Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.01.2008, Az. GSSt 1/07

Großer Senat für Strafsachen | REWIS RS 2008, 6084

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[X.]BESCHLUSS [X.] vom 17. Januar 2008 in der Strafsache gegen Nachschlagewerk: ja [X.]St: ja Veröffentlichung: ja ___________________________________ [X.] Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Ist der Abschluss eines Strafverfahrens rechtsstaatswidrig derart verzögert worden, dass dies bei der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs unter näherer Bestimmung des Ausmaßes [X.]ücksichtigt werden muss, so ist [X.] der bisher gewährten Strafminderung in der Urteilsformel auszusprechen, dass zur Entschädigung für die ü[X.]lange Verfahrensdauer ein bezifferter Teil der verhängten Strafe als vollstreckt gilt. [X.], [X.]uss vom 17. Januar 2008 - [X.] - [X.]- 2 - wegen beson[X.] schwerer Brandstiftung u. a. - 3 - [X.] hat durch den Präsi-denten des [X.] Prof. Dr. [X.], die Vorsitzende [X.]in am [X.] Dr. [X.], den Vorsitzenden [X.] am [X.], die [X.] am [X.] Maatz, [X.], Dr. Wahl, [X.], Prof. Dr. [X.], die [X.]in am [X.] [X.] sowie die [X.] am [X.] [X.] und [X.] am 17. Januar 2008 beschlossen: Ist der Abschluss eines Strafverfahrens rechtsstaatswidrig derart verzögert worden, dass dies bei der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs unter näherer Bestimmung des Ausmaßes [X.] werden muss, so ist anstelle der bisher gewährten Strafminderung in der Urteilsformel auszusprechen, dass zur [X.] für die ü[X.]lange Verfahrensdauer ein bezifferter Teil der verhängten Strafe als vollstreckt gilt. Gründe: [X.] Die Vorlage des [X.] betrifft die Frage, in welcher Weise es im Rechtsfolgenausspruch zu [X.]ücksichtigen ist, wenn Strafverfolgungsbehörden das Verfahren gegen den Angeklagten in rechtsstaatswidriger Weise verzögert haben. 1 1. Der 3. Strafsenat des [X.] hat in der Strafsache gegen [X.](3 StR 50/07) ü[X.] die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte [X.] - 4 - vision der Staatsanwaltschaft zu entscheiden. Mit ihrem Rechtsmittel beanstan-det es die Revisionsführerin als sachlichrechtlichen Mangel, dass das [X.] zum Ausgleich für eine von ihm zu verantwortende Verzögerung des [X.] gegen den Angeklagten auf eine Strafe erkannt hat, die das gesetzliche Mindestmaß unterschreitet. Der Angeklagte hatte einen im Eigentum seiner Mutter stehenden, a[X.] maßgeblich von ihm geleiteten [X.] in Brand gesetzt, um Leistungen aus der von seiner Mutter für den Betrieb abgeschlossenen Gebäude-, [X.] und Ertragsausfallversicherung zu erlangen. Er hatte den Schadensfall der Versicherung gemeldet, diese hatte jedoch keine Zahlungen geleistet. 3 Wegen dieses Sachverhalts hat das [X.] den Ange-klagten der beson[X.] schweren Brandstiftung (§ 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB) und des versuchten Betruges (§ 263 Abs. 1 und 2, §§ 22, 23 StGB) schuldig ge-sprochen und auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren erkannt. Im Rah-men des Rechtsfolgenausspruchs hat das [X.] zunächst festgestellt, dass das Verfahren in einer mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu [X.] verzögert worden sei, weil zwischen dem Eingang der [X.] am 5. Okto[X.] 2004 und dem Erlass des [X.] am 24. Mai 2006 ein unvertretbar langer [X.]raum gelegen habe. Es hat sodann dargelegt, dass ohne Berücksichtigung dieser Verfahrensverzögerung zur [X.] der beson[X.] schweren Brandstiftung die in § 306 b Abs. 2 StGB vorge-sehene Mindeststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe angemessen sei. Da § 306 b StGB keinen Son[X.]trafrahmen für minder schwere Fälle vorsehe, sei ein Ausgleich für die Verfahrensverzögerung innerhalb des gesetzlich eröffne-ten Strafrahmens nicht möglich. Daher sei, um dem Angeklagten die verfas-sungsrechtlich gebotene Kompensation für die Verletzung des [X.] zu gewähren, eine Strafrahmenverschiebung in entsprechender 4 - 5 - Anwendung des § 49 Abs. 1 StGB vorzunehmen. Das [X.] hat [X.] den Strafrahmen des § 306 b Abs. 2 StGB nach den Maßstäben des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1, Nr. 3 StGB gemildert und sodann zur Kompensation der Verfahrensverzögerung statt der an sich [X.] von fünf Jahren eine solche von drei Jahren und zehn Monaten festgesetzt. Für den versuchten Betrug hat es an sich eine Freiheitsstrafe von einem Jahr für angemessen erachtet, wegen der ü[X.]langen Verfahrensdauer jedoch auf eine solche von sechs Monaten erkannt. Unter Erhöhung der Einsatzstrafe von drei Jahren und zehn Monaten hat es sodann eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verhängt; ohne die jeweiligen [X.] hätte es eine sol-che von fünf Jahren und sechs Monaten gebildet. 5 2. Diese Strafzumessung hält der 3. Strafsenat für rechtsfehlerhaft. Er beabsichtigt, auf die Revision der Staatsanwaltschaft das angefochtene Urteil im gesamten Strafausspruch aufzuheben. 6 a) Hierbei will er es allerdings im Ausgangspunkt nicht beanstanden, dass das [X.] im Hinblick auf die zwischen der Anklageerhebung und dem Eröffnungsbeschluss verstrichene [X.] einen von der Justiz zu [X.] Verstoß gegen das Gebot der Verfahrensbeschleunigung angenommen und die sich hieraus ergebende Verzögerung des Verfahrens - wenn auch nicht ausdrücklich ziffernmäßig, so doch nach dem Gesamtzusammenhang seiner Ausführungen - auf etwa ein Jahr und sechs Monate bemessen hat. Auch sieht er keinen Verstoß gegen Grundsätze der bisherigen Rechtsprechung dadurch begründet, dass das [X.] als Ausgleich für diese [X.] die für den versuchten Betrug eigentlich als angemessen erachtete [X.] um die Hälfte reduziert und auf sechs Monate festgesetzt hat. Ebensowenig liege ein revisibler [X.] des [X.] - 6 - richts darin, dass dieses für das [X.] ohne Berücksichtigung der Verzögerung auf die Mindeststrafe von fünf Jahren erkannt hätte. Als [X.]echtigt erachtet der 3. Strafsenat dagegen die Rüge der Revision, das [X.] habe zur Gewährleistung eines Ausgleichs für die eingetretene Verfahrensverzögerung nicht das gesetzliche Mindestmaß der für das [X.] angedrohten Freiheitsstrafe unterschreiten dürfen. Die vom [X.] vorgenommene entsprechende Anwendung des § 49 Abs. 1 StGB hält er für rechtlich nicht zulässig. Er vertritt die Auffassung, die gebotene Kompensati-on für den Verstoß gegen das [X.]eunigungsgebot sei insoweit vielmehr in entsprechender Anwendung des § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB in der Weise vorzu-nehmen, dass auf die Mindeststrafe als angemessene Strafe zu erkennen und in der Urteilsformel gleichzeitig auszusprechen sei, dass ein bestimmter Teil der Strafe, der dem gebotenen Ausmaß der Kompensation entspricht, als voll-streckt gilt ([X.]). 8 b) Hinsichtlich der [X.] für die beson[X.] schwere Brandstiftung in dieser Weise zu entscheiden, sieht sich der 3. Strafsenat weder durch Recht-sprechung anderer Strafsenate des [X.] noch durch die Judika-tur des [X.] gehindert. Ob es möglich wäre, aus der re-duzierten [X.] für den versuchten Betrug und einer teilweise für voll-streckt erklärten [X.] für das [X.] in stimmiger Weise eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden, hat der 3. Strafsenat offen gelassen. Denn er ist der Auffassung, dass die durch vorliegende Sonderkonstellation aufge-worfenen Rechtsfragen und das von ihm zu deren Lösung befürwortete Modell Anlass zu einer generellen Ü[X.]prüfung der bisherigen Rechtsprechung geben. Diese Prüfung ergebe, dass sich die [X.] allgemein stimmiger in das Rechtsfolgensystem des Strafgesetzbuchs einfüge und der an sich an-gemessenen Strafe die Funktion belasse, die ihr in daran anknüpfenden [X.] - 7 - regelungen inner- und außerhalb des Strafrechts zukomme. Er möchte daher dieses Modell generell anwenden und demgemäß auch den Einzelstrafaus-spruch wegen des versuchten Betruges aufheben. Daher beabsichtigt er zu entscheiden: Ist der Abschluss eines Strafverfahrens rechtsstaatswidrig derart verzögert worden, dass dies bei der Durchsetzung des staatli-chen Strafanspruchs unter näherer Bestimmung des Ausmaßes [X.]ücksichtigt werden muss, so ist der Angeklagte gleichwohl zu der nach § 46 StGB angemessenen Strafe zu verurteilen; zu-gleich ist in der Urteilsformel auszusprechen, dass zur Entschä-digung für die ü[X.]lange Verfahrensdauer ein bezifferter Teil der verhängten Strafe als vollstreckt gilt. Da hiermit eine Abkehr von einer bisher einhelligen Rechtsprechung [X.] wäre, hat er dem [X.] die Rechtsfrage wegen grundsätzlicher Bedeutung zur Fortbildung des Rechts zur Entscheidung [X.] ([X.] NJW 2007, 3294). 10 3. Der [X.] hat sich der Rechtsauffassung des vorle-genden Senats angeschlossen. 11 I[X.] Die [X.] gemäß § 132 Abs. 4 GVG sind gege-ben. 12 Die vorgelegte Rechtsfrage ist entscheidungserheblich. Die Ansicht des [X.], es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass das [X.] es für erforderlich erachtet habe, die Verzögerung des Verfahrens zwischen An-klageerhebung und Eröffnungsbeschluss auf der [X.] zugunsten 13 - 8 - des Angeklagten auszugleichen, und hierfür hinsichtlich des Brandstiftungsde-likts innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens keine hinreichende Möglichkeit gesehen habe, ist vertretbar. Auf dieser Grundlage hängt die Revisionsent-scheidung davon ab, wie die vorgelegte Rechtsfrage zu beantworten ist. Diese hat auch grundsätzliche Bedeutung. Verstöße der [X.] ge-gen das Gebot zügiger Verfahrenserledigung sind in zunehmendem Maße fest-zustellen; die Gründe hierfür hat der [X.] an dieser Stelle nicht zu [X.]. Die Frage, welche Folgen aus derartigen Verstößen zu ziehen sind, ist regelmäßig Gegenstand tatrichterlicher und revisionsgerichtlicher [X.]. Eine einheitliche Handhabung durch entsprechende Vorgaben der höchst-richterlichen Rechtsprechung ist daher geboten. Vor diesem Hintergrund [X.] die Vorlage eine Fortbildung des Rechts; denn sie zielt auf die [X.] neuer Auslegungsgrundsätze, als deren Folge sich ein von der bisherigen Handhabung abweichendes rechtliches Modell für die Kompensation von [X.] gegen das [X.]eunigungsgebot im Rahmen des Rechtsfolgenaus-spruchs ergäbe. II[X.] Der [X.] für Strafsachen beantwortet die ihm unterbreitete Rechtsfrage im Ergebnis im Sinne des [X.]. 14 Zwar führt das bisher in der Rechtsprechung praktizierte Modell, dem Angeklagten als Ausgleich für einen rechtsstaatswidrigen Verstoß gegen das Gebot zügiger Verfahrenserledigung einen bezifferten Abschlag auf die an sich verwirkte Strafe zu gewähren, im Regelfall zu einer Kompensation dieses Ver-stoßes, die nicht nur mit den Vorgaben des Grundgesetzes und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. Novem[X.] 1950 ([X.]), sondern auch mit dem nationalen [X.] Straf- und Strafprozess-15 - 9 - recht in Einklang steht. Jedoch stößt dieses Modell in beson[X.] gelagerten Fällen an gesetzliche Grenzen. Wie der vorliegende Fall zeigt, kann die Gewäh-rung der verfassungs- und konventionsrechtlich gebotenen Kompensation durch Strafabschlag zu Ergebnissen führen, die den einfachgesetzlichen Rah-men des [X.] sprengen. Hierdurch wird jedoch die [X.] (Art. 20 Abs. 3 GG) [X.]ührt, die durch das [X.] zu achten haben. Deren Ü[X.]schreitung könnte aus ü[X.]geordneten rechtlichen Gesichtspunkten nur dann gerechtfertigt werden, wenn keine andere Möglichkeit der Kompensation zur Verfügung stün-de, die die Grundsätze des [X.] des StGB un[X.]ührt lässt. Eine solche liegt mit der [X.] indes vor. Der [X.] hält daher einen Wechsel zu diesem Modell für geboten. Dies gilt auch deshalb, weil diese Form der Entschädigung gemäß den Vorgaben der [X.], wie sie in der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) präzisiert worden sind, im Gegensatz zur bisherigen Verfahrensweise in allen Fällen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung eine Kompensation ermög-licht. Die [X.] genügt auch den verfassungsrechtlichen Vorga-ben. Unabhängig hiervon hat die [X.] gegenü[X.] dem Straf-abschlagsmodell weitere Vorzüge, die für die Kompensation rechtsstaatswidri-ger [X.] einen Systemwechsel angezeigt erscheinen las-sen. Durch die Trennung von Strafzumessung und Entschädigung belässt sie der unrechts- und schuldangemessenen Strafe die ihr in strafrechtlichen und außerstrafrechtlichen Folgebestimmungen beigelegte Funktion. Darü[X.] hinaus vereinfacht sie die Rechtsfolgenbestimmung. 16 Im Einzelnen: 17 - 10 - 1. Weder die Strafprozessordnung noch das Strafgesetzbuch enthalten Regelungen dazu, welche Rechtsfolgen es nach sich zieht, wenn ein Strafver-fahren aus Gründen verzögert wird, die im Verantwortungs[X.]eich des Staates liegen. Dies [X.]uht auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzge[X.]s. Nach dessen Auffassung war eine gesetzliche Verankerung des [X.] in der Strafprozessordnung entbehrlich, weil [X.]eits Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] die [X.] hinreichend zu einer zügigen Durchführung von Ermittlungs- und Strafverfahren verpflichte. Der [X.]eunigungsgrundsatz sei daher dem [X.] Strafverfahrensrecht auch ohne ausdrückliche Rege-lung immanent. Das in Art. 20 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip sowie die Pflicht zur Achtung der Menschenwürde ließen es ebenfalls nicht zu, den Be-schuldigten länger als unvermeidbar in der Drucksituation des Strafverfahrens zu belassen. Wie der Grundsatz zügiger Verfahrenserledigung inhaltlich näher zu präzisieren sei und welche Folgen an seine Verletzung anzuknüpfen seien, müsse der Klärung durch Wissenschaft und Rechtsprechung ü[X.]lassen wer-den (vgl. den Entwurf der [X.]regierung vom 2. Mai 1973 für das [X.], BT-Drucks. 7/551 S. 36 f.). 18 Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] hat jede Person ein Recht darauf, dass ü[X.] eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Hinzu tritt Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 [X.], wonach jede Person, die aus Anlass eines gegen sie geführten Strafverfahrens von Fest-nahme oder Freiheitsentziehung betroffen ist, Anspruch auf ein Urteil innerhalb angemessener Frist hat; wird dieser Anspruch verletzt, so kann sie verlangen, während des Verfahrens (aus der Haft) entlassen zu werden. Regelungen dar-ü[X.], welche sonstigen Konsequenzen aus einer Verletzung des Rechts auf Verhandlung und Urteil innerhalb angemessener Frist zu ziehen sind, enthält die [X.] nicht. Jedoch bestimmt Art. 13 [X.], dass jede Person, die in ihren in der Konvention anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden ist, das 19 - 11 - Recht hat, bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu er-heben, auch wenn die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher Eigenschaft gehandelt haben. 2. Vor diesem Hintergrund hat der [X.] zunächst die [X.] vertreten, die Verletzung des Anspruchs des Angeklagten aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf zügige Durchführung des gegen ihn gerichteten Straf-verfahrens begründe zwar kein Verfahrenshindernis, sei jedoch bei der [X.] zu [X.]ücksichtigen. Der Spielraum, den das Gesetz insoweit ge-währe, reiche aus, um den Belastungen, denen der Angeklagte durch das [X.] zögerlich geführte Verfahren ausgesetzt gewesen sei, in hinrei-chender Weise Rechnung zu tragen ([X.]St 24, 239, 242; 27, 274, 275 f.; [X.] NStZ 1982, 291, 292 m. w. N.). Dies könne in den gesetzlich vorgesehenen Fällen bis zum Absehen von Strafe, bei Verfahren wegen Vergehen a[X.] auch zur deren Einstellung gemäß § 153 StPO führen; auch ein Gnadenerweis sei in Betracht zu ziehen ([X.]St 24, 239, 242 f.). 20 Danach war es ausreichend, den Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] als bestimmenden Strafzumessungsgrund (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO) bei der Abwägung der sonstigen strafmildernden und -schärfenden Aspekte [X.], auch neben dem schon für sich mildernden Umstand eines langen [X.]-raums zwischen Tat und Urteil, zu [X.]ücksichtigen (vgl. [X.] NStZ 1983, 167; 1986, 217, 218; 1987, 232 f.; 1988, 552; [X.]R StGB § 46 Abs. 2 Verfahrens-verzögerung 2). 21 Diese Grundsätze hat der [X.] später im Hinblick auf die Rechtsprechung des [X.] und des [X.] modifiziert. 22 a) Der [X.] hat in seinem Urteil vom 15. Juli 1982 (E. ./. [X.]re-publik Deutschland - [X.], 371 ff. m. Anm. [X.]) in zwei gegen die 23 - 12 - dortigen Beschwerdeführer durchgeführten Strafverfahren eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] durch die [X.] Strafverfolgungsbehörden fest-gestellt. Hieran anknüpfend hat er es in dem einen der beanstandeten Verfah-ren nicht als hinreichenden Ausgleich zugunsten der Beschwerdeführer erach-tet, dass diesen die Verzögerungen bei der Strafzumessung des landgerichtli-chen Urteils ausdrücklich strafmildernd zugute gehalten worden waren; dies sei nicht geeignet, den Beschwerdeführern ihre [X.] im Sinne des Art. 25 [X.] aF (= Art. 34 [X.] nF) zu nehmen, da das Urteil keine hinreichenden Hinweise enthalte, die eine Ü[X.]prüfung der Berücksichtigung der [X.] unter dem Gesichtspunkt der Konvention erlaubten ([X.] [X.], 371, 381). In dem anderen Verfahren gelte das Gleiche, soweit dieses schließ-lich gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei; denn der [X.] enthalte keinen Hinweis auf eine Berücksichtigung der Verfahrensver-zögerungen (aaO S. 382). Zu der Frage, wie die vermissten "Hinweise" hätten ausgestaltet sein müssen und welche inhaltlichen Anforderungen an die den Beschwerdeführern zu gewährende Kompensation zu stellen gewesen wären, um den Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] noch im Rahmen des nationa-len Rechts auszugleichen, äußert sich die Entscheidung nicht. b) Nach der Rechtsprechung des [X.] verletzt ei-ne von den Justizbehörden zu verantwortende erhebliche Verzögerung des Strafverfahrens den Beschuldigten auch in seinem verfassungsmäßigen Recht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie - wenn sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft befindet - in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG. Ein Strafverfahren von ü[X.]langer Dauer könne den Be-schuldigten - insbesondere dann, wenn die Dauer durch vermeidbare [X.] seitens der [X.] bedingt sei - zusätzlichen fühlbaren Belastun-gen aussetzen, die in ihren Auswirkungen der Sanktion selbst gleich kämen. Mit zunehmender Verzögerung des Verfahrens gerieten sie in Wi[X.]treit zu dem 24 - 13 - aus dem [X.] abgeleiteten Grundsatz, dass die Strafe verhält-nismäßig sein und in einem gerechten Verhältnis zum Verschulden des [X.] stehen müsse ([X.] - Kammer - NJW 1993, 3254, 3255; 1995, 1277 f.; NStZ 2006, 680, 681 = [X.], 251 m. Anm. [X.]; vgl. auch [X.] - Kammer - NJW 1992, 2472, 2473 für das Ordnungswidrigkeitenverfahren). So, wie der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz allgemein dazu anhalte, in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen, ob die eingesetzten Mittel der Strafverfolgung und der Bestrafung unter Berücksichtigung der davon ausgehenden Grundrechts-beschränkungen für den Betroffenen noch in einem angemessenen Verhältnis zu dem dadurch erreichbaren Rechtsgüterschutz stehen, verpflichte er im Falle eines mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht in Einklang stehenden ü[X.]langen [X.] zur Prüfung, ob und mit welchen Mitteln der Staat gegen den Betroffe-nen (noch) strafrechtlich vorgehen kann ([X.] - Kammer - NJW 2003, 2225; 2003, 2897; [X.]K 2, 239, 247; vgl. [X.] - Kammer - NJW 2005, 3485 zum weiteren Vollzug der Untersuchungshaft). Solange es an einer gesetzlichen Regelung fehle, seien die verfassungs-rechtlich gebotenen Konsequenzen zunächst in Anwendung des Straf- und Strafverfahrensrechts zu ziehen. Komme eine angemessene Reaktion auf sol-che [X.] mit vorhandenen prozessualen Mitteln (§§ 153, 153 a, 154, 154 a StPO) nicht in Frage, so sei eine sachgerechte, [X.] Berücksichtigung im Rechtsfolgenausspruch, in den gesetzlich vorgesehe-nen Fällen möglicherweise durch Absehen von Strafe oder Verwarnung mit Strafvorbehalt, jenseits davon bei der Strafzumessung wie auch gegebenenfalls bei der Strafaussetzung zur Bewährung und bei der Frage der Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung regelmäßig verfassungsrechtlich [X.], a[X.] auch ausreichend ([X.] - [X.] - NJW 1984, 967). Die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung müsse sich bei der [X.] auswirken, wenn sie nicht im Extrem[X.]eich zum Vorliegen eines 25 - 14 - unmittelbar aus dem [X.] herzuleitenden [X.] führe. Dabei liege es schon im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] und des-sen Auslegung durch den [X.] nahe, erscheine a[X.] auch mit Blick auf die Bedeutung der vom [X.] des Grundgesetzes geforderten Verfah-rensbeschleunigung angezeigt, dass die Fachgerichte der Strafgerichtsbarkeit, wenn sie die gebotenen Folgen aus einer Verfahrensverzögerung ziehen, dabei die Verletzung des [X.]eunigungsgebots ausdrücklich feststellen und das Ausmaß der Berücksichtigung dieses Umstands näher bestimmen ([X.] - [X.] - NJW 1984, 967; [X.] - Kammer - 1993, 3254, 3255; 1995, 1277 f.; 2003, 2225 f.; 2003, 2897; [X.]K 2, 239, 247 f.). Diese Rechtsprechung hat das [X.] dahin [X.], dass es nicht genüge, die Verletzung des [X.]eunigungsgebots als ei-genständigen Strafmilderungsgrund festzustellen und zu [X.]ücksichtigen. [X.] sei das Ausmaß der vorgenommenen Herabsetzung der Strafe durch Vergleich mit der ohne Berücksichtigung der Verzögerung angemessenen Stra-fe exakt zu bestimmen ([X.] - Kammer - NStZ 1997, 591). 26 c) An diese Rechtsprechung des [X.] und des [X.]verfassungsge-richts anknüpfend haben die Strafsenate des [X.] ihre ursprüng-liche Spruchpraxis geändert: Ist ein Strafverfahren unter Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] und rechtsstaatliche Grundsätze durch die [X.] verzögert worden, so hat der Tatrichter nach der neueren Recht-sprechung zunächst stets Art und Ausmaß der Verzögerung sowie ihre Ursache konkret festzustellen und - falls dies zum Ausgleich der vom Beschuldigten erlit-tenen Belastungen nicht ausreichend ist und andere rechtliche Folgen ([X.] oder wegen eines Verfahrenshinder-nisses) nicht in Betracht kommen - in einem zweiten Schritt das Maß der [X.] durch Vergleich der an sich [X.] mit der tatsächlich verhängten 27 - 15 - Strafe ausdrücklich und konkret zu bestimmen (s. etwa [X.]R StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 7, 12; [X.] NJW 1999, 1198, 1199; NStZ-RR 2000, 343; [X.], 377; 2002, 598; wistra 1997, 347; 2001, 177; 2002, 420; StraFo 2003, 247). Dies gilt bei der Bildung einer Gesamtstrafe (§ 54 Abs. 1 StGB) nicht nur für diese, sondern auch für alle zugrunde liegenden [X.]n, so-weit das Verfahren hinsichtlich der entsprechenden Taten verzögert worden ist (vgl. [X.] NStZ 2002, 589). Der Tatrichter hat somit in den Urteilsgründen für jede Einzeltat zwei Strafen auszuweisen, was sich aus Gründen der Klarheit auch für die Gesamtstrafe empfiehlt (vgl. [X.] NStZ 2003, 601). In die Urteils-formel ist allein die reduzierte Strafe aufzunehmen. In welchem Umfang sich dabei der Konventionsverstoß auf das Verfahrensergebnis auswirken muss, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, namentlich auch nach dem - durch die Belastungen des verzögerten Verfahrens geminderten - Maß der Schuld des Angeklagten (vgl. [X.]St 46, 159, 174; s. auch [X.] NStZ 1996, 506; 1997, 543, 544; [X.], 598). 3. An dieser Rechtsprechung wird nicht festgehalten. 28 a) Der [X.] hat im Hinblick auf die Gesetzesbindung der Gerichte (Art. 20 Abs. 3 GG) stets - ausdrücklich oder jedenfalls der Sache nach - daran festgehalten, dass die Kompensation für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung mit den Mitteln vorzunehmen ist, die das Straf- oder Strafverfahrensrecht dem Rechtsanwender zur Verfügung stellen. So kommt beispielsweise die Verfahrenseinstellung nach §§ 153, 153 a StPO nur in [X.], wenn sich der Angeklagte keines Verbrechens schuldig gemacht hat (vgl. [X.]St 24, 239, 242). Ebenso ist ein Ausgleich für die [X.] durch Strafreduzierung, Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59 StGB) oder Absehen von Strafe (§ 60 StGB) nur in den Grenzen zulässig, die das [X.] insoweit jeweils setzt (s. [X.]St 27, 274 zu § 59 StGB). Von der [X.] - 16 - setzlich vorgeschriebenen Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe kann aus [X.] nicht abgesehen werden ([X.] NJW 2006, 1529, 1535; ob hiervon in extremen Fällen Ausnahmen denkbar sind, ist dort offen gelassen worden). All dies begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. [X.] - [X.] - NJW 1984, 967; [X.] - Kammer - 1993, 3254, 3256; 2003, 2897, 2899; NStZ 2006, 680, 681). In Fällen, in denen eine Kompensation nur durch eine Unterschreitung der gesetzlichen Mindeststrafen möglich wäre, gerät die bisher von der Recht-sprechung angewandte Strafabschlagslösung jedoch an ihre Grenzen und läuft Gefahr, das Rechtsfolgensystem des StGB in Frage zu stellen. Dieser Konflikt zwischen Straf- und Strafprozessrecht auf der einen und verfassungs- sowie konventionsrechtlichen Vorgaben auf der anderen Seite muss in einer Weise aufgelöst werden, welche die Bindung der Gerichte an die einfachgesetzlichen Bestimmungen des Strafgesetzbuchs und der Strafprozessordnung so weit wie möglich respektiert. Im Bereich der Strafzumessung bedeutet dies, dass die gesetzliche Untergrenze der angedrohten Strafe nur dann unterschritten wer-den darf, wenn keine andere Möglichkeit zur Verfügung steht, das vom Ange-klagten erlittene Verfahrensunrecht in einer nach den Maßstäben des [X.] und der [X.] hinreichenden Weise auszugleichen. 30 Diese Möglichkeit ist mit dem [X.] jedoch vorhanden, das seine rechtlichen Grundlagen in den Bestimmungen der [X.] und deren Entschädigungsprinzip findet sowie den Rechtsgedanken des § 51 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 StGB fruchtbar macht (s. unten). Indem es die [X.] für die von staatlichen Stellen verursachten [X.] in einem gesonderten Schritt nach der eigentlichen Strafzumessung vornimmt, respektiert es im Ausgangspunkt die im Gesetz vorgegebenen Mindeststrafen, die nach der Bewertung des Gesetzge[X.]s auch im denkbar mildesten Fall 31 - 17 - noch einen angemessenen Schuldausgleich gewährleisten (vgl. [X.] [X.], 277, 278). Gleichzeitig eröffnet es die Möglichkeit, die gebotene Entschä-digung des Angeklagten für das von ihm erlittene Verfahrensunrecht dennoch zu leisten. Dies gilt selbst im Falle einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Sollte hier ausnahmsweise eine Kompensation einmal geboten sein (vgl. [X.] NJW 2006, 1529, 1535), so könnte sie durch Anrechnung auf die [X.] im Sinne des § 57a Abs. 1 Nr. 1 StGB vorgenommen werden. Die Vollstre-ckungslösung erübrigt damit von vornherein Ü[X.]legungen, ob für besondere Ausnahmefälle ein Unterschreiten der gesetzlichen Mindeststrafe oder gar ein Absehen von der gesetzlich vorgeschriebenen lebenslangen Freiheitsstrafe (vgl. [X.] [X.], 598; NJW 2006, 1529, 1535) in Betracht gezogen werden muss, sei es in der Form eines —Härteausgleichsfi (s. für den Fall der nicht - mehr - möglichen [X.]bildung [X.]St 31, 102, 104 m. Anm. [X.] NStZ 1983, 260; vgl. auch [X.]St 36, 270, 275 f.), sei es durch eine Strafrah-menverschiebung in analoger Anwendung des § 49 Abs. 1 oder 2 StGB (s. [X.] ZIS 2006, 168, 178 f.; [X.], 408, 412; [X.], 539 f.), wie dies der [X.] in Ausnahmefällen für zulässig erachtet hat, wenn die Verhängung der von § 211 StGB vorgeschriebenen lebenslangen Freiheitsstrafe aus anderen Gründen mit dem Ü[X.]maßverbot in Wi[X.]treit gerät (vgl. [X.]St 30, 105). b) Die bisher praktizierte Strafabschlagslösung ist a[X.] auch deshalb durch das [X.] zu ersetzen, weil dieses sich inhaltlich in vollem Umfang an den Kriterien ausrichtet, die nach der Rechtsprechung des [X.] zu Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Art. 13, 34 [X.] für den Ausgleich rechtsstaatswidriger [X.] maßgeblich sind. 32 aa) Die [X.] ist durch das Zustimmungsgesetz (Art. 59 Abs. 2 GG) vom 7. August 1952 ([X.]; [X.]. 953) unmittelbar geltendes nationales Recht 33 - 18 - im Range eines einfachen [X.]gesetzes geworden (vgl. etwa [X.]E 74, 358, 370; 111, 307, 323 f.; [X.]St 45, 321, 329; 46, 178, 186). Ihre Gewährleis-tungen sind daher durch die [X.] Gerichte wie anderes Gesetzesrecht des [X.] im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden ([X.]E 111, 307, 323). Hierbei ist auch das Verständnis zu [X.], das sie in der Rechtsprechung des [X.] gefunden haben. Auf dieser Grundlage ist das nationale Recht unabhängig von dem [X.]punkt seines Inkrafttretens nach Möglichkeit im Einklang mit der [X.] zu interpretieren (vgl. [X.]E 74, 358, 370; 111, 307, 324). Nach welchen Kriterien, in welcher Weise und in welchem Umfang eine Verletzung des Anspruchs auf zügige Verfahrenserledigung aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu kompensieren ist, um dem Betroffenen seine Opferstellung im Sinne des Art. 34 [X.] zu nehmen und damit den jeweiligen Vertragsstaat vor einer Verurteilung zu bewahren, ist in der [X.] nicht geregelt und daher vom [X.] den nationalen Fachgerichten nach Maßgabe der jeweiligen Rechtsord-nung zur Entscheidung ü[X.]lassen worden (vgl. [X.] [X.], 371, 382 m. Anm. [X.]; NJW 2001, 2694, 2700, [X.]. 159; [X.] in Festschrift [X.], 338; [X.]/[X.] StraFo 2005, 358, 361). Jedoch hat die Rechtsprechung des [X.] hierzu konkretisierende Maßstäbe entwickelt; ihr lassen sich auch deutliche Hinweise dazu entnehmen, welche Formen der Kompensation im Einzelfall eine hinreichende Wiedergutmachung des [X.] bewirken können. 34 Nach dem Konzept der [X.] - in der Auslegung des [X.] - dient die Kompensation für eine konventionswidrige Verfahrensverzögerung allein dem Ausgleich eines durch die Verletzung eines Menschenrechts entstandenen ob-jektiven Verfahrensunrechts ([X.] 2005, 283, 295; [X.] ZIS 2006, 168, 178; [X.], 408, 412; vgl. [X.] wistra 2004, 166, 168; [X.], 35 - 19 - 254 f.). Sie ist Wiedergutmachung und soll eine Verurteilung des jeweiligen [X.] wegen der Verletzung des Rechts aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] verhindern ([X.] ZIS 2006, 168, 178; s. auch [X.] NStZ 1988, 552). Auf diese Wiedergutmachung hat der Betroffene gemäß Art. 13 [X.] Anspruch, wenn die Konventionsverletzung nicht präventiv hat verhindert werden können (vgl. [X.] NJW 2001, 2694, 2698 ff., insbes. [X.]. 159; [X.] 2005, 403 ff.; [X.] wistra 2004, 166, 171; [X.], 254; Meyer-Ladewig [X.] 2. Aufl. Art. 13 [X.]. 10, 22). Ist sie geleistet, so entfällt die [X.] des [X.] im Sinne des Art. 34 [X.] (vgl. [X.] [X.], 474, 477 f., [X.]. 83). Das Gewicht der Tat und das Maß der Schuld sind dabei als solche weder für die Frage relevant, ob das Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert worden ist (zu den maßgeblichen Kriterien in der Rechtsprechung des [X.] s. [X.] StV 2001, 529, 530 f. m. Nachw.; [X.] 2005, 283, 289 ff.), noch spielen diese Umstände für Art und Umfang der zu gewährenden Kompensation eine Rolle ([X.] 2005, 283, 294 f.; [X.] ZIS 2006, 168, 178; [X.], 408, 412; vgl. auch [X.] [X.], 277, 283). Diese ist vielmehr allein an der Intensität der Beeinträchtigung des subjektiven Rechts des Betroffenen aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] auszurichten. Durch die Kompensation wird danach eine Art Staatshaftungsanspruch erfüllt, der dem von einem ü[X.]langen Straf-verfahren betroffenen Angeklagten in gleicher Weise erwachsen kann wie der Partei eines vom Gericht schleppend geführten Zivilprozesses oder einem Bür-ger, der an einem verzögerten [X.] beteiligt ist. Dieser [X.] entsteht auch dann, wenn der Angeklagte freigesprochen wird. Ein un-mittelbarer Bezug zu dem vom Angeklagten schuldhaft verwirklichten Unrecht oder sonstigen Strafzumessungskriterien besteht daher nicht. Die Kompensation durch Gewährung eines bezifferten Abschlags auf die an sich verwirkte Strafe knüpft somit nach den Maßstäben der [X.] im [X.] an ein eher sachfernes Bewertungskriterium an, mag sie auch im 36 - 20 - Großteil der Fälle dazu führen, dass der gebotene Ausgleich geschaffen wird und damit die Opferstellung des Angeklagten entfällt. Demgegenü[X.] koppelt das [X.] den Ausgleich für das erlittene Verfahrensunrecht von vornherein von Fragen des Unrechts, der Schuld und der Strafhöhe ab. Damit entspricht es nicht nur den Vorgaben der [X.], sondern es vermeidet gleichzeitig die Komplikationen, die sich für die Strafabschlagslösung aus der Bindung des Gerichts an die gesetzlich vorgegebenen Strafuntergrenzen erge-ben (s. oben a). bb) Die [X.] genügt auch den inhaltlichen und formellen Anforderungen, die die Art. 13, 34 [X.] an eine hinreichende Kompensation stellen. 37 Nach der Rechtsprechung des [X.] verlangt ein angemessener Aus-gleich zumindest die ausdrückliche oder jedenfalls sinngemäße Anerkennung des Konventionsverstoßes. Diese kann je nach den Umständen als [X.] hinreichen; denn der [X.] hat in etlichen Fällen, in denen erst er selbst den Verstoß eines Mitgliedstaats gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] ausdrücklich festgestellt hat, diese Feststellung als Ausgleich genügen lassen und dem Be-troffenen keine Geldentschädigung nach Art. 41 [X.] für immaterielle Einbußen zugesprochen (vgl. [X.] NJW 1984, 2749, 2751 - [X.]; 2001, 213, 214 - [X.]; [X.], 475, 477 m. Anm. [X.] - Strafver-fahren). Dies legt es nahe, dass aus der Sicht des [X.] insoweit - das heißt ohne Berücksichtigung etwaiger materieller Schäden - die Opferstellung des Betroffenen [X.]eits durch die nationalen Gerichte aufgehoben worden wäre, wenn sie die entsprechende Feststellung selbst getroffen hätten. 38 - 21 - Der [X.] hat weiterhin deutlich gemacht, dass die "innerstaatlichen Behörden" durch eine eindeutige und messbare Minderung der Strafe ange-messene Wiedergutmachung leisten können (s. - je m. w. Nachw. - [X.] [X.], 474, 479 m. Anm. [X.]; Urteil vom 26. Okto[X.] 2006 - Nr. 65655/01, [X.]. 24, juris). Dies gelte auch, soweit eine Verletzung des Art. 5 Abs. 3 [X.] auszugleichen sei; jedoch müsse dieser Verstoß gesondert aner-kannt werden und zu einer selbständigen messbaren Strafmilderung führen (vgl. [X.] [X.], 474, 478 m. Anm. [X.]). 39 Zu Weiterem verhält sich der [X.] nicht näher. Nach den in seinen Entscheidungen entwickelten Maßstäben sind a[X.] auch die in der [X.] Rechtsprechung neben der Strafreduktion in Betracht gezogenen Konsequen-zen (Annahme eines [X.], Strafaussetzung zur Bewährung, Absehen von Maßregeln der Besserung und Sicherung, völlige oder teilweise Verfahrenseinstellung nach strafprozessualen Opportunitätsgrundsätzen) je nach den Umständen erkennbar als hinreichende Wiedergutmachung tauglich. Notwendig ist lediglich der ausdrückliche Hinweis, dass die jeweilige Maßnah-me des materiellen oder prozessualen Rechts gerade zur Kompensation des Verstoßes gegen das [X.]eunigungsgebot getroffen worden ist (vgl. zu § 154 StPO: [X.] [X.], 371, 382). 40 Nicht ausgeschlossen ist nach den Vorgaben des [X.] auch eine Wie-dergutmachung durch Zahlung einer Geldentschädigung (s. dazu etwa [X.] [X.], 392, 383; [X.], Die ü[X.]lange Dauer von Strafverfahren S. 267 ff.; [X.] [X.] 1994, 138, 142 f.; [X.] 2006, 403, 407 ff.). Die Rechtsordnungen anderer Vertragsstaaten der [X.] enthalten hierzu ausdrück-liche Regelungen (etwa [X.]: s. näher [X.], 487, 494; [X.]: s. näher [X.] in Festschrift [X.], 628; [X.]: s. [X.] 2006, 2003, 2006). Mit den einschlägigen Vorschriften des [X.] 41 - 22 - Rechts hat der [X.] sich [X.]eits mit Blick auf Art. 13 [X.] befasst. Er hat [X.] eine derartige Form der Wiedergutmachung nicht generell für unzureichend erachtet. Er hat es vielmehr nur nicht für hinreichend belegt angesehen, dass die Bestimmungen nach ihrer inhaltlichen Ausgestaltung und ihrer konkreten Handhabung in dem zu beurteilenden Fall ein wirksames innerstaatliches Rechtsmittel im Sinne des Art. 13 [X.] zur Erlangung einer angemessenen Entschädigung darstellen (Entscheidung vom 26. März 2002, Nr. 48215/99, [X.]. 20; s. [X.] aaO). Das [X.] Recht enthält demgegenü[X.] keine Regelun-gen, die es den Strafgerichten ermöglichten, eine Geldentschädigung zuzuer-kennen. Die Bestimmungen des [X.] können nicht entsprechend herangezo-gen werden; sie haben abschließenden Charakter. Eine entsprechende Anwen-dung des § 465 Abs. 2 StPO gäbe keinen ausreichenden Entscheidungsspiel-raum. Es wäre Sache des Gesetzge[X.]s, eine eindeutige rechtliche Grundlage zu schaffen. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass nach den genannten Kriterien auch das Modell, einen angemessenen Teil der Strafe als vollstreckt anzurechnen, den Anforderungen an eine ausreichende Entschädigung gerecht wird. Es zieht neben dem Entschädigungsprinzip der [X.] auch den Rechtsgedanken des § 51 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 StGB heran; denn ähnlich wie bei der [X.] handelt es sich bei den Belastungen, denen der Angeklagte durch die rechtsstaatswidrige Verzögerung des Verfahrens ausgesetzt ist, in erster Linie um immaterielle Nachteile, die allein in der Durchführung des Verfahrens wurzeln. Dies rechtfertigt es, diese Nachteile ähnlich wie die Auswirkungen der Untersuchungshaft durch Anrechnung auf die Strafe auszugleichen (vgl. [X.] 2006, 204, 206; s. auch [X.] in [X.]. § 46 [X.]. 244; zu § 60 StGB: Jeschek/Weigend, StGB [X.] Aufl. S. 863; dazu auch [X.], Die ü-[X.]lange Dauer von Strafverfahren, S. 224 ff.). Die Kompensation ist jedoch auch nach dem [X.] [X.]eits im Erkenntnisverfahren [X.] - 23 - nehmen. Sie kann nicht den Strafvollstreckungsbehörden ü[X.]lassen werden; denn da die Entschädigung nicht durch schematische Anrechnung der [X.] Verzögerungsdauer auf die Strafe vorzunehmen, sondern aufgrund einer wertenden Betrachtung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu [X.] ist (s. unten [X.] 1.), muss sie dem Tatrichter vorbehalten bleiben, dem schon die Feststellung dieser Umstände obliegt (vgl. § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB). 4. Neben all dem sprechen weitere gewichtige Gründe für einen Ü[X.]-gang vom Strafabschlags- auf das [X.]. 43 a) Da die im Wege der Anrechnung vorgenommene Kompensation einen an dem Entschädigungsgedanken orientierten eigenen rechtlichen Weg neben der Strafzumessung im engeren Sinn darstellt, behält die nach den Maßstäben des § 46 StGB zugemessene und im [X.] auszusprechende Strafe die Funktion, die ihr in anderen strafrechtlichen Bestimmungen, a[X.] auch in au-ßerstrafrechtlichen Regelungen zugewiesen ist. So bleibt - wie nach der gesetz-lichen Konzeption des StGB vorgesehen - die dem Unrecht und der Schuld an-gemessene und nicht eine aus Entschädigungsgründen reduzierte Strafe maß-geblich etwa für die Fragen, ob und gegebenenfalls unter welchen Vorausset-zungen die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann (§ 56 Abs. 1 bis 3 StGB), ob die formellen Voraussetzungen für die Verhängung der Sicherungs-verwahrung (§ 66 Abs. 1 bis 3 StGB), deren Vorbehalt (§ 66 a Abs. 1 StGB) oder deren nachträgliche Anordnung (§ 66 b StGB) erfüllt sind, ob der Verlust der Amtsfähigkeit, der Wählbarkeit und des Stimmrechts eintritt (§ 45 StGB), ob Führungsaufsicht angeordnet werden kann (§ 68 Abs. 1 StGB), ob Verwarnung mit Strafvorbehalt in Betracht kommt (§ 59 Abs. 1 StGB) oder ob von Strafe ab-gesehen werden kann (§ 60 StGB) und wann Vollstreckungsverjährung eintritt (§ 79 StGB). Darü[X.] hinaus behält sie die Bedeutung, die ihr in beamtenrecht-lichen (§ 24 BRRG; für [X.] s. § 24 DRiG) und ausländerrechtlichen (§§ 53, 44 - 24 - 54 AufenthG) [X.] beigelegt wird, sowie auch für die Tilgungsfris-ten nach dem BZRG (s. etwa § 46 BZRG) oder die [X.] in das Gewerbezentralregister (§ 149 Abs. 2 Nr. 4 [X.]). Hierdurch wird der ü[X.]langen Verfahrensdauer andererseits jedoch nicht ihre Bedeutung als Strafzumessungsgrund genommen. Sie bleibt als sol-cher zunächst bedeutsam deswegen, weil allein schon durch einen beson[X.] langen [X.]raum, der zwischen der Tat und dem Urteil liegt, das Strafbedürfnis allgemein abnimmt. Sie behält - unbeschadet der insoweit zutreffenden dogma-tischen Einordnung (zum Meinungsstreit s. [X.], 487, 490 [X.]. 27) - ihre Relevanz a[X.] gerade auch wegen der konkreten Belastungen, die für den Angeklagten mit dem gegen ihn geführten Verfahren verbunden sind und die sich generell um so stärker mildernd auswirken, je mehr [X.] zwischen dem [X.]punkt, in dem er von den gegen ihn laufenden Ermittlungen erfährt, und dem [X.] verstreicht; diese sind bei der [X.] davon zu [X.]ücksichtigen, ob die Verfahrensdauer durch eine rechtsstaats-widrige Verzögerung mitbedingt ist (vgl. [X.] NJW 1999, 1198; NStZ 1988, 552; 1992, 229, 230; NStZ-RR 1998, 108). Lediglich der hiermit zwar faktisch eng verschränkte, rechtlich jedoch gesondert zu bewertende und zu entschädi-gende Gesichtspunkt, dass eine ü[X.]lange Verfahrensdauer (teilweise) auf ei-nem konventions- und rechtsstaatswidrigen Verhalten der [X.] [X.]uht, wird aus dem Vorgang der Strafzumessung, dem er wesens-fremd ist, herausgelöst und durch die bezifferte Anrechnung auf die im Sinne des § 46 StGB angemessene Strafe gesondert ausgeglichen. 45 b) Durch den Ü[X.]gang zur [X.] wird die Strafenbildung von der Notwendigkeit befreit, einen einzelnen Zumessungsaspekt in mathema-tisierender Weise durch bezifferten Strafabschlag - gegebenenfalls gesondert für [X.]n und Gesamtstrafe - auszuweisen. Gerade diese rechnerische 46 - 25 - Vorgehensweise ist zu Recht kritisiert worden [X.], Praxis der Strafzumes-sung 3. Aufl. [X.]. 443; [X.]. in Festschrift [X.], 357 f.; s. auch Gae-de [X.], 254, 256). Selbst in Entscheidungen des [X.] ist sie als Fremdkörper in der Strafzumessung ([X.] NStZ-RR 2006, 201, 202) sowie systemwidrig ([X.] NStZ 2005, 465, 466) bezeichnet und es ist für wün-schenswert erachtet worden, diese - ansonsten als rechtlich verfehlt erachtete ([X.] NStZ-RR 1999, 101, 102; 2000, 43; 2006, 270, 271; NStZ 2007, 28) - Mathematisierung der Strafenfindung zu ü[X.]denken ([X.], [X.]. v. 23. Juni 2006 - 1 ARs 5/04; [X.] wistra 2004, 470). Zwar kann die durch Anrechung vorgenommene Kompensation den Rechtsfolgenausspruch - schon wegen der entsprechenden Vorgaben des [X.] und des [X.] - nicht von jeder Mathematisierung freihalten. Jedoch verlagert sie durch ihre Anlehnung an § 51 StGB die Beziffe-rung der Entschädigung zumindest in einen Bereich, der schon nach der ge-setzlichen Konzeption derartigen Berechnungen offen steht und in diesem Rahmen auch eine zahlenmäßige Bewertung [X.] erlittener Nachteile kennt (vgl. § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB). Die eigentliche Strafzumessung wird demgegenü[X.] nicht mehr mit ihr wesensfremden Anforderungen belastet. Dies ist insbesondere auch deswegen bedeutsam, weil es nach der neueren Rechtsprechung des [X.] ([X.], 474, 478 m. Anm. [X.]) notwendig werden kann, künftig den durch eine rechtsstaatswidrige [X.] bewirkten Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 [X.] neben demjenigen gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] gesondert zu kompensieren; dies würde nach dem Strafabschlagsmodell in letzter Konsequenz dazu führen, dass die Strafzumes-sung mit zwei Rechenwerken befrachtet werden müßte, im Falle einer Gesamt-strafenbildung auch noch gesondert für jede [X.] und - unter Vermei-dung einer Doppelkompensation - für die Gesamtstrafe. 47 - 26 - Demgegenü[X.] knüpft das [X.] die Kompensation aus-schließlich an die - für die Vollstreckung allein relevante - Gesamtstrafe an und vereinfacht hierdurch die Rechtsfolgenentscheidung erheblich. 48 5. Die Kompensation durch Anrechnung steht nicht in Wi[X.]pruch zu verfassungsrechtlichen Vorgaben. Allerdings findet sich auch in [X.] des [X.] die Aussage, dass die Belastungen, denen der Angeklagte durch eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung ausge-setzt ist, den aus der Verwirklichung des Straftatbestandes abzuleitenden Un-rechtsgehalt abmilderten, der dem Angeklagten als Tatschuld angelastet werde, und daher —grundsätzlichfi als Strafmilderungsgrund bei der Strafzumessung zu [X.]ücksichtigen seien (s. insb. [X.] - Kammer - NStZ 2006, 680, 681; vgl. auch [X.]K 2, 239, 247). Dem kann jedoch nicht entnommen werden, dass die nach der Rechtsprechung des [X.] gebotene Entschädigung des Ange-klagten nach den Vorgaben des Grundgesetzes ausschließlich in der Form [X.] - zusätzlichen - bezifferten Strafmilderung zulässig wäre (vgl. dagegen [X.] Roxin StV 2008, 14, 16). Anliegen des [X.] ist es nicht, eine bestimmte dogmatische Sichtweise des einfachgesetzlichen Rechts ü[X.] die unrechts- und schuldmildernde Wirkung rechtsstaatswidrig verursach-ter Verfahrenshärten als verfassungsrechtlich allein zulässige festzuschreiben. Ebensowenig will es ersichtlich ein bestimmtes Modell der konventionsrechtlich geforderten Kompensation zum verfassungsrechtlich allein statthaften erklären. Vielmehr geht es dem [X.], wie sich seinen einschlägi-gen Entscheidungen deutlich entnehmen lässt, allein um die Beachtung des in der [X.] verankerten Ü[X.]maßverbots. In welcher Form die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs durch die Fachgerichte in Anwendung des Straf- oder Strafpro-zessrechts gewährleistet wird, ist demgegenü[X.] in der [X.] nicht vor-gegeben. An[X.] wäre es auch kaum erklärbar, dass das [X.]verfassungs-49 - 27 - gericht eine kompensierende Berücksichtigung einer rechtsstaatswidrigen [X.]verzögerung auch bei der Entscheidung ü[X.] die Strafaussetzung zur Bewährung oder die Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung für möglich erachtet. Wird dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei Durch-setzung des staatlichen Strafanspruchs in der Weise Rechnung getragen, dass die Belastungen, denen der Angeklagte durch das ü[X.]lange Verfahren ausge-setzt war, zunächst allgemein mildernd in die Strafzumessung einfließen und sodann der besondere Aspekt, dass sie (teilweise) auf rechtsstaatswidrige [X.] seitens der Strafverfolgungsbehörden zurückzuführen sind, im Ur-teil dadurch Berücksichtigung findet, dass als Entschädigung hierfür ein Teil der Strafe als [X.]eits vollstreckt gilt, so ist damit in gleicher Weise dem verfas-sungsrechtlichen Ü[X.]maßverbot Genüge getan wie durch die bezifferte Redu-zierung der Strafe. 6. Die [X.] kann nicht nur - sachgerechte - gesetzliche Folgen haben, die sich im Vergleich zur Strafabschlagslösung zum Nachteil des Angeklagten auswirken (s. 4. a), sondern auch solche, die ihm zum Vorteil ge-reichen; denn durch die Anrechnung werden bei der Strafzeit[X.]echnung die [X.] und der Zwei-Drittel-[X.]punkt regelmäßig schneller erreicht, so dass es früher als bisher möglich ist, einen Strafrest zur Bewährung auszusetzen (§ 57 Abs. 1, 2 und 4 StGB). Auch dies ist eine systemgerechte Konsequenz des neuen Modells. 50 Wird die Freiheitsstrafe, die zur Wiedergutmachung teilweise als voll-streckt erklärt wird, von vornherein zur Bewährung ausgesetzt, so ergeben sich keine grundsätzlichen Unterschiede zur bisherigen Rechtslage. Nach beiden Kompensationsmodellen wird die Entschädigung faktisch erst dann wirksam, wenn die Strafe nach einem Bewährungswiderruf vollstreckt werden muss. [X.] ist es nicht ausgeschlossen, die rechtsstaatswidrige [X.] - 28 - gerung neben der Anrechnung auf die Strafe aktuell wirksam auch dadurch auszugleichen, dass im Bewährungsbeschluss ausdrücklich auf Auflagen im Sinne des § 56b Abs. 2 Nr. 2 bis 4 StGB verzichtet wird. Auch sonst ergeben sich durch die [X.] keine bedeut-samen Unterschiede: Kommt nur die Verhängung einer Geldstrafe in Betracht, so ist diese wegen der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung nicht mehr um einen bezifferten Abschlag zu ermäßigen, sondern die schuldangemessene Geldstrafe in der Urteilsformel auszusprechen und zugleich festzusetzen, dass ein bezifferter Teil der zugemessenen Tagessätze als [X.]eits vollstreckt gilt. In Fällen, in denen das gebotene Maß der Kompensation die schuldangemessene (Einzel-)Strafe erreicht oder ü[X.]steigt, ist - wie bisher - die Anwendung der §§ 59, 60 StGB oder die (teilweise) Einstellung des Verfahrens nach Opportuni-tätsgrundsätzen zu erwägen (§§ 153, 153a, 154, 154a StPO); gegebenenfalls ist zu prüfen, ob ein aus der [X.] abzuleitendes Verfahrenshindernis der Fortsetzung des Verfahrens entgegensteht. 52 Die im Bereich des Jugendstrafrechts bestehenden besonderen [X.] werden durch das [X.] weder beseitigt noch verstärkt. Während sich bisher die Frage stellte, ob von der aus [X.] [X.] Strafe zur Kompensation einer rechtsstaatswidrigen Verfahrens-verzögerung ein bezifferter Abschlag vorgenommen werden darf (vgl. [X.]R [X.] Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 15), ist nunmehr danach zu fragen, ob es dem Erziehungsgedanken wi[X.]treitet, einen Teil der Strafe als Entschädigung für vollstreckt zu erklären (s. § 52a [X.], ferner § 88 [X.] mit größerer Flexibilität für die [X.]). 53 - 29 - [X.] Die Strafgerichte haben die erforderliche Kompensation einer rechts-staatswidrigen Verfahrensverzögerung nach dem [X.] somit an folgenden Grundsätzen auszurichten: 54 1. Wie bisher sind zunächst Art und Ausmaß der Verzögerung sowie ihre Ursachen zu ermitteln und im Urteil konkret festzustellen. Diese Feststellung dient zunächst als Grundlage für die Strafzumessung. Der Tatrichter hat inso-fern in wertender Betrachtung zu entscheiden, ob und in welchem Umfang der zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil sowie die besonderen Belastungen, denen der Angeklagte wegen der ü[X.]langen Verfahrensdauer ausgesetzt war, bei der Straffestsetzung in den Grenzen des gesetzlich eröffneten Strafrahmens mildernd zu [X.]ücksichtigen sind. Die entsprechenden Erörterungen sind als bestimmende Zumessungsfaktoren in den Urteilsgründen kenntlich zu machen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO); einer Bezifferung des Maßes der Strafmilderung bedarf es nicht. 55 Hieran anschließend ist zu prüfen, ob vor diesem Hintergrund zur [X.] die ausdrückliche Feststellung der rechtsstaatswidrigen Verfahrens-verzögerung genügt; ist dies der Fall, so muss diese Feststellung in den [X.] klar hervortreten. [X.] sie dagegen als Entschädigung nicht aus, so hat das Gericht festzulegen, welcher bezifferte Teil der Strafe zur [X.] der Verzögerung als vollstreckt gilt. Allgemeine Kriterien für diese [X.] lassen sich nicht aufstellen; entscheidend sind stets die Umstände des Einzelfalls, wie der Umfang der staatlich zu verantwortenden Verzögerung, das Maß des Fehlverhaltens der [X.] sowie die Auswirkungen all dessen auf den Angeklagten. Jedoch muss es stets im Auge behalten werden, wenn die Verfahrensdauer als solche sowie die hiermit verbundenen Belastun-56 - 30 - gen des Angeklagten [X.]eits mildernd in die Strafbemessung eingeflossen sind und es daher in diesem Punkt der Rechtsfolgenbestimmung nur noch um einen Ausgleich für die rechtsstaatswidrige Verursachung dieser Umstände geht. Dies schließt es aus, etwa den Anrechnungsmaßstab des § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB heranzuziehen und das Maß der Anrechnung mit dem Umfang der Verzögerung gleichzusetzen; vielmehr wird sich die Anrechnung häufig auf einen eher gerin-gen Bruchteil der Strafe zu beschränken haben. In die Urteilsformel ist die nach den Kriterien des § 46 StGB zugemesse-ne Strafe aufzunehmen; gleichzeitig ist dort auszusprechen, welcher bezifferte Teil dieser Strafe als Entschädigung für die ü[X.]lange Verfahrensdauer als voll-streckt gilt. 57 2. Stehen mehrere Straftaten des Angeklagten zur Aburteilung an, so ist - wie bisher - zunächst zu prüfen, ob und in welchem Umfang das Verfahren bei der Verfolgung aller dieser Delikte rechtsstaatswidrig verzögert worden ist; ge-gebenenfalls sind insoweit differenzierte Feststellungen zu treffen und der [X.] zwischen Tatzeitpunkt und Urteil sowie die Belastungen des Angeklagten durch die Verfahrensdauer nur bei einigen der festzusetzenden [X.]n mildernd zu [X.]ücksichtigen. Allein auf die durch Zusammenfassung der Einzel-strafen gebildete und in der Urteilsformel ausgesprochene Gesamtstrafe ist die Anrechnung vorzunehmen, indem ein bezifferter Teil hiervon im Wege der Kompensation für vollstreckt erklärt wird; denn allein die Gesamtstrafe ist Grundlage der Vollstreckung. 58 Wird die Gesamtstrafe nachträglich aufgelöst, so hat das Gericht, das unter Einbeziehung der dieser zugrunde liegenden [X.]n eine neue Ge-samtstrafe zu bilden hat, auch festzusetzen, welcher bezifferte Teil dieser [X.] aus [X.] als vollstreckt anzurechnen ist. 59 - 31 - Hierdurch darf der, wie rechtskräftig festgestellt, von einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung betroffene Verurteilte nicht nachträglich schlechter ge-stellt werden (vgl. § 51 Abs. 2 StGB). Dies gilt entsprechend, wenn die Einzel-strafen des ursprünglichen Urteils in mehrere neu zu bildende [X.] einzubeziehen sind. Das zur Entscheidung [X.]ufene Gericht hat dann festzule-gen, in welchem Umfang die neu auszusprechenden [X.] anteilig als vollstreckt gelten. Dabei hat es sich daran zu orientieren, in welchem Umfang in die jeweilige neue Gesamtstrafe [X.]n einfließen, die ursprünglich nach einem rechtsstaatswidrig verzögerten Verfahren festgesetzt worden waren. In der Summe dürfen die für vollstreckt erklärten Teile der neuen [X.] nicht hinter der ursprünglich ausgesprochenen Anrechnung zurückbleiben. [X.] [X.] Basdorf [X.] Wahl [X.] [X.] Gerhardt Kolz [X.]

Meta

GSSt 1/07

17.01.2008

Bundesgerichtshof Großer Senat für Strafsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.01.2008, Az. GSSt 1/07 (REWIS RS 2008, 6084)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 6084

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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