Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.12.2013, Az. II ZR 121/12

2. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 218

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Gegenstand

BGB-Gesellschaft: Haftung der Erben eines Gesellschafters für Altschulden


Tenor

1. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der [X.] beabsichtigt, die Revisionen der Beklagten zu 10, 14 und 15 gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 28. Februar 2012 durch Beschluss nach § 552a ZPO auf ihre Kosten zurückzuweisen.

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zu 8 gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 28. Februar 2012 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Streitwert: für das Revisionsverfahren 75.641,68 €, für das [X.] 25.285,32 €

Gründe

1

I. Revisionen der Beklagten zu 10, 14 und 15.

2

Die Revisionen sind zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen und sie auch keine Aussicht auf Erfolg haben (§ 552a ZPO).

3

1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat die Rechtssache hinsichtlich der Beklagten zu 10, 14 und 15 nicht deshalb grundsätzliche Bedeutung, weil in der Rechtsprechung der Umfang der Haftung von Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts für Gesellschaftsverbindlichkeiten im Falle durch Erbfolge erworbener Gesellschaftsanteile noch ungeklärt sein soll.

4

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, d.h. allgemein von Bedeutung ist. [X.] ist eine Rechtsfrage dann, wenn die durch das Berufungsurteil aufgeworfene Rechtsfrage zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen u.a. dann, wenn die Rechtsfrage vom [X.] bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (vgl. nur [X.], Beschluss vom 8. Februar 2010 - [X.], [X.], 985 Rn. 3 mwN).

5

b) Danach hat die Rechtsfrage, ob auch Erben eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts analog §§ 128, 130 [X.] für Altschulden der [X.], keine grundsätzliche Bedeutung.

6

Zwar ist die Rechtsfrage vom [X.] bisher nicht ausdrücklich angesprochen worden; in den vom erkennenden Senat entschiedenen Fällen zur Gesellschafterhaftung aus §§ 128, 130 [X.] waren aber bereits häufig Erben eines Gesellschafters auf der Beklagtenseite, ohne dass der Senat in der Frage ihrer Haftung ein Problem gesehen hat. In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte wird diese Rechtsfrage nicht unterschiedlich beantwortet und in der Literatur ist die Meinung nahezu einhellig, dass auch Erben eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts analog § 130 [X.] für Altschulden der [X.].

7

aa) Dass die Regelungen der §§ 130, 139 [X.] auf die aufgrund einer erbrechtlichen Nachfolgeklausel einrückenden neuen Gesellschafter mit der Folge gelten, dass diese den Altgläubigern unbeschränkt haften, falls sie von den Möglichkeiten des § 139 [X.] keinen Gebrauch machen, hat der [X.] bereits mit Urteil vom 6. Juli 1981 ([X.], [X.] 1981, 1088, 1089) für den Fall einer im Zeitpunkt der Rechtsnachfolge wegen Rückgangs des Geschäftsbetriebs nur noch als Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehenden, im Handelsregister aber noch als Handelsgesellschaft eingetragenen Gesellschaft entschieden. Die analoge Anwendung von § 130 [X.] auf Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts entspricht seit der Entscheidung des erkennenden Senats vom 7. April 2003 ([X.], [X.]Z 154, 370 ff.) der ständigen Rechtsprechung des [X.] und wird insbesondere im Zusammenhang mit der quotalen Haftung von Gesellschaftern von [X.] des bürgerlichen Rechts ständig bestätigt (vgl. nur zuletzt Urteil vom 17. April 2012 - [X.], juris Rn. 17 mwN).

8

In der Literatur ist es völlig herrschende Meinung, dass § 130 [X.] - auch - auf Erben eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts Anwendung findet, wobei diese Frage häufig noch nicht einmal ausdrücklich adressiert wird ([X.] in Baumbach/[X.], [X.], 36. Aufl., § 130 Rn. 3 f.; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 130 Rn. 2, 5; [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 130 Rn. 5, 10; MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 130 Rn. 5, 14; [X.] in Henssler/[X.], 2. Aufl., § 130 [X.] Rn. 2, 5; [X.] in Röhricht/[X.] v. Westphalen/[X.], [X.], 4. Aufl., § 130 Rn. 2, 5a; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 130 Rn. 2, 4; [X.] in Erman, [X.], 13. Aufl., § 727 Rn. 11; [X.] in Erman, [X.], 13. Aufl., § 1922 Rn. 31; [X.]/[X.], Stand: 1. November 2013, § 714 Rn. 55; MünchKomm[X.]/[X.], 6. Aufl., § 714 Rn. 74 und § 727 Rn. 47; [X.]., NJW 2005, 3665, 3667; MünchKomm[X.]/[X.], 6. Aufl., § 1922 Rn. 85; MünchKomm[X.]/[X.], 6. Aufl., § 2058 Rn. 17; [X.] in Henssler/[X.], 2. Aufl., § 714 [X.] Rn. 24; [X.], [X.] 2003, 1113, 1121; Mock, [X.] 2004, 118 ff.).

9

bb) Streit besteht in der Literatur über die Frage, ob § 139 [X.], den das Berufungsgericht ebenfalls herangezogen hat, überhaupt und wenn ja in welcher Form auf den analog § 130 [X.] haftenden Erben eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts Anwendung findet (dafür: [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 130 Rn. 5; MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 139 Rn. 60; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 139 Rn. 63; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 139 Rn. 98; [X.]/[X.], Stand: 1. November 2013, § 714 Rn. 55; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 727 Rn. 13; MünchKomm[X.]/[X.], 6. Aufl., § 1922 Rn. 85; MünchKomm[X.]/[X.], 6. Aufl., § 2058 Rn. 17; [X.], NJW 2005, 1365, 1367 f.; Mock, [X.] 2004, 118, 120; [X.], [X.] 2003, 1113, 1121; dagegen: [X.] in Baumbach/[X.], [X.], 36. Aufl., § 139 Rn. 8; MünchKomm[X.]/[X.], 6. Aufl., § 1967 Rn. 46, der - wohl - auch die Haftung bereits aus § 130 [X.] ablehnt; zweifelnd [X.] in [X.], [X.] (Stand 2012), Rn. 1283).

[X.] zu § 139 [X.] verleiht dem vorliegenden Rechtsstreit jedoch mangels Entscheidungserheblichkeit keine grundsätzliche Bedeutung. Hält man - mit dem Berufungsgericht und der wohl im Vordringen befindlichen Ansicht in der Literatur - § 139 [X.] für entsprechend anwendbar, würden die Beklagten hier haften, da sie von einem eventuellen Austrittsrecht keinen Gebrauch gemacht haben. Lehnt man eine Anwendung von § 139 [X.] ab, bleibt es bei der nicht grundsätzlich klärungsbedürftigen Anwendbarkeit von § 130 [X.].

2. Die Revisionen der Beklagten zu 10, 14 und 15 haben auch keine Aussicht auf Erfolg.

a) Hinsichtlich des Begehrens der Beklagten zu 10, 14 und 15, gegen ihre Haftung analog §§ 128, 130 [X.] Schadensersatzansprüche wegen Prospekthaftung im weiteren Sinn und arglistiger Täuschung gegenüber der Bank auch der Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter entgegenhalten zu können, sind die Revisionen unzulässig, weil sie insoweit nicht zugelassen sind. Das Berufungsgericht hat die Revisionen nur beschränkt auf die Rechtsfrage der Haftung von Erben eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts für [X.] zugelassen. Die Zulassungsbeschränkung ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor des Berufungsurteils. Von einer beschränkten Zulassung der Revision ist aber auszugehen, wenn die Zulassung - wie hier - wegen einer bestimmten Rechtsfrage ausgesprochen wird, die lediglich für die Entscheidung über einen selbständigen Teil des [X.] erheblich sein kann ([X.], Beschluss vom 7. Dezember 2009 - [X.], [X.], 879 Rn. 4). Dies ist hier der Fall. Die Frage, ob Erben eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts analog § 130 [X.] für [X.] haften, ist entscheidungserheblich nur im Zusammenhang mit dem Streit der Parteien darüber, ob die Beklagten überhaupt als Haftende in Betracht kommen. Ohne Belang ist die Beantwortung der Frage hingegen für einen eventuellen Wegfall einer - grundsätzlich bestehenden - Haftung der Erben wegen der von ihnen geltend gemachten Einwendungen nach § 129 [X.].

Die Beschränkung der Revisionszulassung ist auch wirksam. Insoweit reicht es aus, dass die Beklagten ihre Revisionsanträge selbst entsprechend beschränken könnten. Die Beklagten könnten die Entscheidung des Berufungsgerichts hinnehmen, dass ihnen keine Einwendungen analog § 129 [X.] gegen ihre Haftung zustehen, und sich darauf beschränken, ihre Haftung lediglich grundsätzlich in Frage zu stellen.

b) Soweit die Revisionen zugelassen worden sind, haben sie keinen Erfolg.

Das Berufungsgericht hat unter zutreffender Heranziehung der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur quotalen Haftung und der Rechtsprechung und der herrschenden Ansicht in der Literatur zur analogen Anwendung von § 130 [X.] auf Erben eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts fehlerfrei die Haftung der Beklagten zu 10, 14 und 15 aus §§ 128, 130 [X.] bejaht. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Beklagten - wie die Revisionen meinen - als Rechtsnachfolger der jeweiligen Erblasser regelmäßig keine Kenntnis vom Inhalt des Fondsprospekts hätten nehmen können, weil Unterlagen über die Beteiligung beim Erbfall häufig nicht mehr vorhanden seien. Abgesehen davon, dass das Berufungsgericht schon keine Feststellungen dazu getroffen hat, dass die Beklagten keine Kenntnis vom Fondsprospekt hatten, entspricht es der ständigen Rechtsprechung des [X.], dass ein Gesellschafter, der in eine Publikumsgesellschaft eintritt, auch ohne entsprechende gesellschaftsvertragliche Regelungen oder Prospektangaben damit rechnen muss, dass die zur Finanzierung des Objekts benötigten Kredite ganz oder teilweise aufgenommen worden sind (siehe nur [X.], Urteil vom 17. Oktober 2006 - [X.], [X.] 2007, 169 Rn. 19; Urteil vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.] 2011, 1657 Rn. 41). Das gilt in demselben Maße, wenn ein Erbe in eine Publikumsgesellschaft eintritt, zumal die Revision keinen Vortrag der Beklagten dahingehend aufzeigt, dass sie bei ihrem Eintritt in die Fondsgesellschaft von der Existenz der Darlehen nichts gewusst hätten.

Soweit die Revisionen die Ausführungen des Berufungsgerichts im Zusammenhang mit dem Neuabschluss des Darlehensvertrages Ende 2000 als revisionsrechtlich nicht haltbar beanstanden, ist diese Rüge unerheblich, weil die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich dieses Darlehens übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

Die Frage, ob dem Berufungsgericht darin gefolgt werden sollte, dass die Regelung des § 139 [X.] auf Erben eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts entsprechend anzuwenden ist, kann dahingestellt bleiben, da sie nicht entscheidungserheblich ist (s.o. I, 1., b, bb).

II. Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zu 8.

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zu 8 wird zurückgewiesen, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit hat insoweit weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Der Senat hat die Verfahrensrügen geprüft und für nicht durchgreifend erachtet.

Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO abgesehen.

[X.]                   Caliebe                    Drescher

                   Born                     Sunder

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Meta

II ZR 121/12

17.12.2013

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 28. Februar 2012, Az: 4 U 55/09

§ 714 BGB, § 1922 BGB, § 128 HGB, § 130 HGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.12.2013, Az. II ZR 121/12 (REWIS RS 2013, 218)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 218


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. II ZR 121/12

Bundesgerichtshof, II ZR 121/12, 17.12.2013.


Az. 4 U 55/09

Oberlandesgericht Hamm, 4 U 55/09, 04.08.2009.


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II ZR 300/08

II ZR 54/09

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