nicht erneut in die mündliche Verhandlung eintreten (§ 156 ZPO).

(aa) Den Ausführungen des [X.] ist nicht zu entnehmen, dass der kaufmännische Leiter im [X.]punkt seiner Vernehmung die Stellung eines Geschäftsführers der Komplementärin der [X.] innegehabt hätte und er deshalb nicht als Zeuge hätte vernommen werden dürfen. Ebenso wenig ergeben sich aus dem Schriftsatz Anhaltspunkte dafür, dass er zu einem früheren [X.]punkt organschaftlicher Vertreter der [X.] gewesen und ihm die Vertretungsmacht allein zu dem Zweck entzogen worden wäre, ihn als Zeugen präsentieren zu können. Es kann deshalb offenbleiben, ob das [X.] bei einer solchen Sachlage von der Unverwertbarkeit der Zeugenaussage hätte ausgehen müssen (zur Problematik MüKoZPO/[X.] 4. Aufl. § 373 Rn. 9 mwN). Ebenso wenig ergibt sich aus dem Vorbringen des [X.], dass der Zeuge Gesellschafter der [X.] oder ihrer Komplementärin gewesen wäre.

(bb) [X.] mag im [X.]punkt seiner Vernehmung Geschäftsführer der [X.] gewesen sein. Weder beeinträchtigte ein solcher Umstand seine Fähigkeit, im vorliegenden Rechtsstreit Zeuge zu sein, noch musste das [X.] deshalb die Kriterien, die aus seiner Sicht für die Überzeugungskraft der Aussage sprachen, anders bewerten. Die Tatsache, dass ein Zeuge organschaftlicher Vertreter eines mit der beweisbelasteten Prozesspartei rechtlich verbundenen Unternehmens ist, bildet für sich genommen keinen Grund, seiner Aussage von vorneherein einen geringeren [X.]eweiswert beizumessen. Ob das [X.] ihr folgt, bestimmt sich allein nach [X.], die sich aus dem [X.] sowie dem Inhalt und der Struktur der Aussage selbst ergeben (vgl. [X.] November 1987 - VI ZR 95/87 - zu II der Gründe). Der Verpflichtung, entsprechende Kriterien zu suchen, ist das [X.] im Streitfall hinreichend nachgekommen.

(c) Das [X.] hat, anders als der Kläger geltend macht, berücksichtigt, dass der [X.] unter dem 14. Dezember 2010 ein Zertifikat ausgestellt wurde, wonach sie „strategischer“ Lieferant eines Energieversorgungsunternehmens sei. Es musste diesen Umstand aber, nachdem seiner Auffassung nach die Vernehmung mehrerer Zeugen keine Anhaltspunkte dafür erbracht hatte, dass die [X.]eklagte nach dem 1. Juni 2009 Arbeitnehmer tatsächlich zur Auftragsbearbeitung einsetzte, nicht als zwingendes Indiz für einen Fortbestand von [X.]eschäftigungsmöglichkeiten im [X.]ereich Industriereinigung ansehen. Entsprechendes gilt für den Jahresabschluss der [X.] betreffend das Kalenderjahr 2009. Soweit darin Forderungen aus Lieferungen und Leistungen eingestellt sind, hat die [X.]eklagte auf ihre bis zum 1. Juni 2009 ausgeübte Geschäftstätigkeit und ihre Eigenschaft als umsatzsteuerrechtlicher Organträger zweier mit ihr rechtlich verbundener Unternehmen verwiesen. Diesen Ausführungen ist der Kläger nicht entgegengetreten. Auch die Nennung der [X.] in der Referenzliste eines weiteren Unternehmens ist kein zwingender Anhaltspunkt für eine im Kündigungszeitpunkt fortbestehende [X.]eschäftigungsmöglichkeit. Dieser Umstand kann, worauf das [X.] zu Recht hingewiesen hat, auf einem geschäftlichen Kontakt aus der [X.] vor dem 1. Juni 2009 beruhen. Dass die Referenzliste aus einem Internetabruf vom 11. Juli 2012 stammt, steht dieser Annahme nicht entgegen.

(d) Die Rüge des [X.], das [X.] habe angebotene [X.]eweise übergangen, ist unzulässig. Für einen solchen Angriff genügt es nicht, ein entsprechendes Versäumnis nur zu behaupten. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr nach [X.]eweisthema und [X.]eweismittel angeben, zu welchem konkreten Punkt das [X.] rechtsfehlerhaft eine an sich gebotene [X.]eweisaufnahme unterlassen haben soll und welches Ergebnis diese voraussichtlich erbracht hätte. Eine nicht näher bestimmte [X.]ezugnahme auf einen übergangenen [X.]eweisantritt reicht dafür nicht aus. Erforderlich ist die Angabe der genauen vorinstanzlichen Fundstelle der übergangenen [X.]eweisanträge nach Schriftsatz und - jedenfalls bei umfangreichen Schriftsätzen - Seitenzahl. Außerdem muss die Entscheidungserheblichkeit des behaupteten [X.] aufgezeigt werden (vgl. [X.] 6. Januar 2004 - 9 [X.] - zu II 3 d aa der Gründe, [X.]E 109, 145). An solchen Ausführungen fehlt es.

(e) Der Kläger hat nicht behauptet, die [X.]eklagte habe nach dem [X.]punkt des [X.]etriebsübergangs den [X.]etrieb gemeinsam mit der [X.] geführt. Dem tatsächlichen Vorbringen der Parteien sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die objektiv auf einen solchen Sachverhalt hindeuteten.

3. Die Kündigung ist nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 [X.] unwirksam. Im Kündigungszeitpunkt existierte kein [X.]etriebsrat, den die [X.]eklagte anzuhören verpflichtet gewesen wäre.

a) Gemäß § 102 Abs. 1 [X.] ist die Anhörung des [X.]etriebsrats [X.] für jede Kündigung durch den Arbeitgeber. [X.] ist der [X.]etriebsrat des [X.]etriebs, dem der Arbeitnehmer im [X.]punkt der Kündigung angehört ([X.] 24. Mai 2012 - 2 [X.] - Rn. 42, [X.]E 142, 36; 12. Mai 2005 - 2 [X.] [X.] der Gründe).

b) Im Prozess ist es Sache des Arbeitnehmers, die für ihn günstige Tatsache darzulegen und ggf. zu beweisen, dass § 102 [X.] zur Anwendung kommt. Ist ihm dies gelungen, trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und [X.]eweislast dafür, dass eine ordnungsgemäße Anhörung erfolgt ist ([X.] 24. Mai 2012 - 2 [X.] - Rn. 43, [X.]E 142, 36; 23. Juni 2005 - 2 [X.] - zu II 1 b der Gründe).

c) Der Kläger hat nicht aufgezeigt, dass er im maßgebenden [X.]punkt des Zugangs der Kündigung einem [X.]etrieb angehörte, für den ein [X.]etriebsrat gewählt worden wäre. Der vormalige [X.]etrieb der [X.], für den ein [X.]etriebsrat errichtet war, ist nach den Feststellungen des [X.]s als ganzer auf die [X.] übergegangen. Aufgrund seines Widerspruchs endete die Zugehörigkeit des [X.] zu diesem [X.]etrieb mit Ablauf des 31. Mai 2009. Der Kläger blieb Arbeitnehmer der [X.]. Unabhängig von der Frage, ob die [X.]eklagte zu diesem [X.]punkt noch einen „[X.]etrieb“ führte, war in diesem jedenfalls kein [X.]etriebsrat gewählt.

d) Entgegen der Auffassung des [X.] war nicht der im [X.]etrieb der [X.] fortbestehende [X.]etriebsrat zur Kündigung anzuhören.

aa) Der [X.]etriebsrat besaß insoweit kein Restmandat iSv. § 21b [X.].

(1) Gemäß § 21b [X.] bleibt der [X.]etriebsrat in Fällen, in denen der [X.]etrieb durch Stilllegung, Spaltung oder Zusammenlegung untergeht, so lange im Amt, wie dies zur Wahrnehmung der damit in Zusammenhang stehenden Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte erforderlich ist. An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn der [X.]etrieb - wie hier - unter Wahrung seiner Identität auf den [X.] übergeht ([X.] 24. Mai 2012 - 2 [X.] - Rn. 47 ff., [X.]E 142, 36). In diesen Fällen behält der [X.]etriebsrat uneingeschränkt das ihm durch Wahl übertragene Vollmandat zur Vertretung der dem [X.]etrieb zugehörigen Arbeitnehmer und zur Wahrung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben (vgl. [X.] 24. Mai 2012 - 2 [X.] - Rn. 49, aaO; 11. Oktober 1995 - 7 [X.] - zu [X.] 2 a der Gründe; 28. September 1988 - 1 A[X.]R 37/87 - zu [X.] I 2 a der Gründe, [X.]E 59, 371).

(2) Widersprechen einzelne Arbeitnehmer dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den [X.], ist dies für sich genommen kein Vorgang, an den ein Restmandat anknüpfen könnte. Insbesondere wird der [X.]etrieb aufgrund solcher Erklärungen nicht „gespalten“ ([X.] 24. Mai 2012 - 2 [X.] - Rn. 56, 57, [X.]E 142, 36; zustimmend [X.]/[X.] NZA 2014, 290, 291; v. [X.] [X.] 2013, 99). Ob etwas anderes in einem betriebsmittelarmen [X.]etrieb zu gelten hat, wenn ein erheblicher Teil der [X.]elegschaft vom Widerspruchsrecht Gebrauch macht (zur Problematik [X.]/[X.] NZA 2014, 290, 291, 295), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Auf einen solchen Sachverhalt hat sich der Kläger nicht berufen.

bb) Der im [X.]etrieb der [X.] fortbestehende [X.]etriebsrat besaß auch kein Übergangsmandat iSv. § 21a [X.].

(1) Ein Übergangsmandat setzt nach dem Wortlaut des Gesetzes eine Spaltung des [X.]etriebs (§ 21a Abs. 1 [X.]) oder die Zusammenfassung von [X.]etrieben oder [X.]etriebsteilen zu einem [X.]etrieb (§ 21a Abs. 2 [X.]) und damit gleichfalls eine Veränderung in der [X.]etriebsorganisation voraus. Daran fehlt es bei der Übertragung des ganzen [X.]etriebs auf einen anderen Rechtsträger. Der [X.]etrieb wird nicht „gespalten“, sondern besteht unverändert fort (vgl. [X.] 24. Mai 2012 - 2 [X.] - Rn. 48 ff., [X.]E 142, 36; [X.] GK-[X.] 10. Aufl. § 21a Rn. 86; [X.] 27. Aufl. § 21a Rn. 9).

(2) Sinn und Zweck des Übergangsmandats gebieten kein anderes Normverständnis. Das Übergangsmandat soll im Fall einer betrieblichen Umstrukturierung die [X.]eteiligungsrechte des [X.]etriebsrats erhalten und bis zur Neuwahl eines [X.]etriebsrats in der/den neu gebildeten Einheit(en) eine betriebsratslose [X.] vermeiden ([X.]T-Drs. 14/5741 S. 39). Für ein Übergangsmandat besteht deshalb kein [X.]edarf, soweit der [X.]etriebsrat nach allgemeinen Regeln für den gesamten [X.]etrieb regulär im Amt bleibt ([X.]/[X.] 14. Aufl. § 21a [X.] Rn. 3; [X.] § 21a Rn. 7).

(3) Das gilt auch, wenn einzelne Arbeitnehmer wirksam dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen und ihr Arbeitsverhältnis aufgrund dessen zum bisherigen [X.]etriebsinhaber fortbesteht ([X.] GK-[X.] § 21a Rn. 86; [X.] 9. Aufl. § 21a Rn. 4; [X.]/Wlotzke [X.] 4. Aufl. § 21a Rn. 4). Für eine - entsprechende - Anwendung von § 21a [X.] ist in einem solchen Fall kein Raum (aA DKKW-[X.]uschmann 14. Aufl. § 21a Rn. 25; wohl auch [X.] AuR 2007, 194). Der Gesetzgeber hat die Entstehung eines Übergangsmandats an Sachverhalte geknüpft, bei denen infolge einer Änderung der Organisation des [X.]etriebs entweder der bisherige [X.]etriebsrat sein Amt verliert oder ein Teil der Arbeitnehmerschaft aus dem Zuständigkeitsbereich des - weiter amtierenden - [X.]etriebsrats herausfällt. Das gilt, wie die Regelung des § 21a Abs. 3 [X.] belegt, auch in Fällen einer [X.]etriebsveräußerung. Auch dann bedarf es für die Entstehung des Übergangsmandats einer betriebsorganisatorischen Veränderung. Der Gesetzesbegründung ([X.]T-Drs. 14/5741 S. 39) kann dagegen nicht entnommen werden, dass eine Aufrechterhaltung der betriebsverfassungsrechtlichen Situation für jeden einzelnen Arbeitnehmer auch dann gefordert wäre, wenn die [X.]etriebsveräußerung auf die Organisation des [X.]etriebs keinen Einfluss hat. Der Annahme einer unbeabsichtigten Regelungslücke steht entgegen, dass der Gesetzgeber die Entstehung eines Übergangs- und eines Restmandats an tatbestandlich klar umgrenzte Änderungen in der [X.]etriebsorganisation gebunden hat, obwohl das [X.]undesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 21. März 1996 (- 2 [X.] - zu II 2 der Gründe, [X.]E 82, 316) die Problematik, die mit einem Widerspruch des Arbeitnehmers beim Übergang des ganzen [X.]etriebs verbunden ist, ausdrücklich angesprochen hat.

(4) Abgesehen davon setzt das Übergangsmandat voraus, dass der aus einer Spaltung hervorgegangene [X.]etrieb oder [X.]etriebsteil die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] erfüllt. Die Einheit, für die das Übergangsmandat besteht, muss betriebsratsfähig sein. Dazu muss es sich bei ihr, unabhängig von der [X.]eschäftigtenzahl, um einen [X.]etrieb handeln. Eine Gruppe von Arbeitnehmern, die einem [X.]etriebsübergang widersprochen haben, stellt für sich allein noch keinen [X.]etrieb dar. Zudem hat der Kläger nicht schlüssig behauptet, dass zumindest numerisch die Zahl der widersprechenden Arbeitnehmer bei mindestens fünf lag. Er hat drei Personen namentlich benannt und im Übrigen pauschal auf die [X.]eschäftigung weiterer Mitarbeiter verwiesen, ohne darzulegen, auf welche objektiven Tatsachen er seine [X.]ehauptung stützt. Damit hat er - auch unter [X.]erücksichtigung der Grundsätze einer abgestuften Darlegungs- und [X.]eweislast - seiner Substantiierungspflicht im Rahmen von § 102 Abs. 1 [X.] nicht genügt. Auf die Frage, ob er auch zur Wahlberechtigung und Wählbarkeit hätte vortragen müssen, kommt es nicht mehr an.

(5) Das Ergebnis ist mit Art. 6 Nr. 1 der Richtlinie 2001/23/[X.] vom 12. März 2001 ([X.]etriebsübergangsrichtlinie) vereinbar. Nach Unterabs. 1 der [X.]estimmung bleiben die Rechtsstellung und die Funktion der Vertreter der von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer, sofern der [X.]etrieb oder [X.]etriebsteil seine Selbständigkeit behält, so erhalten, wie sie vor dem [X.]punkt des Übergangs bestanden haben, sofern die [X.]edingungen für die [X.]ildung einer Arbeitnehmervertretung erfüllt sind. Nach Unterabs. 4 haben die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die von einem Übergang eines [X.]etriebs oder [X.]etriebsteils betroffenen Arbeitnehmer, soweit der [X.]etrieb oder [X.]etriebsteil seine Selbständigkeit verliert, während des [X.]raums, der für die Neubildung der Arbeitnehmervertretung erforderlich ist, weiterhin angemessen vertreten werden. Das Unionsrecht verlangt demnach offenkundig nicht nach der voraussetzungslosen Anerkennung eines Übergangs- oder Restmandats des [X.]etriebsrats für die [X.]eteiligung an Kündigungen von Arbeitnehmern, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang mit einem [X.]etriebsübergang widersprochen und dadurch selbst ihre Zugehörigkeit zu der fortbestehenden betrieblichen Einheit aufgehoben haben ([X.] 24. Mai 2012 - 2 [X.] - Rn. 57, [X.]E 142, 36; vgl. auch HaKo-[X.]/[X.] 4. Aufl. § 21a Rn. 62).

4. Das [X.] hat unausgesprochen angenommen, die Kündigung sei nicht deshalb unwirksam, weil die [X.]eklagte mit der zum 31. Juli 2009 erklärten Kündigung die nach dem einschlägigen Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk einzuhaltende Kündigungsfrist nicht gewahrt hatte. Ein Rechtsfehler ist insoweit nicht erkennbar. Die Parteien gehen selbst davon aus, dass die Kündigung eine Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses unter Einhaltung der auf das Arbeitsverhältnis objektiv anwendbaren Kündigungsfrist bewirken sollte, und dass diese Frist im Kündigungszeitpunkt drei Monate zum Monatsende betragen hat.

II. Der Kläger hat für die Monate Oktober und November 2009 keinen Anspruch auf Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs. Zwischen den Parteien bestand nach dem 30. September 2009 kein Arbeitsverhältnis mehr.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    [X.]erger    

        

        

        

    Krichel    

        

    Pitsch    

                 

Meta

2 AZR 1005/12

08.05.2014

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Köln, 14. Oktober 2011, Az: 1 Ca 6564/09, Urteil

§ 1 Abs 2 KSchG, § 21a BetrVG, § 21b BetrVG, § 102 BetrVG, § 613a Abs 6 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.05.2014, Az. 2 AZR 1005/12 (REWIS RS 2014, 5760)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5760


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 AZR 1005/12

Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 1005/12, 08.05.2014.


Az. 1 Ca 6564/09

Arbeitsgericht Köln, 1 Ca 6564/09, 14.10.2011.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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