Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 13.09.2020, Az. 2 BvR 1658/19

2. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2020, 2991

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Ablehnung der Auslagenerstattung im Verfassungsbeschwerdeverfahren nach Erledigterklärung


Tenor

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Anordnung der Erstattung ihrer notwendigen Auslagen wird abgelehnt.

Gründe

1

Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde betraf die inzwischen außer [X.] getretene Beschränkung der Einreise nach und des Aufenthalts in [X.] durch die Regelung des § 5 der Verordnung der Landesregierung zur weiteren schrittweisen Lockerung der coronabedingten Einschränkungen des öffentlichen Lebens in [X.] ([X.]) in der Fassung vom 12. August 2020.

2

Über die Verfassungsbeschwerde ist aufgrund der Erledigungserklärung der Beschwerdeführerin nicht mehr zu entscheiden (vgl. [X.] 7, 75 <76>; 85, 109 <113>). Verfahrensgegenstand ist nur noch die Entscheidung über den Antrag auf Erstattung der notwendigen Auslagen. Dieser hat keinen Erfolg.

3

Nach Erledigung der Verfassungsbeschwerde ist gemäß § 34a Abs. 3 [X.] über die Erstattung der notwendigen Auslagen nach [X.] zu entscheiden (vgl. [X.] 89, 91 <97>; 131, 47 <65>). Mit Blick auf die Funktion und die Tragweite verfassungsgerichtlicher Entscheidungen kommt eine summarische Prüfung der Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde regelmäßig nicht in Betracht (vgl. [X.] 85, 109 <115>; 87, 394 <398>; 133, 37 <38 Rn. 2>). Eine Erstattung von Auslagen kommt allerdings dann in Frage, wenn die Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde offensichtlich war und unterstellt werden kann oder wenn die verfassungsrechtliche Lage - etwa durch eine Entscheidung des [X.] - geklärt ist (vgl. [X.] 85, 109 <114 ff.>; 133, 37 <38 f. Rn. 2>). Vor allem dann, wenn die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt beseitigt oder der Beschwer auf andere Weise abhilft und davon ausgegangen werden kann, dass sie das Begehren des Beschwerdeführers selbst für berechtigt gehalten hat, kann es billig sein, dem Beschwerdeführer seine Auslagen zu erstatten (vgl. [X.] 85, 109 <114 f.>; 87, 394 <397>; 91, 146 <147>; 133, 37 <38 Rn. 2>). Die Auslagenerstattung entspricht aber regelmäßig nicht der Billigkeit, wenn die Verfassungsbeschwerde vom Zeitpunkt ihrer Einlegung an unzulässig war (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 13. April 2011 - 1 BvR 689/11 -, Rn. 4; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 9. Oktober 2014 - 2 BvR 550/14 -, juris, Rn. 3; Beschluss der [X.] des [X.] vom 23. Januar 2019 - 1 BvR 2066/18 -, juris, Rn. 2; Beschluss der [X.] des [X.] vom 9. Juli 2020 - 1 BvR 1054/20 -, Rn. 2).

4

Gemessen an diesen Grundsätzen scheidet eine Erstattung der notwendigen Auslagen des [X.] vorliegend aus.

5

Zwar hat die Landesregierung [X.]s die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Regelung des § 5 Abs. 8 [X.] in der Fassung vom 12. August 2020 mit Wirkung zum 4. September 2020 aufgehoben. Mit der Verordnung zur Änderung der [X.] und zur Änderung der [X.] vom 1. September 2020 (GVOBl M-V S. 842) wurde Personen ohne ersten Wohnsitz in [X.], die nicht aus einem Risikogebiet stammen, die Einreise nach und den Aufenthalt in [X.] auch ohne den Nachweis einer verbindlichen Buchung einer Übernachtung oder der tagestouristischen Einreise mit Reisebussen gestattet. Allerdings hat die Landesregierung dies im Wesentlichen mit dem Ende der Ferienzeit und somit einer Änderung der Gefahrenlage begründet. In der Aufhebung des angegriffenen Hoheitsakts kann daher kein Ausdruck eines Einlenkens des Verordnungsgebers im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten grundlegenden verfassungsrechtlichen Bedenken gesehen werden (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 9. Februar 2017 - 1 BvR 309/11 -, Rn. 4).

6

Bei bloß summarischer Betrachtung erscheint zwar zweifelhaft, dass das pauschale, an keinerlei konkrete Risikolagen geknüpfte Verbot von Reisen in das Gebiet des Landes [X.] mit der nach Art. 11 Abs. 1 GG garantierten Freizügigkeit zwischen den Ländern (vgl. [X.] 110, 177 <190 f.>) vereinbar war. Dies rechtfertigt indes, wie ausgeführt, noch nicht die Anordnung einer Erstattung der Auslagen nach Erledigung des [X.].

7

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 1658/19

13.09.2020

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 1. Kammer

Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend VG Ansbach, 26. August 2019, Az: AN 14 S 19.50537, Beschluss

§ 34a Abs 3 BVerfGG, § 90 BVerfGG, Art 29 EUV 604/2013

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 13.09.2020, Az. 2 BvR 1658/19 (REWIS RS 2020, 2991)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2991

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 BvR 1977/20 (Bundesverfassungsgericht)

Ablehnung der Auslagenerstattung im Verfassungsbeschwerdeverfahren nach Erledigterklärung


1 BvR 1185/21 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Beschränkungen von Reisen nach Mecklenburg-Vorpommern gem § 5 der Corona-Landesverordnung Mecklenburg-Vorpommern …


1 BvR 1623/17 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Mitwirkung eines seit mehreren Jahren abgeordneten Richters an Entscheidung eines LSG verletzt Art 101 …


1 BvR 899/20 (Bundesverfassungsgericht)

Ablehnung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Verfassungsbeschwerdeverfahren: Zur Untersagung des Betriebs von …


1 BvR 689/15 (Bundesverfassungsgericht)

Ablehnung der Auslagenerstattung im Verfassungsbeschwerdeverfahren nach Erledigterklärung: Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde mangels Rechtswegerschöpfung bei ausstehender fachgerichtlicher …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 689/11

2 BvR 550/14

1 BvR 2066/18

1 BvR 1054/20

1 BvR 309/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.