Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.02.2010, Az. 30 W (pat) 95/09

30. Senat | REWIS RS 2010, 9249

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - "MALASEB (IR-Marke)" - Antrag auf Schutzentziehung wegen Verfalls - keine Pflicht zur ständigen Bestellung eines Inlandsvertreters


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 155

(hier: [X.] 402/08)

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 18. Februar 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende, des Richters [X.] und der Richterin Hartlieb

beschlossen:

Auf die Beschwerde der [X.] wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.] vom 1. Juli 2009, mit der der [X.] 155 der Schutz für die [X.] entzogen wurde, aufgehoben.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

1

[X.] für

2

„Veterinary preparations, ie. [X.]

3

international registrierten Marke

4

MALASEB

5

ist der Schutz für die [X.] bewilligt worden.

6

Gegen die Eintragung der Marke hat die Antragstellerin beim [X.] Antrag auf [X.] wegen Verfalls nach §§ 115, 49, 53 [X.] gestellt.

7

[X.] des [X.]es hat die Mitteilung vom 26. August 2008 - mit welcher sie die [X.] über den Antrag unterrichtet und zur Mitteilung innerhalb von zwei Monaten aufgefordert hat, ob sie der [X.] widerspreche - an die [X.] mittels Zustellung durch Aufgabe zur Post übersandt. Ausweislich der [X.] und eines Vermerks des Dokumentenversands des [X.]es wurde das Schriftstück am 1. September 2008 zum Zweck der Zustellung zur Post gegeben. Nachdem die [X.] dem Antrag nicht widersprochen hat, hat die Markenabteilung mit Beschluss vom 1. Juli 2009 die [X.] verfügt.

8

Die [X.] hat hiergegen Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, sie habe die Unterrichtung zum Antrag auf [X.] nie erhalten und habe erstmals durch die Zustellung des Beschlusses über die [X.] Kenntnis vom Verfahren erhalten. Die Voraussetzungen für eine Zustellung gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 [X.] ins Ausland hätten nicht vorgelegen, da die Notwendigkeit zur Bestellung eines Inlandsvertreters nicht erkennbar gewesen sei. Jedenfalls die Zustellung des verfahrenseinleitenden Antrags habe nicht in dieser Form erfolgen dürfen. Die Bestellung eines Inlandsvertreters sei zu diesem Zeitpunkt nicht notwendig gewesen. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr ergebe sich aus der fehlerhaften Sachbehandlung durch die Markenabteilung.

9

Die [X.] beantragt,

den Beschluss der Markenabteilung 3.4 vom 1. Juli 2009 aufzuheben sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.

Darüber hinaus widerspricht sie dem [X.]santrag.

Die Antragstellerin hat um Überprüfung gebeten, ob die Zustellung mittels Aufgabe zur Post vom 1. September 2008 der einzige Zustellungsversuch an die [X.] gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der [X.] ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg, da die markenregisterrechtlichen Voraussetzungen für eine [X.] der angegriffenen Marke wegen Verfalls gemäß §§ 115, 107, 49, 53 Abs. 3 [X.] nicht vorliegen.

Nach § 53 Abs. 3 [X.] wird eine Eintragung aufgrund eines Antrages auf Löschung wegen Verfalls (§ 49 [X.]) gelöscht, wenn der Inhaber der Marke nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Mitteilung des Patentamtes gemäß § 53 Abs. 2 [X.] der Löschung widerspricht.

Einen solchen Widerspruch hat die [X.] nunmehr mit der Beschwerdeschrift vom 31. Juli 2009 eingereicht. Es fehlte aber bereits an der wirksamen Zustellung der Mitteilung des Patentamts über den Löschungsantrag an die [X.], so dass eine Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt worden ist.

[X.] durch Aufgabe zur Post am 1. September 2008 war nicht von § 94 Abs. 1 Nr. 1 [X.] (a. F. v. 21.6.2006 gültig bis [X.]) gedeckt. Nach dieser Vorschrift kann an Empfänger, die sich im Ausland aufhalten und die keinen Inlandsvertreter (§ 96 [X.]) bestellt haben, auch durch Aufgabe zur Post zugestellt werden, soweit für den Empfänger die Notwendigkeit zur Bestellung eines Inlandsvertreters im Zeitpunkt der zu bewirkenden Zustellung erkennbar war. Diese Voraussetzung trifft auf die [X.] nicht zu.

Zwar kann nach § 96 Abs. 1 [X.] ein Markeninhaber, der im Inland weder einen Wohnsitz, Sitz noch eine Niederlassung hat, an einem in [X.] geregelten Verfahren vor dem Patentamt nur teilnehmen und die Rechte aus einer Marke geltend machen, wenn er im Inland einen Vertreter (Rechts- oder Patentanwalt) bestellt hat, der zur Vertretung im Verfahren vor dem Patentamt bevollmächtigt ist.

Von einer „Teilnahme“ am Verfahren im Sinne von § 96 Abs. 1 [X.] kann jedoch nur die Rede sein, wenn ein Rechtsverkehr mit dem [X.] stattfindet, der durch einen Inlandsvertreter erleichtert werden kann (vgl. [X.]/Hacker [X.], 9. Aufl. § 96 [X.]. 1, 7). Der bloße Besitz eines Markenrechts begründet jedoch noch kein Verfahren (mit dem [X.]), an dem der Markeninhaber i. S. v. § 96 Abs. 1 (ständig) teilnimmt. Insoweit bedarf der auswärtige Inhaber einer im Inland geschützten Marke nicht ständig eines Inlandsvertreters, an den mögliche Löschungs- oder [X.]santräge Dritter zugestellt werden könnten, zumal es sich dabei nach Abschluss des Markeneintragungsverfahrens um eher seltene Zustellungsfälle handelt (vgl. [X.], 476, 477 f. - Zustellungswesen; [X.]/Hacker a. a. O. § 96 [X.]. 9, 26).

Die Notwendigkeit einer Vertreterbestellung aufgrund des Eingangs des vorliegenden Antrags auf [X.] war für die Antragsgegnerin im Zeitpunkt der zu bewirkenden Zustellung nicht erkennbar. Weitere Zustellungsversuche sind nicht erfolgt.

Mangels wirksamer Zustellung konnte die Frist zur Einlegung des Widerspruches gegen den Antrag auf [X.] wegen Verfalls nicht in Lauf gesetzt werden, so dass die Voraussetzungen für eine [X.] entgegen der Feststellung der Markenabteilung vom 1. Juli 2009 nicht vorgelegen haben. Der Beschluss war deshalb aufzuheben, wobei der Senat eine weitere Zustellung für entbehrlich hält, nachdem die [X.] in der Beschwerdeschrift ihren Widerspruch gegen den Antrag erklärt hat, so dass gemäß § 53 Abs. 4 [X.] die Antragstellerin zu informieren und auf den Klageweg nach § 55 [X.] zu verweisen ist.

Die Entscheidung über die Rückzahlung der Beschwerdegebühr beruht auf § 71 Abs. 3 [X.]. Angesichts der fehlerhaften Sachbehandlung durch die Markenabteilung, die eine wirksame Zustellung nicht vorgenommen und damit ohne rechtliches Gehör der Antragsgegnerin eine Entscheidung zu ihren Lasten über den Bestand ihres inländischen Markenrechts getroffen hat, gegen die sich die Antragsgegnerin zur Wahrung ihrer Rechte nur im Wege der Beschwerde verteidigen konnte, entspricht es der Billigkeit, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.

Eine weitergehende Kostenentscheidung war nicht veranlasst (§ 71 Abs. 1 [X.]).

Meta

30 W (pat) 95/09

18.02.2010

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.02.2010, Az. 30 W (pat) 95/09 (REWIS RS 2010, 9249)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9249

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