Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.04.2022, Az. EnVR 36/21

Kartellsenat | REWIS RS 2022, 2253

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Gegenstand

Energiewirtschaftsrechtliche Verwaltungssache: Wirksamkeit einer Entscheidung der Bundesnetzagentur über die Freistellung einer Verbindungsleitung von der Regulierung durch Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vergleichsvertrags - OPAL-Gasfernleitung


Leitsatz

OPAL-Gasfernleitung

Die Bundesnetzagentur darf über die Freistellung einer Verbindungsleitung von der Regulierung (hier: OPAL-Gasfernleitung) nicht durch Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vergleichsvertrags gemäß § 55 VwVfG entscheiden. Die Rechtsvorschriften der § 29 Abs. 1, § 28a EnWG i.V.m. Art. 36 Abs. 6 bis 9 GasRL, §§ 54, 59 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EnWG stehen dem Abschluss eines solchen Vertrags gemäß § 54 Satz 1 Halbsatz 2 VwVfG nach ihrem Sinn und Zweck entgegen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des [X.] vom 26. Mai 2021 wird auf Kosten der Betroffenen zu 2 und 3 zurückgewiesen, die auch die notwendigen Auslagen der [X.] zu tragen haben.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.000.000 € festgesetzt.

Gründe

1

A. Die Betroffenen wenden sich gegen die von der [X.] angeordnete Untersagung der Versteigerung teilregulierter, [X.] sowie darauf beruhender Transporte und Nominierungen von Gaslieferungen auf der [X.] (nachfolgend: [X.]-Gasfernleitung).

2

Die [X.]-Gasfernleitung verläuft von [X.] bei [X.] bis zum Netzkopplungspunkt [X.] an der [X.]. Sie dient im Wesentlichen der Anbindung der Gasfernleitung Nord [X.]. Die Betroffene zu 3 ist eine der beiden Fernleitungsnetzbetreiberinnen der [X.] Gasfernleitung. Die Betroffene zu 2, deren Muttergesellschaft die Betroffene zu 1 ist, bucht für ihre Erdgaslieferungen in die [X.] und andere [X.] Länder [X.] der Gasfernleitungen Nord [X.] und [X.].

3

Mit Beschlüssen vom 25. Februar und 7. Juli 2009 (nachfolgend: Freistellung 2009) nahm die [X.] auf Antrag der Betroffenen zu 3 von ihr betriebene [X.]azitäten an der [X.]-Gasfernleitung von rund 32 Mio. kWh/h für die Gaseinspeisung in [X.] und die Ausspeisung in der [X.] für die Dauer von 22 Jahren ab der tatsächlichen Inbetriebnahme von der Anwendung der [X.] aus. Dabei durften Unternehmen mit einer marktbeherrschenden Stellung auf den relevanten [X.] Gasmärkten nicht mehr als 50 % der jährlichen Ausspeisekapazität der [X.]-Gasfernleitung buchen.

4

In den Folgejahren wurden erhebliche [X.]azitäten der [X.]-Gasfernleitung nicht genutzt. Die Betroffenen stellten daher 2013 einen Antrag, das Verfahren wiederaufzugreifen; es kam zu Verhandlungen zwischen den Parteien. Die [X.] lehnte den Antrag 2015 ab. Dagegen legten die Betroffenen Beschwerde ein. Im Mai 2016 schlossen sie mit der [X.] einen öffentlich-rechtlichen [X.], der zugunsten der Betroffenen Änderungen an der Freistellung 2009 vorsah (nachfolgend: [X.] Mai 2016). Der Vertrag stand unter dem Vorbehalt der Zustimmung der [X.] (nachfolgend: [X.]). Mit Beschluss vom 28. Oktober 2016 ([X.] [2016] 6950; nachfolgend: [X.]sentscheidung) genehmigte die [X.] die im [X.] Mai 2016 vereinbarte Anpassung der Freistellung 2009 vorbehaltlich der Umsetzung einiger Änderungen. Dem kamen die Vertragsparteien im November 2016 durch den Abschluss eines modifizierten öffentlich-rechtlichen [X.]s nach (nachfolgend: [X.]). Der [X.] hebt die [X.]azitätsbegrenzung der Freistellung 2009 auf und sieht vor, dass 50 % der [X.] (etwa 15,9 Millionen kWh/h) als getrennt buchbare, feste frei oder dynamisch zuordenbare Ein- und Ausspeisekapazitäten dem Netzzugang Dritter unterworfen werden, während sie von der Netzentgeltregulierung für die Geltungsdauer der Freistellung 2009 ausgenommen bleiben (teilregulierte [X.]). Die restlichen [X.] der Betroffenen zu 3 blieben zwar sowohl von der [X.] als auch von der Netzentgeltregulierung ausgenommen, durften jedoch weiterhin nur als beschränkt zuordenbare gekoppelte [X.]azitäten angeboten werden.

5

Auf die Klage der [X.] erklärte das Gericht der [X.] die [X.]sentscheidung 2019 für nichtig (Urteil vom 10. September 2019, [X.]/16, [X.], 70 ff.; bestätigt durch [X.], Urteil vom 15. Juli 2021, [X.]-848/19 P, [X.] 2021, 766 ff. - [X.]/[X.]). Daraufhin hat die [X.] mit Beschluss vom 13. September 2019 der Betroffenen zu 3 mit sofortiger Wirkung untersagt, auf Grundlage des [X.]s Versteigerungen teilregulierter entkoppelter Verbindungskapazitäten vorzunehmen sowie auf bereits durchgeführten Versteigerungen beruhende Transporte durchzuführen. Den Betroffenen zu 1 und 2 ist mit sofortiger Wirkung untersagt worden, auf Grundlage bereits gebuchter teilregulierter entkoppelter Verbindungskapazitäten entsprechende Nominierungen abzugeben. Auf die Beschwerde der Betroffenen hat das Beschwerdegericht den Beschluss der [X.] aufgehoben, soweit der Betroffenen zu 1 die Abgabe von Nominierungen untersagt worden ist. Im Übrigen hat es die Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Betroffenen zu 2 und 3 mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, der die [X.] entgegentritt.

6

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

7

I. Das Beschwerdegericht ([X.], [X.], 502 ff.) hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

8

Die Untersagung sei zu Recht erfolgt. Die Ankündigung der Betroffenen zu 3, am 16. September 2019 eine Versteigerung teilregulierter entkoppelter [X.]azitäten für den Monat Oktober 2019 durchführen zu wollen, stelle einen drohenden Verstoß gegen § 28a [X.] [X.]. Art. 36 Abs. 9 der Richtlinie 2009/73/[X.] und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/[X.] ([X.], nachfolgend: [X.]) dar. Aufgrund der Nichtigerklärung der [X.]sentscheidung sei die weitere Umsetzung und Vollziehung des [X.]s rechtswidrig. Dies folge zwar nicht daraus, dass der [X.] nach Art. 36 Abs. 9 [X.] der Genehmigung durch die [X.] unterliege. Die Durchsetzung des [X.]s verstoße aber auch ohne die Einordnung der [X.]sentscheidung als Genehmigung gegen § 28a [X.] [X.]. Art. 36 Abs. 9 [X.]. Es fehle nach der Nichtigerklärung der [X.]sentscheidung an einer die nationale Freistellungsentscheidung inhaltlich billigenden Entscheidung der [X.], die ein konstitutives Element für die Rechtmäßigkeit der Umsetzung bilde. Die [X.]sentscheidung und der [X.] seien dergestalt miteinander verbunden, dass dies ein Umsetzungshindernis für die Durchführung des [X.]s begründe. Solange das Verfahren der [X.] nicht abgeschlossen sei, sei auch die Freistellungsentscheidung nicht rechtmäßig durchführbar. Damit gelte wieder die Freistellung 2009, nach der eine Versteigerung teilregulierter [X.] unzulässig sei. Die [X.] habe das ihr nach § 65 [X.] eingeräumte Ermessen rechtmäßig ausgeübt. Da die weitere Durchführung des [X.]s unionsrechtswidrig sei, bleibe als einziges Mittel zur wirksamen Abstellung die Untersagung weiterer auf dem [X.] beruhender Versteigerungen, Gastransporte und Nominierungen. Es bestehe kein schutzwürdiges Vertrauen der Betroffenen zu 2 und 3, diese weiterhin durchzuführen.

9

II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Zu Recht hat das Beschwerdegericht den auf § 65 Abs. 1 [X.] gestützten Beschluss der [X.] für rechtmäßig erachtet. Nach dieser Vorschrift kann die [X.] Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen verpflichten, ein Verhalten abzustellen, das den Bestimmungen des [X.]es sowie den aufgrund dieses Gesetzes ergangenen Rechtsvorschriften entgegensteht. Diese Voraussetzungen liegen für die Untersagungsverfügungen vor. Auch Ermessensfehler lässt die Entscheidung der [X.] nicht erkennen.

1. Das Beschwerdegericht hat zutreffend angenommen, dass mit der Ankündigung der Betroffenen zu 3, am 16. September 2019 eine Versteigerung teilregulierter [X.] für den Monat Oktober 2019 durchzuführen, ein Verstoß gegen die [X.] des [X.]es sowie die aufgrund dieses Gesetzes ergangenen Rechtsvorschriften drohte. Eine solche Versteigerung hätte den sich aus §§ 20 ff. [X.] ergebenden Vorgaben widersprochen. Zwar können Verbindungsleitungen zwischen [X.] und anderen [X.] von der Anwendung dieser Vorschriften bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 28a Abs. 1 und 2 [X.] befristet ausgenommen werden. Eine solche Ausnahme ist in Bezug auf die angebotenen [X.] im [X.] auch vereinbart worden. Der [X.] ist aber unwirksam, so dass es insoweit an der erforderlichen Freistellungsentscheidung der [X.] fehlt. [X.] sind nach der bestandskräftigen Freistellung 2009 lediglich [X.] in Gestalt von beschränkt zuordenbaren gekoppelten [X.]azitäten unter Geltung einer [X.]azitätsbegrenzung.

a) Die [X.] darf über die Freistellung einer Gasfernleitung von der Regulierung gemäß § 28a [X.] nicht durch Abschluss eines öffentlich-rechtlichen [X.]s entscheiden. Die Rechtsvorschriften der § 29 Abs. 1, § 28a Abs. 3 [X.] [X.]. Art. 36 Abs. 6 bis 9 [X.], §§ 54, 59 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 [X.] stehen dem Abschluss eines öffentlich-rechtlichen [X.]s gemäß § 54 Satz 1 Halbsatz 2 [X.] nach ihrem Sinn und Zweck entgegen. Der [X.] ist daher nichtig nach §§ 54, 59 Abs. 1 [X.] [X.]. § 134 BGB (vgl. [X.], Urteil vom 5. April 2022 - [X.], z. Veröff. best., Rn. 32 mwN).

aa) Nach § 54 Satz 1 [X.] kann auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts ein Rechtsverhältnis durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Insbesondere kann die Behörde, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen [X.] mit demjenigen schließen, an den sie sonst den Verwaltungsakt richten würde (§ 54 Satz 2 [X.]). Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinn des § 54 Satz 2 [X.], durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird (Vergleich), kann geschlossen werden, wenn die Behörde den Abschluss des Vergleichs nach pflichtgemäßem Ermessen für zweckmäßig hält (§ 55 [X.]). Entgegenstehende Vorschriften im Sinn von § 54 Satz 1 [X.] sind dabei nicht nur solche, die ein ausdrückliches Vertragsformverbot aussprechen, sondern auch solche, aus deren Sinn und Zweck sich ein entsprechendes Verbot ableiten lässt ([X.], Urteil vom 5. April 2022 - [X.], z. Veröff. best., Rn. 35 mwN). Bei der Auslegung von Rechtsvorschriften, die als [X.] in Betracht kommen, muss allerdings beachtet werden, dass § 54 [X.] den Behörden bei der Ausübung ihrer öffentlich-rechtlichen Verwaltungstätigkeit den [X.] als [X.] zur Verfügung stellt, so dass [X.] als Ausnahme von diesem Grundsatz eng auszulegen sind ([X.], Urteil vom 21. September 2018 - 6 [X.] 8/17, [X.], 181 Rn. 68 mwN zu § 13 Abs. 5 und § 132 Abs. 1 Satz 2 aF [X.]; [X.] in [X.], [X.], 3. Aufl., § 132 Rn. 29).

bb) Nach diesen Grundsätzen stehen § 29 Abs. 1, § 28a [X.] [X.]. Art. 36 Abs. 6 bis 9 [X.], §§ 54, 59 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 [X.] - auch wenn diesen Vorschriften kein ausdrückliches Vertragsformverbot zu entnehmen ist - einer Befugnis der [X.] zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen [X.]s nach § 55 [X.] entgegen (§ 54 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]). Ein solcher Vertrag ist nicht nur rechtswidrig, sondern nach Sinn und Zweck dieser Vorschriften gemäß § 59 [X.] nichtig. Er ist von vornherein nicht geeignet, das mit Art. 36 Abs. 6 bis 9 [X.] verfolgte Ziel einer einheitlichen und zugleich restriktiven Anwendung der Vorschriften zur Erteilung einer Regulierungsfreistellung in den einzelnen Mitgliedstaaten der [X.] zu gewährleisten. Die Freistellung einer Gasfernleitung von der Regulierung darf nach Sinn und Zweck der genannten Regelungen nur erfolgen, wenn die dafür bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen nach Ansicht der für die Entscheidung zuständigen Beschlusskammer der [X.] und zudem nach Ansicht der [X.] (vollständig) erfüllt sind und dies in einer Genehmigungsentscheidung (§ 35 [X.]) mit der gemäß § 39 [X.], Art. 36 Abs. 6 Unterabs. 4, Abs. 8 [X.] erforderlichen Begründung niedergelegt wird (vgl. [X.], 181 Rn. 66, 69 mwN zu § 13 Abs. 5 und § 132 Abs. 1 Satz 2 aF [X.]).

(1) Gemäß § 28a Abs. 3, § 29 Abs. 1 [X.] entscheidet die [X.] auf Antrag des betroffenen [X.], ob die vom Antragsteller nachzuweisenden Voraussetzungen gemäß Absatz 1 und 2 der Vorschrift dafür vorliegen, Verbindungsleitungen zwischen [X.] und anderen [X.] befristet von der Regulierung auszunehmen, und trifft eine etwaige Freistellungsentscheidung durch Genehmigung. Die Prüfung und das Verfahren richten sich nach Art. 36 Abs. 6 bis 9 [X.] (§ 28a Abs. 3 Satz 2 [X.]). Die Entscheidung zur Gewährung einer Ausnahme ist ordnungsgemäß zu begründen und zu veröffentlichen (Art. 36 Abs. 6 Unterabs. 4 [X.]). Die [X.] teilt der [X.] gemäß Art. 36 Abs. 8 Satz 2 bis 4 [X.] ihre Entscheidung unverzüglich zusammen mit allen für die Entscheidung bedeutsamen Informationen mit. Diese müssen eine ausführliche Begründung, einschließlich finanzieller Informationen enthalten, die die Notwendigkeit der Ausnahme rechtfertigen. Die [X.] hat eine Freistellungsentscheidung nach Maßgabe einer endgültigen Entscheidung der [X.] innerhalb von einem Monat zu ändern oder aufzuheben (§ 28a Abs. 3 Satz 3 [X.], § 28a Abs. 3 Satz 4 [X.] aF, Art. 36 Abs. 9 Unterabs. 3 [X.]).

(2) Bei der im Hinblick auf das Vorliegen eines Vertragsformverbots gemäß § 54 Satz 1 Halbsatz 2 [X.] erforderlichen Auslegung von § 29 Abs. 1, § 28a [X.] [X.]. Art. 36 Abs. 6 bis 9 [X.] ist das sich aus der [X.] und dem [X.] ergebende allgemeine regulatorische Ziel zu berücksichtigen, einen für alle Beteiligten gleichermaßen geltenden Regelungsrahmen zu schaffen. Der Regulierungsrahmen dient dem Ziel der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten [X.] und damit den sich aus Art. 194 Abs. 1 A[X.] ergebenden Zielen der Energiepolitik der [X.], insbesondere der Sicherstellung des Funktionierens des Energiemarkts und der Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit im Geiste der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten (vgl. [X.], [X.] 2021, 766 Rn. 37 ff. - [X.]/[X.]; [X.] 35 [X.]. [X.] 21 bis 23 [X.], § 1 Abs. 2 [X.]). Die Freistellung einer Gasfernleitung von der Regulierung begründet stets eine besondere Gefahr für und einen besonderen Begründungsbedarf im Hinblick auf diese Ziele. Art. 36 Abs. 6 bis 9 [X.] sollen daher eine einheitliche und zugleich restriktive Anwendung der Vorschriften zur Erteilung einer Regulierungsfreistellung in den einzelnen Mitgliedstaaten gewährleisten (vgl. die Begründung des [X.] in Art. 22 der Richtlinie 2003/55/[X.], [X.] [X.] 50 E vom 4. März 2003, [X.]; ferner [X.] in [X.]/[X.]/Hermes, [X.], 3. Aufl., § 28a Rn. 2; [X.]/Schülken in [X.]/[X.], Recht der Energie- und Wasserversorgung, § 28a [X.] Rn. 9 [Stand: Oktober 2021]). Die einheitliche und zugleich restriktive Anwendung wird durch den Verwaltungs- und Regulierungsverbund der nationalen [X.]n mit der [X.] (Art. 36 Abs. 6 Unterabs. 4, Abs. 8 Unterabs. 4 [X.]; vgl. auch [X.], [X.] 2006, 46, 65; allg. [X.]/[X.] in [X.]/[X.], Recht der Energiewirtschaft, 5. Aufl., § 21 Rn. 11 ff.; [X.] in [X.]/Salje/[X.], Regulierung in der Energiewirtschaft, 2. Aufl., [X.]. 32 Rn. 1 ff.) und zudem durch die besonderen Begründungs- und Transparenzanforderungen, die sich aus § 28a Abs. 3, Art. 36 Abs. 6 bis 9 [X.] ergeben, sichergestellt.

(3) Das vorgesehene Verfahren sichert die einheitliche und restriktive Anwendung der Vorschriften zur Erteilung einer Freistellung von der Regulierung zusätzlich ab. Die Freistellungsentscheidung ist von den [X.]n der Mitgliedstaaten - hier der [X.] (§ 54 [X.]) - zu treffen, deren Unabhängigkeit gemäß Art. 39 Abs. 4 und 5 [X.] zu gewährleisten ist ([X.], Urteil vom 2. September 2021 - [X.]-718/18, [X.], 534 Rn. 112 ff. - [X.]/[X.]). Zuständig ist eine Beschlusskammer, die mit einem oder einer Vorsitzenden und zwei Beisitzenden besetzt ist (§ 59 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 [X.]). Das Beschlusskammerverfahren ist justizähnlich ausgestaltet. Es soll im hierarchischen Verwaltungsaufbau eine unabhängige Entscheidung durch einen Ausschuss (§§ 88 ff. [X.]; vgl. auch [X.], Urteil vom 20. Oktober 2021 - 6 [X.] 8/20, juris Rn. 76) gewährleisten, dessen Mitglieder eine besondere Qualifikation aufweisen. Das Verfahren ist auf eine einseitig verbindliche Entscheidung ausgerichtet, bei der die Sachaufgabe in den Vordergrund tritt ([X.] in [X.], [X.], 3. Aufl., § 132 Rn. 21, 29 und vor § 132 Rn. 18; [X.] in [X.], [X.] Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 28a [X.] Rn. 26; Ohlenburg in [X.], Telekommunikations- und Multimediarecht, [X.] § 132 Rn. 4 f., 14 [Stand: 29. Dezember 2020]). Die nationale [X.] hat zudem einem Beschluss der [X.] zur Änderung oder zum Widerruf der nationalen Freistellungsentscheidung innerhalb eines Monats nachzukommen und die [X.] hiervon in Kenntnis zu setzen (Art. 36 Abs. 9 Unterabs. 1 Satz 1, Unterabs. 3 [X.], § 28a Abs. 3 Satz 3 [X.], § 28a Abs. 3 Satz 4 [X.] aF), wenn sie nicht - was ihr freisteht - auf ein Änderungsverlangen hin von einer Freistellung ganz absieht (vgl. Siegel in [X.], [X.], 2. Aufl., § 28a Rn. 12; [X.] in [X.], [X.] Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 28a [X.] Rn. 30).

(4) Die § 29 Abs. 1, § 28a [X.] [X.]. Art. 36 Abs. 6 bis 9 [X.], §§ 54, 59 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 [X.] sollen folglich sicherstellen, dass die [X.] (vollständig) erfüllt sind und dies in einer begründeten Genehmigungsentscheidung (§ 35 [X.]) niedergelegt wird. Demgegenüber setzt ein öffentlich-rechtlicher [X.] voraus, dass bestehende tatsächliche und rechtliche Unsicherheiten - hier im Hinblick auf das Vorliegen der [X.] - nicht geklärt, sondern durch gegenseitiges Nachgeben beigelegt werden. Ein Vergleich gewährleistet nicht, dass alle für die Freistellung erforderlichen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Das Ziel einer einheitlichen und restriktiven Anwendung der Freistellungsvorschriften wird nicht erreicht. So ergibt sich etwa aus der Präambel des [X.]s, dass die [X.] vor einer förmlichen Entscheidung über den Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens ergänzende Ermittlungen für notwendig hielt, die indes im Hinblick auf den Abschluss des [X.]s unterblieben sind. Ein öffentlich-rechtlicher [X.] kann angesichts der durch ihn vorausgesetzten Unsicherheiten zudem keine ausreichende Begründung für die Freistellung enthalten. Das kann zu einer Beeinträchtigung der Rechtsschutzmöglichkeiten Dritter führen, die sich - wie etwa vorliegend die [X.] und verschiedene Gasversorgungsunternehmen - gegen die Freistellungsentscheidung wenden wollen (siehe auch Art. 41 Abs. 16 [X.]). Obgleich es für die Frage des abstrakt und generell zu beurteilenden Vertragsformverbots (§ 54 Abs. 1 Halbsatz 2 [X.]) darauf hier nicht ankommt, hält es dementsprechend auch die [X.] ausweislich des von der Bundesnetz-agentur im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgelegten Schreibens vom 21. Oktober 2019 mittlerweile für zweifelhaft, ob ein öffentlich-rechtlicher [X.] eine hinreichend ausführliche Analyse der Folgen der Entscheidung erlaubt und ein ausreichendes Maß an Rechtssicherheit gewährleisten kann.

b) Eine gemäß § 28a [X.] wirksame Freistellungsentscheidung läge aber auch dann nicht vor, wenn der [X.] nicht gegen ein Vertragsformverbot verstieße. Die Ansicht der Rechtsbeschwerdeführerinnen, die Nichtigerklärung der [X.]sentscheidung habe zur Folge, dass die [X.] ihre Prüfung wiederaufnehmen müsse und der [X.] weiter durchgeführt werden dürfe, solange kein Widerrufs- oder Änderungsverlangen der [X.] ergangen und von der [X.] umgesetzt worden sei, greift nicht durch. Ist das Verfahren, wovon zu Recht auch die Rechtsbeschwerdeführerinnen ausgehen, in den Stand vor der [X.]sentscheidung zurückversetzt, fehlt es an der erforderlichen Mitwirkungshandlung der [X.] im Sinn von § 58 Abs. 2 [X.]. Der [X.] ist auch aus diesem Grund unwirksam.

aa) Die der [X.] nach § 28a Abs. 3 Satz 2 [X.] [X.]. Art. 36 Abs. 9 Unterabs. 1 [X.] obliegende Überprüfung einer nationalen Freistellungsentscheidung stellt - wäre die Handlungsform überhaupt zulässig - eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Mitwirkungshandlung im Sinn von § 58 Abs. 2 [X.] dar.

(1) Der Anwendungsbereich von § 58 Abs. 2 [X.] umfasst neben der Genehmigung, der Zustimmung und dem Einvernehmen sämtliche Mitwirkungsformen, die einer anderen Behörde eine Entscheidungsbefugnis einräumen, die die vertragsschließende Behörde in ihrer Willensbildung bindet (vgl. [X.]/[X.]/Siegel in [X.]/[X.]/Sachs, [X.], 9. Aufl., § 58 Rn. 25; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 58 Rn. 29; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 58 Rn. 37; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 58 Rn. 41 [Stand: Juli 2020]; [X.] in Knack/[X.], [X.], 11. Aufl., § 58 Rn. 32; [X.] in [X.] [X.], § 58 Rn. 15 [Stand: 1. Oktober 2021]). Dies folgt aus der auf die Sicherung der Kompetenzordnung zwischen verschiedenen [X.] und damit der Wahrung öffentlicher Interessen gerichteten Zielsetzung der Vorschrift des § 58 Abs. 2 [X.] (vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks. 7/910, [X.]; [X.]/[X.]/Siegel in [X.]/[X.]/Sachs, [X.], 9. Aufl., § 58 Rn. 22; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 58 Rn. 2; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 58 Rn. 3; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 58 Rn. 3 [Stand: Juli 2020]; [X.] in Knack/[X.], [X.], 11. Aufl., § 58 Rn. 3; [X.] in [X.] [X.], Überblick zu § 58 [Stand: 1. Oktober 2021]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 21. Aufl., § 58 Rn. 1).

(2) Bei dem Überprüfungsverfahren durch die [X.] handelt es sich entgegen der Ansicht der Betroffenen zu 3 um eine solche die [X.] bindende Mitwirkungshandlung. Die nationale [X.] hat - wie oben bereits ausgeführt - einem Beschluss der [X.] zur Änderung oder zum Widerruf der nationalen Freistellungsentscheidung innerhalb eines Monats nachzukommen und die [X.] hiervon in Kenntnis zu setzen (Art. 36 Abs. 9 Unterabs. 1 Satz 1, Unterabs. 3 [X.], § 28a Abs. 3 Satz 3 [X.], § 28a Abs. 3 Satz 4 [X.] aF). Die Vorschrift ist darauf gerichtet, die sofortige Umsetzung der Entscheidung der [X.] durch einseitiges Handeln der [X.] zu ermöglichen. Es handelt sich um eine gebundene Entscheidung, bei der der [X.] kein Ermessensspielraum zusteht; will sie die Entscheidung der [X.] nicht umsetzen, kann sie lediglich von einer Freistellung ganz absehen (vgl. Siegel in [X.], [X.], 2. Aufl., § 28a Rn. 12; [X.] in [X.], [X.] Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 28a [X.] Rn. 30). Der Einwand der Betroffenen zu 3, an einer Mitwirkungshandlung fehle es, weil das Überprüfungsverfahren der [X.] dem Erlass der Freistellungsentscheidung durch die nationale [X.] nachfolge, greift nicht durch, weil die Mitwirkungshandlung sowohl gemäß §§ 35, 45 Abs. 1 Nr. 5 [X.] als auch gemäß § 58 Abs. 2 [X.] nachgeholt werden kann. Dabei hängt es von der Mitwirkungshandlung selbst und den mit ihr in Zusammenhang stehenden Bestimmungen ab, ob sie (zudem) Rückwirkung entfaltet (vgl. etwa [X.]E 120, 54 [juris Rn. 21] zur Genehmigung; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 45 Rn. 119 ff.; [X.], ebenda § 58 Rn. 43).

bb) Die [X.] ist in den Fällen, in denen sie - wie hier gemäß § 28a Abs. 3 Satz 2 [X.] [X.]. Art. 36 Abs. 9 [X.] - in einem Verwaltungs- und Regulierungsverbund mit einer nationalen Behörde tätig wird, auch Behörde im Sinn von § 58 Abs. 2 [X.] (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.], 22. Aufl., § 58 Rn. 16a; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 58 Rn. 32; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 58 Rn. 41; [X.], [X.], 449, 454; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 58 Rn. 40 [Stand: Juli 2020]; [X.], NJW 1992, 1197, 1199 f.; aA wohl [X.] in [X.]/[X.]/Sachs, [X.], 9. Aufl., § 58 Rn. 40 [jeweils zum Unionsbeihilferecht]).

cc) An der erforderlichen bindenden Mitwirkungshandlung der [X.] gemäß § 28a Abs. 3 Satz 2 [X.] [X.]. Art. 36 Abs. 9 Unterabs. 1 [X.] fehlt es hier, weil das Gericht der [X.] die [X.]sentscheidung für nichtig erklärt hat. Diese Entscheidung war - wie das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat - gemäß Art. 83 der Verfahrensordnung des Gerichts der [X.] und Art. 60 der Satzung des Gerichtshofs der [X.] sofort wirksam. Sie ist im Laufe des [X.] durch den Gerichtshof der [X.] letztverbindlich bestätigt worden ([X.], [X.] 2021, 766 ff. - [X.]/[X.]). Die Nichtigerklärung der [X.]sentscheidung gemäß Art. 264 Abs. 1 A[X.] bewirkt, dass das Überprüfungsverfahren in die Lage zurückversetzt wird, in der es sich vor dem Erlass der [X.]sentscheidung befunden hat (vgl. [X.], Urteil 31. März 1971 - Rs. 22/70, Slg. 1971, 263 Rn. 59 - Rat/[X.]). Der [X.] wäre daher auch mangels der erforderlichen Mitwirkungshandlung der [X.] unwirksam, § 58 Abs. 2 [X.].

c) Danach hat das Beschwerdegericht zu Recht angenommen, dass weiterhin (nur) die bestandskräftige Freistellung 2009 gilt. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die [X.] verpflichtet ist oder gewesen wäre, das Überprüfungsverfahren nach Art. 36 Abs. 8 und 9 [X.] nach der Nichtigerklärung der [X.]sentscheidung (von sich aus) wiederaufzunehmen und fortzuführen. Denn auch dies unterstellt, läge in Bezug auf die streitgegenständlichen [X.]azitäten keine wirksame Freistellungsentscheidung vor. Die Parteien hatten bei der [X.] gemäß Art. 36 Abs. 8 [X.] (nur) den [X.] Mai 2016 notifiziert, der unter dem vertraglichen Vorbehalt der (uneingeschränkten) Zustimmung der [X.] stand. Er konnte und kann mithin ohne eine solche Zustimmung nicht wirksam werden, auch wenn die [X.] das Verfahren binnen der in Art. 36 Abs. 9 Unterabs. 1 [X.] genannten Frist von zwei Monaten nicht fortführt.

2. Zu Recht hat das Beschwerdegericht danach auch die Untersagung der Durchführung von Gastransporten durch die Betroffene zu 3 und der Abgabe entsprechender Nominierungen durch die Betroffene zu 2, jeweils von auf Grundlage des [X.]s bereits [X.] teilregulierter [X.], nicht beanstandet (§ 65 Abs. 1 [X.]).

a) Das Beschwerdegericht hat zutreffend und insoweit von der Rechtsbeschwerde unangegriffen angenommen, dass die Durchführung weiterer Gastransporte auf der Grundlage des [X.]s bereits [X.] teilregulierter [X.] durch die Betroffene zu 3 und damit ein Verstoß gegen die [X.] des [X.]es drohte. Solche Transporte hätten aus den oben ausgeführten Gründen den sich aus §§ 20 ff. [X.] ergebenden Vorgaben widersprochen.

b) Gleiches gilt für die von der Betroffenen zu 2 nach den Feststellungen des [X.] für den 11. und 12. September 2019 abgegebenen Nominierungen auf der Grundlage des [X.]s bereits gebuchter teilregulierter [X.]. Wie für die Vermarktung fehlt es auch für die Inanspruchnahme bereits gebuchter teilregulierter [X.] an einer erforderlichen Ausnahme von den [X.], weil der [X.] zwischen den Betroffenen und der [X.] unwirksam ist.

c) Dabei kommt es nicht darauf an, welche Auswirkungen die Unwirksamkeit des [X.]s auf die Wirksamkeit der über diese [X.] bereits abgeschlossenen Ein- und [X.] hat. Denn diese Verträge begründen keine Ausnahme von den gesetzlichen [X.]. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde daher geltend, die den untersagten Transporten und Nominierungen zugrundeliegenden [X.] seien in stärkerem Maße der Gasnetzregulierung unterworfen als die auf Grundlage der Freistellung 2009 vergebenen [X.]azitäten. Ohne wirksame Freistellung dürfen diese [X.] nicht teilreguliert vermarktet und genutzt werden.

3. Ferner hat die [X.] das ihr gemäß § 65 Abs. 1 [X.] eingeräumte Aufgreif- und Auswahlermessen rechts- und verfahrensfehlerfrei ausgeübt. Eine Ermessensentscheidung ist nach den gemäß § 83 Abs. 5 [X.] auch im Energiewirtschaftsrecht geltenden allgemeinen Grundsätzen gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten (Ermessensüberschreitung), ihr Ermessen überhaupt nicht ausgeübt (Ermessensnichtgebrauch) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Ermessensfehlgebrauch; vgl. [X.], Beschlüsse vom 23. Januar 2018 - [X.] 5/17, [X.], 207 Rn. 19 - [X.]; vom 13. November 2018 - [X.] 30/17, N&R 2019, 38 Rn. 44 - [X.], jeweils mwN). Solche Fehler sind weder aufgezeigt noch ersichtlich.

a) Die [X.] hat unter Hinweis auf das ihr eingeräumte [X.] und Auswahlermessen ausgeführt, der Erlass der Untersagungsverfügungen sei offensichtlich das mildeste verbliebene Mittel gewesen, nachdem eine Duldung des Verhaltens wegen des Urteils des Gerichts der [X.] vom 10. September 2019 einen Ermessensfehlgebrauch bedeutet hätte. Sie habe zuvor vergeblich versucht, die Betroffenen mit Schreiben vom 10. September 2019 zu einem rechtskonformen Verhalten zu bewegen. Das unionsrechtliche Gebot einer möglichst wirksamen Anwendung des Rechts der Union (effet utile) sei zu berücksichtigen gewesen. Es sei daher auch gerechtfertigt, mit der Untersagung der Durchführung weiterer Transporte und Nominierungen in bestehende Ein- und [X.] einzugreifen. Diesbezüglich bestehe kein schutzwürdiges Vertrauen der Betroffenen. Die Betroffene zu 3 habe in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen einen Vorbehalt für den Fall einer Untersagung der Erfüllung oder Durchführung dieser Verträge aufgenommen. Zudem sei den Betroffenen das Nichtigkeitsklageverfahren vor dem Gericht der [X.] bekannt gewesen.

b) Dagegen ist im Rahmen der beschränkten gerichtlichen Kontrolle der Ermessensentscheidung nichts zu erinnern.

aa) Entgegen der Ansicht der Betroffenen liegt kein Ermessensausfall vor. Die [X.] war sich des ihr eingeräumten Ermessens bewusst und hat von ihm Gebrauch gemacht. Es stellt keinen Ermessensfehler dar, dass sie sich in Ausübung ihres [X.] gemäß Art. 4 Abs. 3 Satz 2 [X.] zur Umsetzung des Urteils des Gerichts der [X.] vom 10. September 2019 gehalten sah und dabei dem öffentlichen Interesse an der Beachtung der [X.] ein höheres Gewicht beigemessen hat als den Individualinteressen der Rechtsbeschwerdeführerinnen. Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass die [X.] im Rahmen ihres Auswahlermessens davon ausgegangen ist, zur wirksamen Abstellung der Verstöße gegen die [X.] komme keine mildere Maßnahme in Betracht.

bb) Es stellt ferner keinen Ermessensfehler dar, dass die Bundesnetz-agentur ein schutzwürdiges Vertrauen der Betroffenen an der weiteren Vollziehung des [X.]s und der auf dessen Grundlage abgeschlossenen Ein- und [X.] verneint hat. Dem steht nicht entgegen, dass sowohl der [X.] als auch die auf diesem beruhenden Ein- und [X.] jeweils zu einem Zeitpunkt abgeschlossen worden sind, in dem die [X.]sentscheidung noch als wirksam anzusehen war.

(1) Das [X.] betrifft nur die Inanspruchnahme der in dem [X.] erteilten Regulierungsfreistellung für den Zeitraum nach der Nichtigerklärung der [X.]sentscheidung. Für diesen Zeitraum können sich die Betroffenen jedoch nicht auf die im Unionsrecht anerkannte Vermutung der Rechtmäßigkeit von Entscheidungen der [X.] berufen (vgl. hierzu [X.], Urteile vom 5. Oktober 2004 - [X.]-475/01, [X.] 2004, 729 Rn. 18 - [X.]/[X.]; vom 14. Juni 2012 - [X.]-533/10, [X.] 2012, 704 Rn. 39 - [X.]IVAD/Receveur des douanes de Roubaix, jeweils mwN). Ihr Vertrauen in den Fortbestand der Regulierungsfreistellung ist daher nicht mehr schutzwürdig.

(2) Keine abweichende Bewertung ergibt sich für das Transport- und Nominierungsverbot. Zwar bezieht es sich auf [X.], die bereits zuvor vermarktet worden sind. Untersagt wird aber nur deren weitere Nutzung durch künftige Gastransporte sowie die Abgabe hierauf gerichteter Nominierungen. Betroffen sind damit ausschließlich Leistungszeiträume nach der Nichtigerklärung der [X.]sentscheidung. Für diese Zeiträume haben das Beschwerdegericht und die [X.] zu Recht ein schutzwürdiges Vertrauen der Betroffenen verneint, weil die Betroffene zu 3 vor dem Hintergrund der Nichtigkeitsklagen der [X.] und anderer Gasversorgungsunternehmen auf Veranlassung der [X.] in § 7 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine den anderen Betroffenen bekannte Regelung aufgenommen hat, die es ihr im Fall der Untersagung der Durchführung von [X.] ermöglichte, auf dem [X.] basierende Ein- und [X.] zu kündigen. Die Betroffenen konnten daher nicht darauf vertrauen, dass bereits abgeschlossene Ein- und [X.] nach einer Nichtigerklärung der [X.]sentscheidung und der damit einhergehenden Unwirksamkeit des [X.]s weiterhin vollziehbar bleiben würden.

cc) Der von der Rechtsbeschwerde erhobene Einwand, das angeordnete Versteigerungs-, Transport- und Nominierungsverbot stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 17 EU-Grundrechtecharta geschützte Eigentumsgarantie dar, greift nicht durch. Da der [X.] unwirksam ist, steht den Betroffenen daraus kein durch Art. 17 EU-Grundrechtecharta geschütztes vermögenswertes Recht zu (vgl. [X.], Urteile vom 3. September 2015 - [X.]-398/13, [X.] 2015, 838 Rn. 60 mwN - Inuit Tapiriit Kanatami/[X.]; vom 21. Mai 2019 - [X.]-235/17, juris Rn. 69 - [X.]/[X.], jeweils mwN). Es ist kein Recht zur künftigen Nutzung teilregulierter [X.] entstanden, dessen Ausübung durch die Untersagungsverfügung beschränkt würde. Das gilt auch, soweit die untersagte Durchführung von Transporten und die Abgabe von Nominierungen für bereits vermarktete teilregulierte [X.] in Rede steht.

dd) Es stellt keinen Ermessenfehler dar, dass sich die [X.] nicht mit der lediglich zur Vorbereitung einer Entscheidung in dem Streitschlichtungsverfahren bei der [X.] zwischen der [X.] und der [X.] getroffenen Aussage des [X.] vom 10. August 2018 auseinandergesetzt hat. Der Aussage des Panels kommt auch nach Ansicht der Rechtsbeschwerde keine Bindungswirkung zu. Dass sich aus ihrem Inhalt Umstände ergeben würden, deren Nichtberücksichtigung einen Ermessensfehler bei der hier getroffenen Entscheidung begründen könnte, ist weder aufgezeigt noch ersichtlich. Der [X.] kann angesichts seiner Unwirksamkeit keine Grundlage für eine Freistellung sein. Selbst wenn die Buchungsbeschränkungen der Freistellung 2009 also - wie die Rechtsbeschwerdeführerinnen geltend machen - gegen Art. XI Abs. 1 [X.] verstießen, ist nicht ersichtlich, dass und wie dem bei der von der [X.] nach der Entscheidung des Gerichts der [X.] gemäß § 65 [X.] zu treffenden Entscheidung rechtmäßig hätte abgeholfen werden können.

4. Schließlich liegen entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Nichtigerklärung der [X.]sentscheidung durch den Gerichtshof nach den dafür geltenden Maßstäben (vgl. [X.] 123, 267, 353 f. [juris Rn. 240]; 142, 123 Rn. 153, jeweils mwN) einen Ultra-vires-Akt darstellen könnte. Die Entscheidung ist im Verfahren nach Art. 263 A[X.] ergangen und hält sich im Rahmen der dem Gerichtshof der [X.] nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG übertragenen Zuständigkeiten. Das gilt insbesondere auch für die Auslegung des unionsrechtlichen Grundsatzes der Energiesolidarität (Art. 194 Abs. 1 A[X.]) durch den Gerichtshof.

5. Entgegen der Ansicht der Betroffenen ist eine Vorlage an den Gerichtshof der [X.] gemäß Art. 267 Abs. 3 A[X.] nicht veranlasst. Insbesondere kommt es nach dem Ausgeführten nicht auf die von den Rechtsbeschwerdeführerinnen aufgeworfene Frage an, ob eine nationale Regulierungsfreistellung gemäß Art. 36 Abs. 6 bis 9 [X.] stets der ausdrücklichen Genehmigung der [X.] bedarf, oder ob sie Wirkung entfaltet, bis die [X.] eine Änderung oder einen Widerruf verlangt. Eine solche Regulierungsfreistellung liegt nämlich wegen der auf den (nationalen) Regelungen des § 54 Satz 1, § 58 Abs. 2, § 59 [X.] beruhenden Unwirksamkeit des [X.]s schon nicht vor.

[X.]. Der Senat hat gemäß § 88 Abs. 5, § 81 Abs. 2 [X.]. § 85 Nr. 2 [X.], § 215 Abs. 1, § 295 Abs. 1 ZPO in der Sache verhandelt und entschieden, nachdem die in der mündlichen Verhandlung nicht vertretene Betroffene zu 2 zuvor darum gebeten hatte.

D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 2 [X.]. Den Gegenstandswert hat der Senat auf der Grundlage der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.], § 3 ZPO nach dem geschätzten wirtschaftlichen Interesse der Rechtsbeschwerdeführerinnen bemessen (vgl. [X.] in [X.] Kostenrecht, § 50 [X.] Rn. 14 [Stand: 1. Januar 2022]; [X.] in Binz/[X.]/[X.], [X.], Fam[X.], JV[X.], 5. Aufl., [X.] § 50 Rn. 2).

[X.]    

        

[X.]    

        

Tolkmitt

        

Picker    

        

[X.]    

        

Meta

EnVR 36/21

05.04.2022

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Düsseldorf, 26. Mai 2021, Az: VI-3 Kart 845/19 (V), Beschluss

§ 28a EnWG, § 29 Abs 1 EnWG, Art 36 Abs 6 EGRL 55/2003, Art 36 Abs 7 EGRL 55/2003, Art 36 Abs 8 EGRL 55/2003, Art 36 Abs 9 EGRL 55/2003, § 54 S 1 Halbs 2 VwVfG, § 55 VwVfG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.04.2022, Az. EnVR 36/21 (REWIS RS 2022, 2253)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 2253

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6 C 8/17

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