Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.05.2020, Az. 26 W (pat) 520/18

26. Senat | REWIS RS 2020, 103

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Bild SMART (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2015 106 604.8

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 26. Mai 2020 unter Mitwirkung des Richters [X.] als Vorsitzender sowie [X.] und Schödel

beschlossen:

Gründe

I.

1

Das farbige Wort-/Bildzeichen (Farben: schwarz, weiß, rot)

Abbildung

2

ist am 2. Oktober 2015 unter der Nummer 30 2015 106 604.8 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für Waren der Klassen 9, 35, 36, 38, 41 und 42 angemeldet worden.

3

Die Markenstelle für Klasse 38 des [X.] hat die Anmeldung mit Beschluss vom 2. Januar 2018 wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8, Abs. 2, Nr. 1 [X.] teilweise zurückgewiesen, nämlich für die Waren und Dienstleistungen:

4

Klasse 09: Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, [X.], Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und Unterrichtsinstrumente; Geräte zum Senden, Aufzeichnen, Übertragen, Verarbeiten und Wiedergeben von Ton und Daten; Software und Softwareplattform [Software] für solche Geräte, insbesondere Software zum Bereitstellen von Rundfunk- und Fernsehprogrammführern; Empfangsgeräte für Ton-, Datensignale, insbesondere als Zusatzgeräte für TV-Geräte und Computer [Receiver, Decoder, DVBT-Empfänger, Fernsehsignalempfangsgeräte]; Fernsehapparate; Geräte für interaktives Fernsehen, Decoder, Karten mit integrierten Schaltkreisen [Smartcards]; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Computerperipheriegeräte und Computerzubehör; gespeicherte oder herunterladbare Softwareprogramme oder Softwareerweiterungen [Gadgets, Widgets, Plugins, [X.]] Grafik- und Videodateien für Computer, Computerprogramme oder drahtlose Kommunikationsgeräte; herunterladbare Daten [auch als Dateien]; Videoaufzeichnungen; Interfaces [Schnittstellengeräte oder -programme für Computer]; Spiel-programme für Computer; gespeicherte Videospielprogramme; bespielte Datenträger aller Art [soweit in dieser Klasse enthalten]; [X.]; Magnetaufzeichnungsträger; optische Datenträger; gespeicherte Computer-Betriebsprogramme und Computer-Software, Hard- und Software [soweit in dieser Klasse enthalten], Software für Computer- und Online-Spiele [Software], einschließlich Gewinnspiele und [X.]; elektronische Publikationen [herunterladbar]; belichtete Filme; Smartcards [Karten mit integrierten Schaltkreisen]; Magnetkarten; maschinell oder elektronisch lesbare Kundenkarten mit Rabattpunktesammel- und Geldkartenfunktion; maschinenlesbare Datenträger, insbe-sondere Chip-Karten; Lade- und Lesegeräte für Smartcards und Identifikationskarten; Rechenmaschinen; Mobiltelefone und -zubehör [soweit in dieser Klasse enthalten]; 3-D-Brillen; auf Datenträger aufgezeichnete Computerspiele; computer-lesbare Datenbanken; auf [X.] gespeicherte elek-tronische Datenbanken;

5

Klasse35: Werbung; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Werbung in allen Kommunikationsmedien, insbesondere Rundfunk-, Fernseh-, Kino-, Print-, [X.], Online- und Teletextwerbung; Herausgabe von Werbetexten; Vermietung von Werbeflächen; Verteilung von Werbematerial [Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben]; Vorführung von Waren für Werbezwecke; Waren- und Dienstleistungs-präsentationen für Werbezwecke; Verbreitung von Werbe-anzeigen; Aktualisierung von Werbematerial; Entwicklung von Werbekonzepten; Planung und Layout-Gestaltung von Werbemaßnahmen; Planung und Gestaltung von Werbe-maßnahmen; Werbung im [X.] für Dritte; [X.]]; Präsentation von Firmen im [X.] und anderen Medien; Sponsoring in Form von Werbung; Durchführung von Wettbewerben und Gewinnspielen für Werbezwecke; Entwicklung von Prämienprogrammen und Rabattsystemen als Kundenbindungsmaßnahmen für Marke-tingzwecke; Konzeption und Organisation von Kundenbindungssystemen in organisatorischer Hinsicht; Publi-kation von [X.]; Kundengewinnung und – pflege durch Versandwerbung [Mailing]; Publikation von Druckereierzeugnissen [auch in elektronischer Form] für Werbezwecke; [X.]; Werbefilmvermietung; Produktion von Gewinnspiel-, Fernseh-, Rundfunk- und [X.]werbesendungen; Online-Dienstleistungen eines e-Commerce-Abwicklers, nämlich Waren- und Dienst-leistungspräsentation für Werbezwecke, Bestellannahme, [X.] und Rechnungsabwicklung, im Rahmen von e-commerce; Dienstleistungen des Einzel- und/oder Großhandels, auch über das [X.] oder [X.] in den Bereichen Elektro- und Elektronikwaren, Unterhaltungselektronik, TV- und HiFi-Geräten und Komponenten, Waren aus dem Bereich der Tele-kommunikation, Waren aus dem Bereich Computer und Multimedia, Waren aus dem Bereich Foto und Optik, Artikel im Zusammenhang mit Musik, nämlich Bild- und Tonträger, Ton-, Bild- und Datenträger; Zusammenstellung und Systemati-sierung von Daten in Computerdatenbanken; Pflege von Daten in Computerdatenbanken; Recherchen nach Waren- und Dienstleistungsangeboten; Präsentation von Waren in [X.] für den Einzelhandel;

6

Klasse 36: Abwicklung von Bonus-, [X.] und Prämienprogrammen zur Kundenbindung durch Ausgabe [für Dritte] von Gutscheinen und Rabattmarken; Ausgabe von Kredit-, Debit-, Kunden- und Identifikationskarten zu Bezahlung von Waren und Dienstleistungen;

7

Klasse 38: Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im [X.]; Bereitstellung von Portalen im [X.]; Bereitstellung von [X.]-[X.]; elektronischer Austausch von Nachrichten mittels Chatlines, [X.] und [X.]foren; E-Mail-Dienste; Telekommunikation; Telekommunikation mittels Plattformen und Portalen im [X.], insbesondere Blogs, Foren, Communities und [X.]; Übermittlung von Computerprogrammen, Gadgets, Widgets, Plugins, [X.], Klingelton-, Sprach-, Musik-, MP3-, Grafik- und Videobilddateien sowie von Informationen und Nachrichten im Wege des drahtlosen Hoch- und Herunterladens über ein weltweites Computernetz auf Computer, sowie über drahtlose Kommunikationsgeräte, insbesondere Mobiltelefone; Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Tele-shopping-Dienste; Ausstrahlung von Teleshoppingsendungen; Weiterleiten von Nachrichten aller Art an [X.]-Adressen [Web-Messaging]; elektronische Anzeigenvermittlung [Telekommunikation]; Dienstleistungen eines [X.]-Providers, nämlich Vermietung und Vermittlung von Zugriffszeiten zu Datennetzen, insbesondere zum [X.]; Telefondienste mittels einer Hotline oder Callcenter; Erbringen von Dienstleistungen in Verbindung mit Onlinediensten, nämlich Übermittlung von Nachrichten und Übermittlung von Informationen in Computernetzwerken, insbesondere On-Demand und anderen elektronischen Mediendiensten; Bereitstellen des Zugriffs auf Informationen im [X.], insbesondere auch mittels interaktiv kommunizierender Computersysteme; Sammeln und Liefern von Nachrichten und allgemeinen Nachrichteninformationen [als Dienste von Presseagenturen], auch in elektronischer Form, sowie Ausstrahlung von [X.]/[X.] im [X.]; Ausstrahlen von Rundfunksendungen [Funk und Fernsehfunk]; Ausstrahlung und Weitersendung von Film-, Fernseh-, Rundfunk-, [X.], [X.] und [X.]programmen oder -sendungen; Video- und/oder Audiostreaming [kontinuierliche Echtzeitübertragung von Video- und/oder Audioströmen in [X.]]; Dienste von Presseagenturen; Bereitstellung des Zugriffs auf Software in Datennetzen für [X.]zugänge; Bereitstellung des Zugriffs auf Computerprogramme in Datennetzen; Ausstrahlung und Übertragung von Pay-TV-Programmen; Ausstrahlung von Fernsehsendungen unter Verwendung von [X.] und [X.]; [X.] gegen Bezahlung;

8

Klasse 41: Veranstaltung von [X.] und Gewinnspielen für [X.] sowie Durchführung von Spielen, insbesondere im [X.], im Teletext, im Fernsehen, in Druckschriften sowie in anderen Medien aller Art; Entwicklung, Gestaltung und Produktion von Film-, Fernseh-, [X.]- und Rundfunkprogrammen und -sendungen [bildender, unterrichtender und unterhaltender Art sowie von Nachrichtensendungen]; Ausgabe von Lotterielosen und sonstigen Teilnahmeunterlagen; Veröffentlichung und Herausgabe von Publikationen [auch in elektronischer Form], insbesondere von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern [ausgenommen für Werbezwecke]; Bereitstellen von elektronischen Publikationen, nicht herunterladbar; Produktion und Durchführung von Show-, Quiz-, Spiel- Interview-, Theater-, Sport- und Musikveranstaltungen sowie Veranstaltung von Wettbewerben [Erziehung und Unterhaltung]; Filmproduktion [ausgenommen [X.]]; Fotografieren; Dienstleistungen eines Redakteurs; Dienstleistungen eines Zeitungsreporters; Erstellen von Bildreportagen; Verfassen und Herausgabe von Texten [ausgenommen Werbetexte]; Informationen über Unterhaltungsveranstaltungen; Vermittlung und Veranstaltung von Ferienkursen; Betrieb und Unterhaltung eines [X.]; Zurverfügungstellen von nicht herunterladbaren Filmen und Fernsehprogrammen über Pay-per-View-TV-Sender;

9

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software; Dienstleistungen eines Grafikdesigner; Erstellen, Pflege, Vermietung, Wartung und Installation von Software; Programmierung elektronischer [X.]-, Fernseh- und Rundfunkprogrammführer; Recherchen in Datenbanken und im [X.] für Wissenschaft und Forschung; Design von Werbeflächen im [X.]; elektronische Datensicherung; Zurverfügungstellung oder Vermietung von elektronischen Speicherplätzen [Webspace] im [X.]; Qualitätsprüfung von Erzeugnissen und Dienstleistungen; Bereitstellung von Suchmaschinen für das [X.]; Design und Erstellung von Homepages und [X.]seiten; Gestaltung und Unterhalt von Websites für Dritte; Einstellen von Webseiten in das [X.] für Dritte; Beratung bei der Gestaltung von Homepages und [X.]seiten; Prüfung von Erzeugnissen und Dienstleistungen; Bereitstellung von Plattformen im [X.]; Bereitstellung einer e-commerce-Plattform im [X.].

Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass das Anmeldezeichen in seiner Gesamtheit besage, dass es um intelligente Bilder gehe. Damit sei die angemeldete Marke zur Beschreibung der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen geeignet. Beispielsweise könnten Software und Datenträger der [X.] für eine automatische Bildkorrektur geeignet und bestimmt sein. Die weiteren Apparate, Geräte, Instrumente, Computer und Mobiltelefone könnten mit entsprechender Software ausgestattet und folglich auch zur Herstellung und/oder Wiedergabe intelligenter Bilder geeignet sein. Für die zurückgewiesenen Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 38, 41 und 42 stelle die Marke dahingehend eine Beschreibung dar, dass sie auf den Handel bzw. die Werbung mit solchen Geräten spezialisiert seien oder damit in engem sachlichem Zusammenhang stünden, mit intelligenten Bildern ausgestattete Gutscheine und sonstige Karten enthielten, mit einer intelligenten Bildwiedergabe in engem sachlichen Zusammenhang stünden und inhaltlich auf das Thema der Erstellung von Bildern mittels gerätetechnischer Intelligenz oder der Entwicklung entsprechender Software ausgerichtet seien. Bei der angemeldeten Marke handele es sich damit um eine sprach- u. werbeübliche Aneinanderreihung beschreibender Begriffe zu einem verständlichen, schlagwortartigen Sachbegriff mit klarem Bedeutungsgehalt. Sie weise keine ungewöhnliche Struktur oder weitere Besonderheiten syntaktischer oder semantischer Art auf. Bei der grafischen Gestaltung unter Verwendung von Klein- und Großbuchstaben handele es sich nur um eine verkehrsübliche Hervorhebung in werblich anpreisender Form, die den Sinngehalt des Zeichens unterstreiche und nichts an einem ausschließlich sachbezogenen Verständnis ändere. Damit stehe für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen die beschreibende und werblich anpreisende Hinweiswirkung im Vordergrund, so dass der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft fehle.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Auffassung, dass dem Anmeldezeichen kein Eintragungshindernis entgegen stehe. Der vordere [X.], das Wort „Bild“ mit spezieller Schrifttype im rotem Rahmen, sei bereits seit 1956 für die Konzernmutter der Anmelderin eingetragen. Es handele sich um eine alte, im Inland berühmte Marke ihres [X.], was auch gerichtsbekannt sein dürfte. Ergänzend hat die Anmelderin ein demoskopisches Gutachten der [X.] Infratest GmbH von 2008 zur Verkehrsdurchsetzung der Bezeichnung „Bild“ in Zusammenhang mit Zeitungen eingereicht. Das rote „[X.] habe damit einen enormen Wiedererkennungswert als Herkunftshinweis für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen, so dass das [X.] bereits wegen des vorderen Bestandteils eintragbar sei. Die Markenstelle trage den Besonderheiten und der grafischen Gestaltung der Marke zu wenig Rechnung. Maßgebend sei der sich aus der Marke in ihrer Gesamtheit ergebende Gesamteindruck. Zudem lauteten die Wortelemente der Marke auch nicht „smartes Bild“ sondern „Bild [X.]“. Die Wörter „Bild“ (in Kleinbuchstaben), gefolgt vom undeklinierten Adjektiv „[X.]“ (in Großbuchstaben) seien grammatikalisch nicht aneinander angepasst und in einer für die [X.] nicht korrekten Weise angeordnet. Selbst unter der Wortfolge „smartes Bild“ könne sich der Verkehr nichts vorstellen, zumal Bilder üblicherweise auch nicht als „smart“ beschrieben würden. Die Kombination „Bild“ und „Smart“ und deren Anordnung erstaune den Verbraucher eher und rege zum Nachdenken an, so dass mehrere gedankliche Schritte erforderlich seien, um dem Zeichen eine Bedeutung zuzuordnen. Der Denkprozess werde dadurch erschwert, dass eine naheliegende Bedeutung für die Wortkombination „Bild“ u. „Smart“ gerade nicht auf der Hand liege.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des [X.] vom 2. Januar 2018 aufzuheben.

 Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig und begründet.

Der Eintragung der angemeldeten Marke Abbildung

1. Dem Anmeldezeichen kann nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.] 2015, 1198 [X.]. 59 f. – [X.]/[X.]]; [X.], 932 [X.]. 7 – #darferdas?; [X.] 2018, 301 [X.]. 11 – [X.]; [X.] 2016, 934 [X.]. 9 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.] 2010, 228 [X.]. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] – #darferdas?; a. a. O. – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.] 2004, 428 [X.]. 53 – [X.]; [X.] [X.]. 15 – [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] [X.] 2013, 1143 [X.]. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.] 2006, 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] [X.] 2014, 376 [X.]. 11 – grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.] 2004, 674 [X.]. 86 – Postkantoor; [X.] [X.]. 8 – #darferdas?; [X.] 2012, 270 [X.]. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] – #darferdas?; a. a. [X.]. 12 – [X.]; [X.] 2014, 872 [X.]. 21 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht ([X.] – #darferdas?; a. a. O. – [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.] 2004, 146 [X.]. 32 – [X.]; [X.] [X.] 2014, 569 [X.]. 18 – [X.]); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer [X.] entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] [X.] 2007, 204 [X.]. 77 f. – [X.]; [X.] [X.] 2014, 1204 [X.]. 16 – DüsseldorfCongress).

b) Diesen Anforderungen genügt das Zeichen Abbildung

aa) Von den beanspruchten Waren und Dienstleistungen werden sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher ([X.] [X.] 2006, 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] 1999, 723 [X.]. 29 – [X.]) als auch Unternehmensinhaber und Angehörige der unternehmerischen Führungsebene sowie der Fachhandel und Vermittler von elektrotechnischen und elektronischen Waren sowie Dienstleistungen aus dem Bereich der Telekommunikation und Unterhaltung sowie Softwareerstellung und -anwendung angesprochen.

bb) Die Wortbestandteile der [X.] bestehen aus den Wörtern „Bild“ und „[X.]“.

aaa) Das Substantiv „Bild“ hat, wie die Markenstelle insoweit zu Recht festgestellt hat, die Bedeutung „mit künstlerischen Mitteln auf einer Fläche [X.], [X.]; Gemälde, Zeichnung o.Ä.; Fotografie, gedruckt wiedergegebene bildliche Darstellung; auf dem Fernsehschirm Erscheinendes oder Abbild, Spiegelbild“ (www.duden.de; www.munzinger.de).

bbb) Das zweite Markenwort „[X.]“ (urspr. englisch: schlau, intelligent, klug, clever) steht für Intelligenz und wird allgemein für intelligente Geräte, Karten, Konzepte u.a. verwendet, etwa in Begriffen wie „[X.]“ (intelligentes Heim), „Smart Grid“ (intelligentes Stromnetz), „[X.]“ (intelligente Objekte mit gedruckter Elektronik), „Smartphone“ (multifunktionale Handys) usw.

cc) In der hier angemeldeten Kombination „Bild [X.]“ ergeben die Markenwörter keine sprachlich sinnvolle Bedeutung. Der Verkehr mag zwar vermuten, dass die Wortbestandteile zueinander gehören und in ihrer Kombination eine Aussage haben sollen. Er wird die [X.] aber nicht einfach unter unzulässiger Veränderung der Marke auf „smartes Bild“ umstellen und ihr ohne weiteres diese Bedeutung zugrunde legen, wie es die Markenstelle ohne jegliche Begründung getan hat. Denn der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, der Begriffe wie „Smartphone“, „Smart-TV“, „[X.]“ usw. kennt, ist zwangsläufig auch mit deren Wortaufbau mit einem am Anfang der Wortfolge befindlichen Adjektiv „Smart“ vertraut. Er wird daher sofort bemerken, dass die Wortfolge „Bild [X.]“ in dieser Zusammenstellung kein sprachlich stimmiger Ausdruck ist. Zugleich weiß er, dass die Wortfolge „smartes Bild“ mit vorangehendem deklinierten Adjektiv und nachfolgenden Substantiv eine korrekte und sprachlich sinnvolle Kombination wäre, auf die in der Marke aber erkennbar verzichtet wird. Selbst für Waren und Dienstleistungen mit Bezug zur Bildbearbeitung ergibt sich damit keine ohne weiteres erkennbare sinnvolle beschreibende Aussage. Vielmehr stehen die beiden Markenwörter selbst bei Außerachtlassung der grafischen Gestaltung sprachlich beziehungslos nebeneinander. Allenfalls im Sinne einer sprechenden Marke ließe sich der Wortfolge „Bild [X.]“ entnehmen, dass die damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen etwas mit Bildern zu tun haben, wobei etwas, möglicherweise ein anderer Aspekt (vgl. schriftbildliche und grafische Absetzung) smart sein soll.

Aber selbst wenn der Verkehr dennoch zur Interpretation „smartes Bild“ gelangen würde, weil er unwillkürlich nach einer sinnvollen Interpretation sucht, so wäre dies mit Gedankengängen verbunden, die überdies die Marke verändern. Zunächst müsste die Reihenfolge der Wortbestandteile „Bild“ und „[X.]“ vertauscht werden, obwohl deren Kombination nicht nur durch die schriftliche Anordnung sondern zusätzlich auch durch die zweigeteilte Grafik optisch „festgelegt“ ist. Sodann müsste in einem weiteren Gedankenschritt das Wort „[X.]“ zu „[X.]ES“ dekliniert werden, um einen sprachlich korrekten Bezug zum nachfolgenden [X.] Substantiv „Bild“ herzustellen. Die Marke müsste also vom Verkehr unter intensiver Veränderung in mehreren Schritten erst „passend gemacht“ werden, um zu einer beschreibenden Angabe zu gelangen. Gegenstand der Prüfung ist jedoch allein die Marke in ihrer angemeldeten Form ([X.] [X.] 2011, 65, Nr. 16-18 – Buchstabe T mit Strich; [X.]/Hacker/Thiering, [X.], § 8, Rn. 36, 134). Der Verkehr wird in der Marke allenfalls ein sprechendes Zeichen sehen, bei dem aber die Sprachunregelmäßigkeit der in der [X.] (im Übrigen auch [X.]) [X.] nicht passenden Reihenfolge aus Substantiv und (undekliniertem) Adjektiv auffällt. Die von der Markenstelle im angefochtenen Beschluss verwendete Phrase, dass die angemeldete Bezeichnung keine ungewöhnliche Struktur oder weitere Besonderheiten syntaktischer oder semantischer Art aufweise, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnten, stimmt hier gerade nicht. Vielmehr enthält bereits der Wortbestandteil eine Kombination von für sich genommen schutzunfähigen Einzelwörtern, jedoch zugleich eine klar erkennbare syntaktische Besonderheit, die sich als über die bloße Summenwirkung hinausgehend und damit schutzbegründend auswirkt (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, 12. Aufl., § 8 Rn. 219 und 538).

dd) Dieser sich schon bei Betrachtung der reinen Wörter „Bild“ und „[X.]“ ergebende Eindruck wird durch die unterschiedliche Schreibweise der beiden Markenwörter „Bild [X.]“ verstärkt und durch die grafische Ausgestaltung mit zwei unterschiedlich gefärbten und geformten Hintergrundgestaltungen nochmals weiter vertieft. Hierdurch werden die schon sprachlich keinen Gesamtbegriff bildenden Markenwörter noch stärker als nebeneinander stehende eigenständige Einzelwörter betont.

ee) Noch weiter weg von der Interpretation der Markenstelle im Sinne einer [X.] „smartes Bild“ gelangt der angesprochene inländische Verkehr unter Berücksichtigung der erheblichen Verkehrsbekanntheit des ersten Marken-bestandteils als Kennzeichnung der vom Konzern der Anmelderin (auch online) herausgegebenen größten [X.] Tageszeitung. Die Allgemeinbekanntheit dieser nach wie vor verbreitetesten Tageszeitung in [X.] wird vom Senat als offenkundig i.S.d. § 291 ZPO zugrunde gelegt. Es kann daher letztlich offen bleiben, ob das von der Anmelderin vorgelegte ältere Verkehrsumfragegutachten von 2008 ergänzend mit zu berücksichtigen ist, worin dem Wort „Bild“ in Zusammenhang mit „Zeitungen“ eine Bekanntheit von 94,1% und ein Kennzeichnungsgrad 63,7 % bei der Gesamtbevölkerung attestiert worden ist.

Gleich am [X.] befindet sich der wesentliche Teil des Logos der „[X.] (typischer „Bild“-Schriftzug in hochgestreckten Buchstaben mit [X.] des „d“, invers im roten Quadrat), der dem Verkehrsteilnehmer mit Signalfarbe sofort ins Auge fällt. Damit wird ihm die bekannte [X.] dieses Medienprodukts des Konzerns der Anmelderin präsentiert. Hiervon optisch und sprachlich klar abgesetzt findet sich ein weiterer Bestandteil der Gesamtkennzeichnung. Das fehlende sprachliche Zueinanderpassen der beiden Wortbestandteile erklärt sich damit.

Insgesamt sind daher keine zureichenden Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die angesprochenen Verkehrskreise der angemeldeten Marke lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen. Durch die konkrete Zusammenfügung zweier für sich genommen beschreibender Begriffe, bei der die sprachlich nicht sinnvolle Kombinationsreihenfolge durch die grafische Gestaltung betont wird, entfällt der Charakter einer [X.], weil die beschreibenden Angaben durch ihre Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt.

ee) Das Ergebnis einer [X.]recherche, die von der Markenstelle unterlassen worden ist, bestätigt dies.

Bei Eingabe der Suchwörter Wörter „Bild“ und „smart“ in dieser Reihenfolge in die Suchmaschine [X.] fanden sich auf den ersten [X.] hauptsächlich Hinweise auf das Angebot „[X.]“ des Konzerns der Anmelderin. Hierbei handelt es sich um eine kostenpflichtige App, die den werbefreien Zugang zum Online-Angebot von [X.] ermöglicht. Auch eine ähnlich aufgebaute Bezeichnung einer App der [X.] („[X.]“) ließ sich auffinden, daneben eher zufällige Aneinanderreihungen der Wörter „Bild“ und „Smart“ (z.B. Logo der Zeitschrift „[X.]“ neben der nachfolgenden Überschrift „Smart fortwo im Test“) oder solche, die auch sonst erkennbar keinen zusammengehörigen Gesamtbegriff „Bild smart“ benennen (z.B.: „Wie ein Bild smart den Denkturbo einschaltet!?“).

Eine ergänzende Suche nach Bildern zum Suchbegriff „smart“ (reine Bildersuche) erbrachte fast ausschließlich Treffer zum [X.]“. Variiert man die Suche, so werden auch Bilder angezeigt, die häufig den Begriff „smart“ i.S.v. „schlau, clever, intelligent“ darstellen bzw. symbolisieren. Gezeigt werden bspw. Eulen oder Menschen, die lesend, am Computer oder an Charts arbeitend dargestellt sind und die zumeist Brillenträger sind, die also „intelligent“ ausschauen.

Selbst eine ergänzende Suche mit den Suchbegriffen „picture“ und „smart“ als der direkten [X.] Übersetzung der Wortbestandteile der [X.] erbrachte keine Hinweise auf einen beschreibenden Bedeutungsgehalt der Wortfolge „Bild [X.]“. Zwar wird auf englischsprachigen Webseiten ein Gesamtbegriff „picture smart“ verwendet. Damit wird aber eine visuelle u./o. räumliche Intelligenz von Menschen bezeichnet, die besonders gut auf Visualisierungen ansprechen und ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen haben (Gegensatzbegriffe sind z.B. „nature smart“, „body smart“, „word smart“ usw.). Es handelt sich offenbar um einen zumeist in Zusammenhang mit Kindererziehung verwendeten [X.] Spezialbegriff der Pädagogik, der für die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht relevant ist und im Übrigen so auch nicht angemeldet ist. Die Frage, ob Treffer zu der Wortfolge „picture smart“ überhaupt als Hinweise auf einen etwaigen beschreibenden Bedeutungsgehalt des [X.] „Bild [X.]“ der angemeldeten Marke verwertet werden dürften, und welches [X.] dann unter Einbeziehung der grafische Gestaltung der [X.] zugrunde zu legen wäre, kann daher offen bleiben.

Eine Verwertung von Hinweisen auf einen etwaigen beschreibenden Bedeutungsgehalt der Wortfolge „smart picture“ verbietet sich schließlich, da dies neben der Übertragung des [X.]s „Bild“ in die englische [X.] mit einer Vertauschung der Reihenfolge der Wortbestandteile, also mit einer unzulässigen Änderung der Marke verbunden wäre (s.o.).

Die angemeldete Marke hat nach alledem keinen ohne weiteres verständlichen beschreibenden Sinngehalt. Selbst wenn ein beschreibender Bedeutungsgehalt vorhanden wäre, erschöpft sie sich darin nicht, sondern enthält sprachliche und grafische Besonderheiten, die ihr bereits von Haus in einem Mindestmaß die Eignung zur betrieblichen Herkunftsunterscheidung verleihen. Dies gilt erst recht unter [X.] der Bekanntheit der grafischen Ausgestaltung des ersten [X.]s als Herkunftshinweis auf den Betrieb der Anmelderin bzw. ihres Konzerns. Der Marke fehlt damit nicht jegliche Unterscheidungskraft.

2. Sie ist auch nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen, da sie in der Reihenfolge ihrer Wortbestandteile und in der angemeldeten grafischen Ausgestaltung nicht geeignet ist, als sachliche Bezeichnung von Merkmalen der beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen zu dienen. Ein Bedürfnis zur Freihaltung der angemeldeten [X.] ist nicht ersichtlich.

Meta

26 W (pat) 520/18

26.05.2020

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.05.2020, Az. 26 W (pat) 520/18 (REWIS RS 2020, 103)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 103

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29 W (pat) 580/19

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