Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2015, Az. I ZR 18/14

I. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 7260

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[X.]:[X.]:[X.]:2015:300715UIZR18.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
I [X.]
Verkündet am:
30. Juli 2015
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Treuhandgesellschaft
UWG § 4 Nr. 11, § 5
Abs. 1 Satz 2 Nr. 3; [X.] §§ [X.], 59k
a)
Enthält die Firma einer Rechtsanwaltsgesellschaft inhaltlich zutreffend einen Hinweis auf eine von der [X.] ausgeübte Treuhandtätigkeit, wird eine Irreführung der beteiligten Verkehrskreise nicht dadurch hervorgerufen, dass diese Tätigkeit in der Satzung der [X.] als Unternehmenszweck nicht genannt wird.
b)
Da die Treuhandtätigkeit seit jeher zum Berufsbild der Rechtsanwälte gehört, kann eine untergeordnete Treuhandtätigkeit auch ohne ausdrückliche ge-setzliche Gestattung Unternehmensgegenstand einer Rechtsanwaltsgesell-schaft sein.
[X.], Urteil vom 30. Juli 2015 -
I [X.] -
OLG [X.]

LG [X.] I

-
2
-
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 30. Juli 2015 durch [X.]
Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, die Richterin Dr.
[X.] und [X.] Feddersen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts [X.]

29. Zivilsenat -
vom 14.
November 2013 wird auf Kosten der Klä-gerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin ist die Rechtsanwaltskammer für den Bezirk des Oberlan-desgerichts
[X.]. Die Beklagte zu 1 ist eine Rechtsanwaltsgesellschaft in der Rechtsform einer [X.] mit beschränkter Haftung, die unter "[X.] mbH Rechtsanwaltsgesellschaft" firmiert. Der Beklagte zu 2 ist Rechtsanwalt und Geschäftsführer
der [X.] zu 1.
Nachdem die Klägerin den [X.] zu 2 mit Schreiben vom 1.
Dezem-ber 2010 darauf hingewiesen hatte, dass eine Zulassung der [X.] zu 1 als Rechtsanwaltsgesellschaft wegen der in deren Satzung
als Unternehmens-zweck genannten Treuhandtätigkeiten nicht in Aussicht gestellt werden könne, ließ der Beklagte zu 2 die entsprechende Passage aus der Satzung der [X.] zu 1 entfernen. Am 14.
Dezember 2010 ließ die Klägerin die Beklagte zu 1 1
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3
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trotz bereits geäußerter Bedenken gegen die Zulässigkeit ihrer Firma als Rechtsanwaltsgesellschaft zu.
Die Beklagte zu 1 verwaltet treuhänderisch ungefähr 17.000 Fondsbetei-ligungen für elf Publikums-Kommanditgesellschaften.
Die Klägerin hält die von der [X.] zu 1 verwendete Firma für irre-führend
und
unzulässig, weil eine Treuhandtätigkeit nicht [X.] einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein dürfe.
Die Klägerin hat beantragt, die [X.]
unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel zu verurteilen,
es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für eine Rechtsanwaltsge-sellschaft die Firma [X.] mbH Rechtsanwalts-gesellschaft zu führen.
Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen.
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die [X.] beantragen, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen, weil der Verkehr durch die beanstandete Firmierung nicht irregeführt werde und [X.] nicht gegen berufsrechtliche Bestimmungen verstoße.
Dazu hat
es ausge-führt:
Der Klägerin stehe kein Unterlassungsanspruch zu. Die Gefahr einer Ir-reführung des Verkehrs über den tatsächlichen Unternehmensgegenstand der 3
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-
[X.] zu 1 durch Verwendung des Firmenbestandteils "[X.]" bestehe nicht. Dieser Firmenbestandteil sei objektiv zutreffend. Die [X.] Firmierung rufe beim Verkehr auch nicht die Vorstellung hervor, die Treuhandtätigkeit sei der eigentliche Gegenstand der Tätigkeit der [X.]
zu
1. Ein Verbot komme nicht deshalb in Betracht, weil der [X.] zu
1 als Rechtsanwaltsgesellschaft eine schwerpunktmäßige Treuhändertätigkeit nach §
[X.] Abs.
1 [X.] nicht gestattet sei. Die Treuhändertätigkeit zähle typischer-weise zum Berufsbild der Rechtsanwälte.
I[X.] Das gegen diese Beurteilung gerichtete Rechtsmittel der Klägerin ist nicht begründet. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, ein Unterlassungsan-spruch der Klägerin nach §
8 Abs.
1 Satz
1 und Abs.
3 Nr.
2 UWG in Verbin-dung mit §§ 3, 5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
3 UWG sowie nach §§ 3, 4 Nr.
11 UWG we-gen eines Verstoßes gegen §§ 43b, [X.] Abs.
1, §
59k Abs.
1 [X.], §
6 Abs.
1 [X.] sei nicht gegeben, hält im Ergebnis den Angriffen der Revision stand.
1.
Das Berufungsgericht hat die Unterlassungsklage, die die Klägerin auf mehrere rechtliche Aspekte gestützt hat,
zu Recht als zulässig angesehen, ohne
dass die Klägerin eine Prüfungsreihenfolge vorgegeben hat.
Es liegt nur ein prozessualer Anspruch (Streitgegenstand) vor.
Nach ständiger Rechtspre-chung des [X.] wird der Streitgegenstand durch den Klagean-trag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge [X.], und den Lebenssachverhalt bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. nur [X.], Urteil vom 13.
September 2012

I
ZR
230/11, [X.]Z 194, 314 Rn. 18 -
Biomineralwasser). Zu dem Lebens-sachverhalt, der die Grundlage für die Bestimmung des Streitgegenstands bil-det, rechnen alle Tatsachen, die bei einer natürlichen Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des [X.] zur Entscheidung gestellten Tatsachen-komplex gehören ([X.]Z 194, 314 Rn. 19 -
Biomineralwasser). Ob der vorge-tragene Lebenssachverhalt die Voraussetzungen mehrerer Verbotsnormen er-10
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5
-
füllt, ist für die Frage, ob mehrere Streitgegenstände vorliegen, ohne Bedeu-tung. Die rechtliche Würdigung der beanstandeten konkreten Verletzungshand-lung ist allein Sache des Gerichts (vgl. nur [X.], Urteil vom 30. Juni 2011

I
ZR
157/10, [X.], 184 Rn. 15 = [X.], 194 -
Branchenbuch [X.]; Urteil vom 16.
Mai 2013 -
I
ZR 175/12, [X.], 91
Rn. 15 = [X.], 61 -
Treuepunkte-Aktion).
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht einen auf Unterlassung der von der [X.] zu 1 verwendeten Firmierung
gerichteten Anspruch der Klägerin nach §
8 Abs.
1 Satz
1 und Abs.
3 Nr.
2 UWG verneint.
a) Der
Klägerin steht ein solcher Anspruch unter dem Gesichtspunkt ei-ner Irreführung des Verkehrs über den tatsächlichen Unternehmensgegenstand der [X.] zu 1 durch Verwendung des Firmenbestandteils "[X.]" nach §§ 3, 5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
3 UWG
nicht zu.
[X.]) Das Berufungsgericht hat angenommen, der von der [X.] zu 1 verwendete Firmenbestandteil "Treuhandgesellschaft" sei mit Blick auf die tat-sächliche Tätigkeit der [X.] zu 1 objektiv zutreffend. Der Begriff "[X.]" weise auf eine Besorgung fremder Vermögensangelegenhei-ten im eigenen Namen hin. Die Beklagte zu 1 verwalte rund 17.000 Fondsbetei-ligungen für elf [X.]. Sie betätige sich deshalb in nennens-wertem Umfang als Treuhänderin. Gegen diese Beurteilung, die Rechtsfehler nicht erkennen lässt, wendet sich die Revision nicht.
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Begriff "[X.]" erzeuge beim Verkehr nicht die unrichtige Vorstellung, die Treuhand-tätigkeit sei der Schwerpunkt der
Tätigkeit der [X.] zu 1 oder ihre einzige Tätigkeit. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
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6
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(1) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, gegen eine solche Verkehrsauf-fassung spreche, dass die Firma der [X.] zu 1 auch die Bezeichnung "Rechtsanwaltsgesellschaft" enthalte. Ihrer prominenten
Platzierung am Ende der Firmierung
entnehme der Verkehr den Hinweis, dass es sich nicht um eine reine Treuhandgesellschaft, sondern
auch
um eine Rechtsanwaltsgesellschaft handele. Der Verkehr messe
der Bezeichnung "Rechtsanwaltsgesellschaft" nicht deshalb eine geringere Bedeutung für die Bezeichnung des [X.] bei, weil diese Angabe nach §
59k [X.] gesetzlich gebo-ten sei. Es sei nicht davon auszugehen, dass der angesprochene
Verkehr diese Regelung kenne. Daran ändere auch die Bezeichnung "[X.]" nichts. [X.] habe das [X.] Wort "[X.]" (in [X.] Übersetzung: Treuhandkonto, Treuhandvertrag) die Firmenwahl beeinflusst und den Bestand-teil "Treuhandgesellschaft" verstärken sollen. Der angesprochene Verkehr [X.] die Bezeichnung "[X.]" dennoch als Phantasiewort einordnen, weil das [X.] Wort "[X.]" auch mit der [X.]n Sprache gut vertrauten [X.] des angesprochenen Verkehrs kaum geläufig sei.
(2) Diese vom Berufungsgericht zur Verkehrsauffassung und zum Fehlen einer Irreführung getroffenen Feststellungen liegen im Wesentlichen auf tat-sächlichem Gebiet. Sie können im Revisionsverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht bei seiner
Würdigung gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 24.
September 2013

I
ZR
89/12, [X.], 1254 Rn. 16 = [X.], 1596 -
Matratzen Factory Outlet; Urteil vom 6. November 2013 -
I [X.], [X.], 88 Rn. 31 = [X.], 57 -
Vermittlung von [X.], jeweils mwN; Urteil vom 12.
Februar 2015 -
I [X.], [X.], 403 Rn. 21 = [X.], 444

[X.]). Ein solcher Rechtsfehler ist nicht erkennbar und wird von der Revision auch nicht geltend gemacht.
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-
cc) Die Firmenbezeichnung der [X.] zu 1 kann nicht deshalb als [X.] angesehen werden, weil die Treuhandtätigkeit als Unternehmens-zweck aus der Satzung der [X.] zu 1 entfernt worden ist.
(1) Allerdings trifft die Rüge der Revision zu, dass die Klägerin die Firma der [X.] zu 1 mit dieser Begründung als irreführend beanstandet hat und dass das Berufungsurteil hierzu keine Ausführungen enthält.
(2) Dies verhilft der Revision jedoch nicht zum Erfolg. Aus den vom [X.] getroffenen Feststellungen zum Umfang der von der [X.] zu
1 tatsächlich entfalteten Treuhandtätigkeit ergibt sich ohne weiteres, dass auch insoweit keine Irreführung des angesprochenen Verkehrs vorliegt. Es ist nicht ersichtlich und wird von der Revision nicht dargelegt, dass ein die Unter-nehmenstätigkeit beschreibender Bestandteil der Firma einer [X.] mit beschränkter Haftung bei den beteiligten Verkehrskreisen eine Vorstellung über den Inhalt der gesellschaftsvertraglichen Regelungen der [X.] hervor-ruft. Macht sich der angesprochene Verkehr über die Regelungen des [X.] keine Gedanken, kann er in diesem Punkt
keiner Fehlvorstel-lung erliegen.
(3) Soweit
die Revision geltend macht, die Beklagte zu 1 hebe im [X.] der von ihr verwandten Schreiben den Firmenbestandteil "[X.] [X.]" hervor, ist dies für den Streitfall nicht entscheidungserheblich. Streitgegenstand ist nicht die Verwendung
des Briefkopfs der [X.] zu 1 in einer bestimmten Ausgestaltung, sondern das Führen der Firma "[X.] [X.] mbH Rechtsanwaltsgesellschaft". Auf den Vortrag
der [X.], die
Beklagte zu
1
verwende den von der Klägerin beanstandeten Briefkopf nicht im geschäftlichen Verkehr, kommt es deshalb nicht an.
b) Der von der Klägerin gegen die
[X.] geltend gemachte Unterlas-sungsanspruch ist nicht unter dem Gesichtspunkt der Angabe
eines berufs-18
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-
rechtlich unzulässigen Unternehmensgegenstands
in der Firmierung
der [X.] zu 1 begründet. Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich weder aus §
5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
3 UWG noch aus §§ 3, 4 Nr.
11 UWG in Verbindung mit §§
43b, [X.] Abs.
1, §
59k Abs.
1 [X.], §
6 Abs.
1 [X.].
Das Berufungsge-richt hat zu Recht angenommen, die Tätigkeit einer Rechtsanwaltsgesellschaft als Treuhänderin sei nicht nach §
[X.] [X.] unzulässig.
Deshalb dürfe die Be-zeichnung "Treuhandgesellschaft" in deren
Unternehmensbezeichnung
genannt werden.
[X.]) Das Berufungsgericht hat angenommen, eine gesetzliche Regelung, nach der Rechtsanwälten oder Rechtsanwaltsgesellschaften Treuhandtätigkei-ten verboten seien, bestehe nicht. Die Treuhandtätigkeit zähle typischerweise zum Berufsbild des Rechtsanwalts. Bei der Abwicklung von [X.] würden Rechtsanwälte häufig als Treuhänder eingeschaltet. Nach §
80 Abs.
3 des am 22.
Juli 2013 in [X.] getretenen Kapitalanlagegesetzbuches seien Rechtsanwälte für die von der [X.] zu 1 betriebene Tätigkeit als Verwahrstelle für geschlossene alternative Investmentfonds als Treuhänder vorgesehen. Die Tätigkeit von Rechtsanwälten als Treuhänder könne eine Be-ratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten darstellen. Selbst wenn das zulässige Tätigkeitsfeld von Rechtsanwaltsgesellschaften auf die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten beschränkt sei, könne die Tätigkeit von Rechtsanwaltsgesellschaften als Treuhänder deshalb nicht als unzulässig be-wertet werden. Die Klägerin habe nicht behauptet, dass die Beratung und Ver-tretung in Rechtsangelegenheiten bei der Treuhandtätigkeit der [X.] zu
1 keine Rolle spielten
und ausschließlich auf die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange beschränkt seien.
bb) Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand. Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht angenommen, die von der [X.] 23
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-
zu
1 ausgeübte Treuhandtätigkeit könne gemäß §
[X.] Abs.
1 [X.] Unterneh-mensgegenstand einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein.

(1) Nach der Rechtsprechung des [X.] kann ein im Rah-men eines Kapitalanlagemodells geschlossener Treuhandvertrag vom [X.] (nunmehr: Rechtsdienstleistungsgesetz) erfasst werden, wenn der Treuhänder nach dem Vertrag nicht nur die wirtschaftlichen Belange des Anlegers wahrzunehmen, sondern dessen Rechte zu verwirklichen oder dessen Rechtsverhältnisse zu gestalten, insbesondere in dessen Namen die [X.] abzuschließen hat (vgl. [X.], Urteil vom 28.
September 2000

IX
ZR 279/99, [X.]Z 145, 265, 269 ff.; Urteil
vom 18.
September 2001

XI
ZR
321/00, NJW
2001, 3774, 3775; Urteil vom 14.
Juni 2004 -
II
ZR 393/02, NJW 2004, 2736, 2737; Urteil vom 8.
Mai 2006 -
II
ZR 123/05, NJW-RR 2006, 1182 Rn. 9). Nicht jeder
im Rahmen eines Kapitalanlagemodells geschlossene
Treuhandvertrag hat jedoch rechtsberatende Tätigkeiten zum Gegenstand. Vielmehr ist es möglich, dass der Treuhänder keine Verträge abzuschließen hat und auch das Stimmrecht in der [X.]erversammlung nur unter engen Voraussetzungen ausüben darf. In einem solchen Fall ist die vom Treuhänder geschuldete Tätigkeit keine Rechtsbesorgung
([X.], NJW-RR 2006, 1182 Rn.
9).
(2) Das Berufungsgericht
hat die Treuhandtätigkeit der [X.] zu 1 als Tätigkeit
im Rahmen der Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenhei-ten
bewertet und deshalb einen Verstoß gegen §
[X.] Abs.
1 [X.] verneint. Damit hat es den Vortrag der Klägerin zwar nicht ausgeschöpft. Die Klägerin hat ihr Klagebegehren vorrangig damit begründet, dass eine im Rahmen von [X.] erbrachte Treuhandtätigkeit gerade nicht als Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten angesehen werden kann. Es gab für das Berufungsgericht angesichts der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung vorgenommenen differenzierten Betrachtung der Treuhänderstellung in Publi-25
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10
-
kumsgesellschaften auch Anhaltspunkte dafür, dass diese Sichtweise der Klä-gerin im Einzelfall zutreffen kann. Die Auffassung des Berufungsgerichts er-weist sich jedoch im Ergebnis als richtig.
(3) Sollte die Beklagte zu 1 im Rahmen ihrer Treuhandtätigkeit die Rech-te der Treugeber ausüben oder deren Rechtsverhältnisse gestalten, wäre diese Tätigkeit als Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten und damit nach §
[X.] Abs.
1 [X.] als zulässig anzusehen. Hiervon ist das Berufungsge-richt ausgegangen, ohne dass die Revision dagegen [X.] erhoben hat.
(4) Auch wenn die Beklagte zu 1 nur die wirtschaftlichen Belange ihrer Treugeber wahrnehmen und in dieser Weise nicht rechtsberatend, sondern ge-werblich tätig werden würde, wäre ihr diese Tätigkeit nach §
[X.] Abs.
1 [X.] nicht verboten.
Die gesetzliche Regelung sieht als Unternehmensgegenstand von Rechtsanwaltsgesellschaften die Beratung und Vertretung in [X.] vor. Eine Treuhandtätigkeit wird als möglicher Unternehmensgegenstand einer Rechtsanwaltsgesellschaft nicht erwähnt (zur Frage, ob der in §
[X.] Abs.
1 [X.] vorgegebene Unternehmensgegenstand von [X.] über die Rechtsberatung hinaus erweitert werden kann,
vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 8.
Aufl.,
§ [X.] Rn.
3; [X.] in [X.]/Wolf/Göcken/[X.], [X.], §
[X.] [X.] Rn. 27; [X.], [X.], 4. Aufl., §
[X.] Rn. 7; [X.], [X.], 5. Aufl.,
§ [X.] Rn.
4; Zuck, [X.] 1998, 1317, 1318; [X.], GmbHR 1999, 1175, 1177).
Dennoch kann eine Treuhand-tätigkeit Unternehmensgegenstand einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein. Die Bundesrechtsanwaltsordnung enthält -
anders als das Gesetz über eine Be-rufsordnung der Wirtschaftsprüfer (vgl. §
2 Abs.
3 Nr. 3, § 27 Abs.
2 [X.]) und das Steuerberatungsgesetz (§
57 Abs.
3 Nr.
2 in Verbindung mit § 72 StBerG) -
keine besondere gesetzliche Regelung, die Rechtsanwälten eine Treuhandtä-27
28
29
-
11
-
tigkeit gestattet. Dies ist jedoch nicht erforderlich. Die Treuhandtätigkeit gehört seit jeher zum Berufsbild der Rechtsanwälte ([X.], Beschluss vom 4.
März 1985

[X.]
(B)
43/84, [X.]Z 94, 65, 70; Urteil vom 9.
November 1992

II
ZR
141/91, [X.]Z 120, 157, 159; vgl. auch Urteil vom 18.
Juli 2011

[X.]
([X.]) 18/10, NJW 2011, 3036 Rn. 8 bis 10; Beschluss vom 15.
Juli 2014 -
II ZB 2/13, [X.]Z 202, 92 Rn. 21). Sie kann daher von Rechtsanwälten auch ohne eine entsprechende ausdrückliche gesetzliche Gestattung im Rah-men ihrer beruflichen Tätigkeit ausgeübt werden.
Das Berufsbild eines Rechts-anwalts, der Treuhandtätigkeiten ausführt, liegt im Übrigen dem [X.] der Richtlinie 2011/61/[X.] über die Verwalter alternativer [X.] zugrunde, die der [X.] Gesetzgeber mit dem
Kapitalanlagegesetz-buch (dort §
80 Abs.
3) umgesetzt hat. Da den Rechtsanwälten eine freiberufli-che
oder gewerbliche Treuhandtätigkeit
gestattet
ist, kann jedenfalls eine [X.] Treuhandtätigkeit auch Unternehmensgegenstand einer Rechtsan-waltsgesellschaft sein.
(5) Die von der Revision aufgeworfene Frage, ob eine Treuhandtätigkeit ohne jegliche Einschränkung, das heißt
auch eine solche Treuhandtätigkeit, die gegenüber der Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten im [X.] steht, mit
Blick auf die Unabhängigkeit der Rechtsanwaltschaft zulässig wäre, braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden
(vgl. hierzu [X.], NJW 2011, 3036 Rn. 22). Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin spielt die Treuhandtätigkeit bei der [X.] zu
1 nur
eine untergeordnete Rolle.
Nichts Gegenteiliges ergibt sich daraus, dass die Beklagte zu 1 eine Vielzahl von Fondsbeteiligungen verwaltet. Aus der Anzahl der verwalteten Beteiligungen kann weder auf den Umfang der hierfür erforderlichen Tätigkeit der [X.] zu 1 noch darauf geschlossen werden, dass die rechtsberatende Tätigkeit ge-genüber der Treuhandtätigkeit nur eine untergeordnete Bedeutung haben kann.

30
-
12
-
II[X.] Die Revision der Klägerin ist somit zurückzuweisen. Die Kostenent-scheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

Büscher
Schaffert
Kirchhoff

[X.]
Feddersen
Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 26.02.2013 -
33 O 5440/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 14.11.2013 -
29 U 1315/13 -

31

Meta

I ZR 18/14

30.07.2015

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2015, Az. I ZR 18/14 (REWIS RS 2015, 7260)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7260

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 18/14

I ZR 104/12

I ZR 36/11

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