Bundessozialgericht, Urteil vom 25.05.2011, Az. B 12 KR 8/09 R

12. Senat | REWIS RS 2011, 6291

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Gegenstand

Krankenversicherung - Versicherungspflicht - Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben - Teilförderung durch Unfallversicherungsträger


Leitsatz

Der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung als Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben steht es nicht entgegen, dass ein Unfallversicherungsträger im Wege der Teilförderung Geldleistungen (hier: zur Durchführung eines Studiums) erbringt.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 4. März 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Klägerin für das Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin im Zuge ihres von einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung geförderten Fachhochschulstudiums als Teilnehmerin an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (im Folgenden: [X.]) versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) war.

2

Die 1963 geborene Klägerin kann seit einem 1999 erlittenen Arbeitsunfall ihren Beruf als Physiotherapeutin nicht mehr ausüben. Während des Bezugs von Verletztengeld war sie bis 30.11.2001 bei der beklagten [X.] pflichtversichert und wurde anschließend bis 30.11.2002 als deren freiwillig versichertes Mitglied geführt. Seit 1.12.2002 ist die Klägerin Mitglied der zu 2. beigeladenen Krankenkasse. Die Klägerin beabsichtigte, im Rahmen einer beruflichen Neuorientierung zur Wiedereingliederung in das Arbeitsleben das Studium der Sozialpädagogik zu betreiben. Deshalb besuchte sie ab 4.10.2001 zur Vorbereitung auf das Studium und auf eine Einstufungsprüfung der Fachhochschule eine Bibelschule sowie ab März 2002 Fachhochschul-Veranstaltungen, die Voraussetzung für diese Prüfung waren. Zum Wintersemester 2002/2003 wurde sie im Hinblick hierauf zum Studium im Studiengang Sozialarbeit/Sozialpädagogik an der [X.] sogleich für das dritte Fachsemester - zugelassen.

3

Da das Studium nach Auffassung der zu 1. beigeladenen Berufsgenossenschaft den für die [X.] vorgesehenen Höchstzeitraum von zwei Jahren überschritt, schloss diese mit der Klägerin einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem Gegenstand "Leistungen für die … selbst gewählte Berufsförderungsmaßnahme …". Danach förderte die Beigeladene zu 1. das Studium als "Teilförderung" gemäß § 35 Abs 3 [X.] bis zur Höhe einer fiktiven angemessenen Maßnahme nach § 35 Abs 1 [X.] (fiktive Umschulung zur Kauffrau an einer Fortbildungsakademie für die Dauer von 24 Monaten ab 1.2.2002 mit Gesamtkosten von 67 133,60 DM als Höchstförderbetrag). Insoweit wurden der Klägerin für ihre Lebenshaltung vom 1.12.2001 bis 30.11.2005 monatlich 1170 DM (598,21 Euro) sowie für sonstige maßnahmebedingte Kosten maximal 10 973,60 DM (5610,71 Euro) bewilligt.

4

Die Klägerin vertrat zunächst die Auffassung, sie sei ab 1.12.2001 als Fachhochschulstudentin nach § 5 Abs 1 [X.] in der [X.] pflichtversichert, was die Beklagte aber verneinte (Bescheid vom 10.4.2003; Widerspruchsbescheid vom 10.7.2003). Die anschließend erhobene, nun auf Feststellung der Versicherungspflicht als [X.] gemäß § 5 Abs 1 [X.] gerichtete Klage hat das [X.] abgewiesen, da die Klägerin mit Blick auf die finanzielle Teilförderung des Studiums keine Teilnehmerin "an [X.]" im Sinne der gesetzlichen Regelung sei (Urteil vom [X.]). Auf die Berufung der Klägerin hat das L[X.] das erstinstanzliche Urteil und die Bescheide der [X.] geändert sowie festgestellt, dass die Klägerin vom 1.12.2001 bis 30.11.2002 der Versicherungspflicht in der [X.] unterlegen habe: Sie sei nach § 5 Abs 1 [X.] versicherungspflichtig gewesen, weil das Fachhochschulstudium hier den [X.] nach dem [X.]B IX zuzurechnen sei. Auch eine Förderung durch Geldleistungen gemäß § 35 Abs 3 [X.] könne bei Teilnahme des Betroffenen an [X.] iS von § 33 [X.]B IX die Versicherungspflicht nach sich ziehen. Die Versicherungspflicht sei bei der Klägerin nicht auf die [X.] des Studiums ab 1.10.2002 selbst beschränkt, sondern umfasse auch den vorausgehenden [X.]raum ab 1.12.2001; in dieser [X.] habe die Klägerin bereits auf der Grundlage des Hochschulrechts des [X.] die Voraussetzungen für eine ihre Gesamtstudienzeit verkürzende Einstufung in das dritte Fachsemester geschaffen (Urteil vom 4.3.2009).

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte - unterstützt von den Beigeladenen zu 1. und 2. - die Verletzung von § 5 Abs 1 [X.]. Die Klägerin habe nicht an [X.] teilgenommen, weil es sich dabei um von einem bestimmten Leistungsträger zu verantwortende Sachleistungen handeln müsse. Als Träger kämen nach § 6 Abs 1 [X.]B IX zwar Träger der gesetzlichen Unfallversicherung wie die Beigeladene zu 1. in Betracht, nicht jedoch eine [X.] oder eine Fachhochschule. Eine Teilförderung durch einen Rehabilitationsträger für eine außerhalb seiner Verantwortung vom Betroffenen selbst gewählte Bildungsmaßnahme - hier: ein normales Studium - sei keine die Versicherungspflicht begründende "Teilnahme". Das Tatbestandsmerkmal "Teilnahme" lasse sich nicht mit dem Empfang oder Bezug von Geldleistungen gleichsetzen, denen auch im Recht der Teilhabe nur Ausnahmecharakter zukomme.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 4. März 2009 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 20. Oktober 2005 zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision der [X.] zurückzuweisen.

8

Sie hält das Urteil des L[X.] für zutreffend. Entgegen der Ansicht der [X.] lasse das Rehabilitationsrecht des [X.]B IX eine Fixierung auf Sachleistungen nicht zu. Auch bei den hier erfolgten Leistungen nach § 35 Abs 3 [X.] handele es sich um [X.]. Eine Differenzierung für die Begründung des Versicherungsschutzes in der [X.] danach, ob die [X.] in Form von Sach- oder Geldleistungen gewährt würden, verstieße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

9

Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. schließen sich im Wesentlichen der Ansicht der [X.] an, ohne eigene Anträge zu stellen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der beklagten [X.] ist unbegründet.

Zu Recht hat das [X.] das Urteil des [X.] und die angefochtenen Bescheide der Beklagten geändert sowie der [X.]lage auf Feststellung der Versicherungspflicht in der [X.] vom 1.12.2001 bis zum [X.] stattgegeben. Die [X.]lägerin war in dem streitigen [X.]raum als "Teilnehmerin an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben" versicherungspflichtig nach § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V.

1. Gemäß § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V in der hier anzuwendenden, ab [X.] geltenden Fassung (Art 5 [X.] a, Art 67 [X.]B IX vom 19.6.2001, [X.] 1046) sind versicherungspflichtig in der [X.] "Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Maßnahmen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht".

Entgegen der Ansicht der Beklagten, der Beigeladenen und der teilweise in der Literatur vertretenen Auffassung (so etwa [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]B VII, Stand März 2011, [X.] § 35 Rd[X.] 55; wohl auch [X.] 1997, 355 ff; [X.] in [X.]/[X.], LP[X.]-[X.]B V, 3. Aufl 2009, § 5 Rd[X.] 28 <"Teilnahme an einer Maßnahme">; aA - wie hier -: [X.] [X.]/[X.]ingreen, [X.]B V, 2. Aufl 2010, § 5 Rd[X.] 31) ist diese Regelung nicht auf die Leistungsgewährung in der Form von Sachleistungen beschränkt. Das ergibt die Auslegung nach Wortlaut (dazu im Folgenden 2.), systematischem Zusammenhang (dazu 3.), [X.] (dazu 4.) sowie nach Sinn und Zweck der Regelung (dazu 5.). [X.] nicht zu beanstanden ist schließlich auch, dass das [X.] auch die im Vorfeld des Studiums wahrgenommenen Bildungsmaßnahmen der [X.]lägerin, die nach dem Hochschulrecht des [X.] auf die Studienzeit angerechnet werden konnten (und wurden), zur Begründung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V hat ausreichen lassen (dazu 6.).

2. Die vom [X.] gewonnene Auslegung ist durch den Wortlaut des § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V gedeckt.

§ 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V knüpft - anders als zB der bis Ende 1997 geltende § 168 Abs 1 Satz 2 [X.] (vgl dazu B[X.] [X.] 4100 § 168 [X.]) - nach seinem Wortlaut nicht an die Durchführung von Leistungen in einer bestimmten Einrichtung an. Er bezieht sich seit [X.] auch nicht mehr auf "Teilnehmer an berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation" (so noch der Gesetzestext in der Ursprungsfassung und in der ergänzten Fassung des [X.], [X.] 2261). Von der Versicherungspflicht erfasst werden vielmehr nach dem Rechtszustand ab [X.] (abstrakt) Personen als "Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben" (zum insoweit nach § 186 Abs 5 [X.]B V bestehenden - hier nicht im Streit befindlichen - Erfordernis der tatsächlichen Teilnahme an einer Maßnahme vgl zB [X.] in [X.]asseler [X.]omm, Stand Dezember 2010, § 5 [X.]B V Rd[X.] 72; [X.] in [X.], Handbuch der [X.]rankenversicherung, Stand März 2011, § 5 [X.]B V Rd[X.] 176). Der Wortlaut bezieht sich damit nur auf die Teilnahme an "Leistungen" mit einer bestimmten Zielrichtung (= [X.]) und fordert nicht mehr generell die Teilnahme an "Maßnahmen"; eine Teilnahme an "Maßnahmen … nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes" wird in § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V nur als Ausschlussgrund hervorgehoben.

Der Wortlaut des § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V ist auch nicht auf eine bestimmte Form der Leistungsgewährung bezogen. Zu den "Leistungen" - die hier nur in der Gestalt von Sozialleistungen in Betracht kommen - gehören nach den allgemeinen Grundsätzen des Leistungsrechts nicht nur Sachleistungen, sondern auch Geldleistungen. Das Recht auf Teilhabe wird allgemein durch Dienst-, Sach- oder Geldleistungen in den Sozialleistungsbereichen des [X.]B verwirklicht (vgl § 11 und § 10 [X.] 3 [X.]B I ), sofern nicht Sonderregelungen eine bestimmte Form der Leistungsgewährung vorsehen (vgl § 37 [X.]B I). Im Übrigen ist in § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V im Vergleich zu § 165 Abs 1 [X.] [X.] auch das zusätzliche Erfordernis des Bezugs von Übergangsgeld als einer bestimmten Geldleistung entfallen (vgl demgegenüber § 3 Satz 1 [X.] 3 [X.]B VI sowie B[X.] [X.] 3-2500 § 5 [X.] 38).

Ausgehend von der durch die Formulierung des § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V hervorgehobenen Zielrichtung der Leistung (und gerade nicht ihrer äußeren Form) steht hier damit auch nicht - wie die Beklagte meint - eine sprachlich nicht plausible "Teilnahme an Geldleistungen" im Raum, sondern entsprechend dem Wortlaut des § 35 Abs 3 [X.]B VII (iVm §§ 33, 7 [X.]B IX) die Teilnahme an einer jedenfalls von einem Rehabilitationsträger nach § 6 Abs 1 [X.] 3 [X.]B IX geförderten Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben.

3. Die vom [X.] vorgenommene Auslegung ist durch die Gesetzessystematik geboten. Sie spricht gegen die Beschränkung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V auf die Teilnahme an in [X.] eines Leistungsträgers durchgeführten Sachleistungen.

Dabei kann dahinstehen, ob mit dem [X.] etwas aus der [X.]ollisionsvorschrift des § 5 Abs 7 [X.]B V herzuleiten ist oder ob diese auf Fälle beschränkt ist, in denen die Teilnahme an [X.] zeitgleich mit der Versicherungspflicht als Student nach § 5 Abs 1 [X.] 9 [X.]B V zusammentrifft. Jedenfalls bestimmt § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V nicht selbst, was unter [X.] zu verstehen ist, sondern knüpft insoweit eng an § 33 [X.]B IX an, welcher die [X.] definiert und konkretisiert. Diese Systematik ist nicht erst im Zusammenhang mit der Schaffung des [X.]B IX neu eingeführt worden, sondern galt in gleicher Weise bereits unter Geltung der Vorgängerregelungen in der [X.] und im [X.] zur beruflichen Rehabilitation (vgl zum früheren Recht zB B[X.]E 51, 100 = [X.] 2200 § 381 [X.]3; B[X.] [X.] 3-2500 § 5 [X.] 38). Das [X.]B V regelt in § 5 Abs 1 - zB auch in [X.] 2, 2a, 11, 12 - die zur Versicherungspflicht in der [X.] führenden Sozialleistungen nämlich nicht eigenständig, sondern schließt im [X.] nur an das jeweils maßgebliche spezielle Leistungsrecht anderer Sozialleistungsbereiche und an die dort durch einen bestimmten Träger erbrachten Leistungen an. Das galt und gilt auch für das Recht der Rehabilitation unter Geltung des Rechts der [X.] und des [X.] und hat sich mit Einführung des Rechts der Teilhabe behinderter Menschen in diesem Sinne fortgesetzt. Wenn § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V daher von der Teilnahme an [X.] spricht, kann sich deren Inhalt nur nach dem insoweit maßgeblichen Fachrecht richten.

Was seit der zum [X.] erfolgten Neuregelung des Rechts der Teilhabe im Einzelnen zu den [X.] zählt, ergibt sich aus Teil 1, [X.]apitel 5 [X.]B IX ("Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben", §§ 33 bis 43 [X.]B IX): Nach § 33 Abs 1 [X.]B IX werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. In § 33 [X.]B IX findet sich für Träger - zu denen auch die hier beigeladene Berufsgenossenschaft gehört (§ 6 Abs 1 [X.] 3 [X.]B IX) - keine Beschränkung auf die Teilnahme an "Maßnahmen" in [X.] eines Leistungsträgers, sondern in Abs 3 ("insbesondere") ein offener Leistungskatalog. Das [X.]B IX ist in der Leistungsgewährung - wie sich aus mehreren Regelungen ergibt (zB § 9 Abs 2 Satz 1, § 15, § 17 Abs 1 [X.] aF bzw § 17 Abs 2 und 3 nF) - nicht auf Sachleistungen beschränkt, auch fehlt eine dem in der [X.] geltenden § 2 Abs 2 Satz 1 [X.]B V entsprechende allgemeine Vorschrift des Leistungsrechts. So wird insbesondere das in das Recht der Teilhabe neu eingeführte "persönliche Budget" nach § 17 Abs 3 Satz 1 [X.]B IX nF in der Regel als - bei laufenden Leistungen monatliche - Geldleistung ausgeführt (zu dessen besonderer Bedeutung näher B[X.], Urteil vom 11.5.2011 - B 5 R 54/10 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, zitiert nach B[X.]-Terminbericht 20/11 vom 13.5.2011).

Speziell - bezogen auf die [X.] in der gesetzlichen Unfallversicherung - sieht zudem § 35 Abs 3 [X.]B VII iVm § 7 [X.]B IX explizit die Möglichkeit der Teilförderung von Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben durch Geldleistungen bis zur Höhe des finanziellen Aufwandes einer angemessenen Referenzmaßnahme vor. Danach kann auch ein nicht in [X.] eines Leistungsträgers durchgeführtes Studium einen leistungsauslösenden Sachverhalt darstellen, wenn ein Leistungsträger insoweit zweckbezogen und gesetzeskonform die Teilhabeleistungen gewährt. Der für das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung zuständige 2. Senat des B[X.] hat in seinem Urteil vom [X.] - B 2 U 18/05 R ([X.] 4-2700 § 35 [X.] 1; dazu: [X.] 2008, 117; [X.], JurisPR-[X.] 16/2007 [X.]) eine solche Form der Leistungsgewährung nach § 35 Abs 3 [X.]B VII, bei der sich der Betroffene die Leistung selbst beschafft und sie nicht von einem zuständigen Leistungsträger (§ 6 Abs 1 [X.]B IX) - ggf unter Einschaltung Dritter (vgl § 5 [X.] 2, § 7 Abs 1 [X.]B IX) - als Sachleistung erbracht wird, auch in Bezug auf ein Studium als gesetzeskonform angesehen. Auf diese in wesentlicher Hinsicht auf Geldleistungen erweiterte Ausrichtung des Leistungsrechts im Recht der Teilhabe hat auch die Auslegung des § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V zu reagieren, jedenfalls dann, wenn die finanzielle Teilförderung nicht nur eine untergeordnete Bedeutung hat, sondern ihr ein solches Gewicht zukommt, dass sie wertungsmäßig als wesentlicher Beitrag zur Teilhabe eines behinderten Menschen am Arbeitsleben angesehen werden kann.

Unbeschadet all dessen hat schon das [X.] unter dem Blickwinkel der Auslegung nach dem systematischen Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass aus der mit Schaffung des [X.]B IX verwendeten Terminologie und der Ersetzung "berufsfördernder Maßnahmen zur Rehabilitation" durch "Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben" und aus der dort (und in [X.] im Beitragsrecht des [X.]B V) gleichwohl noch anzutreffenden Verwendung der Begriffe "Maßnahmen" und "Leistungen" keine zuverlässigen Rückschlüsse in Bezug auf eine bestimmte Auslegung des § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V gezogen werden können.

4. Auch die Gesetzgebungsgeschichte zu § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V stützt die gewonnene Auslegung durch das [X.].

Zwar sollte noch mit der zum [X.] geschaffenen Versicherungspflicht von Teilnehmern an Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation in § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V gegenüber dem Recht der [X.] keine Erweiterung des pflichtversicherten Personenkreises verbunden sein (so der Gesetzentwurf der Fraktionen der [X.] und [X.] zum [X.], BT-Drucks 11/2237 [X.] zu § 5 - Versicherungspflicht - zu Abs 1 und 2 <"Der kraft Gesetzes versicherte Personenkreis bleibt weitgehend unverändert">; vgl bereits B[X.] [X.] 3-2500 § 5 [X.] 38 S 151 ff). Es kann offen bleiben, ob eine Versicherungspflicht in Fällen der vorliegenden Art schon vor Inkrafttreten des [X.]B IX und vor der zum [X.] erfolgten Neufassung des § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V bestand, der zuvor noch von "Maßnahmen" sprach, während § 35 Abs 3 [X.]B VII (geschaffen durch [X.], [X.] 1254) bereits ab [X.] die Teilförderung einer "Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben" bis zur Höhe der [X.]osten für eine angemessene Referenzmaßnahme durch Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ermöglichte. Jedenfalls wurde § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V im Zuge der Schaffung des [X.]B IX zum [X.] textlich in der bereits beschriebenen Weise geändert und die Versicherungspflicht war nicht mehr auf "Teilnehmer an berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation" bezogen, sondern wurde auf Teilnehmer an [X.] erstreckt. Bei dieser Neufassung handelte es sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers bei der Festlegung der Voraussetzungen für die Versicherungspflicht in der [X.] nicht nur um eine bloße Anpassung an den Sprachgebrauch des [X.]B IX, vielmehr ging es gerade auch um "Folgeänderungen aus den dortigen Regelungen" (so der Gesetzentwurf der Fraktionen der [X.] und [X.]/[X.] zum [X.]B IX, BT-Drucks 14/5074 [X.] zu Art 5 [X.] 2 bis 5), die also nicht nur formalen, sondern auch inhaltlichen Änderungen durch das [X.]B IX Rechnung tragen sollten.

5. Schließlich gebieten auch Sinn und Zweck der Regelungen über den Versicherungsschutz in der [X.] für behinderte Menschen als Teilnehmer an [X.] die aufgezeigte Auslegung.

So wollte der Gesetzgeber mit dem [X.]B IX gerade der seit langem bestehenden und in einer einstimmig angenommenen interfraktionellen Entschließung des [X.] vom 19.5.2000 (vgl BT-Drucks 14/2913) erhobenen Forderung nach Weiterentwicklung des Rechts der Rehabilitation behinderter Menschen entsprechen und das Benachteiligungsverbot aus Art 3 Abs 3 Satz 2 GG umsetzen. Dies geschah durch den Gesetzentwurf des [X.]B IX, der von der Absicht getragen war, behinderten Menschen nicht mehr nur bloße Fürsorge und Versorgung zuteil werden zu lassen, sondern "ihre selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und die Beseitigung der Hindernisse, die ihrer Chancengleichheit entgegenstehen" in den Mittelpunkt der politischen Anstrengungen zu rücken (so Gesetzentwurf zum [X.]B IX, aaO, BT-Drucks 14/5074, [X.]), und dem Ziel diente, Menschen mit Behinderung "ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen" (so Gesetzentwurf, ebenda). Die Umsetzung dieses Ziels erfolgte in der Weise, dass behinderten Menschen zur Förderung ihrer Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe besondere Rechte eingeräumt wurden ( § 10 [X.]B I, § 1 [X.]B IX) , wie sie auch in dem den Betroffenen im Rahmen der Rechtsvorschriften eingeräumten Wunsch- und Wahlrecht (§ 33 [X.]B I, § 9 [X.]B IX) zum Ausdruck kommen. Zudem wurde in der [X.] zum 1.1.2004 eine Regelung geschaffen, wonach dort den besonderen Belangen behinderter und chronisch kranker Menschen Rechnung zu tragen ist (vgl § 2a [X.]B V, eingefügt durch Gesetz vom 14.11.2003, [X.] 2190). Diese geänderte Ausrichtung des für behinderte Menschen geltenden Rechts der [X.] Sicherung hat auch in die Rechtsprechung anderer mit dem Recht des [X.]B IX befasster Senate des B[X.] Eingang gefunden (vgl zB B[X.], Urteil vom 2.11.2010 - B 1 [X.]R 8/10 R = [X.] 4-2500 § 43 [X.] 2 Rd[X.] 16; B[X.], Urteil vom 11.5.2011 - B 5 R 54/10 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, zitiert nach B[X.]-Terminbericht 20/11 vom 13.5.2011).

Dem entspricht es, in Grenzen und nach Maßgabe des oben beschriebenen Leistungsrechts den Betroffenen die [X.] nicht nur durch Maßnahmen in Form von Sachleistungen zur Verfügung zu stellen, sondern auch Geldleistungen zu gewähren und durch eine finanzielle Teilförderung auf der Grundlage des § 35 Abs 3 [X.]B VII einem behinderten Menschen zB die Teilnahme an einem von ihm selbst gewählten Studiengang zu ermöglichen (vgl B[X.] [X.] 4-2700 § 35 [X.] 1). Hieran muss sich dann konsequent auch die Auslegung des § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V ausrichten, der für den betroffenen Personenkreis Versicherungsschutz in der [X.] in Form der Pflichtversicherung zur Verfügung stellt.

6. Nach alledem erweist sich die vom [X.] vorgenommene Auslegung des § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V als zutreffend. Auch die auf den Fall der [X.]lägerin bezogene Subsumtion durch das Berufungsgericht ist nicht zu beanstanden.

Insbesondere stand der Annahme der Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V bei der [X.]lägerin nicht entgegen, dass sie nur eine finanzielle Teilförderung für den gewählten Studiengang erhielt. Diese Form der [X.] gemäß § 35 Abs 3 [X.]B VII und das Leistungsvolumen hatten bei der [X.]lägerin nicht nur eine untergeordnete Bedeutung, sondern der Förderung der von der [X.]lägerin erstrebten Tätigkeit kam - orientiert an der als angemessen angesehenen Referenzmaßnahme einer fiktiven Umschulung zur [X.]auffrau an einer Fortbildungsakademie für die Dauer von 24 Monaten mit einem als Höchstförderbetrag von 67 133,60 DM unter Berücksichtigung von Lebenshaltungskosten und maßnahmebedingten [X.]osten - ein solches Gewicht zu, dass die Förderung als wesentlicher Beitrag eines nach dem [X.]B IX zuständigen Leistungsträgers zur Teilhabe eines behinderten Menschen am Arbeitsleben angesehen werden musste. Daran haben die Beteiligten im Falle der [X.]lägerin zu Recht keinen Zweifel geäußert.

Die Versicherungspflicht der [X.]lägerin knüpfte an den zeitlichen Rahmen der Leistungsgewährung für die Teilhabeleistung durch die zu 1. beigeladene Berufsgenossenschaft an. Es ist nicht zu beanstanden, dass das [X.] insoweit die [X.] vom 1.12.2001 bis zum Beginn des Wintersemesters 2002/2003 in die Versicherungspflicht mit einbezogen hat, in der die [X.]lägerin die Voraussetzungen für die Aufnahme und die Durchführung ihres Studiums der Sozialpädagogik schuf. Diese Ausbildung sollte perspektivisch vorausschauend dazu führen (und führte nach den Feststellungen des [X.] schließlich auch wie geplant dazu), dass die [X.]lägerin deswegen an der [X.] nach erfolgreich absolvierter Prüfung sogleich für das dritte Fachsemester zugelassen wurde, also die vorbereitende [X.] für ihr Studium angerechnet erhielt. Abgesehen davon, dass die Beigeladene zu 1. selbst hierin kein Leistungshindernis im Rahmen des § 35 Abs 3 [X.]B VII sah, hat sich das [X.] insoweit mit dem - nicht revisiblen (vgl § 162 [X.]G) - Hochschulrecht des [X.] befasst und daraus hergeleitet, dass der von der [X.]lägerin gewählte Bildungsgang insgesamt - bezogen auf das von ihr angestrebte Endziel - planmäßig beschritten wurde und von Anfang an als Teil der [X.] anzusehen war. Die mit monatlichen Zahlungen der Beigeladenen zu 1. geförderte Teilnahme der [X.]lägerin an den [X.] zieht entsprechend die Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V nach sich.

Schließlich steht der Versicherungspflicht in der [X.] nach § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V auch nicht entgegen, dass der zwischen der [X.]lägerin und der Beigeladenen zu 1. geschlossene Förderungsvertrag auch einen Berechnungsposten für die finanziellen Aufwendungen zur Absicherung der [X.]lägerin gegen [X.]rankheit enthielt, obwohl als [X.]onsequenz der obigen Ausführungen nicht die [X.]lägerin, sondern die Beigeladene zu 1. gegenüber der Beklagten zur Beitragstragung verpflichtet ist (§ 251 Abs 1 [X.]B V idF des [X.], [X.] 1046). Die insoweit im Rahmen des [X.] möglicherweise nicht bedachten krankenversicherungsrechtlichen [X.]onsequenzen könnten sich allenfalls im Verhältnis zwischen [X.]lägerin und Beigeladener zu 1. auswirken, sind aber nicht geeignet, die bei der Beklagten bestehende Versicherungspflicht in der [X.] nach § 5 Abs 1 [X.] 6 [X.]B V auszuschließen (vgl insoweit §§ 31, 32 [X.]B I, §§ 53, 58 [X.]B X).

7. Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 12 KR 8/09 R

25.05.2011

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Potsdam, 20. Oktober 2005, Az: S 3 KR 136/03, Urteil

§ 10 Nr 3 SGB 1 vom 19.06.2001, § 11 SGB 1 vom 11.12.1975, § 33 SGB 1, § 2a SGB 5, § 5 Abs 1 Nr 6 SGB 5 vom 19.06.2001, § 251 Abs 1 SGB 5 vom 19.06.2001, § 35 Abs 3 SGB 7, § 1 SGB 9, § 5 Nr 2 SGB 9, § 6 Abs 1 SGB 9, § 7 Abs 1 SGB 9, § 9 Abs 2 S 1 SGB 9, § 17 Abs 3 S 1 SGB 9 vom 21.03.2005, § 33 Abs 1 SGB 9

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 25.05.2011, Az. B 12 KR 8/09 R (REWIS RS 2011, 6291)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6291

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