Bundessozialgericht, Urteil vom 07.09.2010, Az. B 5 R 104/08 R

5. Senat | REWIS RS 2010, 3616

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Gegenstand

Rehabilitation - Anspruch auf Übergangsgeld - Voraussetzungen der Berechnungsgrundlage


Leitsatz

1. Der Anspruch auf Übergangsgeld ist übergangsrechtlich eigenständig zu beurteilen und unterfällt nicht den besonderen Regelungen für Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

2. Zu den Voraussetzungen der Bemessung von Übergangsgeld auf der Grundlage des für eine frühere Geldleistung maßgeblich gewesenen Arbeitsentgelts.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 29. Juli 2008 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 22. September 2005 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger dessen Kosten auch für das Berufungs- und Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte den Kalendermonat März 2002 als Bemes-sungszeitraum zugrunde legen muss, um das Übergangsgeld des Klägers für dessen Berufs-findung/Arbeitserprobung vom 22.4. bis [X.] und die Ausbildung zum Maschinenbautechniker vom [X.] bis 16.7.2004 zu berechnen.

2

Der Kläger, ein gelernter Werkzeugmacher, beantragte am 30.1.2001 Leistungen zur beruflichen Rehabilitation. Im Februar/März 2001 nahm er an einer vierwöchigen stationären medizinischen Leistung zur Rehabilitation teil. Die Kurärzte entließen ihn arbeitsfähig und empfahlen langfristig eine berufliche Neuorientierung für eine weniger wirbelsäulenbelastende Tätigkeit. Anschließend war der Kläger wieder im erlernten Beruf tätig.

3

Mit Bescheid vom 12.6.2001 lehnte es die Beklagte ab, dem Kläger berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation zu gewähren, weil seine Erwerbsfähigkeit weder erheblich gefährdet noch gemindert sei. Diesen Ablehnungsbescheid erklärte sie im Widerspruchsverfahren für gegenstandslos und stellte nunmehr Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes in Aussicht (Teilabhilfebescheid vom [X.]). Unter dem [X.] bewilligte sie dem Kläger "eine Berufsfindung/Arbeitserprobung, um für die Auswahl berufsfördernder Leistungen zur Rehabilitation … Eignung, Neigung und bisherige Tätigkeit angemessen berücksichtigen zu können". Für die Dauer dieser Maßnahme erhielt der Kläger auf der Grundlage des [X.] von März 2002 Übergangsgeld iHv kalendertäglich 40,22 € (Bescheid vom [X.] in der Fassung des Bescheides vom [X.]). Nachdem ihm die Beklagte eine Ausbildung zum Maschinenbautechniker als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben gewährt hatte (Bescheid vom 11.7.2002), bewilligte sie ihm Übergangsgeld auf der Basis des [X.] von August 2002 iHv kalendertäglich 42,18 € (Bescheid vom [X.]). Die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 3.5., 7.8. und [X.] wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 17.12.2002).

4

Diese Bescheide hat das [X.] aufgehoben und die Beklagte verurteilt, das Übergangsgeld für die Berufsfindung/Arbeitserprobung und die Ausbildung zum Maschinenbautechniker unter Zugrundelegung des [X.] von März 2002 zu bewilligen (Urteil vom 22.9.2005). Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 29.7.2008): Zu Recht habe die Beklagte das Übergangsgeld nicht nach dem [X.] berechnet, das der Kläger im März 2002 erzielt habe. Denn maßgeblicher Bemessungszeitraum sei Oktober 2000. Dies sei der letzte abgerechnete Entgeltabrechnungszeitraum vor Beginn der Leistung, die mit der medizinischen Rehabilitationsmaßnahme begonnen habe und mit der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben abgeschlossen worden sei. Medizinische und berufsfördernde Maßnahmen seien Teile eines Gesamtplans mit einheitlicher Zielsetzung. An das Vorliegen eines derartigen Gesamtplans, aus dem sich die Einheitlichkeit des Rehabilitationsverfahrens ableiten lasse, dürften keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Es reiche vielmehr aus, wenn bei Beendigung einer medizinischen Leistung die Erforderlichkeit einer berufsfördernden Leistung objektiv feststehe. Die Einheitlichkeit des Rehabilitationsverfahrens diene der Verwaltungsvereinfachung und sei ein elementarer Grundsatz des [X.]. Im Falle von Zwischen- oder [X.] solle dieser Grundsatz Ungerechtigkeiten, Zufälligkeiten oder Manipulationsmöglichkeiten im Einzelfall ausschließen. Wirkten Arbeitgeber und Arbeitnehmer kollusiv zusammen, so könnten sie das Arbeitsentgelt aus der [X.] im Bemessungszeitraum künstlich hoch halten, um das Übergangsgeld zu manipulieren. Außerdem bestehe die Gefahr von Fehlanreizen, wenn der Versicherte zwischen zwei Rehabilitationsmaßnahmen eine hoch bezahlte, aber nicht leidensgerechte Tätigkeit aufnehme und so das Rehabilitationsziel gefährde. Schließlich müsse das Entgelt aus [X.]en auch deshalb unberücksichtigt bleiben, weil es häufig wegen der rehabilitationsbedürftigen Erkrankung gemindert sei. Deshalb sei unbeachtlich, dass der Kläger - anders als im Regelfall zu erwarten - mit seiner [X.] im März 2002 ein höheres [X.] verdient habe als vor Beginn der Kurmaßnahme. Wie sich aus § 301 Abs 1 Satz 1 [X.] ergebe, seien für die Berechnung des Übergangsgeldes die §§ 20 bis 27 [X.] in ihrer bis zum 30.6.2001 geltenden Fassung (aF) weiter anzuwenden, weil der Kläger berufliche Rehabilitationsleistungen vor dem [X.] beantragt habe. Die Übergangsvorschrift des Art 67 Abs 1 [X.] vom 19.6.2001 ([X.] 1046) werde für Teilhabeleistungen nach dem [X.] durch § 301 [X.] als speziellere und daher vorrangige Regelung verdrängt.

5

Mit der Revision, die das [X.] zugelassen hat, rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts: Das Übergangsgeld sei nach den Vorschriften des [X.] zu berechnen, weil die Berufsfindung/Arbeitserprobung und die Ausbildung zum Maschinenbautechniker erst nach dem Inkrafttreten des [X.] begonnen hätten. Für diesen Fall ordne Art 67 Abs 1 [X.] die Anwendbarkeit des [X.] an. Gemäß § 47 Abs 1 Satz 1 [X.] sei für Berechnung des Regelentgelts von dem letzten vor Beginn der Leistung oder einer vorangegangenen Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum auszugehen. Dies sei vorliegend März 2002 gewesen. Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Rehabilitationsverfahrens führe zu keinem anderen Ergebnis, weil die Beklagte keinen einheitlichen [X.] aufgestellt habe. Hiervon könne bei einer Zeitspanne von über einem Jahr zwischen dem Abschluss der medizinischen Rehabilitationsleistung und dem Beginn der beruflichen Rehabilitation keine Rede mehr sein. Dies bestätige § 49 [X.], wonach die Kontinuität der Berechnungsgrundlage nur erhalten bleibe, wenn die weitere Maßnahme direkt im [X.], dh im zeitlichen Abstand von höchstens vier Wochen, durchgeführt werde.

6

           

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des [X.] vom 29. Juli 2008 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 22. September 2005 zurückzuweisen.

7

           

Die Beklagte, die dem Berufungsurteil weitgehend beipflichtet, beantragt schriftsätzlich,

        

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist begründet.

9

Zu Unrecht hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die [X.]lage abgewiesen. Die Bescheide der [X.] vom 3.5., 7.8. und [X.] und der Widerspruchsbescheid vom 17.12.2002 verletzen den [X.]läger in seinen Rechten, weil sie das kalendertägliche Übergangsgeld während der Berufsfindung/Arbeitserprobung und während der Ausbildung zum Maschinenbautechniker nicht auf der Grundlage des maßgeblichen - höheren - [X.] für den Monat März 2002 feststellten. Die Revision führt daher zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

1. Entgegen der Auffassung des [X.] ergeben sich Höhe und Berechnung des [X.] für beide Maßnahmen aus Teil 1 [X.]apitel 6 des [X.]. Dieses Gesetz ist am [X.] in [X.] getreten (Art 68 Abs 1 [X.]) und bestimmt seither die Rechtsfolgen für grundsätzlich alle einschlägigen Sachverhalte.

a) Der Anspruch des [X.] auf Übergangsgeld für die [X.]/Arbeitserprobung vom 22.4. bis [X.], auf den es für die Bestimmung des anzuwendenden Rechts ankommt ([X.] 53, 229 = [X.] 2200 § 1241 [X.]), folgt aus § 45 Abs 3 [X.]. Hiernach haben Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen Anspruch auf Übergangsgeld wie bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den [X.]raum, in dem die berufliche Eignung abgeklärt oder eine Arbeitserprobung durchgeführt wird (§ 33 Abs 4 Satz 2 [X.]) und sie wegen der Teilnahme kein oder ein geringeres Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielen. Im Zusammenhang mit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben leisten die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 45 Abs 2 [X.] 2 [X.] Übergangsgeld nach Maßgabe dieses Buches und der §§ 20 und 21 [X.]. Auch nach dem Recht des [X.] handelt es sich bei dem Anspruch auf Übergangsgeld um einen von dem Anspruch auf die Maßnahme zur Teilhabe (§ 5 [X.]) selbst strikt zu unterscheidenden besonderen und ergänzenden (§ 44 Abs 1 [X.] [X.]) Anspruch, der folglich auch durch einen besonderen Verwaltungsakt (Bescheid) zuerkannt/festgestellt wird (vgl zum Verhältnis des [X.] zu den Maßnahmen der Rehabilitation nach altem Recht: Urteil des Senats vom [X.] - [X.] 3-2600 § 20 [X.] ff). Er entsteht daher bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen mit der tatsächlichen Durchführung der Maßnahme als besonderem "Versicherungsfall". Nichts anderes gilt hinsichtlich Funktion und Rechtsnatur des [X.] für Fälle der vorliegenden Art, in denen sich der Anspruch auf diese Leistung aus der Rechtsfolgenverweisung in § 45 Abs 3 [X.] ergibt. Der gesamte insofern leistungsbegründende Sachverhalt, insbesondere also die Teilnahme an der Berufsfindung/Arbeitserprobung vom 22.4. bis [X.], hat sich vorliegend nach Inkrafttreten des [X.] vollzogen und unterliegt damit dessen Regelungen, auf die die damit gemäß § 45 Abs 2 [X.] 2 [X.] ebenfalls in ihrer Fassung ab dem [X.] anzuwendenden § 20 Abs 1 [X.], § 21 Abs 1 [X.] jeweils - deklaratorisch - (zurück-)verweisen.

Vorrangiges Spezialrecht ist nicht einschlägig. So kommt vorliegend zunächst keine Anwendung der Vorgängerregelung des § 45 Abs 3 [X.], des zum 30.6.2001 aufgehobenen (Art 6 [X.]6 iVm Art 68 Abs 1 [X.]) § 20 Abs 1 Satz 2 [X.] über diesen [X.]punkt hinaus in Betracht. Gemäß § 300 Abs 2 [X.] sind nämlich aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzes nach dem [X.]punkt der Aufhebung nur noch auf einen bis dahin "bestehenden Anspruch" anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei [X.]alendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. Am 30.6.2001 hatte der [X.]läger aber für die [X.] der "Teilnahme" an der erst vom 22.4. bis [X.] durchgeführten Berufsfindung/Arbeitserprobung noch keinen durchsetzbaren Anspruch (§ 194 Abs 1 BGB) auf Übergangsgeld (vgl zum Begriff des Anspruchs: [X.] [X.] 3-2600 § 301 [X.] S 2). Nichts anderes (§ 300 Abs 5 [X.]) ergibt sich aus § 301 Abs 1 Satz 1 [X.], wonach für "Leistungen zur Teilhabe" unter bestimmten Voraussetzungen altes Recht weiter anzuwenden ist. Die Anwendung der Norm setzt zunächst voraus, dass unter dem erst zum [X.] eingeführten Rechtsbegriff der "Leistungen zur Teilhabe" übergangsrechtlich vor diesem [X.]punkt beantragte Maßnahmen zur "Rehabilitation" zu verstehen sind (vgl in diesem Sinne auch BT-Drucks 11/4124 S 206). Hiervon ausgehend ist der Anspruch auf Übergangsgeld vom sachlichen Anwendungsbereich der Vorschrift nicht erfasst. Das Übergangsgeld ist nämlich eine die Rehabilitationsmaßnahme ergänzende Leistung (§ 20 Abs 1 [X.] [X.] aF, § 28 [X.] aF) der Rehabilitation, nicht aber selbst eine Maßnahme zur Rehabilitation (vgl [X.] 53, 229 = [X.] 2200 § 1241 [X.] und Urteil des Senats vom [X.], aaO). Auch dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass auch nach altem Recht Übergangsgeld für die [X.] der Teilnahme an einer Berufsfindung oder Arbeitserprobung erst auf Grund der Rechtsfolgenverweisung in § 20 Abs 1 Satz 2 [X.] aF zu leisten war. Aus demselben Grund scheidet schließlich die Anwendung der Übergangsbestimmung des Art 67 Abs 1 [X.] aus, wonach für "Leistungen zur Teilhabe" in bestimmten Fällen anstelle des [X.] altes Recht (§ 20 Abs 1 Satz 2 [X.]) weiter gilt.

b) Auch die Höhe und Berechnung des [X.] während der ebenfalls vollständig in die [X.] nach dem 30.6.2001 fallenden Ausbildung des [X.] zum Maschinenbautechniker richten sich nach Teil 1 [X.]apitel 6 des [X.]. § 45 Abs 2 [X.] 2 [X.] kommt insofern unmittelbar zur Anwendung. Die vorstehenden Ausführungen zum anwendbaren Recht gelten im Übrigen entsprechend.

2. Der [X.]läger hat während der zwölftägigen Arbeitserprobung/Berufsfindung dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld "wie bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben" (§ 45 Abs 3 [X.]). Der Wert des Rechts auf Übergangsgeld ist nach §§ 46 ff [X.] zu berechnen.

Gemäß § 46 Abs 1 Satz 1 [X.] werden der Berechnung des [X.] grundsätzlich 80 vom Hundert (vH) des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt ([X.]) zugrunde gelegt, höchstens jedoch das in entsprechender Anwendung des § 47 berechnete [X.]; hierbei gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze ([X.]). Ist - wie hier - das Arbeitsentgelt nach Monaten bemessen, gilt der 30. Teil des in dem letzten vor Beginn der Leistung abgerechneten [X.]alendermonat erzielten und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderten Arbeitsentgelts als [X.] (§ 47 Abs 1 Satz 3 [X.]).

Bei der Ermittlung des [X.]s ist auf März 2002 als Bemessungszeitraum abzustellen, weil dies der letzte [X.]alendermonat ist, der abgerechnet worden war, bevor die Berufsfindung/Arbeitserprobung am [X.] begann. An diesem Tag hatte der Arbeitgeber das im Vormonat erzielte Arbeitsentgelt bereits vollständig errechnet, sodass es ohne Weiteres ausgezahlt bzw überwiesen werden konnte (vgl dazu [X.] [X.] 3-2200 § 182 [X.]; [X.] in [X.]/Brand, 5. Aufl 2010, § 160 Rd[X.] 39; Schütze in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 47 Rd[X.]7). "Leistung" iS von § 47 Abs 1 Satz 3 [X.] ist dabei grundsätzlich die ([X.] (Einzelleistung zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben einschließlich Berufsfindung und Arbeitserprobung iS von § 45 Abs 3 [X.]), von der die unterhaltssichernde (Neben-)Leistung - Übergangsgeld - akzessorisch abhängt. Von dieser isolierten Betrachtung der jeweiligen Einzelmaßnahme kann auch nicht allein deshalb abgesehen werden, weil ggf mehrere Maßnahmen zeitlich aufeinanderfolgen. Andernfalls wären die einschränkenden Voraussetzungen des § 49 [X.] weitgehend obsolet. In dieser Vorschrift normiert der Gesetzgeber selbst die Bedingungen abschließend, unter denen ausnahmsweise auf frühere Abrechnungszeiträume zurückgegriffen werden darf (sog [X.]ontinuität der Bemessungsgrundlage). Neben dieser gesetzlichen Regelung besteht für die erweiternde Auslegung des Leistungsbegriffs in § 47 Abs 1 Satz 3 [X.] kein Raum.

Entgegen der Ansicht der [X.] ist vorliegend nicht auf den zuletzt abgerechneten [X.]alendermonat vor Beginn der medizinischen Rehabilitation abzustellen, an der der [X.]läger ab dem [X.] teilgenommen hat. Denn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 49 Halbs 1 [X.] iVm § 21 Abs 3 [X.] sind nicht erfüllt. Nach § 49 Halbs 1 [X.] wird bei der Berechnung ergänzender Leistungen zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt nur ausgegangen, wenn Leistungsempfänger [X.]rankengeld, Verletztengeld, [X.] oder Übergangsgeld bezogen haben und im [X.] daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt wird. Der [X.]läger hat für die [X.] der vierwöchigen stationären medizinischen Leistung zur Rehabilitation bis zum 22.3.2001 Übergangsgeld bezogen. Die Berufsfindung/Arbeitserprobung, die 13 Monate später am [X.] begann, ist aber nicht "im [X.] daran" ausgeführt worden.

"[X.]" iS von § 49 Halbs 1 [X.] ist zunächst nicht gleichbedeutend mit einem nahtlosen Zusammenhang zwischen dem Bezug einer Entgeltersatzleistung und dem Beginn der Maßnahme zur Teilhabe (so bereits [X.] 51, 193, 195 = [X.] 2200 § 1241b [X.] 4). Zwar hat dieser Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch (vgl dazu nur [X.], Die Auslegung von Gesetzen, 2. Aufl 2001, § 5 I 1, [X.]) die Bedeutung "unmittelbar (da)nach" ([X.], [X.], 7. Aufl 2000, [X.] 8 zu [X.]; [X.], [X.], [X.], 3. Aufl 2002, [X.] 3b zu [X.]; [X.], [X.], [X.], 3. Aufl 1999, [X.] 3b zu [X.]). Ein Verständnis in diesem restriktiven Sinne kommt jedoch im vorliegenden [X.]ontext, auf den es für das Verständnis unbestimmter Rechtsbegriffe in besonderer Weise ankommt, nicht in Betracht. Selbst dort, wo das Gesetz in einschlägigen Zusammenhängen die engere Formulierung "unmittelbar anschließend" (§ 51 Abs 1 [X.]) verwendet, ist kein nahtloser Übergang erforderlich (Senatsurteil vom 29.1.2008 - [X.] 4-3250 § 51 [X.] Rd[X.] 31; [X.] [X.] 4-3250 § 28 [X.] 3 Rd[X.] 22). Dem Gesetzgeber des [X.] war zudem bekannt, dass die Rechtsprechung zu den Vorgängernormen von § 49 Halbs 1 [X.] dem dortigen Begriff "im [X.]" das Erfordernis der Nahtlosigkeit nicht entnommen hatte. Weder § 49 [X.] noch den sog Materialien kann entnommen werden, dass mit dem Inkrafttreten des [X.] trotz des unveränderten Wortlauts ein anderes Verständnis maßgeblich sein und ein ausreichender Zusammenhang nur bei Fehlen jeder zeitlichen Lücke als gegeben angesehen werden sollte.

Die gesetzliche Bestimmung "im [X.]" kann andererseits im Wege der Auslegung schon deshalb nicht abschließend quantifiziert werden, weil damit der vom Gesetzgeber gewählte unbestimmte Rechtsbegriff durch ein bestimmtes Tatbestandsmerkmal ersetzt würde (vgl zu diesem Gesichtspunkt bereits [X.], [X.] 3-4100 § 59c [X.] 3 S 11). Ob im Sinne der Ausnahmeregelung des § 49 [X.] ein zwar nicht nahtloser, wohl aber hinreichend zügiger [X.] der den Anspruch auf Übergangsgeld begründenden Maßnahme zur Teilhabe an den Vorbezug von ua Übergangsgeld gegeben ist, kann vielmehr nur einzelfallbezogen unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck dieser Norm bestimmt werden (vgl [X.] 51, 193, 195 = [X.] 2200 § 1241b [X.] 4).

Ähnlich § 16 [X.] in der bis 30.6.2001 geltenden Fassung und ihm entsprechend weiteren Vorschriften für die verschiedenen Rehabilitationsträger, wie etwa § 1241b [X.] (vgl hierzu [X.] 51, 193 = [X.] 2200 § 1241b [X.] 4), soll auch der diese Regelungen zusammenfassende (vgl BT-Drucks 14/5074, 110) § 49 [X.] einerseits die [X.]ontinuität der Leistungen gewährleisten und andererseits der Verwaltungsvereinfachung dienen (vgl [X.] 51, 193 = [X.] 2200 § 1241b [X.] 4 und [X.] [X.] 3-4100 § 59c [X.] 3 S 11). Allerdings kann die Gewährleistung von [X.]ontinuität im Sinne einer Fortgeltung der Bemessungsgrundlage einer früher bezogenen Leistung im Blick auf die regelmäßig vorzunehmende Bemessung des [X.] auf der Grundlage des der konkreten Maßnahme zur Teilhabe vorangehenden [X.] nach den §§ 46, 47 [X.] nur dann in Betracht kommen, wenn sich nicht zwischenzeitlich eine andere Leistungsgrundlage gebildet hat oder hätte bilden können (vgl zum früheren Recht [X.] [X.] 3-4100 § 59c [X.] 3 S 11). Andernfalls wäre eine von Zufälligkeiten freie und den Lebensstandard des Versicherten ausreichend widerspiegelnde Bemessung des [X.] nicht gewährleistet.

Auch insofern kann in Anlehnung an das bis zum 30.6.2001 geltende Recht davon ausgegangen werden, dass ein die Anwendung von § 49 [X.] rechtfertigender und die Bildung einer anderen Lebensgrundlage in diesem Sinne ausschließender "[X.]" immer dann gegeben ist, wenn der zeitliche Abstand zwischen dem Ende des früheren Leistungsbezuges und dem Beginn der Maßnahme zur Teilhabe weniger als vier Wochen beträgt (vgl [X.] 51, 193 = [X.] 2200 § 1241b [X.] 4). Die Anwendung dieser Untergrenze rechtfertigt sich auch für das geltende Recht entsprechend daraus, dass in vorbestehender Übereinstimmung mit den Regelungen für das [X.]rankengeld (vgl § 47 Abs 2 SGB V) auch für die Bemessung des dem Übergangsgeld zugrunde liegenden [X.]s auf einen [X.]raum von wenigstens vier Wochen abgestellt wird (§ 47 Abs 1 Satz 1 [X.]), um dessen Höhe nicht von der zufälligen [X.] weniger Tage abhängig zu machen (vgl [X.] 51, 193 = [X.] 2200 § 1241b [X.] 4). Um dies zu vermeiden, wird in derartigen Fällen gemäß § 49 [X.] auch für die Bestimmung der Höhe des nunmehr ergänzend zu zahlenden [X.] auf das bereits der früheren Leistung zugrunde liegende und auf einen ausreichenden Bemessungszeitraum bezogene Arbeitsentgelt abgestellt. Im Regelfall ([X.] [X.] 3-4100 § 59c [X.] 3 S 11) darf daher die Unterbrechung zwischen dem Übergangsgeld und der vorher bezogenen Entgeltersatzleistung nicht länger als vier Wochen dauern ([X.] 58, 175, 177 = [X.] 4100 § 59 [X.] 3; [X.], Urteil vom 30.5.1985 - 11a RA 52/84 - Juris). Bereits ein neuer Entgeltabrechnungszeitraum auf der Grundlage tatsächlicher Arbeitserbringung von mindestens vier Wochen begründet dagegen eine neue Lebensgrundlage ([X.] aaO). Dem Urlaubsentgelt kommt demgegenüber die Indizwirkung des Arbeitsentgelts nicht zu; hier kann auch bei einer mehr als vierwöchigen Lücke der Zusammenhang erhalten bleiben ([X.] 58, 175, 177 = [X.] 4100 § 59 [X.] 3).

Einen fortbestehenden Zusammenhang hat das [X.] trotz eines mehr als vierwöchigen Abstandes im Rahmen von § 59c [X.] auch dann erwogen, wenn sich Maßnahmen, die auf einem Gesamtplan beruhen, aus technischen Gründen verzögern (offen gelassen in [X.] 58, 175, 177 = [X.] 4100 § 59 [X.] 3). Unter anderem in derartigen Fällen könnte in Betracht kommen, dass sich Maßnahmen zur Teilhabe als Einheit in der Weise darstellen, dass gemeinsamer Bezugszeitraum für die Bemessung des Übergangsgelds während aller Teilleistungen der letzte abgerechnete [X.]alendermonat vor der ersten Maßnahme ist und alle weiteren iS von § 49 [X.] "im [X.]" ausgeführt werden. [X.] Überlegungen ist für den vorliegenden Zusammenhang nicht weiter nachzugehen.

Denn es liegen keine Sachgründe vor, die den zeitlichen Abstand von 13 Monaten zwischen der medizinischen Rehabilitationsleistung, die am [X.] endete, und der Berufsfindung/Arbeitserprobung, die am [X.] begann, überbrücken könnten. Beide Maßnahmen sind nämlich schon keine funktional aufeinander bezogenen (Teil-)Leistungen einer übergreifenden ([X.], die ausnahmsweise den Rückgriff auf weiter zurückliegende Abrech-nungszeiträume rechtfertigen würde. Ein solches "ganzheitliches" Rehabilitationsgeschehen, das Zwischenbeschäftigungen bei der [X.]bestimmung unberücksichtigt lässt, liegt nur vor, wenn es auf einem einheitlichen, in sich zusammenhängenden und frühzeitig festgelegten "[X.]" beruht (vgl dazu Schütze in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 47 Rd[X.] 22 sowie § 4 der Gemeinsamen Empfehlung über die nahtlose, zügige und einheitliche Erbringung von Leistungen zur Teilhabe nach § 12 Abs 1 [X.] bis 3 iVm § 13 Abs 1, Abs 2 [X.] 5 [X.] vom [X.]; zum früheren "Gesamtplan" nach § 5 Abs 3 Satz 2 [X.], der zum 30.6.2001 außer [X.] getreten ist, vgl [X.] 75, 30, 32 = [X.] 3-4100 § 59 [X.] 6 S 31).

Medizinische Rehabilitation und Berufsfindung/Arbeitserprobung beruhten vorliegend nicht auf einem rehabilitativen Gesamtkonzept, das bereits § 5 Abs 3 Satz 2 [X.] unter dem Begriff des "[X.]" kannte und das nun unter den Begriff des "[X.]s" zu fassen ist. Denn die Beklagte hatte nach Abschluss der medizinischen Rehabilitation durch Bescheid vom 12.6.2001 weitere Leistungen zur Teilhabe ausdrücklich abgelehnt und damit jedes eventuell vorhandene Vertrauen in die Existenz eines übergreifenden Gesamtkonzepts zerstört. Dass die Beklagte diese Entscheidung später durch [X.] vom 14.1.2002 revidierte, dem [X.]läger zunächst Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes in Aussicht stellte und dann mit Bescheid vom [X.] gewährte, kann ein ursprünglich inexistentes Gesamtkonzept nicht rückwirkend entstehen lassen. Folglich sind medizinische Rehabilitation sowie Berufsfindung/Arbeitserprobung - was die Berechnung des [X.] angeht - nicht als Bestandteile einer Gesamtmaßnahme, sondern isoliert als eigenständige Einzelleistungen zu betrachten. Maßgeblicher Bemessungszeitraum für die Berufsfindung/Arbeitserprobung ist somit der Monat März 2002.

3. Während der Ausbildung zum Maschinenbautechniker ist Übergangsgeld ab dem [X.] ebenfalls auf der Grundlage des im Monat März 2002 erzielten Entgelts zu zahlen. Dies folgt ebenfalls aus §§ 46 ff [X.], auf die § 21 Abs 1 [X.] nF verweist. Höhe und Berechnung des [X.] bestimmen sich hiernach nach Teil 1 [X.]apitel 6 [X.], soweit die Absätze 2 bis 4 - wie hier - nichts Abweichendes bestimmen. In Anwendung der vorstehend geschilderten Grundsätze ist für die Bemessung des [X.] nicht auf August 2002, dem zuletzt abgerechneten [X.]alendermonat vor Beginn der (Haupt-)Leistung (Ausbildung zum Maschinenbautechniker), abzustellen. Denn die Berufsfindung/Arbeitserprobung, die am [X.] endete, und die Ausbildung zum Maschinenbautechniker, die am [X.] begann, sind funktional ineinander greifende (§ 10 Abs 1 Satz 1 [X.]) und zusammenwirkende (§ 11 [X.]) Teilleistungen einer übergreifenden ([X.], die auf einem einheitlichen, in sich zusammenhängenden und frühzeitig festgelegten [X.] beruhen. Wie sich bereits aus dem Bewilligungsbescheid vom [X.] ergibt, führte die Beklagte die Berufsfindung/Arbeitserprobung durch, "um für die Auswahl berufsfördernder Leistungen zur Rehabilitation … Eignung, Neigung und bisherige Tätigkeit" des [X.] "angemessen berücksichtigen zu können". Die Berufsfindung/Arbeitserprobung sollte nach dem erkennbaren [X.]onzept der [X.] also nur Vorstufe einer sich daran anschließenden Teilhabeleistung sein. Diese funktionale Verknüpfung der beiden Leistungen rechtfertigt die Annahme eines "ganzheitlichen" Rehabilitationsgeschehens, das Zwischenbeschäftigungen bei der [X.]bestimmung unberücksichtigt lässt, und auf der Grundlage von § 49 [X.] den Rückgriff auf weiter zurückliegende Abrechnungszeiträume (hier: März 2002) rechtfertigt.

Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 5 R 104/08 R

07.09.2010

Bundessozialgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Augsburg, 22. September 2005, Az: S 14 R 55/03, Urteil

§ 20 SGB 6 vom 21.06.2001, § 21 Abs 1 SGB 6 vom 21.06.2001, § 21 Abs 3 SGB 6 vom 21.06.2001, § 300 Abs 2 SGB 6, § 300 Abs 5 SGB 6, § 301 Abs 1 S 1 SGB 6, § 10 Abs 1 S 1 SGB 9, § 11 SGB 9, § 45 Abs 2 Nr 2 SGB 9, § 45 Abs 3 SGB 9, § 46 Abs 1 S 1 SGB 9, § 47 Abs 1 S 3 SGB 9, § 49 Halbs 1 SGB 9, § 51 Abs 1 SGB 9, Art 67 Abs 1 SGB9uaÄndG, Art 68 Abs 1 SGB9uaÄndG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 07.09.2010, Az. B 5 R 104/08 R (REWIS RS 2010, 3616)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3616

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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