Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.01.2010, Az. III B 33/09

3. Senat | REWIS RS 2010, 9892

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Gegenstand

Wohnsitz eines in der Türkei studierenden Kindes


Leitsatz

1. NV: Die Rechtsgrundsätze, nach denen zu entscheiden ist, ob ein Kind, das sich zu Schulzwecken im Ausland aufhält, seinen inländischen Wohnsitz beibehält, sind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt .

2. NV: Strebt ein Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde an, dass der BFH in einem Revisionsverfahren seine bisherige Rechtsprechung ändert und bestimmte Zeit- und Schulabschnitte festlegt, die für die Beurteilung eines in- oder ausländischen Wohnsitzes ausreichen sollen, so muss er auf gewichtige neue rechtliche Gesichtspunkte hinweisen, die in der Rechtsprechung der FG oder in der Literatur vorgetragen werden .

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) bezog für seinen [X.] ([X.]) Kindergeld. Er teilte der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) mit, dass [X.] seit [X.]eptember 2005 in der [X.] zur [X.]chule gehe. Die Familienkasse hob mit [X.] vom 11. Januar 2006 die Festsetzung von Kindergeld ab Oktober 2005 auf. [X.]ie zahlte auch kein Kindergeld nach dem Abkommen zwischen der [X.] und der Republik [X.] über [X.]oziale [X.]icherheit vom 30. April 1964 ([X.] 1965, 1169). Der Einspruch des [X.] hatte keinen Erfolg.

2

Das Finanzgericht ([X.]) wies die anschließend erhobene Klage weit überwiegend ab. Es gewährte lediglich das sog. Abkommenskindergeld in Höhe von monatlich 5,11 €. Es war der Ansicht, [X.] habe im streitigen Zeitraum keinen inländischen Wohnsitz gehabt. Zwar stehe ihm in der Wohnung des [X.] in der [X.] ([X.]) jederzeit [X.] zur Verfügung. Wegen der mindestens vierjährigen Dauer des [X.]chulbesuchs in der [X.] seien die festgestellten Aufenthaltszeiten in der inländischen Wohnung jedoch für einen Erhalt des Wohnsitzes in der [X.] nicht ausreichend. [X.] habe bereits mit Beginn des Auslandsaufenthalts seinen Wohnsitz in die [X.] verlegt, wo er zunächst ein Internat besucht habe.

3

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger in erster Linie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] habe die Klage abgewiesen, weil die Inlandsaufenthalte zu kurz gewesen seien. Der [X.] ([X.]) habe verschiedentlich zur Kindergeldberechtigung bei Auslandsaufenthalten von Kindern zu [X.]chulzwecken [X.]tellung genommen. Er habe festgestellt, dass ein solcher Aufenthalt der Annahme eines Inlandswohnsitzes grundsätzlich nicht entgegenstehe. Es gebe Zeiträume, die akzeptiert worden seien und sich über mehr als vier Jahre erstreckt hätten, andererseits gebe es auch gegenteilige Entscheidungen, in denen ein kürzerer Auslandsaufenthalt zum Verlust des Inlandswohnsitzes geführt habe. Die Frage sei für eine Vielfalt von Auslandsaufenthalten von [X.]chülern und [X.]tudenten von Bedeutung. Im angefochtenen Urteil würden Vermutungen zur Entscheidungsgrundlage gemacht, z.B. der Umstand, dass viele Abiturienten im Ausland studierten, um dann wieder in die [X.] zurückzukehren. Die Vermutung des [X.] sei so subjektiv, dass sie einer objektiven Überprüfung nicht zugänglich sei. Insofern liege eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor. Den Rechtsuchenden müsse eine klare Grenze bekannt sein, z.B. feste Zeit- oder [X.]chulabschnitte. Die vom [X.] aufgestellten Kriterien führten nicht weiter. Der [X.] habe Gelegenheit, in einem Revisionsverfahren Abgrenzungskriterien zu entwickeln, die für eine [X.]ubsumtion besser geeignet seien.

Entscheidungsgründe

4

II. [X.] ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 [X.]O).

5

1. Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) kommt nicht in Betracht. Der [X.] hat bereits mehrfach die Rechtsgrundsätze dargelegt, nach denen zu entscheiden ist, ob ein Kind, das sich zum Zweck des Schulbesuchs mehrere Jahre im Ausland aufhält, seinen inländischen Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung --AO--) beibehält (z.B. [X.]-Urteile vom 22. April 1994 [X.], [X.]E 174, 523, [X.] 1994, 887; vom 27. April 1995 [X.]/93, [X.]/NV 1995, 967; vom 23. November 2000 [X.]/99, [X.]E 193, 569, [X.] 2001, 279, und [X.], [X.]E 193, 558, [X.] 2001, 294; Senatsbeschluss vom 31. Mai 2007 [X.]/07, [X.]/NV 2007, 1907). Ob im Einzelfall bei Anwendung dieser Grundsätze davon auszugehen ist, dass ein Kind seinen Wohnsitz im Inland hat, muss das [X.] unter Berücksichtigung der Umstände des Falles im Wege der Tatsachenwürdigung beurteilen. An diese Würdigung ist der [X.], sofern keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben werden, nach § 118 Abs. 2 [X.]O gebunden und kann sie nur auf Verstöße gegen die Denkgesetze und gegen Erfahrungssätze hin überprüfen.

6

2. Der Kläger strebt mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde an, dass der [X.] in einem Revisionsverfahren seine bisherige Rechtsprechung ändert und bestimmte Zeit- und Schulabschnitte festlegt, die für die Beurteilung eines in- oder ausländischen Wohnsitzes ausreichen und eine einfache und vorhersehbare Entscheidung in den Fällen ermöglichen sollen, in denen sich ein Kind zu Schul- oder Studienzwecken im Ausland aufhält. Er begehrt die erneute, abweichende Beantwortung bereits vom [X.] geklärter Rechtsfragen. Ein entsprechendes Vorbringen führt jedoch nur dann zur Zulassung der Revision, wenn gewichtige neue rechtliche Gesichtspunkte in der Rechtsprechung der [X.] oder in der Literatur vorgetragen werden, die der [X.] noch nicht geprüft hat, oder wenn ein Beteiligter selbst derartige Gesichtspunkte erstmals vorbringt (s. [X.] in [X.]/ [X.]/[X.], § 115 [X.]O [X.], m.w.N.). Hieran fehlt es im Streitfall. Der Wunsch nach einer vereinfachten Anwendung des Wohnsitzbegriffs nach § 8 AO mit Hilfe fester Grenzen rechtfertigt noch nicht die Zulassung der Revision.

7

3. Soweit der Kläger die Verletzung rechtlichen Gehörs rügt (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 [X.]O), macht er letztlich keinen Verfahrensmangel geltend, sondern die unrichtige Anwendung materiellen Rechts. Eine derartige Rüge führt jedoch nicht zur Revisionszulassung.

Meta

III B 33/09

28.01.2010

Bundesfinanzhof 3. Senat

Beschluss

vorgehend FG Nürnberg, 5. Februar 2009, Az: 7 K 2123/2007, Urteil

§ 8 AO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.01.2010, Az. III B 33/09 (REWIS RS 2010, 9892)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9892

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