Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.12.2016, Az. IV R 8/14

4. Senat | REWIS RS 2016, 1143

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Gewerbesteuerrechtliche Folgen der atypisch stillen Beteiligung am Handelsgewerbe einer Personengesellschaft


Leitsatz

1. Betreibt eine Personengesellschaft als Inhaber eines Handelsgewerbes, an dem sich ein anderer atypisch still beteiligt, ein gewerbliches Unternehmen i.S. des § 15 EStG, unterhält sowohl die atypisch stille Gesellschaft, der dieses Unternehmen für die Dauer ihres Bestehens zugeordnet wird, als auch die Personengesellschaft jeweils einen selbständigen Gewerbebetrieb.

2. Der Inhaber des Handelsgewerbes hat für jeden dieser Gewerbebetriebe jeweils eine eigenständige Gewerbesteuererklärung abzugeben.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 27. Juni 2012  7 K 3732/10 G wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

[X.].

1

[X.]egenstand des Unternehmens der Klägerin und [X.] (Klägerin), einer [X.]mbH & [X.]o. [X.], ist die [X.]nfertigung und Konstruktion von Maschinen aller [X.]rt. [X.]esellschafter waren ursprünglich die [X.] als Komplementärin ohne Einlage sowie die [X.]eschwister [X.], [X.] und [X.] als Kommanditisten.

2

1998 beteiligten sich zunächst M und später auch [X.], [X.] und [X.] als atypisch still [X.]eteiligte an der Klägerin. In den Folgejahren übertrugen zunächst [X.] und später auch M ihre [X.]eteiligungen auf [X.] und [X.]. Im Streitjahr 2002 verblieben danach nur [X.] und [X.] als Kommanditisten in der Klägerin und als atypisch still [X.]eteiligte in der [X.] atypisch Still. Zum 30. Juni 2007 kündigten auch sie ihre stillen [X.]eteiligungen, so dass die atypisch stille [X.]esellschaft endete.

3

Für das Streitjahr 2002 gab die Klägerin im Mai 2003 eine [X.]ewerbesteuererklärung ab.

4

Die [X.] für 1999 bis 2002, mit denen der [X.] wegen Verlustvorträgen jeweils auf 0 DM/€ festgesetzt wurde, sowie die Verlustfeststellungen standen gemäß § 164 [X.]bs. 1 der [X.]bgabenordnung ([X.]) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

5

Eine im Jahr 2004 für die Jahre 1999 bis 2002 durchgeführte [X.]etriebsprüfung endete mit einer Schlussbesprechung am ... Dezember 2004. Der Prüfer vertrat in seinem [X.]ericht die [X.]uffassung, dass durch die atypisch stillen [X.]eteiligungen nicht eine erweiterte [X.], sondern eine neue Personengesellschaft "[X.] und atypisch Still" entstanden sei. Es handle sich um eine doppelstöckige Personengesellschaft. Die "[X.] und atypisch Still" könne wegen fehlender Unternehmeridentität den in der Klägerin entstandenen [X.] nicht mit eigenen [X.]ewerbeerträgen verrechnen.

6

Der [X.]eklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --F[X.]--) schloss sich der [X.]uffassung des Prüfers an. [X.]egenüber der Klägerin hob das F[X.] unter der bisherigen Steuernummer bei dem [X.] 2002 lediglich den Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 [X.]bs. 3 [X.] auf, ohne die Festsetzung zu ändern. Darüber hinaus erließ es am ... Januar 2006 unter einer neuen Steuernummer (u.a.) einen [X.]escheid, mit dem es den [X.] 2002 auf ... € festsetzte und einen Verlustabzug unterließ. [X.]ei der neuen Steuernummer handelte es sich um eine Hilfssteuernummer, die eine ordnungsgemäße Zustellung der [X.] für die "[X.] und atypisch Still" ermöglichen sollte. Der [X.]escheid war gerichtet an die in der abgegebenen Erklärung als Empfangsbevollmächtigte angegebene Steuerberatungsgesellschaft als Empfangsbevollmächtigte für die [X.]; zudem heißt es, der [X.]escheid betreffe die [X.] als Inhaber des Handelsgewerbes mit einem oder mehreren still beteiligten [X.]esellschaftern. In den Erläuterungen des [X.]escheids ist ausgeführt, dass dieser [X.]escheid den unter der bisherigen Steuernummer ergangenen [X.]escheid ändere und der Festsetzung "die Ergebnisse der bei Ihnen durchgeführten [X.]ußenprüfung" zu [X.]runde lägen.

7

Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos. [X.]ufgrund der sodann erhobenen Klage hob das [X.] ([X.]) mit (rechtskräftigem) Urteil vom 22. [X.]pril 2009 u.a. den unter der neuen Steuernummer ergangenen [X.] für 2002 vom ... Januar 2006 auf. Zur [X.]egründung führte das [X.] aus, der [X.]escheid sei wegen inhaltlicher Unbestimmtheit nichtig, da nicht bestimmt werden könne, ob er sich an die [X.] oder aber an eine neue "[X.] und atypisch Still" als [X.] richte. Selbst wenn man aber zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass [X.] eine "[X.] und atypisch Still" sei, wäre der [X.]escheid aufzuheben, da diese Personengesellschaft nicht entstanden sei. Vielmehr bestehe wegen der Einheitlichkeit des [X.]ewerbebetriebs Unternehmeridentität zwischen der [X.] einerseits und der [X.] unter Einbeziehung der atypisch still [X.]eteiligten andererseits.

8

In der Folge erließ das F[X.] am ... Dezember 2009 --wiederum unter der neuen [X.] einen neuen [X.] für 2002, mit dem es den [X.] bei unveränderter [X.]erechnung und erneut ohne Verlustabzug auf ... € festsetzte. [X.]ls [X.]en gab das F[X.] an:

"... [X.]mbH & [X.]o. [X.] als Inhaber des Handelsgewerbes mit einem oder mehreren still beteiligten [X.]esellschaftern als objektiv steuerpflichtig mit der Summe der Mitunternehmer der atypisch stillen [X.]esellschaft in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit. Mitunternehmer sind die ... [X.]mbH & [X.]o. [X.] sowie die atypisch still [X.]eteiligten M, [X.] und [X.]."

9

Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.

Das [X.] gab der daraufhin erhobenen Klage mit Urteil vom 27. Juni 2012  7 K 3732/10 [X.] statt. Zur [X.]egründung führte es im Wesentlichen aus: Der angegriffene [X.] sei zwar nicht nichtig, insbesondere könne durch [X.]uslegung ermittelt werden, dass er an die Klägerin als Inhaberin des Handelsgewerbes der "[X.] und atypisch Still" als [X.]in gerichtet sei. Der [X.]escheid sei aber rechtswidrig, da seinem Erlass der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegengestanden habe. Entgegen der [X.]uffassung des F[X.] seien im Streitfall nicht zwei Steuererklärungen für die Klägerin und die "[X.] und atypisch Still" abzugeben, sondern nur eine einzige für den gesamten [X.]ewerbebetrieb der Klägerin, da durch die [X.]eteiligung der Kommanditisten als atypisch stille [X.]esellschafter kein weiterer [X.]ewerbebetrieb entstanden sei. Da die Klägerin ihre Steuererklärung bereits im Mai 2003 abgegeben und auch die Schlussbesprechung im Rahmen der [X.]ußenprüfung bereits im Dezember 2004 stattgefunden habe, sei spätestens mit [X.]blauf des Jahres 2008 Festsetzungsverjährung eingetreten, so dass der angegriffene [X.]escheid im Dezember 2009 in [X.] ergangen sei.

Mit seiner Revision rügt das F[X.] eine Verletzung von § 14a Satz 2 i.V.m. § 5 [X.]bs. 1 Sätze 1 und 3, § 2 [X.]bs. 1 Sätze 1 und 2 des [X.]ewerbesteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung ([X.]ewSt[X.]).

Es beantragt,
das angegriffene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

[X.].

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Im Ergebnis zu Recht ist das [X.] in dem angegriffenen Urteil davon ausgegangen, dass der streitige [X.] aufzuheben ist, weil seinem Erlass der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegensteht.

I. Im Ergebnis zu Recht hat das [X.] die Klage als von der [X.] als Inhaberin des Handelsgewerbes der [X.] & Still erhoben angesehen. Zwar hat es übersehen, dass die atypisch stille Gesellschaft bei Klageerhebung bereits beendet war; dies steht der Zulässigkeit der Klage jedoch nicht entgegen.

1. [X.]egründet der Inhaber eines Handelsgewerbes an seinem gesamten [X.]etrieb eine stille Gesellschaft und ist die [X.] als Mitunternehmerschaft anzusehen, weil der stille Gesellschafter [X.] entfalten kann und [X.] trägt, entsteht eine atypisch stille Gesellschaft als eigenständige Mitunternehmerschaft. Deren Mitunternehmer sind der Inhaber des Handelsgewerbes und der oder [X.] sich mehrere am gesamten Handelsgewerbe des Inhabers atypisch still beteiligen-- die (atypisch) still [X.]eteiligten. Für die Dauer des [X.]estehens der atypisch stillen Gesellschaft wird das Unternehmen des Inhabers des Handelsgewerbes ertragsteuerlich dieser Mitunternehmerschaft zugeordnet. Die Entstehung einer atypisch stillen Gesellschaft ist ertragsteuerlich also insoweit wie eine Einbringung des [X.]etriebs des Inhabers des Handelsgewerbes in die [X.] (UmwStG) zu würdigen. Handelt es sich beim Inhaber des Handelsgewerbes, an dem sich ein anderer atypisch still beteiligt, um eine Personengesellschaft, entsteht durch die Errichtung der stillen Gesellschaft daher eine doppelstöckige Personengesellschaftsstruktur mit der Personengesellschaft als Obergesellschaft und der atypisch stillen Gesellschaft als Untergesellschaft (Urteil des [X.] --[X.]FH-- vom 24. April 2014 IV R 34/10, [X.], 253).

a) Zwischen den [X.]eteiligten ist zu Recht nicht streitig, dass im Streitjahr 2002 A und [X.] an der [X.] atypisch still beteiligt waren, so dass eine atypisch stille Gesellschaft bestand. Insoweit sieht der Senat von weiteren Ausführungen ab.

b) Da es sich bei der [X.] um eine Personengesellschaft handelt, entstand durch die Errichtung der atypisch stillen Gesellschaft eine doppelstöckige Personengesellschaftsstruktur mit der [X.] als Obergesellschaft und der [X.] & Still als Untergesellschaft. An Letzterer waren als Mitunternehmer einerseits die [X.] und andererseits A und [X.] beteiligt.

2. Im Streitfall geht es um die Rechtmäßigkeit eines [X.]s für den Gewerbeertrag des [X.]etriebs, der für die Dauer ihres [X.]estehens der [X.] & Still zugeordnet war. Ein solcher [X.]escheid ist nicht an die atypisch stille Gesellschaft, sondern an den Inhaber des Handelsgewerbes in seiner Funktion als Inhaber des Handelsgewerbes der atypisch stillen Gesellschaft zu richten und kann dementsprechend mit Erfolg auch nur von diesem mit Rechtsmitteln angegriffen werden.

a) Auch wenn durch die atypisch stille [X.]eteiligung am Handelsgewerbe eines anderen eine atypisch stille Gesellschaft als eigenständige Mitunternehmerschaft entsteht, ist diese Gesellschaft nicht Schuldnerin der Gewerbesteuer. § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist für eine atypisch stille Gesellschaft als [X.] ohne Gesamthandsvermögen, das Gegenstand einer Zwangsvollstreckung sein kann, nicht anwendbar mit der Folge, dass nur der nach außen tätige Unternehmer (§ 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG) --also der Inhaber des [X.] der persönlichen Gewerbesteuerpflicht unterliegt (ständige Rechtsprechung, z.[X.]. [X.]FH-Urteile vom 12. November 1985 VIII R 364/83, [X.]FHE 145, 408, [X.]St[X.]l II 1986, 311, unter [X.]; vom 22. Januar 2009 IV R 90/05, [X.]FHE 224, 364, unter [X.]; vom 5. Februar 2014 [X.], [X.]FHE 244, 516, [X.]St[X.]l II 2016, 567, Rz 18). Dem steht nicht entgegen, dass der [X.]etrieb des Inhabers des Handelsgewerbes ertragsteuerlich für die Dauer des [X.]estehens der atypisch stillen Gesellschaft zugeordnet und sein [X.]etriebsvermögen dadurch als mitunternehmerisches Vermögen angesehen wird. Denn diese steuerliche Zuordnung ändert nichts daran, dass die atypisch stille Gesellschaft zivilrechtlich über kein eigenes Gesellschaftsvermögen verfügt, in das vollstreckt werden könnte. Vielmehr gibt es zivilrechtlich lediglich das ([X.]etriebs-)Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes, das dieser während des [X.]estehens der atypisch stillen Gesellschaft im eigenen Namen, aber für Rechnung der Mitunternehmerschaft verwaltet (vgl. [X.]FH-Urteil vom 18. Juni 2015 IV R 5/12, [X.]FHE 250, 121, [X.]St[X.]l II 2015, 935, Rz 31).

b) Ist danach der Inhaber des Handelsgewerbes als der nach außen tätige Unternehmer Schuldner der Gewerbesteuer, sind [X.] für den Gewerbeertrag der atypisch stillen Gesellschaft an ihn als Inhaber des Handelsgewerbes der atypisch stillen Gesellschaft zu adressieren. Dementsprechend kann auch nur der Inhaber des Handelsgewerbes --in seiner Funktion als Inhaber des Handelsgewerbes der atypisch stillen Gesellschaft-- mit Aussicht auf Erfolg Klage gegen einen entsprechenden [X.]escheid erheben (vgl. [X.]FH-[X.]eschluss vom 20. Dezember 2012 IV [X.] 141/11).

c) [X.]ezogen auf den Streitfall konnte danach allein die [X.] als Inhaberin des Handelsgewerbes der (ehemaligen) [X.] & Still mit Aussicht auf Erfolg gegen den streitbefangenen [X.] 2002 vom ... Dezember 2009 Klage erheben.

3. Der Zulässigkeit der Klage steht nach Ansicht des Senats auch nicht entgegen, dass die atypisch stille Gesellschaft infolge des 2007 erfolgten Ausscheidens der atypisch still [X.]e-teiligten A und [X.] bei Klageerhebung nicht mehr bestand. Vielmehr blieb weiterhin die [X.] als Inhaberin des Handelsgewerbes der (jetzt: ehemaligen) [X.] & Still Schuldnerin der Gewerbesteuer für die sachlich gewerbesteuerpflichtigen Ge-sellschafter der (ehemaligen) atypisch stillen Gesellschaft.

II. Im Ergebnis zu Recht ist das [X.] davon ausgegangen, dass der angegriffene [X.] aufzuheben war, da seinem Erlass der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegenstand. Anders als das [X.] meint, folgt dies aber nicht bereits daraus, dass es nur einen Gewerbebetrieb gab und folglich auch nur eine Gewerbesteuererklärung abzugeben war, die bereits 2003 abgegeben wurde. Insoweit hat das [X.] übersehen, dass die zwei eigenständigen Mitunternehmerschaften --die [X.] einerseits und die [X.] & Still andererseits-- jeweils einen eigenen Gewerbebetrieb hatten, so dass auch zwei eigenständige Gewerbesteuererklärungen abzugeben sind (dazu [X.].II.1.). Im Ergebnis zu Recht ist das [X.] allerdings davon ausgegangen, dass für den der [X.] & Still zuzurechnenden Gewerbebetrieb bereits im Mai 2003 eine Gewerbesteuererklärung abgegeben wurde, so dass dem Erlass des angegriffenen [X.]s, der diesen [X.]etrieb betrifft, der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegenstand (dazu [X.].II.2.).

1. Wie bereits ausgeführt, ist die Entstehung einer atypisch stillen [X.] wie eine Einbringung des [X.]etriebs des Inhabers des Handelsgewerbes in die [X.] zu würdigen, soweit der [X.]etrieb des Inhabers des Handelsgewerbes ertragsteuerlich der atypisch stillen Gesellschaft zugeordnet wird. Handelt es sich beim Inhaber des Handelsgewerbes, an dem sich ein anderer atypisch still beteiligt, um eine Personengesellschaft, entsteht durch die Errichtung der stillen Gesellschaft jedoch eine doppelstöckige Struktur mit der Personengesellschaft als Obergesellschaft und der atypisch stillen Gesellschaft als Untergesellschaft ([X.]FH-Urteil in [X.], 253). Da die Tätigkeit von Personengesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG auch gewerbesteuerlich als Gewerbebetrieb anzusehen ist, liegen in dieser Situation auch zwei (unterschiedliche) Gewerbebetriebe vor.

a) [X.]etreibt der Inhaber des Handelsgewerbes --wie im Streitfall die [X.] ein gewerbliches Unternehmen i.S. des § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und wird für die Dauer des [X.]estehens der atypisch stillen Gesellschaft dieses Unternehmen der atypisch stillen Gesellschaft zugeordnet, so ist die atypisch stille Gesellschaft gewerblich tätig und unterhält nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 EStG auch [X.] einen Gewerbebetrieb, der nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegt. Die [X.] & Still unterhielt danach im Streitjahr 2002 einen Gewerbebetrieb, für den nach § 14a Satz 1 GewStG eine Gewerbesteuererklärung abzugeben war.

b) Gilt der Gewerbebetrieb des Inhabers des Handelsgewerbes für die Dauer des [X.]estehens der atypisch stillen Gesellschaft als deren [X.]etrieb, so erzielen die an der atypisch stillen Gesellschaft mitunternehmerisch [X.]eteiligten ihrerseits gewerbliche Einkünfte nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG. Ist als Mitunternehmer, wie im Streitfall die Klägerin, eine Personengesellschaft beteiligt, gilt dann auch deren Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 EStG in vollem Umfang als Gewerbebetrieb. Auch sie unterhält damit einen Gewerbebetrieb i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG, der nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegt und für den nach § 14a Satz 1 GewStG eine Gewerbesteuererklärung abzugeben ist. Es liegen damit zwei selbständige Gewerbebetriebe vor, für die jeweils eine Gewerbesteuererklärung abzugeben ist. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem [X.]FH-Urteil vom 11. Oktober 2012 IV R 38/09 ([X.]FHE 240, 90, [X.]St[X.]l II 2013, 958). In jener Entscheidung ging es um die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang die dortige Klägerin, eine [X.], die sich am Handelsgewerbe einer GmbH atypisch still beteiligt hatte, nach der Verschmelzung der GmbH auf sie den in der atypisch stillen Gesellschaft entstandenen Verlustvortrag nutzen konnte. Insoweit stellte sich im Rahmen des § 10a GewStG die Frage der Unternehmensidentität des von der Klägerin nach der Verschmelzung (fort-)geführten [X.]etriebs mit dem [X.]etrieb, den die GmbH als Inhaberin des Handelsgewerbes bis zu ihrer Verschmelzung für Rechnung der atypisch stillen Gesellschaft geführt hat. Ebenso wenig betraf das [X.]FH-Urteil vom 23. April 2009 IV R 73/06 ([X.]FHE 225, 343, [X.]St[X.]l II 2010, 40) die hier streitige Frage, für wie viele Gewerbebetriebe eine Gewerbesteuererklärung abzugeben ist, wenn sich am gesamten Handelsgewerbe einer Personengesellschaft Einzelne atypisch still beteiligen. Sollte dieses Urteil gleichwohl dahin zu verstehen sein, dass es in einem solchen Fall nur einen Gewerbebetrieb --den des Inhabers des [X.] gibt, hält der Senat daran jedenfalls nicht mehr fest.

Die Klägerin hatte danach für das Streitjahr 2002 als Steuerschuldnerin zwei Gewerbesteuererklärungen abzugeben – zum einen für den [X.]etrieb, der der [X.] & Still für die Dauer ihres [X.]estehens als eigener Gewerbebetrieb zugerechnet wurde, und zudem für den [X.]etrieb, den sie selbst als Obergesellschaft der doppelstöckigen Personengesellschaft für die Dauer des [X.]estehens der atypisch stillen (Unter-)Gesellschaft unterhielt.

2. Im Ergebnis zu Recht ist das [X.] allerdings davon ausgegangen, dass dem Erlass des streitigen [X.]s Festsetzungsverjährung entgegenstand.

a) Mit dem angegriffenen [X.]escheid hat das [X.] den Gewerbesteuer-Messbetrag für den Gewerbebetrieb festgesetzt, der für die Dauer ihres [X.]estehens der [X.] & Still zugerechnet wurde. Im Ergebnis zu Recht ist das [X.] davon ausgegangen, dass die Klägerin für diesen [X.]etrieb bereits im Mai 2003 eine Gewerbesteuererklärung abgegeben hat.

Zwischen den [X.]eteiligten ist nicht streitig, dass die Klägerin für das Streitjahr 2002 nur eine Gewerbesteuererklärung abgegeben hat und dass sie --ausgehend von ihrem Ansatz, demzufolge trotz der atypisch stillen [X.]eteiligungen nur ein einziger Gewerbebetrieb existiert-- mit dieser Erklärung die erforderlichen Angaben für die Festsetzung des [X.] für den unter der [X.]eteiligung der stillen Gesellschafter geführten Gewerbebetrieb machen wollte und auch gemacht hat.

b) Hat danach die Klägerin als Erklärungspflichtige für den der [X.] & Still zuzurechnenden [X.]etrieb die Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr 2002 bereits im Mai 2003 abgegeben, begann die vierjährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. [X.]) für den Erlass des diesen [X.]etrieb betreffenden [X.]s nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alternative 1 AO mit Ablauf des Jahres 2003 und endete --selbst bei Annahme einer Ablaufhemmung aufgrund der durchgeführten [X.] nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO spätestens mit Ablauf des Jahres 2008, da die Schlussbesprechung im Rahmen der Außenprüfung im Dezember 2004 erfolgte. Der streitige [X.] vom ... Dezember 2009 erging daher in festsetzungsverjährter Zeit.

III. [X.] folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

IV R 8/14

08.12.2016

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 27. Juni 2012, Az: 7 K 3732/10 G, Urteil

§ 2 Abs 1 S 1 GewStG 2002, § 2 Abs 1 S 2 GewStG 2002, § 5 Abs 1 S 1 GewStG 2002, § 5 Abs 1 S 3 GewStG 2002, § 14a S 1 GewStG 2002, § 15 Abs 1 EStG 2002, § 15 Abs 2 EStG 2002, § 15 Abs 3 EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.12.2016, Az. IV R 8/14 (REWIS RS 2016, 1143)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1143

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV R 34/10 (Bundesfinanzhof)

Nutzung des gewerbesteuerlichen Verlustvortrags bei Beteiligung eines Kommanditisten als atypisch stiller Gesellschafter der KG - …


IV R 41/07 (Bundesfinanzhof)

Keine Gewerbesteuerfreiheit des Veräußerungsgewinns einer GmbH & Co. KG bei Übergang von der gewerblichen auf …


IV R 25/21 (Bundesfinanzhof)

Bindung des Bescheids über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes an den Gewerbesteuermessbescheid


IV R 30/18 (Bundesfinanzhof)

Keine Hinzurechnung von Schuldzinsen aus Erwerb einer mitunternehmerischen Beteiligung an Finanzdienstleistungsinstitut


IV R 38/15 (Bundesfinanzhof)

Eigenes Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes während des Bestehens einer atypisch stillen Gesellschaft - Auslegung …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.