Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.10.2013, Az. XII ZB 23/13

12. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 1574

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Gegenstand

Betreuervergütung: Vergleichbarkeit einer berufsbegleitend abgeschlossenen Ausbildung zum Betriebswirt mit einer abgeschlossenen Hochschulausbildung


Leitsatz

Die berufsbegleitend an einer Verwaltungsakademie abgeschlossene Ausbildung zum "Betriebswirt (VWA)" mit einem Gesamtaufwand von rund 1.000 Stunden ist nicht mit einer abgeschlossenen Hochschulausbildung vergleichbar im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG und begründet daher keinen erhöhten Stundensatz für die Betreuervergütung.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des [X.] vom 4. Dezember 2012 wird auf Kosten des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

Verfahrenswert: 442 €

Gründe

I.

1

Der Beteiligte zu 1 wurde vom Amtsgericht im Februar 2010 zum ehrenamtlichen Betreuer und für die [X.] ab 13. Juli 2010 zum Berufsbetreuer des Betroffenen bestellt. Der Betreuer absolvierte in den Jahren 2003 bis 2005 ein berufsbegleitendes [X.] an der [X.] (im Folgenden: [X.]), das er mit der erfolgreich abgelegten Prüfung zur Erlangung des [X.] an der [X.] abschloss. Das [X.] umfasste sechs Semester mit insgesamt rund 1.000 Unterrichtsstunden in den Fächern Öffentliches Recht, Privatrecht, Volkswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftslehre.

2

Für den Abrechnungszeitraum vom 22. Juli 2010 bis zum 7. Mai 2011 beantragte der Betreuer für seine Tätigkeit die Festsetzung einer pauschalen Betreuervergütung für 26 Stunden in Höhe von 1.144 €, der er im Hinblick auf seine Ausbildung einen Stundensatz nach der höchsten Vergütungsstufe von 44 € zugrunde legte.

3

Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 (Staatskasse) hat das [X.] auf der Grundlage des Stundensatzes von 27 € den Vergütungsanspruch des Betreuers auf 702 € herabgesetzt.

4

Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betreuer seinen Vergütungsantrag in voller Höhe weiter.

II.

5

Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 70 Abs. 1 FamFG) und auch im Übrigen zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

6

1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Betreuer habe für die Betreuung nutzbare Fachkenntnisse nicht durch eine einer Hochschulausbildung vergleichbare Ausbildung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] erworben. Der durch den Besuch der [X.] vermittelte Wissensstand sei insbesondere mit Blick auf den zeitlichen Umfang der Ausbildung einem Hochschulstudium nicht vergleichbar. Die [X.] habe zudem in einer Stellungnahme ausgeführt, dass das fragliche Studium einem Hochschulabschluss nicht gleichgestellt sei.

7

Dass dem Betreuer von verschiedenen Gerichten in der Vergangenheit die Vergütung zu dem höchsten Stundensatz bewilligt worden sei, rechtfertige ebenfalls nicht die Zubilligung des Stundensatzes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.].

8

Umstände, die darauf hindeuten würden, dass die Voraussetzungen des Stundensatzes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] vorlägen, dass also der Betreuer durch eine Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung für die Betreuung nutzbare Fachkenntnisse erworben habe, seien nicht ersichtlich.

9

2. Diese Ausführungen sind rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] eine erhöhte Vergütung zu bewilligen ist, obliegt einer wertenden Betrachtungsweise des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob er die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (Senatsbeschlüsse vom 22. August 2012 - [X.] 319/11 - NJW-RR 2012, 1475 Rn. 9 und vom 4. April 2012 - [X.] 447/11 - NJW-RR 2012, 774 Rn. 13).

b) Einer solchen Überprüfung hält die tatrichterliche Würdigung des [X.] stand, dass der Betreuer nicht über besondere, für die Betreuung nutzbare Kenntnisse verfügt, die er durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung oder eine andere vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben hat.

aa) Einer Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung, die ihr in ihrer Wertigkeit entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Gleichwertig ist sie, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspricht. Als Kriterien hierfür können insbesondere der mit der Ausbildung verbundene [X.]aufwand, Umfang und Inhalt des Lehrstoffes und die Zulassungsvoraussetzungen herangezogen werden. Demgegenüber kommt es auf die Bezeichnung der Einrichtung nicht an. Bei dieser Prüfung der Vergleichbarkeit hat der Tatrichter strenge Maßstäbe anzulegen (Senatsbeschlüsse vom 10. April 2013 - [X.] 349/12 - FamRZ 2013, 1029 Rn. 15; vom 4. April 2012 - [X.] 447/11 - NJW-RR 2012, 774 Rn. 16 und vom 18. Januar 2012 - [X.] 409/10 - FamRZ 2012, 629 Rn. 11 f.).

bb) Das Beschwerdegericht hat in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint, dass die Ausbildung des Betreuers den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] genügt.

(1) Der Besuch der [X.] ist keine Ausbildung an einer Hochschule. Nach Auskunft der [X.] ist das vom Betreuer erworbene Wirtschaftsdiplom einem Hochschulabschluss rechtlich nicht gleichgestellt. Die berufsbegleitend abgeschlossene Ausbildung des Betreuers zum "Betriebswirt (VWA)" ist auch nicht mit einem Abschluss an einer Hochschule vergleichbar im Sinn des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.].

Der vermittelte Wissensstand entspricht bereits nach Art und Umfang nicht einem Hochschulstudium, weil der mit der Ausbildung verbundene [X.]aufwand nicht an den eines Hochschulstudiums heranreicht. Zu berücksichtigen ist dabei nicht nur die [X.], sondern auch der nach Unterrichtsstunden zu bemessende [X.]. Dieser bleibt mit knapp 1.000 Unterrichtsstunden deutlich unter dem für ein Hochschul- oder Fachhochschulstudium erforderlichen [X.]aufwand.

(2) Entgegen der von der Rechtsbeschwerde aufgestellten Behauptung erkennt das [X.] Landesinnenministerium den Abschluss nicht als im [X.] gleichwertig an. Vielmehr hat es in seiner Antwort auf eine parlamentarische Anfrage darauf hingewiesen, dass gemäß §§ 21 ff. [X.] für die Laufbahnen des gehobenen nichttechnischen Dienstes ein dreijähriges Fachhochschulstudium mit anschließender Laufbahnprüfung vorgeschrieben sei und alle anderen Abschlüsse diese Voraussetzungen nicht erfüllten. Lediglich im Tarifrecht könnten die durch den Studiengang zum "Betriebswirt (VWA)" vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten nach den konkreten Einzelfallumständen eine Eingruppierung in eine dem gehobenen Dienst entsprechende Vergütungsgruppe rechtfertigen.

Die von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommene Stellungnahme vom 16. April 2012 stammt hingegen vom Innenministerium des [X.]. Soweit darin zu [X.] ausgeführt ist, diese seien als im [X.] gleichwertige Einstellungsvoraussetzung anerkannt, bezieht sich dies auf die Gleichwertigkeit mit der Fachhochschulreife oder einer anderen zum Hochschulstudium berechtigenden Schulbildung. Es besagt mithin nichts über eine Vergleichbarkeit mit einem Hochschulstudium.

(3) Soweit der Betreuer pauschal und erstmals mit der Rechtsbeschwerde geltend macht, der vom Beschwerdegericht als zutreffend erachtete Stundensatz von 27 € habe “wirtschaftlich katastrophale“ Auswirkungen für Berufsbetreuer, weil die laufenden Kosten so nicht finanziert werden könnten, ist dies nicht geeignet, einen verfassungswidrigen Zustand in Bezug auf die Betreuervergütung darzulegen.

(4) Das Beschwerdegericht hat es mit Recht abgelehnt, aufgrund von [X.] dem Betreuer den von ihm geforderten Stundensatz zuzuerkennen. Selbst wenn ihm in anderen Betreuungsverfahren ein Stundensatz von 44 € zugebilligt worden sein sollte, musste das Beschwerdegericht auf den neu gestellten (im vorliegenden Betreuungsverfahren im Übrigen erstmaligen) [X.] hin das Vorliegen der Voraussetzungen für die Höhe der Vergütung prüfen. Der Betreuer konnte nicht davon ausgehen, dass ihm der einmal vergütete Stundensatz auch in Zukunft wieder zuerkannt wird; er musste vielmehr auch früher stets damit rechnen, dass der vom Amtsgericht zugebilligte Stundensatz bei einer Überprüfung durch das Beschwerdegericht herabgesetzt wird (Senatsbeschlüsse vom 22. August 2012 - [X.] 319/11 - NJW-RR 2012, 1475 Rn. 22 und vom 8. Februar 2012 - [X.] 231/11 - juris Rn. 14 ff.). Die von der Rechtsbeschwerde insoweit unter Hinweis auf Art. 12, 14 GG angesprochenen verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht.

c) Soweit das Beschwerdegericht ausführt, auf das Vorliegen der Voraussetzungen eines Stundensatzes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] hindeutende Umstände seien nicht ersichtlich, werden von der Rechtsbeschwerde keine [X.] erhoben. Von Rechts wegen ist insoweit auch nichts zu beanstanden.

Dose                        Weber-Monecke                           Günter

              Botur                                         [X.]

Meta

XII ZB 23/13

30.10.2013

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Chemnitz, 4. Dezember 2012, Az: 3 T 509/12

§ 4 Abs 1 S 2 Nr 2 VBVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.10.2013, Az. XII ZB 23/13 (REWIS RS 2013, 1574)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1574

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