Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.09.2014, Az. III R 10/14

3. Senat | REWIS RS 2014, 2612

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Gegenstand

Kindergeld - Beibehaltung des Wohnsitzes - mehrjähriger Auslandsaufenthalt - Auslandsstudium


Leitsatz

1. Während eines mehrjährigen Auslandsaufenthalts zum Zwecke einer Berufsausbildung behält ein Kind seinen Wohnsitz in der Wohnung der Eltern im Inland im Regelfall nur dann bei, wenn es diese Wohnung zumindest überwiegend in den ausbildungsfreien Zeiten nutzt .

2. Für die Beibehaltung eines Inlandswohnsitzes im Hause der Eltern bei mehrjährigen Auslandsaufenthalten reichen nur kurze, üblicherweise durch die Eltern-Kind-Beziehung begründete Besuche regelmäßig nicht aus. Dies ist bei lediglich kurzzeitigen Aufenthalten --zwei bis drei Wochen pro Jahr-- nach der Lebenserfahrung der Fall .

3. Für die Beibehaltung eines Wohnsitzes sind die tatsächlichen Verhältnisse ohne Rücksicht auf subjektive Momente oder Absichten entscheidend .

Tatbestand

1

I. Es ist streitig, ob dem Kläger und [X.] (Kläger) für seine in den [X.] studierende [X.]ochter ([X.]) Kindergeld für den Zeitraum Januar 2009 bis August 2011 zusteht.

2

[X.] absolvierte nach ihrem im [X.] 2008 abgelegten Abitur ab August 2008 ein einjähriges Au-Pair-Programm in den [X.], welches einen Sprachkurs von zehn Stunden pro Woche umfasste. Während des Auslandsaufenthalts entschloss sich [X.] zu einem Studium in [X.]. Seit September 2009 studiert sie dort. Der Abschluss ist für das [X.] geplant.

3

Während ihres Auslandsaufenthalts stand [X.] ihr ehemaliges Kinderzimmer im väterlichen Wohnhaus in [X.] zur Verfügung. Im Streitzeitraum hielt sie sich vom 18. Dezember 2009 bis zum 4. Januar 2010, vom 11. Februar 2011 bis zum 1. April 2011 und vom 1. August 2011 bis zum 4. September 2011 auf (außerhalb des [X.]: 20. Dezember 2011 bis 3. Januar 2012, 3. Februar 2012 bis 6. März 2012, 4. April 2012 bis 16. April 2012).

4

Die [X.]eklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) hob die Festsetzung des Kindergeldes ab Januar 2009 auf und führte zur [X.]egründung an, [X.] habe ab diesem Zeitpunkt keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der [X.]undesrepublik Deutschland (Deutschland).

5

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage war erfolgreich. Zur [X.]egründung führte das Finanzgericht ([X.]) im Wesentlichen aus, dass [X.] ab 2009 weiterhin nach Gesamtwürdigung aller Umstände ihren Wohnsitz im Inland beibehalten habe. Der Umstand, dass [X.] nicht die gesamte ausbildungsfreie Zeit in der inländischen Wohnung verbracht habe, sei nicht ausschlaggebend. Ursächlich hierfür sei nicht die Loslösung von der inländischen Wohnung, sondern fehlende finanzielle Mittel gewesen. Die Sichtweise der Familienkasse würde dazu führen, dass wohlhabende Eltern, die höhere Flugkosten tragen könnten, eher in den Genuss von Kindergeld kämen.

6

Mit der Revision macht die Familienkasse eine unzutreffende Auslegung des § 8 der Abgabenordnung ([X.]) geltend. Der in § 63 Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) genannte Wohnsitz der Kinder im Inland oder in einem Mitgliedstaat der [X.] richte sich nach § 8 [X.]. [X.]ei der [X.]eurteilung der Frage, ob ein Kind, das sich zeitweise im Ausland aufhalte, seinen inländischen Wohnsitz beibehalte oder aufgebe und möglicherweise später neu begründe, seien nach der Rechtsprechung des [X.]undesfinanzhofs ([X.]FH) eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen. Dabei komme der Häufigkeit und Dauer der Inlandsaufenthalte eine erhebliche [X.]edeutung zu. Das [X.] Köln (Urteil vom 22. Juli 2007  15 K 3039/04, Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2007, 1174) gehe davon aus, dass grundsätzlich die gesamte ausbildungsfreie Zeit im Inland verbracht werden müsse. Das [X.] München (Urteil vom 22. Dezember 2008  10 K 3104/07, juris) verlange, dass das Kind zumindest die weitaus überwiegende ausbildungsfreie Zeit im Inland verbringe. Indem das [X.] eine [X.]eibehaltung des Inlandswohnsitzes des Kindes angenommen habe, obwohl es sich im [X.] lediglich an 14 [X.]agen und im Jahr 2010 nur an vier [X.]agen im Inland aufgehalten habe, habe es § 8 [X.] unzutreffend ausgelegt.

7

Die Familienkasse beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

9

Eine fehlerhafte Auslegung des § 8 [X.] durch das [X.] liege nicht vor. Nach neuerer Rechtsprechung des [X.]FH (Urteil vom 28. April 2010 III R 52/09, [X.]FHE 229, 270, [X.]St[X.]l II 2010, 1013) sei eine starre Aufenthaltsgrenze im Inland von fünf Monaten nicht mehr erforderlich. Darüber hinaus entsprächen die von der Familienkasse geforderten Inlandsaufenthalte in den unterrichtsfreien Zeiträumen nicht der Lebenswirklichkeit.

Entscheidungsgründe

[X.] Die Revision ist begründet. Das [X.] ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Das [X.] hat einen inländischen Wohnsitz der [X.] bejaht. Die Feststellungen des [X.] reichen indes nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob die [X.]ochter des [X.] im Streitzeitraum ihren Wohnsitz im Inland (beibehalten) hatte.

1. Für Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der [X.] oder in einem Staat haben, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die auch nicht im Haushalt eines Berechtigten i.S. des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG leben, wird nach § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG kein Kindergeld gewährt. Das Existenzminimum dieser Kinder wird nur durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG von der Besteuerung freigestellt, die keine unbeschränkte Steuerpflicht des Kindes voraussetzen (vgl. § 32 Abs. 1 und 6 EStG).

2. Die Grundsätze, nach denen sich bestimmt, ob jemand einen Wohnsitz (§ 8 [X.]) im Inland hat, sind durch langjährige Rechtsprechung im Wesentlichen geklärt (z.B. [X.]surteil vom 20. November 2008 III R 53/05, [X.], 564; [X.]sbeschluss vom 19. September 2013 III B 53/13, [X.], 38).

a) Nach § 8 [X.], der auch im Rahmen der Prüfung des § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG über § 1 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 31 Satz 3 EStG Anwendung findet, hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Damit knüpft der Wohnsitzbegriff des § 8 [X.] ausschließlich an die tatsächliche Gestaltung und nicht an subjektive Vorstellungen an ([X.]-Urteil vom 12. Januar 2001 VI R 64/98, [X.], 1231; [X.]sbeschluss in [X.], 38, Rz 7 ff.).

Ein Wohnsitz nach § 8 [X.] setzt neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumen das Innehaben der Wohnung in dem Sinn voraus, dass der Steuerpflichtige tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit --wenn auch in größeren [X.] aufsucht ([X.]-Urteil vom 23. November 2001 VI R 107/99, [X.], 558, [X.] 2001, 294, unter [X.]). Der Wohnsitzbegriff setzt zwar weder voraus, dass die Wohnung im Inland den Mittelpunkt der Lebensinteressen bildet ([X.]-Urteil vom 28. Januar 2004 I R 56/02, [X.], 917, unter [X.]) noch einen Aufenthalt während einer Mindestzeit ([X.]-Urteile vom 19. März 1997 I R 69/96, [X.], 296, [X.] 1997, 447, unter [X.]3.; in [X.], 1231); erforderlich ist aber eine Nutzung, die über bloße Besuche, kurzfristige Ferienaufenthalte und das Aufsuchen der Wohnung zu Verwaltungszwecken hinausgeht ([X.]-Urteil vom 10. April 2013 I R 50/12, [X.]/NV 2013, 1909, unter [X.], m.w.N.).

[X.] besteht nicht nur darin, dass objektiv die Wohnung ihrem Inhaber jederzeit zur Verfügung steht, sondern auch darin, dass diese von ihm subjektiv zu einem entsprechenden Aufenthalt mit [X.] bestimmt ist. In dieser zur objektiven Eignung hinzutretenden subjektiven Bestimmung liegt der Unterschied zwischen dem bloßen Aufenthaltnehmen in einer Wohnung und dem Wohnsitz ([X.]-Urteile vom 26. Februar 1986 II R 200/82, [X.]/NV 1987, 301, unter 1.a; in [X.], 558, [X.] 2001, 294, unter [X.]; vom 13. November 2013 I R 38/13, [X.], 1046, unter [X.]2.b).

b) Bei Kindern, die zum Zwecke der Schul-, Hochschul- oder Berufsausbildung auswärtig untergebracht sind, reicht es für einen Inlandswohnsitz daher nicht aus, wenn die elterliche Wohnung dem Kind weiterhin zur Verfügung steht. Einen allgemeinen Grundsatz, dass die Aufnahme im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils grundsätzlich für die Dauer der Ausbildung fortbesteht, gibt es nicht ([X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 8 [X.], Rz 40; vgl. [X.]surteil vom 7. April 2011 III R 77/09, [X.]/NV 2011, 1351, unter [X.]1.c).

aa) Es muss, um einen inländischen Wohnsitz in diesen Fällen  annehmen zu können, eine Beziehung zur elterlichen Wohnung vorhanden sein, die über die allein durch das Familienverhältnis begründete Beziehung hinausgeht und erkennen lässt, dass der Steuerpflichtige die elterliche Wohnung nach wie vor auch als seine eigene betrachtet ([X.]-Urteil vom 17. März 1961 VI 185/60 U, [X.]E 73, 82, [X.]I 1961, 298).

Die Beantwortung der Frage, ob ein Kind, das sich zeitweise außerhalb des elterlichen Haushalts im Ausland zu Ausbildungszwecken aufhält, seinen inländischen Wohnsitz bei den Eltern beibehält oder aber zunächst aufgibt und bei einer späteren Rückkehr wieder neu begründet, liegt weitgehend auf tatsächlichem Gebiet unter Berücksichtigung der objektiven Umstände des jeweiligen Falles. Generelle Regeln lassen sich nicht aufstellen. Die Umstände müssen aber nach der Lebenserfahrung den Schluss zulassen, dass das Kind die Wohnung innehat, um sie als solche zu nutzen.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat auf Grund zahlreicher Entscheidungen konkrete objektive Anhaltspunkte dargelegt, die Rückschlüsse auf die Beibehaltung oder die Aufgabe eines inländischen Wohnsitzes zulassen können. Neben der voraussichtlichen Dauer der auswärtigen Unterbringung, der Art der Unterbringung am Ausbildungsort auf der einen und im Elternhaus auf der anderen Seite, dem Zweck des Auslandsaufenthalts, den persönlichen Beziehungen des Kindes am Wohnort der Eltern einerseits und am Ausbildungsort andererseits ([X.]sbeschluss vom 22. November 2011 III B 154/11, [X.]/NV 2012, 375, unter [X.]), kommt der Dauer und Häufigkeit der [X.] erhebliche Bedeutung zu ([X.]surteil in [X.]E 229, 270, [X.] 2010, 1013, unter [X.]1.a; [X.]sbeschlüsse vom 27. Dezember 2011 III B 14/10, [X.]/NV 2012, 555, unter [X.]1.; vom 17. Mai 2013 III B 121/12, [X.]/NV 2013, 1381, unter 1.b aa; [X.]-Beschluss vom 12. Februar 2014 V B 39/13, [X.], 715, unter 2.). Danach reicht bei einem auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalt ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Urlaubszwecken, Besuchszwecken oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit [X.] gleichkommen, nicht aus, um "zwischenzeitliches Wohnen" und damit einen inländischen Wohnsitz anzunehmen ([X.]surteil in [X.], 564, unter [X.]1.b; [X.]sbeschluss in [X.], 38, unter [X.]2.b).

bb) Kinder, die sich zum Zwecke des Studiums für mehrere Jahre ins Ausland begeben, behalten ihren Wohnsitz bei den Eltern daher nur dann bei, wenn sie diese in [X.] Zeiten nutzen ([X.]surteil in [X.]E 229, 270, [X.] 2010, 1013, unter [X.]1.a).

Da die [X.] Zeiten von der Art bzw. der Gestaltung des Studiums (z.B. [X.]rimester), von länderspezifisch unterschiedlich ausgestalteten Semesterferien und auch von Anwesenheitsobliegenheiten (Seminar-/Hausarbeiten in der unterrichtsfreien Zeit, Examens-/Prüfungsvorbereitungen) abhängen können, kann eine Mindestdauer der [X.] nicht verlangt werden. Erforderlich ist jedoch im Regelfall, dass die [X.] Zeiten zumindest überwiegend im Inland verbracht werden und es sich um [X.] handelt, die Rückschlüsse auf ein zwischenzeitliches Wohnen zulassen.

Bei der Ermittlung der Dauer der [X.] bleiben solche Zeiten außer Betracht, in denen sich das Kind vor dem Beginn und nach dem Ende des Studiums im Inland aufhält ([X.]surteil in [X.]E 229, 270, [X.] 2010, 1013, unter [X.]1.b).

Regelmäßig nicht ausreichend sind bei mehrjährigen Auslandsaufenthalten nur kurze, üblicherweise durch die [X.] begründete Besuche. Dies ist bei lediglich kurzzeitigen Aufenthalten --zwei bis drei Wochen pro Jahr (vgl. [X.]sbeschluss in [X.]/NV 2012, 555, unter [X.]1.)-- nach der Lebenserfahrung der Fall.

cc) Keine ausschlaggebende Bedeutung für die Beibehaltung des Wohnsitzes haben regelmäßig die Staatsangehörigkeit des Kindes, die Feststellung der Rückkehrabsicht ins Inland ([X.]-Urteil in [X.], 558, [X.] 2001, 294, unter [X.]3.b), Aufenthalte der Eltern mit den Kindern außerhalb von [X.] und melderechtliche Vorgaben.

Entgegen der Ansicht des [X.] können fehlende finanzielle Mittel für [X.] des Kindes nicht die fehlenden wesentlichen [X.] in den [X.] Zeiten kompensieren. Die gesetzliche Regelung (§ 8 [X.]) setzt neben dem Vorhandensein einer Wohnung, das "Innehaben" einer solchen voraus. Dabei sind die Voraussetzungen für das "Innehaben" einer Wohnung im steuerrechtlichen Sinn objektiviert ([X.]-Urteil vom 23. November 1988 II R 139/87, [X.]E 155, 29, [X.] 1989, 182, unter 1.b). Entscheidend sind daher die tatsächlichen Verhältnisse ohne Rücksicht auf subjektive Momente oder Absichten. Die persönlichen oder finanziellen Beweggründe für die fehlenden [X.] und damit für das fehlende "Innehaben" sind für die Frage des Wohnsitzes unerheblich ([X.] Köln, Urteil vom 22. Februar 2007  15 K 3039/04, E[X.] 2007, 1174).

3. Die Beurteilung, ob objektiv erkennbare Umstände auf eine Beibehaltung und Nutzung der Wohnung schließen lassen, obliegt im Wesentlichen dem [X.]; seine Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse ist nur begrenzt überprüfbar (vgl. § 118 Abs. 2 [X.]O).

a) Die vom [X.] im Streitfall vorgenommene Würdigung ist auch unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten [X.] zu beanstanden. Das [X.] enthält keine tragfähige [X.]atsachengrundlage für die Annahme eines inländischen Wohnsitzes der [X.] (zum Fehlen einer tragfähigen [X.]atsachengrundlage vgl. [X.]-Urteil vom 26. Mai 2009 VII R 28/08, [X.]E 225, 543; [X.]surteil vom 2. Dezember 2004 III R 49/03, [X.]E 208, 531, [X.] 2005, 483). Hierin liegt ein Rechtsfehler, den der erkennende [X.] auch ohne Rüge von Amts wegen zu beachten hat ([X.]-Urteil vom 12. Mai 2009 IX R 18/08, [X.], 1627, unter [X.]2.; Lange in [X.], § 118 [X.]O, Rz 230, 100, m.w.N.).

aa) Das [X.] hat die Annahme eines inländischen Wohnsitzes der [X.] im Wesentlichen aus den teilweise nur sehr kurzzeitigen Aufenthaltszeiten in ihrem ehemaligen Kinderzimmer, den zu Hause wohnenden jüngeren Geschwistern, der daraus abzuleitenden familiären Bindung an das elterliche Wohnhaus und aus den fehlenden finanziellen Mitteln für weitere [X.] abgeleitet. Diese tatsächlichen Umstände sind aber weder einzeln noch in ihrer Zusammenschau ausreichend, nachvollziehbar die Beibehaltung eines inländischen Wohnsitz der [X.] anzunehmen.

bb) Das [X.] hat die jeweilige Dauer der [X.] Zeiten der [X.] nicht festgestellt. Es hat lediglich ausgeführt, es sei nicht ausschlaggebend, dass [X.] nicht die gesamte ausbildungsfreie Zeit in der inländischen Wohnung verbracht habe. So bleibt unklar, ob [X.] sich weit überwiegend während der [X.] Zeiten im Inland, in den [X.] oder an anderen Orten aufgehalten hat. Die Feststellung des [X.], dass [X.] die inländische Wohnung im streitgegenständlichen Zeitraum mehrfach für mehrere Wochen genutzt hat, betrifft nur das Jahr 2011. [X.] hat [X.] [X.] im väterlichen Haus zwei Wochen und im [X.] lediglich an vier [X.]agen genutzt.

b) [X.] ist nicht spruchreif. Die Feststellungen des [X.] lassen weder eine Beurteilung darüber zu, ob [X.] ihren Wohnsitz im väterlichen Haus im gesamten Streitzeitraum beibehalten oder zunächst beibehalten, dann aufgegeben und ggf. wieder neu begründet hat. Das [X.] hat die fehlenden tatsächlichen Feststellungen zum Vorliegen eines inländischen Wohnsitzes im zweiten Rechtsgang nachzuholen.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass [X.] zunächst nur einen vorübergehenden einjährigen Aufenthalt in den [X.] als Au-Pair geplant hatte. Bei voraussichtlicher Rückkehr innerhalb eines Jahres liegt regelmäßig keine Aufgabe des Wohnsitzes vor (vgl. [X.] in [X.], [X.], § 8 Rz 23, 43, 49 "Ausbildung"), so dass [X.] für die Beibehaltung des Wohnsitzes nicht erforderlich sind. Wird die Absicht zur Rückkehr innerhalb eines Jahres aufgegeben, so kann in diesem Moment eine Aufgabe des Wohnsitzes erfolgen. Entscheidend ist insoweit, in welchem Zeitpunkt Umstände eintreten, die nunmehr Rückschlüsse auf einen längerfristigen Auslandsaufenthalt zulassen. Ab diesem Zeitpunkt kommt den [X.]n bei der Frage der Beibehaltung des Wohnsitzes im Elternhaus wieder erhebliche Bedeutung zu. Das [X.] hat hierzu --aus seiner Sicht konsequent-- keine ausreichenden Feststellungen getroffen, die ebenfalls nachzuholen sind.

4. Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung nicht verzichtet. Der [X.] hält es für sachdienlich gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 90a Abs. 1 [X.]O durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.

5. Die Kostenentscheidung wird gemäß § 143 Abs. 2 [X.]O dem [X.] übertragen.

Meta

III R 10/14

25.09.2014

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 28. Oktober 2013, Az: 10 K 10236/11, Urteil

§ 63 Abs 1 S 3 EStG 2009, § 32 Abs 1 EStG 2009, § 32 Abs 6 EStG 2009, § 31 S 3 EStG 2009, § 8 AO, EStG VZ 2009, EStG VZ 2010, EStG VZ 2011, § 118 Abs 2 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.09.2014, Az. III R 10/14 (REWIS RS 2014, 2612)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 576 REWIS RS 2014, 2612

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