Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.03.2011, Az. I R 63/10

1. Senat | REWIS RS 2011, 8147

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Gegenstand

Mindeststeuersatz für in den USA ansässige beschränkt Steuerpflichtige - Kein Verstoß gegen Art. 24 Abs. 1 und 2 DBA-USA 1989 a.F. oder Art. XI des Freundschaftsvertrages


Leitsatz

Ein in den USA ansässiger und in Deutschland nur beschränkt steuerpflichtiger amerikanischer Staatsbürger, der in Deutschland Einkünfte aus selbständiger Arbeit bezieht, darf mit diesen Einkünften dem in § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG 2002 bestimmten Mindeststeuersatz unterworfen werden.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, welchem Steuersatz das im Streitjahr (2004) bezogene Einkommen des [X.] und Revisionsklägers (Kläger) unterliegt.

2

Der Kläger ist Staatsbürger der [X.] ([X.]) und selbständig tätiger Rechtsanwalt. Er ist Partner einer Anwaltssozietät, die im Streitjahr eine Niederlassung in [X.] unterhielt. Einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte der Kläger im Streitjahr nicht. Sein bei der [X.] Besteuerung zu berücksichtigendes Einkommen belief sich auf 1.424 €.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) setzte auf dieser Basis gegenüber dem Kläger eine Einkommensteuer in Höhe von 356 € fest. Diese Festsetzung beruht auf der Anwendung des Mindeststeuersatzes von 25 %, den § 50 Abs. 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) bestimmte. Die gegen den Steuerbescheid gerichtete Klage hat das Finanzgericht ([X.]) abgewiesen ([X.] Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. Mai 2010  13 K 6429/06 B); sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2011, 139 abgedruckt.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung materiellen Rechts. Er verweist auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]), nach der ein Gebietsfremder nur unter bestimmten Voraussetzungen einem Mindeststeuersatz von 25 % unterworfen werden dürfe ([X.]-Urteil vom 12. Juni 2003 [X.]/01 "[X.]", Slg. 2003, [X.]). Die in dieser Rechtsprechung entwickelten Grundsätze seien nach Art. 24 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik [X.] und den [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29. August 1989 ([X.] 1991, 355, BStBl I 1991, 95) --DBA-[X.] 1989 a.F.-- und nach Art. XI des Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrags zwischen der Bundesrepublik [X.] und den [X.] (nachfolgend: Freundschaftsvertrag) vom 29. Oktober 1954 ([X.] 1956, 488) bei seiner --des [X.]-- Besteuerung entsprechend anzuwenden; aus ihnen folge, dass im Streitfall nur eine Einkommensteuer in Höhe von 243 € festgesetzt werden dürfe. Der Kläger beantragt deshalb, das Urteil des [X.] sowie die Einspruchsentscheidung des [X.] aufzuheben und den angefochtenen Bescheid dahin zu ändern, dass die Einkommensteuer auf 243 € festgesetzt wird.

5

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

6

Das [X.] ist dem Revisionsverfahren gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) beigetreten. Es stützt in der Sache die Position des [X.], hat aber keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O). Der angefochtene Bescheid verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

8

1. Der Kläger ist gemäß § 1 Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG 2002 mit seinen im Streitjahr erzielten Einkünften aus der im Inland belegenen Zweigniederlassung der Anwaltskanzlei beschränkt steuerpflichtig. Der dahingehenden Würdigung seitens des [X.] ist die Revision nicht entgegengetreten, weshalb es insoweit keiner näheren Erörterung bedarf. Über die Höhe der in diesem Zusammenhang anzusetzenden Einkünfte besteht ebenfalls kein Streit.

9

2. Das [X.] hat die Einkünfte des [X.] gemäß § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG 2002 einem Steuersatz von 25 % unterworfen. Diese Handhabung ist nicht zu beanstanden.

a) Ihr steht, wie das [X.] zutreffend entschieden hat, Art. 24 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1989 a.[X.] nicht entgegen.

Nach Art. 24 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1989 a.[X.] dürfen Staatsangehörige eines Vertragsstaats im anderen Vertragsstaat keiner Besteuerung unterworfen werden, die anders oder belastender ist als die Besteuerung, der Staatsangehörige des anderen Staats unter gleichen Verhältnissen unterworfen sind oder unterworfen werden können. Der Kläger hält dieses Verbot deshalb für verletzt, weil er durch die Anwendung des § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG 2002 einer höheren Steuerbelastung ausgesetzt ist als derjenigen, die einen in einem anderen Staat der [X.] ([X.]) ansässigen Freiberufler unter ansonsten gleichen Voraussetzungen träfe. Ein solcher müsse nämlich auf Einkünfte in Höhe von 1.424 € nur eine Einkommensteuer in Höhe von 243 € --und damit 113 € weniger als den im Streitfall festgesetzten [X.] zahlen. Eine in diesem Sinne unterschiedliche Besteuerung schließt Art. 24 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1989 a.[X.] indessen nicht aus.

Denn diese Vorschrift verbietet, wie der Senat wiederholt entschieden hat, nur eine an die Staatsangehörigkeit anknüpfende steuerliche Benachteiligung (Senatsurteile vom 19. November 2003 [X.], [X.], 37, [X.], 560; vom 17. November 2004 [X.], [X.] 2005, 892). Um eine solche geht es im Streitfall jedoch nicht. Der Kläger wird nicht deshalb der beschränkten Steuerpflicht und --daraus [X.] dem in § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG 2002 bestimmten Steuersatz unterworfen, weil er [X.] Staatsbürger ist; er würde in derselben Weise besteuert, wenn er die [X.] Staatsangehörigkeit oder die eines anderen [X.]-Staats hätte. Richtig mag vielmehr allenfalls sein, dass er --und zwar unabhängig von seiner Staatsangehörigkeit-- in [X.] geringer als geschehen besteuert würde, wenn er in einem anderen [X.]-Staat ansässig wäre. Eine an die Ansässigkeit in [X.] anknüpfende steuerliche Benachteiligung verbietet Art. 24 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1989 a.[X.] aber nicht (Senatsurteil in [X.], 37, [X.], 560). Nach der genannten Rechtsprechung, an der festzuhalten ist, greift die Vorschrift deshalb im Streitfall nicht ein. Die von der Revision angesprochene Rechtsprechung zu Art. 24 Abs. 4 [X.] 1989 a.[X.] (Senatsurteil vom 29. Januar 2003 [X.], [X.], 463, [X.], 1043) ist insoweit schon deshalb nicht einschlägig, weil Art. 24 Abs. 4 [X.] 1989 a.[X.] anders als Art. 24 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1989 a.[X.] nicht an die Staatsangehörigkeit, sondern an die Ansässigkeit der dort benannten Personen anknüpft.

b) Ebenso verstößt die Besteuerung des [X.] nicht gegen Art. 24 Abs. 2 Satz 1 [X.] 1989 a.[X.]

aa) Nach dieser Vorschrift darf die Besteuerung einer Betriebsstätte, die ein Unternehmen eines Vertragsstaats im anderen Vertragsstaat hat, nicht ungünstiger sein als die Besteuerung eines die gleiche Tätigkeit ausübenden Unternehmens eines anderen Staats. Die damit getroffene Regelung ist im Streitfall schon ihrem Wortlaut nach nicht einschlägig. Sie betrifft nämlich nur die Besteuerung von "Betriebsstätten" eines "Unternehmens", und darum geht es hier nicht. Der Kläger wird sowohl aus [X.]er Sicht als auch aus der Sicht des internen [X.]n Rechts nicht deshalb in [X.] besteuert, weil er seine Tätigkeit im Rahmen einer hiesigen Betriebsstätte ausgeübt hat. Da seine in Rede stehenden Einkünfte aus einer freiberuflichen Tätigkeit beruhen, gründet sich seine Besteuerung vielmehr darauf, dass seine Arbeit im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist (§ 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG 2002) und die Einkünfte einer ihm zur Verfügung stehenden festen Einrichtung zuzurechnen sind (Art. 14 Abs. 1 [X.] 1989 a.[X.]). Die ständige Einrichtung i.S. des Art. 14 Abs. 1 [X.] 1989 a.[X.] wird in Art. 24 Abs. 2 Satz 1 [X.] 1989 a.[X.] nicht erwähnt und daher von der dort getroffenen Regelung nicht erfasst (ebenso zum OECD-Musterabkommen Rust in [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., Art. 24 [X.] 98 und 126; vgl. auch [X.], Steuer und Wirtschaft International 2011, 9). Ob nach der [X.] erfolgten Streichung des Art. 14 [X.] 1989 a.[X.] (Protokoll zur Änderung des am 29. August 1989 unterzeichneten Abkommens zwischen der Bundesrepublik [X.] und den [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern, [X.], 1185, [X.], 767) --[X.] 1989 n.[X.]-- insoweit eine andere Beurteilung Platz greift (so z.B. [X.] in Debatin/[X.], Doppelbesteuerung, Art. 14 [X.] [X.] 8; Rust in [X.]/[X.], a.a.O., Art. 24 [X.] 98 und 126), muss im Streitfall nicht erörtert werden. Denn jedenfalls wirkt jene Streichung nicht auf die Anwendung des für das Streitjahr maßgeblichen Art. 24 Abs. 2 Satz 1 [X.] 1989 a.[X.] zurück.

[X.]) Abgesehen davon würde, selbst wenn man --der Ansicht der Revision [X.] im Zusammenhang mit Einkünften aus einem freien Beruf Art. 24 Abs. 2 Satz 1 [X.] 1989 a.[X.] entsprechend anwenden wollte, dies die im Streitfall erfolgte Besteuerung des [X.] nicht ausschließen. Denn dann wäre zwar der in [X.] ansässige Kläger so zu behandeln, als betriebe er mit seiner selbständigen Tätigkeit ein [X.] Unternehmen i.S. des Art. 24 Abs. 2 Satz 1 [X.] 1989 a.[X.] (Art. 3 Abs. 1 Buchst. f [X.] 1989 a.[X.]); zudem ist ihm die im Inland belegene feste Einrichtung der Anwaltssozietät [X.] als eigene feste Einrichtung zuzurechnen. Doch würde dann die vom [X.] angestellte Überlegung durchgreifen, dass der Kläger durch die Anwendung des Mindeststeuersatzes deshalb nicht in [X.] Weise benachteiligt wird, weil seine außerhalb [X.]s erzielten Einkünfte in die maßgebliche Vergleichsbetrachtung einzubeziehen sind.

aaa) Nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) setzt das in Art. 24 Abs. 2 Satz 1 [X.] 1989 a.[X.] enthaltene Diskriminierungsverbot über den Wortlaut der Vorschrift hinaus voraus, dass die inländische Betriebsstätte eines im anderen Vertragsstaat ansässigen Unternehmens nicht nur die gleiche Tätigkeit ausübt wie das zum Vergleich herangezogene inländische Unternehmen, sondern auch ansonsten bei beiden Unternehmen gleiche Verhältnisse vorliegen ([X.]-Urteil vom 10. März 2005 II R 51/03, [X.] 2005, 1500, 1502; ebenso [X.] in Debatin/[X.], a.a.O., Art. 24 [X.] [X.] 28). Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.

[X.]b) Zu den "Verhältnissen", die bei dem [X.] Vergleich zu berücksichtigen sind, zählen auch die im Ausland erzielten und dort steuerpflichtigen Einkünfte der jeweiligen Vergleichsunternehmen. Es ist also nicht ein ausländisches Unternehmen mit im Ansässigkeitsstaat erzielten Einkünften und zusätzlichen Einkünften aus einer inländischen Betriebsstätte mit einem inländischen Unternehmen zu vergleichen, das insgesamt nur Einkünfte in Höhe der [X.] erzielt. [X.] muss vielmehr ein inländisches Unternehmen sein, das im Inland Einkünfte in Höhe der [X.] und darüber hinaus im Ausland Einkünfte in derjenigen Höhe erzielt hat, die bei dem ihm gegenüberzustellenden ausländischen Unternehmen angefallen ist. Nur eine solche Handhabung entspricht dem Zweck des Art. 24 Abs. 2 Satz 1 [X.] 1989 a.[X.], der zwar eine Gleichbehandlung ausländischer Unternehmen mit inländischen Betriebsstätten einerseits und inländischer Unternehmen andererseits, nicht aber eine Bevorzugung ausländischer gegenüber inländischen Unternehmen erreichen soll. Zu einer solchen Bevorzugung würde es kommen, wenn z.B. bei einem ausländischen Unternehmen mit ausländischen Einkünften die inländischen [X.] nur demjenigen Steuersatz unterworfen werden dürften, der bei einem inländischen Unternehmen ohne ausländische Einkünfte anfallen würde. Das rechtfertigt die Annahme des [X.], dass der im Streitfall maßgebliche Vergleichswert die inländische Steuerlast eines [X.]n Freiberuflers ist, der sowohl im Inland als auch in [X.] Einkünfte in derselben Höhe wie der Kläger erzielt hat.

Zudem wird diese Handhabung durch den Blick auf die systematische Stellung der Betriebsstätte im [X.] gestützt. Die Betriebsstätte ist [X.] nicht ein eigenständiges Unternehmen, sondern unselbständiger Bestandteil des Gesamtunternehmens. Das rechtfertigt den Schluss, dass auch bei der von Art. 24 Abs. 2 Satz 1 [X.] 1989 a.[X.] geforderten Vergleichsbetrachtung das im anderen Vertragsstaat ansässige Unternehmen in seiner Gesamtheit zu betrachten ist (ebenso Rust in [X.]/[X.], a.a.O., Art. 24 [X.] 95). Dies schließt die Einbeziehung der im Ansässigkeitsstaat erzielten Einkünfte jenes Unternehmens ein.

ccc) Das [X.] hat festgestellt, dass unter Berücksichtigung der in [X.] erzielten Einkünfte des [X.] das zu versteuernde Einkommen eines mit dem Kläger vergleichbaren [X.]n Unternehmers einem Steuersatz von mehr als 25 % unterliegen würde. Diese Feststellung ist nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffen worden und deshalb für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 [X.]O). Sie führt in rechtlicher Hinsicht dazu, dass die gegenüber dem Kläger vorgenommene Besteuerung diesen nicht in einer gegen Art. 24 Abs. 2 Satz 1 [X.] 1989 a.[X.] verstoßenden Weise benachteiligt.

c) Schließlich verstößt diese Besteuerung nicht gegen Art. XI des [X.]. In diesem Zusammenhang muss nicht näher auf die in der mündlichen Verhandlung erörterte Frage eingegangen werden, ob seit der Geltung des Art. 1 Abs. 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] [X.] 1989 n.[X.] der Freundschaftsvertrag in [X.] weiterhin anzuwenden und ob die im [X.] vorgesehene rückwirkende Anwendung des Art. 1 Abs. 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] [X.] 1989 n.[X.] (Art. XVII Nr. 3 Buchst. a des [X.]s) ggf. unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bedenklich ist. Denn selbst wenn er im Streitfall zu beachten sein sollte, kann jener [X.] nicht zum Erfolg verhelfen.

aa) Das gilt zunächst für Art. XI Abs. 1 des [X.]. Danach unterliegen u.a. die Staatsangehörigen eines Vertragsteils, die sich in dem Gebiet des anderen Vertragsteils geschäftlich betätigen, keiner stärkeren Belastung als unter gleichartigen Voraussetzungen die Staatsangehörigen des anderen Vertragsteils. Nach ihrem insoweit eindeutigen Wortlaut verbietet die Vorschrift mithin im Hinblick auf natürliche Personen ebenso wie Art. 24 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1989 a.[X.] nur eine an die Staatsangehörigkeit anknüpfende Benachteiligung (Senatsurteil in [X.], 37, [X.], 560). Um eine solche geht es im Streitfall jedoch nicht.

[X.]) Art. XI Abs. 3 des [X.] bestimmt zur Besteuerung natürlicher Personen, dass Staatsangehörige eines Vertragsteils in dem Gebiet des anderen Vertragsteils u.a. hinsichtlich der Zahlung von Steuern keinesfalls einer stärkeren Belastung unterliegen dürfen als unter gleichartigen Voraussetzungen die Staatsangehörigen oder Einwohner (residents) irgendeines dritten [X.]. Maßstab dieses [X.] ist damit ebenfalls die Staatsangehörigkeit. Zudem stellt die Vorschrift auf "gleichartige Voraussetzungen" ab, und zu diesen Voraussetzungen zählt u.a. die Ansässigkeit einer Person in einem bestimmten Gebiet. Deshalb ist Art. XI Abs. 3 des [X.] im hier interessierenden Zusammenhang möglicherweise dahin zu verstehen, dass er lediglich verbietet, einen in der [X.] ansässigen [X.] Staatsbürger höher als einen --unter ansonsten gleichen [X.] innerhalb der [X.] ansässigen [X.]-Bürger zu besteuern. Bei dieser Lesart gäbe die Regelung im Streitfall keine "Meistbegünstigung" des [X.] vor.

Allerdings weist die Revision zu Recht darauf hin, dass Art. XI Abs. 3 des [X.] als maßgebliche Vergleichsgruppe neben den "Staatsangehörigen" auch die "Einwohner (residents)" eines dritten [X.] benennt und dass ihm unter diesem Gesichtspunkt möglicherweise das Verbot entnommen werden kann, jeden Staatsbürger der [X.] unabhängig von seiner Ansässigkeit nicht höher als --unter ansonsten vergleichbaren [X.] eine in der [X.] ansässige Person zu besteuern. Dieser Überlegung muss im Streitfall aber ebenfalls nicht abschließend nachgegangen werden. Denn selbst wenn ihr im Grundsatz zuzustimmen wäre, wäre jedenfalls der Ansicht des [X.] zu folgen, dass Art. XI Abs. 5 Buchst. a des [X.] eine Benachteiligung des [X.] gegenüber in der [X.] ansässigen Personen erlaubt.

aaa) Nach dieser Vorschrift behält sich jeder Vertragsteil vor, bestimmte Steuervorteile auf der Grundlage der Gegenseitigkeit einzuräumen. Parallel dazu enthält Art. XI Abs. 5 Buchst. b des [X.] den Vorbehalt, besondere Steuervorteile aufgrund von Vereinbarungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung oder zum beiderseitigen Schutz des Steueraufkommens zu gewähren. Vor allem die letztgenannte Bestimmung zeigt, dass es in Art. XI Abs. 5 des [X.] nicht um besondere Vereinbarungen zwischen [X.] und [X.], sondern um Vereinbarungen zwischen einem der Vertragsstaaten und dritten [X.] geht (ebenso [X.], [X.] im grenzüberschreitenden Ertragsteuerrecht, 2005, S. 40; vgl. auch [X.] in [X.]/ [X.]/[X.], Meistbegünstigung im Steuerrecht der [X.]-[X.], 2006, [X.], 63 f.; a.[X.], Internationales Steuerrecht --[X.]-- 1997, 545, 547); ein Vorbehalt von Steuervorteilen, die im Verhältnis zwischen den beiden Vertragsstaaten gewährt werden, hätte im Bereich des Art. XI des [X.] keinen vernünftigen Sinn. Zudem kann die ausdrückliche Bestimmung eines Vorbehalts bei verständiger Betrachtung nur bedeuten, dass die in Art. XI Abs. 1 bis 4 des [X.] angeordneten Gleichbehandlungsgebote nicht eingreifen, wenn es um einen nach Maßgabe des Art. XI Abs. 5 des [X.] eingeräumten Steuervorteil geht. Im Ergebnis ist demnach Art. XI Abs. 5 des [X.] dahin zu verstehen, dass die Vertragsstaaten nicht verpflichtet sind, die dieser Regelung unterfallenden Steuervorteile auf die Angehörigen des jeweils anderen Vertragsstaats zu erstrecken. In diesem Sinne geht Art. XI Abs. 5 Buchst. a der in Art. XI Abs. 3 des [X.] getroffenen Regelung vor.

[X.]b) Die im [X.]-Recht verankerten Grundfreiheiten, auf die sich der Kläger im Streitfall beruft, beinhalten "Steuervorteile auf der Grundlage der Gegenseitigkeit" i.S. des Art. XI Abs. 5 Buchst. a des [X.] (ebenso Lampe, [X.] 1998, 483, 485). Es handelt sich um Steuervorteile, da sie nur Angehörigen der [X.]-[X.] und in diesen [X.] ansässigen Personen eingeräumt sind. Auf der Grundlage der Gegenseitigkeit bestehen sie deshalb, weil das [X.]-Recht darauf aufbaut, dass jeder [X.]-Staat sie den Angehörigen eines jeden anderen [X.]-Staats gewährt. Dass die Vorteile in einem zweiseitigen völkerrechtlichen Vertrag verankert sind, verlangt Art. XI Abs. 5 Buchst. a des [X.] nicht.

Schließlich kann dieser Beurteilung nicht entgegengehalten werden, dass die europarechtlichen Grundfreiheiten nicht von [X.] und den übrigen [X.]-[X.] "eingeräumt", sondern vom [X.] angeordnet worden seien. Bei seiner dahingehenden Argumentation verkennt der Kläger, dass der [X.] nicht europäisches Recht schafft, sondern lediglich den [X.]-Vertrag und die ihm nachgeordneten europarechtlichen Vorschriften auslegt. Auf diese Weise hat er u.a. die Bedeutung der Grundfreiheiten für den Bereich der Besteuerung "ermittelt". Die maßgebliche Rechtsetzung --und damit das "Einräumen" der Grundfreiheiten in deren Auslegung durch den [X.]-- ist hingegen durch die einzelnen [X.]-[X.] und damit auch durch die Bundesrepublik [X.] erfolgt. Im Ergebnis erfüllt das [X.]-Recht mithin die Vorgaben des Art. XI Abs. 5 Buchst. a des [X.], weshalb der Kläger sich auf die Grundfreiheiten nicht berufen kann.

d) Der Hinweis auf Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verhilft der Revision ebenfalls nicht zum Erfolg. Der Kläger wird zwar höher besteuert als ein mit ihm vergleichbarer [X.]-Bürger. Dadurch wird der Gleichheitssatz aber nicht verletzt, weil die Bevorzugung des [X.]-Bürgers auf [X.] Recht beruht und dem [X.]n Gesetzgeber nicht zuzurechnen ist (Senatsurteil vom 15. Juli 2005 [X.], [X.]E 210, 43, [X.] 2005, 716). Und eine verfassungswidrige Benachteiligung des [X.] gegenüber einem ausländischen Arbeitnehmer mit gleich hohen [X.] liegt deshalb nicht vor, weil sich ein selbständig Tätiger typischerweise in einer anderen wirtschaftlichen Situation befindet als ein mit ihm zu vergleichender Arbeitnehmer (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. November 2003 [X.], [X.]E 204, 449, 453, [X.], 773, 775). Im Ergebnis erweisen sich daher das angefochtene Urteil als rechtmäßig und die Revision als unbegründet.

Meta

I R 63/10

30.03.2011

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 6. Mai 2010, Az: 13 K 6429/06 B, Urteil

§ 1 Abs 4 EStG 2002, § 49 Abs 1 Nr 3 EStG 2002, § 50 Abs 3 S 2 EStG 2002, Art 14 Abs 1 DBA USA 1989, Art 24 Abs 1 DBA USA 1989, Art 24 Abs 2 DBA USA 1989, Art 11 Abs 1 FreundschVtr USA, Art 11 Abs 3 FreundschVtr USA, Art 11 Abs 5 FreundschVtr USA, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.03.2011, Az. I R 63/10 (REWIS RS 2011, 8147)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8147

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