Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.07.2013, Az. I ZR 156/12

1. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 4450

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Gegenstand

Beförderungsausschlussklausel eines Paketdienstunternehmens: Auslegung der in US-Dollar definierten Wertgrenze


Leitsatz

Die Beförderungsausschlussklausel in den Beförderungsbedingungen eines Paketdienstunternehmens, wonach der Wert eines Pakets den Gegenwert von 50.000 US-Dollar in der jeweiligen Landeswährung nicht überschreiten darf, ist - wenn die Landeswährung der Euro ist - dahin auszulegen, dass die Wertgrenze auf der Basis des Euro-Referenzkurses (Mittelkurses) der Europäischen Zentralbank zu ermitteln ist.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des [X.] vom 18. Juli 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Transportversicherer der [X.] in [X.]         (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt das beklagte [X.] aus abgetretenem und übergegangenem Recht wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch. Darüber hinaus verlangt sie die Erstattung vorgerichtlich angefallener Rechtsverfolgungskosten.

2

Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte im Juni 2008 mit dem Transport eines Messgeräts von einem in [X.] ansässigen Unternehmen nach [X.]        . Dem Beförderungsvertrag lagen die [X.] der Beklagten (Stand: 2008) zugrunde, die unter anderem folgende Regelungen enthielten:

3. Beförderungsbedingungen

3.1 [Die Beklagte] befördert keine Waren, die nach Maßgabe der folgenden Absätze (i) bis (iv) vom Transport ausgeschlossen sind.

(...)

(ii) Der Wert eines Pakets darf den Gegenwert von 50.000 US-Dollar in der jeweiligen Landeswährung nicht überschreiten. (...)

(...)

3.3 Verweigerung und Einstellung der Beförderung

(i) Sofern ein Paket einer der obigen Beschränkungen oder Bedingungen nicht entspricht, (...) kann [die Beklagte] die Beförderung des betreffenden Pakets (...) verweigern oder, falls die Beförderung bereits im Gang ist, die Beförderung einstellen.

3

Die [X.] Versenderin übergab einem Fahrer der Beklagten am 13. Juni 2008 das Transportbehältnis, in dem sich nach der Darstellung der Klägerin das Messgerät befand.

4

Die Klägerin hat behauptet, das Transportbehältnis, ein Spezialkoffer im Wert von 750 €, sei unmittelbar nach der Ankunft bei der Versicherungsnehmerin am 16. Juni 2008 geöffnet worden. Dabei hätten deren Mitarbeiter festgestellt, dass der Transportkoffer leer angeliefert worden sei. Der Wert des abhandengekommenen Messgeräts habe zum Zeitpunkt der Übergabe an die Beklagte 32.555 € betragen.

5

Die Beklagte hafte für den Verlust des [X.] unbeschränkt, da ihr ein qualifiziertes Verschulden anzulasten sei. Sie habe weder zum Verbleib des [X.] noch zu von ihr angestellten Nachforschungen etwas vortragen können. Dies lasse den Schluss auf eine grob mangelhafte Betriebsorganisation zu.

6

Die Klägerin hat die Beklagte daher auf Zahlung von 32.555 € nebst Zinsen und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.307,81 € in Anspruch genommen.

7

Die Beklagte hat vor allem geltend gemacht, der Wert des angeblich an sie zur Beförderung übergebenen Messgeräts nebst Transportkoffer habe die Verbotsgutgrenze von 50.000 US-Dollar gemäß ihren Beförderungsbedingungen überschritten. Dieser Umstand führe zu einem vollständigen Haftungsausschluss.

8

Das [X.] hat die Beklagte unter Abweisung des weitergehenden Klagebegehrens zur Zahlung von 32.030 € nebst Zinsen verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.

9

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die [X.] schulde für den Verlust des Messgeräts, der während ihrer Obhutszeit eingetreten sei, gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 29 CMR in Verbindung mit § 435 HGB vollen Schadensersatz in Höhe von 32.030 €. Dazu hat es ausgeführt:

Die in erster Instanz durchgeführte Beweisaufnahme habe ergeben, dass das abhandengekommene Messgerät, das zum Zeitpunkt der Übergabe einen Wert von 32.030 € gehabt habe, einem Fahrer der [X.]n übergeben und bei der Versicherungsnehmerin als Empfängerin nicht abgeliefert worden sei. Die [X.] hafte für den Verlust des [X.] unbeschränkt, da ihr oder ihren Mitarbeitern, deren Verhalten sie sich gemäß Art. 29 Abs. 2, Art. 3 CMR zurechnen lassen müsse, ein qualifiziertes Verschulden anzulasten sei.

Die Versicherungsnehmerin treffe an der Entstehung des Schadens kein der Klägerin [X.] Mitverschulden. Die [X.] mache ohne Erfolg geltend, die Versicherungsnehmerin habe ihr [X.] im Sinne von Ziffer 3.1 ([X.]) ihrer Beförderungsbedingungen zum Transport übergeben, ohne sie davon in Kenntnis zu setzen. Bei dem zum Transport übergebenen Gut habe es sich nicht um [X.] im Sinne der genannten Klausel gehandelt, weil dessen Wert unter 50.000 US-Dollar gelegen habe. Es sei schon zweifelhaft, ob die [X.]klausel mit Blick auf das in § 307 Abs. 1 Satz 2 [X.] normierte Transparenzgebot wirksam sei. Dies könne jedoch offenbleiben, da - eine Wirksamkeit bei der kundenfeindlichsten Auslegung unterstellt - zumindest Unklarheiten verblieben, die bei der dann nach § 305c Abs. 2 [X.] gebotenen kundenfreundlichsten Auslegung hier dazu führten, dass die Verbotsgrenze von 50.000 US-Dollar nicht erreicht sei. Die Klägerin müsse sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unterlassenen Wertdeklaration ein anspruchsminderndes Mitverschulden entgegenhalten lassen, weil dieser Umstand für den eingetretenen Schaden nicht kausal geworden sei. Gleiches gelte für den ebenfalls nicht erteilten Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die mit einem grenzüberschreitenden Straßengütertransport beauftragte [X.] als Frachtführerin der Haftung nach den Vorschriften der CMR unterliegt. Danach hat die [X.] gemäß Art. 17 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 CMR grundsätzlich Schadensersatz für den Verlust von Transportgut zu leisten, das während ihrer Obhutszeit abhandenkommt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist das Messgerät, für dessen Verlust die Klägerin Schadensersatz verlangt, während der Obhutszeit der [X.]n abhandengekommen. Die Revision erhebt dagegen keine [X.], so dass für das Revisionsverfahren von einer grundsätzlichen Schadensersatzverpflichtung der [X.]n gemäß Art. 17 Abs. 1 CMR auszugehen ist.

2. Vollen Schadensersatz - über die Beschränkung des Art. 23 Abs. 3 CMR hinaus - schuldet die [X.] aber nur dann, wenn die Voraussetzungen des Art. 29 CMR vorliegen. Nach dieser Bestimmung kann sich der Frachtführer nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden verursacht hat. Das Gleiche gilt, wenn seinen Bediensteten oder Verrichtungsgehilfen ein solches qualifiziertes Verschulden zur Last fällt (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 CMR). Da auf den zwischen der Versicherungsnehmerin und der [X.]n geschlossenen Beförderungsvertrag jedenfalls gemäß Art. 27 Abs. 1 EG[X.], der im Streitfall noch maßgeblich ist, [X.] Recht zur Anwendung kommt - beide Parteien haben während des Rechtsstreits ausschließlich auf der Grundlage des [X.] Rechts vorgetragen -, ist im Rahmen von Art. 29 Abs. 1 CMR ergänzend § 435 HGB heranzuziehen. Nach dieser Vorschrift kann sich der Frachtführer nicht auf gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Haftungsbeschränkungen berufen, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 HGB genannte Person vorsätzlich oder bewusst leichtfertig begangen hat. Davon ist im Streitfall auszugehen.

Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Voraussetzungen für ein qualifiziertes Verschulden der [X.]n im Sinne von § 435 HGB erfüllt sind, weil die [X.] nichts zu den näheren Umständen des Verlustes und zu von ihr angestellten Nachforschungen zum Verbleib des [X.] vorgetragen hat. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen (vgl. nur [X.], Urteil vom 13. Januar 2011 - [X.], [X.] 2011, 218 Rn. 15 f. = VersR 2011, 1161; Urteil vom 13. Juni 2012 - [X.], [X.] 2012, 463 Rn. 17) und wird von der Revision auch nicht angegriffen.

3. Das Berufungsgericht ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass auch im Falle eines qualifizierten Verschuldens des Frachtführers im Sinne von Art. 29 Abs. 1 CMR in Verbindung mit § 435 HGB der [X.] nach § 254 Abs. 2 [X.] unter dem Gesichtspunkt der Einlieferung von [X.] gemäß den Beförderungsbedingungen des Transportunternehmens zu berücksichtigen ist.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Warenversender in einen nach § 425 Abs. 2 HGB in Verbindung mit § 254 Abs. 2 Satz 1 [X.] beachtlichen Selbstwiderspruch geraten, wenn er [X.] trotz Kenntnis, dass der Frachtführer dieses in der gewählten Transportart wegen des damit verbundenen [X.] nicht befördern will, ohne Hinweis auf den Wert des Transportgutes zur Beförderung übergibt und im Falle des Verlusts gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt ([X.], Urteil vom 15. Februar 2007 - [X.], [X.] 2007, 164 Rn. 24 = [X.], 97). Hat der Warenversender positive Kenntnis davon, dass die zur Beförderung aufgegebene Sendung nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Frachtführers so genanntes [X.] enthält, und klärt er den Frachtführer hierüber vor Vertragsschluss nicht auf, kann dies bei einem Verlust der Sendung im Rahmen der Abwägung der Verursachungsbeiträge auch zu einem vollständigen Ausschluss der Haftung des [X.] führen ([X.], Urteil vom 13. Juli 2006 - I ZR 245/03, [X.] 2006, 448 Rn. 32 = [X.], 1102; [X.], [X.] 2007, 164 Rn. 30; [X.], Urteil vom 3. Mai 2007 - [X.], [X.] 2007, 405 Rn. 31).

b) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Versicherungsnehmerin die Beförderungsbedingungen der [X.]n bei Erteilung des [X.] bekannt waren und damit wirksam in den streitgegenständlichen Vertrag einbezogen wurden. Demzufolge musste die Versicherungsnehmerin wissen, dass die [X.] gemäß Ziffer 3.1 ([X.]) ihrer Beförderungsbedingungen grundsätzlich keine Pakete befördert, deren Inhalt den Wert von 50.000 US-Dollar in der jeweiligen Landeswährung übersteigt. Nach Ziffer 3.3 (i) ihrer Beförderungsbedingungen ist die [X.] berechtigt, die Beförderung eines Pakets, dessen Inhalt die genannte Wertgrenze übersteigt, zu verweigern oder - sofern die Beförderung bereits begonnen hat - diese einzustellen. Unterbleibt ein Hinweis auf den die Obergrenze übersteigenden Wert des Inhalts, ist davon auszugehen, dass der unterlassene Hinweis für den Schadenseintritt mitursächlich gewesen ist, weil die [X.] bei einer korrekten Wertangabe jedenfalls die Möglichkeit gehabt hätte, die Beförderung zu verweigern (vgl. [X.], [X.] 2006, 448 Rn. 33).

4. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, bei dem an die [X.] übergebenen Messgerät nebst Transportkoffer habe es sich nicht um [X.] im Sinne der Beförderungsbedingungen der [X.]n gehandelt.

a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beförderungsbedingungen der [X.]n wirksam in den mit der Versicherungsnehmerin geschlossenen Vertrag einbezogen worden sind. Es hat offengelassen, ob die Regelung in Ziffer 3.1 ([X.]) wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 [X.] unwirksam ist. Jedenfalls - so das Berufungsgericht - führe die nach § 305c Abs. 2 [X.] gebotene kundenfreundlichste Auslegung der in Rede stehenden Klausel dazu, dass es sich bei dem Messgerät nebst Transportkoffer nicht um [X.] im Sinne der Beförderungsbedingungen gehandelt habe, weil dessen Wert die Grenze von 50.000 US-Dollar nicht erreicht habe. Das Messgerät habe zum Zeitpunkt der Übergabe an die [X.] einen Wert von 32.030 € gehabt. Zu diesem Betrag sei der Wert des Transportkoffers (750 €) hinzuzurechnen, da dieser Bestandteil des Beförderungsgutes und nicht lediglich Verpackung gewesen sei. Daher habe das zur Beförderung übergebene Gut am 13. Juni 2008 einen Gesamtwert von 32.780 € gehabt. Entgegen der Ansicht der [X.]n sei bei der Umrechnung in US-Dollar nicht zwingend auf den Umrechnungskurs der [X.] oder denjenigen der [X.] abzustellen. Es sei auch möglich, bei der Ermittlung des [X.] die im bargeldlosen Zahlungsverkehr geltenden Umrechnungskurse, die [X.], bei denen wiederum zwischen An- und Verkauf zu unterscheiden sei, oder die für das Kreditkartengeschäft geltenden Kurse heranzuziehen. Die Wertgrenze sei gemäß § 305c Abs. 2 [X.] jedenfalls dann als gewahrt anzusehen, wenn sie bei Zugrundelegung eines der in Betracht kommenden Kurse eines inländischen Geld- oder Kreditinstituts, der [X.] oder eines gebräuchlichen Währungsrechners die Obergrenze von 50.000 US-Dollar nicht erreiche. Im Streitfall sei bei der Ermittlung des zugrundezulegenden Kurses auf den für den Verkauf von US-Dollar maßgebenden Schalterkurs (Kassakurs), den beispielsweise der Währungsrechner des [X.] mit vier Prozent unter dem [X.] ansetze, als [X.] abzustellen. Dies führe zu einem Gegenwert von unter 50.000 US-Dollar. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision sind begründet.

b) Die [X.] gemäß Ziffer 3.1 ([X.]) der Beförderungsbedingungen, auf die sich die [X.] beruft, ist in der Weise auszulegen, dass bei der Ermittlung, welcher [X.]-Betrag dem Wert von 50.000 US-Dollar entspricht, auf den Mittelkurs der [X.] abzustellen ist.

aa) Bei der genannten Klausel in den Beförderungsbedingungen der [X.]n handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 [X.], da sie für eine Vielzahl von Verträgen verwendet wird.

bb) Vor einer Klauselprüfung an den Maßstäben der §§ 307 ff. [X.] ist ihr Inhalt durch Auslegung zu ermitteln (vgl. [X.], Urteil vom 10. Februar 1999 - [X.], NJW 1999, 1633, 1634; [X.] in Prütting/Wegen/Weinreich, [X.], 8. Aufl., § 305c Rn. 10; [X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 305b Rn. 1).

cc) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie ein verständiger und redlicher Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise versteht, wobei nicht die [X.] des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen des konkreten Vertragspartners zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der [X.]. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften der in Rede stehenden Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der [X.] verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (vgl. [X.], Urteil vom 15. November 2006 - [X.], [X.], 504 Rn. 19; Urteil vom 17. Februar 2011 - [X.], NJW 2011, 2122 Rn. 10 mwN). Verbleiben nach Ausschöpfung aller danach in Betracht kommenden [X.] Zweifel und sind zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar, kommt die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 [X.] zur Anwendung (vgl. [X.], Urteil vom 29. Mai 2008 - [X.], [X.], 2495 Rn. 20; Versäumnisurteil vom 21. Oktober 2009 - [X.], [X.], 293 Rn. 13; [X.], NJW 2011, 2122 Rn. 10). Völlig fernliegende [X.], von denen eine Gefährdung des Rechtsverkehrs nicht ernsthaft zu befürchten ist, bleiben dabei außer Betracht ([X.], NJW 2011, 2122 Rn. 10).

dd) Die Beförderungsbedingungen der [X.]n regeln nicht ausdrücklich, welcher Umrechnungskurs bei der Feststellung des [X.] zugrunde zu legen ist, der dem Wert von 50.000 US-Dollar entspricht, so dass dies im Wege der Auslegung zu ermitteln ist.

Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass Ausgangspunkt für die Auslegung von Ziffer 3.1 ([X.]) der Beförderungsbedingungen der Begriff des "[X.] in der jeweiligen Landeswährung" sein muss. Maßgebliche Landeswährung ist im Streitfall der [X.]. In diesem Zusammenhang kann offenbleiben, ob sich die Bestimmung der Landeswährung nach der fraglichen Klausel in den Beförderungsbedingungen der [X.]n danach richtet, welchem Recht der Transportvertrag unterliegt, oder ob auf den [X.] oder den Sitz des Auftraggebers als Anknüpfungspunkt für die Ermittlung der maßgeblichen Landeswährung abzustellen ist, weil vorliegend in allen Fällen die Landeswährung auf [X.] lautet. Der von der Versicherungsnehmerin mit der [X.]n geschlossene Vertrag unterliegt gemäß Art. 28 Abs. 4 EG[X.], der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Juni 2008 noch galt, dem [X.] Recht. Der [X.] liegt in [X.] und der Sitz der Auftraggeberin der [X.]n befindet sich in [X.], so dass auch insoweit die jeweilige Landeswährung der [X.] ist. Dementsprechend liegt es nahe, den Mittelkurs der [X.] zur Beantwortung der Frage heranzuziehen, ob [X.] den Wert von 50.000 US-Dollar übersteigt, zumal es sich hierbei um den gebräuchlichsten und im Übrigen um [X.] handelt. Die [X.]päische Zentralbank veröffentlicht täglich einen Referenzkurs (Mittelkurs) zwischen dem [X.] und mehreren internationalen Währungen, zu denen auch der US-Dollar gehört. Für einen durchschnittlichen geschäftlichen - aber auch privaten - Versender von Gütern stellt es keine unzumutbare Überforderung dar, sich an dem im [X.] aufrufbaren und damit auf einfache Weise in Erfahrung zu bringenden Referenzkurz der [X.] zu orientieren.

Die vom Berufungsgericht in Erwägung gezogenen Kurse eignen sich im Vergleich dazu im vorliegenden Zusammenhang nicht für die Berechnung des [X.] von 50.000 US-Dollar in [X.]. Der Interbankenkurs kommt nicht in Betracht, weil er für Privatpersonen und Gewerbetreibende grundsätzlich nicht gilt. Ebenso wenig kann auf die Kurse abgestellt werden, die für den An- und Verkauf von US-Dollar gelten; der Ankaufspreis muss deutlich über, der Verkaufspreis deutlich unter dem Mittelwert liegen, weil Kostenfaktoren - [X.] der Bank, die Kosten des Vorhaltens der Fremdwährung und ein Risikoabschlag für Währungsschwankungen - zu berücksichtigen sind, die für die Ermittlung des [X.] in dem hier interessierenden Kontext keine Rolle spielen. Entsprechendes gilt für den Kreditkartenkurs, der nur in einem speziellen Marktsegment von Bedeutung ist und zum Geschäftsbereich der [X.]n keinen Bezug aufweist.

Der Wert des zu transportierenden [X.] ist dem Frachtführer grundsätzlich bei Erteilung des [X.] mitzuteilen, so dass er rechtzeitig in der Lage ist, über eine Annahme des Auftrags zu entscheiden. Diesen Zeitpunkt kann der Frachtführer auch in seinen Beförderungsbedingungen festlegen. Fehlt - wie im Streitfall - ein solcher Hinweis, ist für die Frage, ob die [X.]grenze überschritten ist, auf den Zeitpunkt der Übergabe des [X.] zur Beförderung abzustellen (vgl. [X.], Urteil vom 13. Juni 2012 - [X.], [X.] 2012, 463 Rn. 26 = [X.], 475).

ee) Danach ist auf der Grundlage der von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen entgegen der Annahme des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass der [X.]n [X.] im Sinne von Ziffer 3.1 ([X.]) ihrer Beförderungsbedingungen zum Transport von [X.] nach [X.] zur Versicherungsnehmerin übergeben wurde.

Die Einlieferung des in einem Spezialbehältnis verpackten Messarms erfolgte nach der Feststellung des Berufungsgerichts am 13. Juni 2008. Zu diesem Zeitpunkt hatte [X.] (einschließlich des Spezialkoffers) einen Wert von 32.780 €. Der Mittelkurs der [X.] betrug am 13. Juni 2008 für einen [X.] 1,5336 US-Dollar, so dass sich der Wert des zu befördernden [X.] auf 50.271,40 US-Dollar belief und damit die [X.]grenze von 50.000 US-Dollar überschritt.

ff) Der Umstand, dass der [X.]n [X.] im Sinne ihrer Beförderungsbedingungen zum Transport übergeben wurde, ohne sie darüber in Kenntnis zu setzen, führt entgegen der Ansicht der Revision allerdings nicht ohne weiteres dazu, dass die Haftung der [X.]n nach § 311 Abs. 2, §§ 280, 249 Abs. 1 [X.] vollständig entfällt (vgl. [X.], Urteil vom 30. März 2006 - [X.], [X.]Z 167, 64 Rn. 22; Urteil vom 13. Juli 2006 - I ZR 245/03, [X.] 2007, 179 Rn. 23 = [X.] 2006, 448; Urteil vom 3. Juli 2008 - [X.], [X.] 2008, 406 Rn. 17). Dieser Umstand ist vielmehr als Schadensmitverursachungsbeitrag des Auftraggebers in die [X.] nach § 425 Abs. 2 HGB, § 254 Abs. 2 Satz 1 [X.] einzustellen (vgl. [X.], Urteil vom 15. Februar 2007 - [X.], [X.] 2007, 1110 Rn. 29 = [X.] 2007, 164; [X.], [X.] 2008, 406 Rn. 17).

gg) Die Abwägung der Mitverschuldensanteile nach § 425 Abs. 2 HGB, § 254 Abs. 2 Satz 1 [X.] obliegt grundsätzlich dem Tatrichter. Sie hat durch eine Bewertung und Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile zu erfolgen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die von der Revision nicht angegriffen worden sind, ist von einem bewusst leichtfertigen Organisationsverschulden der [X.]n im Sinne eines qualifizierten Verschuldens gemäß Art. 29 Abs. 1 CMR in Verbindung mit § 435 HGB auszugehen. Hinsichtlich des [X.] ist zu berücksichtigen, dass der unterlassene Hinweis darauf, dass [X.] einen Wert von mehr als 50.000 US-Dollar hatte, sich nicht nur in Bezug auf den 50.000 US-Dollar übersteigenden Schaden ausgewirkt haben kann. Wenn die [X.] die Beförderung des [X.] bei einem Hinweis auf den Warenwert abgelehnt hätte, wäre der durch den Verlust des Messarms eingetretene Schaden vollständig vermieden worden (vgl. [X.], Urteil vom 3. Mai 2007 - [X.], [X.] 2007, 405 Rn. 31; [X.], [X.] 2008, 406 Rn. 19).

5. Ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin wegen unterlassener Wertdeklaration oder eines nicht erteilten Hinweises auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei mit der Begründung verneint, die unterlassene Angabe des Werts des zur Beförderung übergebenen [X.] sei für den eingetretenen Schaden nicht kausal geworden. Die [X.] habe nicht vorgetragen, wie die Behandlung von wertdeklarierten Paketen im [X.] bei grenzüberschreitenden Transporten erfolge und inwiefern zusätzliche Sicherungsmaßnahmen den Verlust des [X.] verhindert hätten, weil der leere Koffer bei der Versicherungsnehmerin angekommen sei. Diese Beurteilung des Berufungsgerichts lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Revision nicht angegriffen.

III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der [X.]n aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Bornkamm                       Pokrant                        Büscher

                   Schaffert                      Kirchhoff

Meta

I ZR 156/12

04.07.2013

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Düsseldorf, 18. Juli 2012, Az: I-18 U 201/11

§ 133 BGB, § 157 BGB, § 305c Abs 2 BGB, Art 17 Abs 1 CMR, Art 29 Abs 1 CMR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.07.2013, Az. I ZR 156/12 (REWIS RS 2013, 4450)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4450

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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