Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.09.2010, Az. IX ZR 121/09

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 3300

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/09 Verkündet am: 16. September 2010 Kirchgeßner Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: jaKO §§ 82, 86, 124 ([X.] §§ 60, 155); HGB §§ 154, 242; [X.] § 181 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1; EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; BGB §§ 669, 670 Die Gesellschaf[X.] können von dem Konkursverwal[X.] über das Vermögen einer [X.] die Vorlage steuerlicher Jahresabschlüsse für die [X.] verlangen. Entstehen der Konkursmasse dadurch Kosten, die sie allein in fremdem In[X.]esse aufwenden muss, kann der Konkursverwal[X.] hierfür Ersatz und einen entsprechenden Auslagenvorschuss fordern. BGB § 199 Abs. 1 Nr. 1 Die Verjährung eines Anspruchs, dessen Erfüllung dem Schuldner vorübergehend unmöglich ist, beginnt erst mit dem Wegfall des Hindernisses. [X.], [X.]eil vom 16. September 2010 - [X.]/09 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. September 2010 durch [X.] Gan[X.] und [X.], Prof. Dr. [X.], die Rich[X.]in [X.] und [X.] Pape für Recht erkannt: Auf die Revision der Kläger wird das [X.]eil des 23. Zivilsenats des [X.] vom 30. April 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Beklagte ist Verwal[X.] in dem auf Antrag vom 3. April 1997 eröffne-ten Konkursverfahren über das Vermögen der W. GmbH & Co.

KG. Die Klägerin zu 1 ist Komplementärin, die Kläger zu 2 und 3 sind Kommanditisten der Gemeinschuldnerin. Diese war Eigentümerin und Verwal[X.]in zahlreicher Immobilien, welche sie durch Vermie-tung nutzte. Ihr letz[X.] Jahresabschluss betrifft das Jahr 1995. Für das [X.] existiert nur ein Entwurf. Für die nachfolgenden Jahre bis einschließlich 2005 haben die Kläger bisher keine Jahresabschlüsse für die Gemeinschuldne-rin erhalten. 1 - 3 - Die Kläger nehmen den Beklagten auf Erstellung und Vorlage der ihnen fehlenden Jahresabschlüsse in Anspruch. Das [X.] hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht, dessen [X.]eil un[X.] anderem in [X.], 1824 veröffentlicht ist, hat die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche wei[X.]. 2 Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet, der Streitgegenstand jedoch noch nicht zur Endentscheidung reif. 3 [X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, für die erhobenen Ansprüche fehle eine Rechtsgrundlage. Weder in der hier noch anwendbaren Konkursord-nung noch im Handelsgesetzbuch gebe es Rechtsvorschriften, aus denen die Kläger ihren Anspruch herleiten könnten. Insbesondere eigne sich § 82 KO nicht zur Begründung des Klagebegehrens. Zwar sei der Konkursverwal[X.] ge-genüber dem Gemeinschuldner bereits vor Inkrafttreten des § 155 [X.] grund-sätzlich zur Erfüllung der steuerrechtlichen Buchführungspflichten verpflichtet gewesen. Diese Verpflichtung bestehe jedoch nur in demjenigen Umfang, in dem sie ohne Eröffnung des Konkursverfahrens den Gemeinschuldner träfe. Die Durchführung der einheitlichen [X.] nach §§ 179 ff [X.] gehö-re zu den [X.] Angelegenheiten, da die Folgen der [X.] nicht den Vermögensbereich der Gemeinschuldnerin, sondern die [X.] - 4 - [X.] persönlich berührten. Gerade um diese Feststellung gehe es den Klägern ausweislich der Klageschrift. Die nach den §§ 123, 124, 86 KO bestehende Rechnungslegungspflicht verhelfe den Klägern nicht zum [X.], weil sie lediglich den Zweck habe, die Überprüfung der Geschäftsführung und Kon-kursabwicklung des Verwal[X.]s zu ermöglichen. Das auch nach Konkurseröff-nung fortbestehende Informationsrecht gemäß § 166 HGB umfasse nur die [X.] in die Buchführung, so wie sie vorhanden sei, gebe den Gesellschaf[X.]n aber keinen eigenen Anspruch auf Rechnungslegung. Im Wege der actio pro socio könnten die Kläger nicht vorgehen, weil sich der Anspruch schon nicht aus ihren Mitgliedschaftsrechten herleiten lasse. Die Buchführungspflicht nach den §§ 238 ff HGB schließlich sei letztlich öffentliches Recht zum institutionellen Gläubigerschutz und zur Un[X.]richtung der Allgemeinheit, nicht aber Schutzge-setz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. I[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 5 1. Die Herleitung eines Anspruchs der Gesellschaf[X.] gegen den Kon-kursverwal[X.] auf Erstellung der Jahresabschlüsse lässt sich nicht mit der [X.] ablehnen, die das Berufungsgericht gegeben hat. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass im Konkurs einer Kommanditgesellschaft die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen [X.] nach den §§ 179 ff [X.] nicht dem Konkursverwal[X.] obliegt, weil sie sich allein auf die Steuerschuld der Gesellschaf[X.] auswirkt ([X.], 322 f; 175, 309, 311 ff; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]/FGO § 34 [X.] Rn. 75b; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], aaO § 179 [X.] Rn. 182; Tipke/[X.][X.], 6 - 5 - [X.]/FGO 16. Aufl. § 251 [X.] Rn. 47; [X.]/[X.], Abgabenordnung 2. Aufl. § 34 Rn. 29 und § 251 Rn. 38; FK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 80 Rn. 15; HmbKomm-[X.]/Weitzmann, 3. Aufl. § 155 Rn. 26; Mohrbut[X.]/Ringstmeier/[X.], Handbuch der Insolvenzverwaltung 8. Aufl. § 31 Rn. 36; [X.], Steuern im In-solvenzverfahren, 3. Aufl. Rn. 172). Ob dieser Grundsatz insoweit einge-schränkt werden muss, als Steuerschulden nach den §§ 57, 58 Nr. 2 KO aus der Konkursmasse vorweg zu befriedigen waren (vgl. [X.], 257, 261 m.w.N.), kann hier offen bleiben. Die Kläger wollen den Beklagten entgegen der Fehldeutung des [X.]s im Streitfall nicht zur Abgabe von Steuererklärungen verurteilen lassen, sondern zur Erstellung und Vorlage von Jahresabschlüssen für das Sondervermögen der Konkursmasse. Das ergibt sich sowohl aus dem Klagean-trag und der Klagebegründung als auch aus dem Schriftsatz der Kläger vom 7. April 2009, welcher das vom [X.] erör[X.]te [X.] sollte. Ausweislich dieser Schriftsätze haben die Kläger von [X.] hingenommen, die Erklärung zur einheitlichen [X.] ge-genüber dem Finanzamt selbst abgeben zu müssen, und erläu[X.]t, zur Vorbe-reitung dieser Erklärung auf die Jahresabschlüsse der Konkursmasse angewie-sen zu sein. Indem das Berufungsgericht den Streitgegenstand mit dem ferne-ren Endziel der Klage gleichgesetzt hat, ist im Ergebnis ein Klagebegehren ab-gewiesen worden, welches die Kläger überhaupt nicht verfolgt haben. Das ver-stößt gegen § 308 Abs. 1 ZPO (vgl. [X.], [X.]. v. 29. November 1990 - [X.], [X.], 599, 600; v. 28. Mai 1998 - I ZR 275/95, NJW 1999, 287, 288; [X.]/Vollkommer, ZPO 28. Aufl. § 308 Rn. 2; Hk-ZPO/[X.], 3. Aufl. § 308 Rn. 2). 7 - 6 - Auf das tatsächlich erhobene Klagebegehren trifft die Begründung des Berufungsgerichts hingegen nicht zu. Die Erstellung der Jahresabschlüsse ist, wie das Berufungsgericht selbst erkannt hat, eine Aufgabe, zu deren Erfüllung ein Konkursverwal[X.] anstelle des bisherigen Geschäftsführers verpflichtet ist (vgl. jetzt § 155 Abs. 1 Satz 1 [X.]; ferner [X.], 395, 399 und [X.], [X.]. v. 19. November 2007 - [X.]/07, [X.]/NV 2008, 334; ebenso etwa Tipke/Kuse/[X.] aaO, § 251 [X.] Rn. 41; [X.], Besteuerung bei [X.], 6. Aufl. S. 35). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung lässt das dem Klagebegehren erklär[X.]maßen zugrunde liegende In[X.]esse der Klä-ger, mit Hilfe der Jahresabschlüsse ihre eigene Verpflichtung zur Steuererklä-rung erfüllen zu wollen, auch das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Die Verfolgung eigennütziger In[X.]essen durch die Kläger entspricht in einem Zivil-prozess dem Regelfall. 8 2. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass den Klägern kein Anspruch gegen den Beklagten auf Erstellung der Jahresabschlüsse zustehe, erweist sich auch nicht aus anderen Gründen (§ 561 ZPO) als zutreffend. Denn der [X.] folgt aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis, welches infolge der Konkurseröffnung zwischen dem Beklagten und den Klägern als Gesellschaf-[X.]n der Gemeinschuldnerin entstanden ist. Ihm zugrunde liegt der Umstand, dass die Personenhandelsgesellschaft zwar Konkurssubjekt, nicht aber Steuer-subjekt ist. Infolge dieses gesetzlichen Schuldverhältnisses können die [X.] Gesellschaf[X.] jeweils aus eigenem Recht die Erfüllung der steuerrechtli-chen Buchführungspflichten für das Sondervermögen der Masse von dem [X.] Konkursverwal[X.] verlangen (vgl. bereits [X.], Liquidationsbilan-zen und Konkursbilanzen, [X.]). 9 - 7 - a) Die Einwendung des Beklagten während der Berufungsinstanz, er sei aufgrund der entsprechend anwendbaren §§ 154, 161 Abs. 2 HGB zur [X.] nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung nicht verpflichtet und habe nur nach den §§ 123, 124, 86 KO Rechnung zu legen, greift nicht durch. Inwieweit die §§ 154, 161 Abs. 2 HGB nach Schließung des Geschäfts (§ 129 Abs. 2 KO) für die kaufmännische Rechnungslegung des Konkursver-wal[X.]s heranzuziehen sind und die Pflicht zur periodischen Aufstellung von Jahresabschlüssen (§ 242 HGB) verdrängen (befürwortend etwa [X.]/Weis-häupl in MünchKomm-[X.] 2. Aufl. § 155 Rn. 10; ähnlich wohl [X.], [X.]. v. 5. November 1979 - [X.], NJW 1980, 1522), kann im vorliegenden Zu-sammenhang dahinstehen. Für die dem [X.] un[X.]liegende steu-erliche Gewinnermittlung der Konkursmasse einer Kommanditgesellschaft sind die genannten Einschränkungen der Rechnungslegung jedenfalls nicht [X.] ([X.]E 153, 26, 28). Im Streitfall ist überdies eine Schließung des Ge-schäfts der Gemeinschuldnerin bisher nicht ersichtlich. Denn die Nutzung der Masseimmobilien durch Vermietung hat der Beklagte fortgesetzt, bis diese [X.] verwertet oder freigegeben worden sind. 10 b) Die steuerrechtliche Pflicht zur Buchführung besteht nicht nur gegen-über dem Fiskus, sondern grundsätzlich auch gegenüber dem jeweiligen Ge-meinschuldner. Sie erwächst aus der Amtsstellung des Konkursverwal[X.]s, die schutzwürdige In[X.]essen des Gemeinschuldners unmittelbar berührt ([X.] 74, 316, 320; [X.], [X.]. v. 10. Juli 2008 - [X.] ZR 118/07, [X.], 1792, 1793 Rn. 11; so auch [X.] ZIP 1993, 52, 53; [X.]/[X.], KO 11. Aufl. § 6 Rn. 46d; [X.]/[X.], [X.] § 60 Rn. 85; MünchKomm-[X.]/[X.], aaO § 58 Rn. 31; MünchKomm-[X.]/[X.], aaO §§ 60, 61 Rn. 65; [X.] in [X.]/[X.]/Vallender, [X.] 13. Aufl. § 60 Rn. 63; [X.] in Kübler/Prütting/ Bork, [X.] § 60 Rn. 24; [X.], [X.] § 60 Rn. 29; FK-[X.]/Boochs, aaO § 155 11 - 8 - Rn. 19; Graf-Schlicker/[X.], aaO § 60 Rn. 5; [X.]/[X.] in [X.]/ [X.]/[X.], [X.] 3. Aufl. § 60 Rn. 22; [X.] in Mohrbut[X.]/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung 8. Aufl. § 31 Rn. 28; [X.], [X.] 1967, 408, 409; [X.]/[X.], Praxis der Rechnungslegung im Insolvenzver-fahren, 5. Aufl. Rn. 17). Allerdings befürchten noch heute einzelne Stimmen im Schrifttum eine unzulässige Verkürzung der Masse, wenn der Konkursverwal[X.] oder [X.]verwal[X.] gezwungen sei, nur zugunsten des Schuldners oder seiner Ge-sellschaf[X.] Mittel für die Erstellung steuerlicher Jahresabschlüsse aufzuwen-den (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], aaO Rn. 22; zweifelnd auch HK-[X.]/ [X.], 5. Aufl. § 60 Rn. 13). Ein solcher Fall ist namentlich im Konkurs oder in der Insolvenz einer Personenhandelsgesellschaft denkbar, wenn Verluste aus der Verwaltung der Masse zu Steuererstattungsansprüchen der Gesell-schaf[X.] führen, die als Neuerwerb auch nach § 35 Abs. 1 [X.] nicht in die Masse fallen, weil sie nicht in der Person des [X.] Kommanditge-sellschaft (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) entstehen. Anders liegt es von vornherein bei der Versteuerung von Gewinnen aus der Masseverwaltung, für welche Kosten auch die Masse nach den §§ 57, 58 Nr. 2 KO oder § 55 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ein-zustehen hat (vgl. [X.], 257, 261 m.w.N.). Handelt der Konkursverwal[X.] bei der Erklärung von Verlusten selbst un[X.] Berücksichtigung von [X.] gemäß § 10d EStG, die [X.] vermeiden können, im Er-gebnis aber nur [X.], so kann daraus nicht geschlossen werden, dass die Gesellschaf[X.] nunmehr schutzlos Steuerschätzungen ausgeliefert sind, die ihre Erstattungsansprüche verkürzen können. Vielmehr verlangt das gesetzliche Schuldverhältnis zwischen dem Konkursverwal[X.] und den Gesellschaf[X.]n der Gemeinschuldnerin dann, der Masse entsprechend den §§ 669, 670 BGB einen Aufwendungsersatzanspruch zuzubilligen, der auch als Vorschuss gefordert 12 - 9 - werden kann. Mit einer rein haftungsrechtlichen Lösung gemäß § 82 KO wäre den Gesellschaf[X.]n in einer solchen Lage auch deshalb nicht geholfen, weil sie ohne Kenntnis der Jahresabschlüsse für die Masse ihren möglichen [X.] nicht einmal erkennen und beziffern können. Wenn den Konkursver-wal[X.], wie die Revisionserwiderung zu erwägen gibt, erst in einem Rechtsstreit, der seine Haftung gemäß § 82 KO feststellen soll, die sekundäre Darlegungs-last träfe, steuerliche Jahresabschlüsse vorzulegen, so wäre dies weder billig noch eine prozesswirtschaftliche Lösung. c) [X.] ist der Einwand des Beklagten, dieser Verteilung der [X.] für die steuerliche Rechnungslegung im Innenverhältnis von Verwal-[X.] und Gesellschaf[X.]n stehe ihre handelsrechtliche Unteilbarkeit entgegen. Der Beklagte kann ohne Mitwirkung der Gesellschaf[X.] die Jahresabschlüsse für den von ihm verwalteten Teil des [X.], die Konkursmasse, erstellen. Anschließend obliegt es den Klägern, diese Teilbilanz für die von ih-nen abzugebende Steuererklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststel-lung gemäß § 181 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 [X.] nutzbar zu machen. Dafür ist der Konkursverwal[X.] nicht mehr verantwortlich (vgl. [X.]E 175, 309 ff). Selbst wenn das Finanzamt eine Zusammenführung der vom Konkursverwal[X.] erstell-ten [X.] und der entsprechenden Jahresabschlüsse für das konkurs-freie Vermögen der Gemeinschuldnerin fordern sollte, wäre der Beklagte den Klägern zu einer solchen wei[X.]en Mitwirkung nicht verpflichtet. 13 d) Es ist anerkannt, dass der Komplementär "Beteilig[X.]" im Sinne des § 82 KO im Konkursverfahren über das Vermögen einer Kommanditgesellschaft ist ([X.], [X.]. v. 22. Januar 1985 - VI ZR 131/83, [X.], 423, 424; Kil-ger/[X.], KO 17. Aufl. § 82 [X.]. 2; [X.], KO 6. Aufl. § 82 Rn. 63; MünchKomm-[X.]/[X.], aaO §§ 60, 61 Rn. 68; [X.] in [X.]/[X.]/ 14 - 10 - Vallender, aaO § 60 Rn. 10). Die Haftung gemäß § 82 KO knüpft an eine schon vor der haftungsbegründenden Pflichtverletzung bestehende [X.] an. Diese besteht zwischen dem Konkursverwal[X.] und allen [X.], denen gegenüber ihm bestimmte Amtspflichten obliegen. Die steuerrechtliche Buchführungspflicht besteht im Konkurs einer Kommanditge-sellschaft gerade auch gegenüber dem Komplementär. Er bedarf insoweit [X.] ebenso sehr dieses Schutzes wie die Gemeinschuldnerin selbst (vgl. insoweit [X.] 74, 316 ff; siehe außerdem [X.] 93, 278, 281). Da den Ge-sellschaf[X.]n nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steuerlich die Einkünfte der Kommanditgesellschaft zugerechnet werden (vgl. [X.]E 176, 472, 474; [X.]/NV 1988, 477, 478 f), ist der Komplementär darauf angewiesen, dass der Konkurs-verwal[X.] die Verpflichtungen der Gemeinschuldnerin so erfüllt, dass keine ver-meidbare Steuerbelastung eintritt. Dazu bedarf es insbesondere der steuerli-chen Buchführung, weil die Gesellschaf[X.] nur mit ihrer Hilfe ihre (umfassende) Erklärungspflicht gemäß § 181 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 [X.] (vgl. [X.]E 175, 309, 311 f) erfüllen können. Ohne ordnungsmäßige Buchführung besteht nicht nur die Gefahr, während des Konkursverfahrens entstandene [X.] nach Abschluss desselben nicht im Wege des Verlustvortrags geltend machen zu können. Das Fehlen der Buchführung wirkt sich für die Gesellschaf[X.] sogar schon im jeweiligen Veranlagungszeitraum nachteilig aus: Sie können ihre [X.] nicht mindern, wenn sie die Verluste ihrer [X.] nicht belegen können (vgl. [X.]/[X.], [X.] § 60 Rn. 85). e) Die Buchführungspflicht trifft den Beklagten ferner auch im Verhältnis zu den Klägern zu 2 und 3, den Kommanditisten der Gemeinschuldnerin. Auch zu ihnen besteht das dargelegte gesetzliche Schuldverhältnis. Nach einer weit verbreiteten Ansicht sollen Kommanditisten zwar im Sinne des § 82 KO nicht 15 - 11 - Beteiligte des Konkursverfahrens über das Vermögen der Kommanditgesell-schaft sein (vgl. etwa [X.] 1972, 105, 106; [X.]/[X.], aaO § 82 Rn. 8; [X.] in [X.]/[X.]/Vallender, aaO § 60 Rn. 11). Diese formale Einordnung geht jedoch fehl (MünchKomm-[X.]/[X.], aaO Rn. 69; HK-[X.]/[X.], aaO § 60 Rn. 5 f), weil die entscheidende Frage auch hier lau-tet, ob den Konkursverwal[X.] gegenüber den Kommanditisten besondere Pflich-ten treffen, die ihre Grundlage in seiner Amtsstellung haben. Das ist der Fall (im Grundsatz ebenso [X.]/[X.], aaO § 82 [X.]. 2; [X.] in [X.] zur Insolvenzordnung, 1. Aufl. S. 345 Rn. 28; HmbKomm-[X.]/Weitzmann, aaO § 60 Rn. 6; vgl. auch LG Müns[X.] MDR 1989, 1005). Jedenfalls die Erfüllung der steuerrechtlichen Buchführungspflicht berührt die In[X.]essen gewinnberech-tig[X.] Kommanditisten. Auch sie sind einkommensteuerrechtlich auf die Erfül-lung dieser Pflicht angewiesen, weil sie gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 15a EStG bezogen auf ihren Gewinnanteil Steuerschuldner sind. f) Dem Anspruch der Gesellschaf[X.] gegen den Konkursverwal[X.] über das Vermögen einer Kommanditgesellschaft auf Vorlage der steuerlichen [X.] für die Masse steht die überkommene Lehre zur (grundsätzlich fehlenden) Einklagbarkeit von Schutzpflichten nicht entgegen. Ihre Argumente greifen jedenfalls hinsichtlich der Rechnungslegungspflicht des Konkursverwal-[X.]s nicht durch. Inwieweit ihr im Übrigen noch zu folgen ist, bedarf an dieser Stelle keiner Prüfung. Die steuerliche Rechnungslegungspflicht ist nicht in dem Sinne von einer anderen Hauptleistungspflicht abhängig, dass ihr ein eigen-ständiger Zweck fehlt. Das Konkursverfahren ließe sich zwar auch ohne steuer-liche Buchführung un[X.] Einhaltung der Verfahrensziele erfolgreich durchführen. Jedoch besteht die steuerliche Buchführungspflicht auch schon vor Beginn ei-nes Konkurs- oder Insolvenzverfahrens. Schon daraus ergibt sich ihre Selbst-ständigkeit und für ein Erfüllungsverlangen genügende Bestimmbarkeit. 16 - 12 - g) Die Annahme eines Erfüllungsanspruchs der Gesellschaf[X.] gegen den Konkursverwal[X.] über das Vermögen einer Personenhandelsgesellschaft auf Vorlage von Jahresabschlüssen für die Masse widerspricht schließlich den allgemeinen Grundsätzen des Konkursverfahrens nicht. 17 aa) Die Konkursordnung sieht allerdings - ebenso wie nunmehr die In-solvenzordnung - keinerlei ausdrücklich normierte Leistungspflichten vor, deren Erfüllung der Gemeinschuldner im Klagewege vom Verwal[X.] verlangen kann. Zur Erreichung des auf bestmögliche gemeinschaftliche Befriedigung der Gläu-biger gerichteten Konkurszwecks (§ 3 Abs. 1 KO, § 1 [X.]) sollen der Schuld-ner und seine Organe keine Möglichkeit haben, auf die Konkursmasse einzu-wirken ([X.]/[X.], aaO § 6 Rn. 1; [X.], KO 6. Aufl. § 6 Rn. 1; HK-[X.]/ [X.], aaO § 80 Rn. 1; [X.] in [X.]/[X.]/Vallender, aaO § 80 Rn. 2; Graf-Schlicker/[X.], aaO § 80 Rn. 1). Deshalb ist ihnen Einfluss auf die Amtsführung des Konkursverwal[X.]s versagt (vgl. [X.], [X.]. v. 21. Sep-tember 2005 - [X.] ZB 128/05, [X.] 2007, 80; HK-[X.]/[X.], § 80 aaO Rn. 29; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/Vallender, aaO § 80 Rn. 76; vgl. ferner [X.] ZIP 1993, 686 f), der sein Amt unabhängig gerade auch vom Schuldner ausüben soll ([X.], KO 15. Aufl. § 78 [X.]. 1). Um die Einhaltung der Pflichten des Verwal[X.]s - auch zugunsten des Schuldners - zu sichern, sehen Konkurs- und Insolvenzordnung neben bestimmten Genehmigungserfordernissen zwei andere Wege vor: Gemäß § 88 KO (§ 69 [X.]) steht der Verwal[X.] un[X.] der Aufsicht des Gläubigerausschusses und gemäß § 83 KO (§ 58 [X.]) un[X.] der Aufsicht des Konkursgerichts (Insolvenzgerichts). Letz[X.]em gegenüber können die Verfahrensbeteiligten aufsichtsrechtliche Maßnahmen anregen ([X.]/[X.], aaO § 83 Rn. 3). Das Konkursgericht kann dem Verwal[X.] sodann im Rahmen pflichtmäßigen Ermessens konkrete [X.] - gen erteilen, gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 KO (§ 58 Abs. 2 [X.]) ein Zwangsgeld festsetzen und ihn schließlich auch gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 KO (§ 59 [X.]) entlassen. Diese Aufsicht wird ergänzt durch ein zweites Instrument: Gemäß § 82 KO (§ 60 Abs. 1 [X.]) ist der Verwal[X.] den Verfahrensbeteiligten zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Beide Komponenten bilden ein verzahntes System ([X.] in Kübler/ Prütting/Bork, [X.] § 60 Rn. 6), mit dem die sachgerechte Erfüllung der Verwal-[X.]pflichten sichergestellt werden soll ([X.]/[X.], aaO § 60 Rn. 12). [X.] dieses Kontrollsystems haben die Verfahrensbeteiligten in der Regel keine Möglichkeit, ihre Ansprüche gegen den Verwal[X.] durchzusetzen ([X.], aaO Rn. 5; Graf-Schlicker/[X.], aaO § 58 Rn. 2). Die Einflussmöglichkeiten des Schuldners oder seiner organschaftlichen Vertre[X.] beschränken sich grund-sätzlich auf die verfahrensmäßigen Rechte der Insolvenzordnung, insbesondere etwaige Beschwerderechte (HK-[X.]/[X.], aaO § 80 Rn. 29). [X.]) Der Anspruch von Gesellschaf[X.]n gegen den Konkursverwal[X.] einer Personenhandelsgesellschaft auf Vorlage steuerlicher Jahresabschlüsse für die Masse ist mit diesem Sicherungssystem vereinbar. Die Pflicht zur steuerlichen Buchführung ist zwar Teil der Amtstätigkeit des Konkursverwal[X.]s. Als solche müsste auch sie bei rein formaler Betrachtung vor störender Einflussnahme der Gemeinschuldnerin und ihrer Gesellschaf[X.] geschützt werden. Ma[X.]iell [X.] es sich aber nicht um diejenige Art von Verwaltungstätigkeit, deren Schutz das dargestellte System bezweckt. Die steuerliche Buchführung ist im [X.] eine dokumentierende Tätigkeit. Vor störender Einflussnahme geschützt werden sollen demgegenüber die einzelnen Entscheidungen des Konkursver-wal[X.]s und die Art und Weise seiner Amtsführung, nicht deren Aufzeichnung und Verarbeitung nach steuerrechtlichen [X.]. 19 - 14 - 3. Das Berufungsurteil kann wegen dieses Rechtsfehlers keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Ent-scheidung reif ist (§ 563 Abs. 2 ZPO), muss sie an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen werden (§ 563 Abs. 1 ZPO). 20 a) In den Instanzen ist streitig gewesen, ob dem Beklagten die Erstellung der Jahresabschlüsse aus tatsächlichen Gründen zeitweise oder sogar [X.] unmöglich war. Der Beklagte hat un[X.] anderem für die Behauptungen [X.] angetreten, die Staatsanwaltschaft habe wesentliche Teile der Geschäfts-un[X.]lagen, die er für die Buchführung benötigt hätte, beschlagnahmt; außer-dem habe der Liquidator der Klägerin zu 1 nicht im erforderlichen Maße mitge-arbeitet und erbetene Informationen und Un[X.]lagen nicht herausgegeben. Dem wird nachzugehen sein. Trifft letz[X.]e Behauptung zu, könnte der [X.] auch wegen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben in der Ausprä-gung des Verbots widersprüchlichen Verhaltens abzuweisen sein. 21 b) Die vom Beklagten außerdem erhobene Verjährungseinrede wäre erst zu prüfen, wenn sich sein Unmöglichkeitseinwand nicht bestätigen sollte. Eine vorgreifliche Prüfung dieser Einrede ist nicht möglich. Gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB läuft die Verjährung erst von der Entstehung des Anspruchs ab. [X.] ist der Anspruch, sobald er im Wege der Klage geltend gemacht wer-den kann ([X.] 55, 340; 73, 365; 79, 178). Solange einem Anspruch der [X.] zumindest vorübergehender Unmöglichkeit entgegensteht, ist eine Klage als "zur [X.] unbegründet" abzuweisen. So lange kann der Anspruch auch nicht im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden sein, weil dann seine Verjäh-rung drohte, bevor er von Rechts wegen klageweise durchgesetzt werden könn-te. Bevor nicht festgestellt ist, dass der Beklagte derzeit die verlangten [X.] vorlegen kann und von welchem [X.]punkt an diese Möglichkeit [X.] - 15 - geben war, lässt sich der Beginn der Verjährungsfrist nicht bestimmen. Sollte sich eine solche Feststellung treffen lassen, werden wegen der Ähnlichkeit bei-der Rechtsverhältnisse auf den aus gesetzlichem Schuldverhältnis folgenden steuerlichen Rechnungslegungsanspruch der Gesellschaf[X.] diejenigen Verjäh-rungsregeln anzuwenden sein, die für Geschäftsbesorgungsverträge gelten. Eine anderweitige Rechtsvorschrift fehlt. Die entsprechende Anwendung des § 852 Abs. 1 BGB a.F. kommt kaum in Betracht, weil es im Streitfall - anders als in dem Fall [X.] 93, 278 - nicht um Schadensersatzansprüche geht. c) Zutreffend ist der Einwand des Beklagten, dass er zur Buchführung nur insoweit verpflichtet sein kann, wie seine Verfügungsgewalt über das Schuldnervermögen reicht. Sollte der Beklagte tatsächlich - Feststellungen [X.] sind bislang nicht getroffen worden - wesentliche Teile des [X.] aus der Masse wirksam freigegeben haben, wäre er zur Buchführung über das wei[X.]e wirtschaftliche Schicksal dieser Vermögensteile nicht mehr ver-pflichtet. [X.] hat der Konkursverwal[X.] die Pflichten des [X.] nur so weit wahrzunehmen, wie seine Verwaltung reicht (vgl. § 34 Abs. 3 letz[X.] Halbs. [X.]; vgl. auch [X.]E 175, 309, 312; [X.]/[X.], aaO § 34 Rn. 19; [X.]/v.[X.]/[X.], aaO § 34 Rn. 16). Da die Buchfüh-rungspflicht im gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen dem Verwal[X.] und den Gesellschaf[X.]n des Schuldnerun[X.]nehmens an die steuerliche Pflichtenstel-lung anknüpft, kann sie nicht wei[X.] gehen. Eine etwaige Verurteilung 23 - 16 - des Beklagten zur Erstellung von Jahresabschlüssen müsste folglich auf das jeweilige Sondervermögen der Masse beschränkt werden. Gan[X.] Raebel [X.]

[X.] Pape
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 28.04.2008 - 5 O 483/06 - [X.], Entscheidung vom [X.]/08 -

Meta

IX ZR 121/09

16.09.2010

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.09.2010, Az. IX ZR 121/09 (REWIS RS 2010, 3300)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3300

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Haftung des Konkurs-/Insolvenzverwalters: Beginn der Verjährungsfrist mit Kenntniserlangung des Sonderverwalters von anspruchsbegründenden Umständen


IX ZR 119/02 (Bundesgerichtshof)


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IX ZR 121/09

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