Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 15.02.2017, Az. 2 BvR 2190/16

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2017, 15586

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Missbräuchlichkeit der Beschwerdeerhebung iSd § 34 Abs 2 BVerfGG bei Versuch des Vorenthaltens entscheidungserheblicher Tatsachen sowie bei mangelnder Sachlichkeit - hier: Verschweigen von Indizien für Unterstützung des islamistischen Terrorismus als Verdachtsgrund bei Rüge einer Grundrechtsverletzung durch erkennungsdienstliche Behandlung (§ 89a StPO) - zudem Diffamierung durch Vorwurf "rassistischer Diskriminierung" gegenüber Ermittlungsbehörden


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Dem Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 500 Euro (in Worten: fünfhundert Euro) auferlegt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde wendet sich gegen durchgeführte erkennungsdienstliche Maßnahmen im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens nach § 89a StGB.

I.

2

Die Verfassungsbeschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen nach § 93a Abs. 2 [X.] nicht erfüllt sind. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unzulässig. Der Beschwerdeführer hat bereits nicht in einer den Begründungsanforderungen der §§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] genügenden Weise vorgetragen, in verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen verletzt worden zu sein. Eine derartige Rechtsverletzung ist auch sonst nicht erkennbar.

3

Der Beschwerdeführer war bis zum April 2014 Erster Vorstand des - nach seinen Angaben - "salafistisch geprägten" [X.] e.V. Mit eingeworbenen Spendenmitteln hatte er für diesen Verein mindestens zwei Krankenwagen erworben, die später nach [X.] verbracht wurden.

4

Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerdeschrift unerwähnt gelassen, dass das Ermittlungsverfahren gemäß § 89a StGB (auch) deshalb gegen ihn geführt wurde, weil nach den Feststellungen des [X.] einer dieser Krankenwagen in [X.] - mit ausgebauter [X.] und eingebautem Maschinengewehr - als Anschlagsmittel verwendet wurde. Dies ergibt sich erst aus den als Anlagen vorgelegten Entscheidungen des [X.] [X.] vom 31. März 2015 und der Verfügung der Staatsanwaltschaft [X.] vom 6. April 2016.

5

Vor diesem Hintergrund sind die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und die von dem Beschwerdeführer nur rudimentär beschriebenen Ermittlungsmaßnahmen nachvollziehbar und stellen insbesondere keine "rassistische Diskriminierung" (S. 9 der Verfassungsbeschwerde) des Beschwerdeführers dar. Dass das Ermittlungsverfahren später mangels Beweises für eine (subjektive) Kenntnis des Beschwerdeführers von einer entsprechenden Verwendung des Krankenwagens eingestellt wurde, steht dem nicht entgegen.

6

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

II.

7

Die Verfassungsbeschwerde wurde missbräuchlich im Sinne von § 34 Abs. 2 [X.] erhoben. Dem Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers ist daher eine [X.] in Höhe von 500 Euro aufzuerlegen.

8

Eine [X.] kann verhängt werden, wenn die Verfassungsbeschwerde in ihrer äußeren Form die gebotene Sachlichkeit vermissen lässt (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 23. Juni 1998 - 2 BvR 1916/97 -, juris, Rn. 3), und auch dann, wenn der Beschwerdeführer versucht, dem Gericht die Kenntnis von für die Entscheidung offensichtlich bedeutsamen Tatsachen vorzuenthalten (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 16. August 1994 - 2 BvR 983/94 -, juris, Rn. 16). Das Instrument der Verfassungsbeschwerde wird missbraucht, wenn das [X.] bei der Erfüllung seiner Aufgaben in dieser Weise durch eine sinnentleerte Inanspruchnahme seiner Arbeitskapazität behindert zu wird (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 23. Juni 1998 - 2 BvR 1916/97 -, juris, Rn. 3).

9

Die Verwendung wenigstens eines der gespendeten Krankenwagen als Anschlagsmittel in [X.] war von offensichtlicher Relevanz für das Strafverfahren aufgrund des Verdachts einer Finanzierung islamistischer Terroristen. Diese Tatsache war in der Beschwerdeschrift erkennbar mitzuteilen, da es nicht Aufgabe des [X.]s ist, sich den verfahrensrelevanten Sachverhalt selbst aus den Anlagen zusammenzusuchen. Angesichts der gegebenen Sachlage erscheint zudem der Vorwurf "rassistischer Diskriminierung" gegenüber den Ermittlungsbehörden als diffamierend und grob unsachlich.

III.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar. Dies gilt auch hinsichtlich des Ausspruchs über die [X.] (vgl. [X.]E 133, 163 <167>).

Meta

2 BvR 2190/16

15.02.2017

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend LG Stuttgart, 1. August 2016, Az: 18 Qs 41/16, Beschluss

§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 34 Abs 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 89a StPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 15.02.2017, Az. 2 BvR 2190/16 (REWIS RS 2017, 15586)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15586

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

2 BvR 1691/17

1 BvQ 60/20, 1 BvQ 64/20

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