Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.01.2013, Az. KZR 8/10

Kartellsenat | REWIS RS 2013, 8590

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte: Negative Feststellungsklage betreffend das Nichtbestehen einer Haftung aus unerlaubter Handlung


Tenor

Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.], 3. Zivilsenat, vom 14. Januar 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die in [X.] ansässige Klägerin zu 1 befasst sich mit der Entwicklung, Herstellung und dem Verkauf beschichteter Papierwaren und Folien. Sie vertreibt unter anderem in [X.] Trägermaterial für Kartenformulare in Endlosform. Die Klägerin zu 2, die ihren Geschäftssitz ebenfalls in [X.] hat und zur Unternehmensgruppe der Klägerin zu 1 gehört, ist Inhaberin von Patenten, die bestimmte Formulare zur Übermittlung eines Anschreibens zusammen mit einem Mitgliedsausweis oder dergleichen sowie das Trägermaterial für diese Kartenformulare unter Schutz stellen. Die in [X.] ansässige Beklagte entwickelt, produziert und vertreibt Laminate und veredelte Folien verschiedener Art.

2

Mit anwaltlichem Schreiben vom 20. März 2007 beanstandete die Beklagte das [X.] der Klägerin zu 1 und deren Weigerung, [X.] zu erteilen, als kartellrechtswidrig. Daraufhin erhoben die Klägerinnen die vorliegende negative Feststellungsklage, mit der sie im [X.] zuletzt beantragt haben,

1. festzustellen, dass die Klägerin zu 1 nicht verpflichtet ist, ihre gegenwärtige Verkaufspraxis hinsichtlich der Rabattierung und Ausgestaltung der [X.] zu unterlassen,

a) soweit die Klägerin zu 1 ihren Kunden durch proportional zu den gekauften Mengen steigende [X.] Anreize für den Bezug der Materialien [X.], [X.] und/oder [X.] bietet,

und/oder

b) soweit die Klägerin zu 1 ihren Kunden im Rahmen der [X.] patentgeschütztes selbstklebendes Material zur Verarbeitung von Formularen anbietet, ohne diesen Kunden eine Lizenz einzuräumen, welche zum Bezug dieses Materials von anderen Anbietern berechtigen würde, wenn es sich bei den Formularen um solche handelt, die unter den Schutzbereich des [X.] Patents 0 690 794 fallen, und wenn das selbstklebende Material unter den Schutzbereich des [X.] Patents 0 836 953 fällt;

hilfsweise zu 1 a): festzustellen, dass die Klägerin zu 1 nicht verpflichtet ist, ihre gegenwärtige Verkaufspraxis hinsichtlich der Rabattierung und Ausgestaltung der [X.] zu unterlassen,

a) soweit die Klägerin zu 1 ihren Kunden durch proportional zu den gekauften Mengen steigende [X.] für den Bezug der Materialien [X.], [X.] und/oder [X.] bietet, indem sie erklärt:

"Wie im vergangenen Jahr gewähren wir Ihnen auch im Jahr 2007 folgenden Bonus: Umsatz auf [X.], [X.] und [X.]-Produkte: Ab [X.] 250.000 -2%, ab [X.] 500.000 -3,5%"

2. festzustellen, dass der Beklagten im Hinblick auf die zu 1 a) und b) beschriebenen Verhaltensweisen weder ein Beseitigungsanspruch für früheres Verhalten noch ein Schadensersatzanspruch zusteht;

3. festzustellen, dass die Klägerin zu 2 nicht verpflichtet ist, der Beklagten eine Lizenz bezüglich der [X.] Patente 0 690 794 und 0 836 953 zur Herstellung und/oder Vermarktung von Formularen mit heraustrennbarer Karte mit Ethylenvinylazetat (EVA)-Schicht oder silikonmodifizierter Polyethylen (PE)-Schicht sowie von Trägermaterialien, die eine transparente PP-Deckschichtfolie sowie eine Permanent-Haftkleberschicht besitzen, zu gewähren.

3

Nach Erhebung der negativen Feststellungsklage haben die Beklagte und die [X.], eine in [X.] ansässige Tochtergesellschaft, über die die Beklagte ihre Produkte nach eigener Darstellung unter anderem in [X.] vertreibt, vor dem [X.] eine Leistungsklage eingereicht, mit der sie geltend machen, die Klägerinnen verhielten sich kartellrechtswidrig, indem sie ihren Kunden proportional zu den Kaufmengen steigende [X.] gewährten. Die Beklagte und die [X.] machen Schadensersatzansprüche in Höhe von 1,6 Mio. € geltend und beantragen ferner, die Klägerin zu 2 zur Erteilung von Lizenzen an den in Rede stehenden Patenten zu verurteilen. Über die Leistungsklage ist noch nicht entschieden.

4

Das [X.] hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wenden sich die Klägerinnen mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

5

Mit Beschluss vom 1. Februar 2011 hat der Senat dem [X.] folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt ([X.], [X.]/[X.] 3233 - Trägermaterial für Kartenformulare):

Ist Art. 5 Nr. 3 der Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen [Brüssel-I-VO] dahingehend auszulegen, dass der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung auch für eine negative Feststellungsklage eröffnet ist, mit der vom potenziellen Schädiger geltend gemacht wird, dass dem potenziellen Geschädigten aus einem bestimmten Lebenssachverhalt keine Ansprüche aus unerlaubter Handlung (hier: Verstoß gegen kartellrechtliche Vorschriften) zustehen?

6

Der [X.] hat diese Frage wie folgt beantwortet ([X.], Urteil vom 25. Oktober 2012 - [X.]/11, [X.], 98 - Folien Fischer AG, Fofitec AG/R. SpA):

Art. 5 Nr. 3 der Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass eine negative Feststellungsklage mit dem Antrag, festzustellen, dass keine Haftung aus einer unerlaubten Handlung oder einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, besteht, unter diese Bestimmung fällt.

7

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Klägerinnen ihre in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

I. Das [X.]erufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit [X.] Gerichte verneint und zur [X.]egründung seiner Entscheidung ausgeführt, der allein in [X.]etracht kommende Deliktsgerichtsstand nach Art. 5 Nr. 3 [X.] sei für eine negative Feststellungsklage, wie sie hier erhoben sei, nicht gegeben, da mit dieser geltend gemacht werde, dass im Inland gerade keine unerlaubte Handlung begangen worden sei.

9

II. Die gegen diese [X.]eurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des [X.]erufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]erufungsgericht.

1. Die internationale Zuständigkeit [X.] Gerichte bestimmt sich vorliegend nach der [X.], weil die [X.]eklagte ihren Geschäftssitz in einem Mitgliedstaat der [X.] hat (Art. 2 Abs. 1, Art. 60 Abs. 1 [X.]). Dass die [X.] nicht in einem Mitgliedstaat, sondern in [X.] ansässig sind, ändert hieran nichts ([X.], Urteil vom 1. März 2005 - [X.]/02, [X.]. 2005, [X.] = [X.] 2005, 292 Rn. 23 ff. - [X.]; Urteil vom 13. Juli 2000 - [X.]/98, [X.]. 2000, [X.] = NJW 2000, 3121 Rn. 33 ff. - Group Josi).

Eine andere [X.]eurteilung ergibt sich auch nicht aus dem mit der negativen Feststellungsklage verbundenen Tausch der Parteirollen. Wer im Sinne von Art. 2 [X.] [X.]eklagter ist, richtet sich nicht nach der materiellen Schuldnerposition, sondern nach der formalen Parteistellung (zu Art. 2 des insoweit inhaltsgleichen Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 [nachfolgend: EuGVÜ] [X.], Urteil vom 11. Dezember 1996 - [X.], [X.]Z 134, 201, 205 mwN; Mankowski in [X.], Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 2 [X.] Rn. 6; [X.], Europäisches Zivilprozessrecht, 8. Aufl., Art. 2 EuGVVO Rn. 1).

2. Gemäß Art. 5 Nr. 3 [X.] kann eine Person, die ihren Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, vor dem Gericht desjenigen Ortes verklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] (nachfolgend: Gerichtshof) ist der [X.]egriff der unerlaubten Handlung autonom auszulegen. In diesem Gerichtsstand sind alle Klagen zulässig, mit denen eine Schadenshaftung geltend gemacht wird, die nicht an einen Vertrag im Sinne des Art. 5 Nr. 1 [X.] anknüpft (vgl. zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ [X.], Urteil vom 1. Oktober 2002 - C167/00, NJW 2002, 3617 Rn. 35 f. - [X.], mwN). Der [X.]egriff des Vertrags wiederum bezieht sich auf freiwillig gegenüber einer anderen Person eingegangene Verpflichtungen ([X.], Urteil vom 20. Januar 2005 - [X.]/02, [X.]. 2005, [X.] = NJW 2005, 811 Rn. 50 f. - Engler, mwN). Unter den [X.]egriff der unerlaubten Handlung fallen somit auch Kartelldelikte (Rehbinder in [X.]/Mestmäcker, [X.], 4. Aufl., § 130 Rn. 340; Fezer/[X.] in [X.], [X.], Internationales Kartellprivatrecht [2010] Rn. 374; [X.] aaO Art. 5 EuGVVO Rn. 74). Erfasst werden neben Ansprüchen auf Geldersatz auch [X.] und Unterlassungsansprüche ([X.], NJW 2002, 3617 Rn. 44 ff. - [X.]; [X.], Urteil vom 13. Oktober 2004 - [X.], NJW 2005, 1435 - [X.]; Urteil vom 24. Oktober 2005 - II ZR 329/03, [X.], 689; Urteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 2197 Rn. 13; [X.] in [X.].ZPO, 3. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rn. 56; [X.] in [X.], Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 5 [X.] Rn. 80; [X.] aaO Rn. 74).

3. Wie der Gerichtshof auf den Vorlagebeschluss des [X.]s hin entschieden hat, fällt unter Art. 5 Nr. 3 [X.] auch eine Klage mit dem Antrag festzustellen, dass keine Haftung aus einer unerlaubten Handlung oder einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, besteht. Danach hat das [X.]erufungsgericht seine internationale Zuständigkeit zu Unrecht verneint.

a) Auch bei der negativen Feststellungsklage wird der Streitgegenstand durch die Anträge der klagenden Partei und den zur [X.]egründung vorgetragenen Lebenssachverhalt festgelegt. Diese bestimmen das Rechtsverhältnis, dessen Nichtbestehen Gegenstand der gerichtlichen Feststellung sein soll. Dagegen ist der Umfang der vorgerichtlichen [X.]erühmung des [X.]eklagten lediglich für die Frage von [X.]edeutung, ob das erforderliche Feststellungsinteresse vorliegt ([X.], Urteil vom 16. September 2008 - [X.], [X.], 751 = GRUR 2009, 83 Rn. 12 ff.). Maßgeblich ist mithin, wo das schädigende Ereignis, dessen [X.]eurteilung die klagende Partei erstrebt, eingetreten ist oder einzutreten droht. Der [X.]egriff "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" in Art. 5 Nr. 3 [X.] erfasst nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sowohl den Ort, an dem der Schaden eingetreten ist (Erfolgsort), als auch den Ort des ursächlichen Geschehens (Handlungsort; st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 25. Oktober 2011 - [X.]/09 u.a., [X.], 1571 Rn. 41 - [X.], mwN).

b) Im Streitfall liegt der Erfolgsort des streitgegenständlichen Verhaltens (auch) in [X.]. Die Klage ist mit den Anträgen zu 1 und 2 darauf gerichtet festzustellen, dass der [X.]eklagten gegen die Klägerin zu 1 weder Unterlassungsansprüche noch Schadensersatz- oder [X.]eseitigungsansprüche wegen bestimmter, näher beschriebener Verkaufspraktiken der Klägerin zu 1 zustehen. Zur [X.]egründung dieses [X.]egehrens haben die [X.] vorgetragen, dass die [X.]eklagte diese Praktiken als kartellrechtswidrig beanstandet hat. Da die Parteien auch in [X.] im Wettbewerb stünden und vor allem der [X.] Vertrieb betroffen sein könne, strebe sie eine Klärung durch die [X.] Gerichtsbarkeit an. Der Antrag zu 3 ist auf die Feststellung gerichtet, dass die Klägerin zu 2 nicht verpflichtet ist, der [X.]eklagten eine Lizenz an bestimmten Patenten einzuräumen. Hierzu haben die [X.] ausgeführt, die Voraussetzungen für einen solchen, aus dem Kartellrecht abgeleiteten Anspruch gegen die Klägerin zu 2 lägen nicht vor.

Die von den [X.] gestellten Anträge beziehen sich demnach jedenfalls auch auf den [X.]n Markt. Damit liegt der Erfolgsort des Verhaltens der [X.], dessen rechtliche [X.]eurteilung den Gegenstand der Klage bildet, auch in [X.], weil die Parteien nach dem insoweit maßgeblichen Vorbringen der [X.] auf dem [X.]n Markt im Wettbewerb stehen und sich etwaige - von ihnen in Abrede gestellte - wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen der [X.] unmittelbar auf dem [X.]n Markt auswirken. Dies gilt sowohl für das von der Klägerin zu 1 praktizierte Rabattsystem als auch für die Weigerung der konzernangehörigen Klägerin zu 2, der [X.]eklagten eine Lizenz an den im Antrag in [X.]ezug genommenen Patenten einzuräumen. Nach dem insbesondere bei [X.] - im Gleichklang mit der Kollisionsregelung in Art. 6 Abs. 3 [X.]uchst. a der Rom-II-Verordnung - für die [X.]estimmung des Erfolgsorts maßgeblichen Auswirkungsprinzip (vgl. [X.], Urteil vom 23. Oktober 1979 - [X.], [X.], 1224, 1225 - [X.]MW-Importe; Rehbinder in [X.]/Mestmäcker, [X.], 4. Aufl., § 130 Rn. 334; Fezer/[X.] in [X.], [X.], Internationales Kartellprivatrecht [2010] Rn. 369 ff.; [X.], [X.], 31) begründet dies einen Erfolgsort in [X.]. Der Vortrag der [X.]eklagten, tatsächlich stünden die Parteien auf dem [X.]n Markt nicht im Wettbewerb, ist für die Frage der internationalen Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 [X.] nicht maßgeblich.

4. Die Entscheidung des [X.]erufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Entgegen der Auffassung der [X.]eklagten, auf die sich die Revisionserwiderung stützt, fehlt es nicht am erforderlichen Feststellungsinteresse, das auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist ([X.], Urteil vom 8. Juli 1955 - [X.], [X.]Z 18, 98, 106; Urteil vom 13. Juni 2012 - [X.], [X.], 1273 Rn. 12 - [X.]).

Das rechtliche Interesse für die Erhebung einer negativen Feststellungsklage ist gegeben, wenn sie zur Abwehr einer Abmahnung oder sonstigen Rechtsberühmung, die die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen des Abgemahnten berührt, erhoben ist und an der Ernsthaftigkeit des Verlangens des Abmahnenden keine Zweifel bestehen können ([X.], Urteil vom 13. Juni 2012 - [X.], [X.], 1273 Rn. 12 - [X.]; Urteil vom 12. Juli 2011 - [X.], [X.], 995 Rn. 15 - [X.]esonderer Mechanismus; Urteil vom 12. Juli 1995 - [X.], [X.], 697, 699 - [X.]). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Die [X.]eklagte hat in dem vorgerichtlichen Schreiben vom 20. März 2007 der Klägerin zu 1 vorgeworfen, sie behindere sie durch ihre Verkaufspraktiken sowie dadurch, dass sie die Vergabe von Lizenzen ohne vernünftigen Grund verweigere. Das Verhalten der Klägerin zu 1 führe bei ihr - der [X.]eklagten - und ihren Tochterunternehmen zu erheblichen [X.]eeinträchtigungen, weswegen sie förmlich aufgefordert werde, solches Verhalten unverzüglich einzustellen. Der [X.]emerkung, die [X.]eklagte wünsche die Meinungsverschiedenheiten gütlich beizulegen, schloss sich der Hinweis an, sie habe den Auftrag zu gerichtlichem Vorgehen erteilt, wenn nicht binnen 20 Tagen eine positive Antwort eintreffe.

Der Umstand, dass sich aus dem Schreiben möglicherweise nicht eindeutig ergibt, ob sich die erhobenen kartellrechtlichen Vorwürfe auch auf Vorgänge auf dem [X.]n Markt beziehen, ändert nichts daran, dass dieses Schreiben auch für [X.] eine Ungewissheit über die kartellrechtliche Zulässigkeit der beanstandeten Verhaltensweisen hervorgerufen hat, die ein Interesse an der gerichtlichen Klärung begründete. Das gilt nicht nur für mögliche Unterlassungsansprüche, sondern auch für [X.] und Schadensersatzansprüche. Ob die [X.]eklagte selbst auf dem [X.]n Markt auftritt, ist nicht ausschlaggebend, weil sie in dem Schreiben ausdrücklich auch auf Nachteile verweist, die ihren [X.] Tochterunternehmen aus dem beanstandeten Verhalten entstünden. All dies gilt nicht nur für die Klägerin zu 1 als Adressatin des Schreibens, sondern auch für die Klägerin zu 2, die Inhaberin der in dem Schreiben angesprochenen Schutzrechte ist.

Der Einwand der [X.]eklagten, die von den [X.] im [X.] gestellten Anträge seien gegenüber dem ursprünglichen Klagebegehren erheblich enger gefasst und hätten mit dem Schreiben vom 20. März 2007 nichts mehr zu tun, greift nicht durch. Die [X.]eklagte hat in diesem Schreiben das beanstandete Verhalten nur in recht allgemeiner Form umschrieben. Sie hat auch im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht etwa klargestellt, dass die in jenem Schreiben erhobenen Vorwürfe die Verhaltensweisen nicht umfassen, die Gegenstand der zuletzt gestellten Anträge der [X.] sind. Vielmehr haben die [X.]eklagte und ihre auf dem [X.]n Markt tätige Tochtergesellschaft nach Erhebung der negativen Feststellungsklage vor dem [X.] eine Leistungsklage gegen die hiesigen [X.] eingereicht, in der sie diesen vorwerfen, sie handelten kartellrechtswidrig, indem sie ihren Kunden proportional zu den Kaufmengen steigende [X.] gewährten und ihre Produkte nicht "verkauften", sondern Zwischenunternehmen eine Lizenz für den Gebrauch der Verarbeitungsmethode erteilten. Sie haben dort ferner die Ansicht vertreten, sie hätten einen kartellrechtlich begründeten Anspruch auf Einräumung einer Lizenz an den betreffenden Schutzrechten. Der Klageschrift lässt sich nicht entnehmen, dass diese Vorwürfe nicht auch für den [X.]n Markt erhoben werden. Damit ist die durch das Schreiben vom 20. März 2007 begründete Ungewissheit auch nicht nachträglich entfallen.

Der weitere Einwand der [X.]eklagten, es fehle an einem Feststellungsinteresse der Klägerin zu 1 hinsichtlich des Klageantrags zu 3 und an einem Feststellungsinteresse der Klägerin zu 2 hinsichtlich der Klageanträge zu 1 und 2 ist ebenfalls unbegründet. Die Anträge sind ersichtlich dahin zu verstehen, dass die Feststellung, die Gegenstand der Anträge zu 1 und 2 ist, nur von der Klägerin zu 1, und die Feststellung, die Gegenstand des Antrags zu 3 ist, nur von der Klägerin zu 2 begehrt wird.

5. Da Feststellungen zur [X.]egründetheit der negativen Feststellungsklage nicht getroffen sind, kann der [X.] nicht selbst entscheiden. Die Sache ist an das [X.]erufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen nachgeholt werden können.

III. Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:

Den in der [X.]erufungsinstanz gestellten Anträgen lässt sich nicht mit der erforderlichen Klarheit entnehmen, ob damit das Nichtbestehen von Unterlassungs-, [X.] und Schadensersatzansprüchen und von Ansprüchen auf Lizenzerteilung nur für [X.] oder auch für andere [X.] [X.] - und gegebenenfalls für welche - geltend gemacht werden soll. Den [X.] wird - auch im Hinblick auf die erforderliche [X.]estimmtheit der Anträge - Gelegenheit zu geben sein, dies klarzustellen.

Sollte sich ergeben, dass die negative Feststellungsklage sich auch auf andere [X.] als die [X.]undesrepublik [X.] beziehen soll, wird das [X.]erufungsgericht die Reichweite seiner Kognitionsbefugnis zu prüfen haben (vgl. dazu [X.] in [X.], Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 5 [X.] Rn. 92; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rn. 20; [X.] in Piper/[X.]/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., [X.]. [X.] Rn. 8a; [X.] in: [X.], UWG, 2. Aufl., [X.]. Rn. [X.]; [X.], Europäisches Zivilprozessrecht, 8. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rn. 85; Mankowski, [X.] 2008, 177, 191 mwN auch zur Gegenauffassung).

[X.]ornkamm                         Meier-[X.]eck                              Kirchhoff

                      [X.]acher                               Deichfuß

Meta

KZR 8/10

29.01.2013

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Urteil

Sachgebiet: False

vorgehend EuGH, 25. Oktober 2012, Az: C-133/11, Urteil

Art 2 Abs 1 EGV 44/2001, Art 5 Nr 1 EGV 44/2001, Art 5 Nr 3 EGV 44/2001, Art 60 Abs 1 EGV 44/2001

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.01.2013, Az. KZR 8/10 (REWIS RS 2013, 8590)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8590

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

KZR 8/10 (Bundesgerichtshof)


KZR 8/10 (Bundesgerichtshof)

Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union: Begründung der internationalen Zuständigkeit für eine negative Feststellungsklage …


KZR 8/10 (Bundesgerichtshof)


I ZR 1/11 (Bundesgerichtshof)

Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH: Internationale Zuständigkeit für Ansprüche wegen Verletzung einer Gemeinschaftsmarke und wegen eines …


I ZR 35/11 (Bundesgerichtshof)

Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union: Bestimmung der internationalen Zuständigkeit für unerlaubte Handlungen im …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VI ZR 217/08

I ZR 228/10

X ZR 56/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.