Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.09.2022, Az. 2 WDB 1/22

2. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2022, 9270

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Gegenstand

Einfache Disziplinarmaßnahme; Absonderung aufgrund COVID-19; Nötigung


Leitsatz

1. Die Anhörung der Vertrauensperson kann im einfachen Disziplinarverfahren vom Disziplinarvorgesetzten nicht auf den Rechtsberater delegiert werden.

2. Der Anhörung der Vertrauensperson zum Disziplinarmaß ist auch dann Rechnung getragen, wenn sich die verhängte Disziplinarmaßnahme in dem Verhängungsspektrum bewegt, das ihr mitgeteilt wurde.

3. Verfahrensfehler sind auch bei einfachen Disziplinarmaßnahmen im Beschwerdeverfahren nach Maßgabe der §§ 45 und 46 VwVfG heilbar und begründen keinen Aufhebungsanspruch (Änderung der Senatsrechtsprechung).

4. Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet bei Nötigungen, die nicht durch die Androhung von Gewalt gegen Leib und Leben erfolgen und sich nicht gegen die sexuelle Selbstbestimmung richten, die Kürzung der Dienstbezüge.

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Soldaten wird die [X.] vom 12. März 2021 in [X.] neu gefasst:

"Der Soldat hielt sich am 18.12.2020 zwischen 09:27 Uhr und 09:43 Uhr im Gebäude 107 in der ...-Kaserne in ... auf, obwohl ihm, wie er wusste, aufgrund seiner am 17.12.2020 erfolgten Rückkehr aus der [X.] in die [X.] der Aufenthalt in diesem Gebäude aus [X.] verboten war."

Im Übrigen wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen.

Tatbestand

1

[X.] wendet sich gegen eine einfache [X.]nahme.

2

1. Der ... geborene und verheiratete Soldat ist Vater von drei volljährigen Kindern. Er hat die nationale sowie [X.] Generalstabsausbildung erfolgreich absolviert, weist acht förmliche Anerkennungen auf und ist mit dem [X.] in Silber und Gold dekoriert. Er ist [X.]erufssoldat und Abteilungsleiter in der ... im Dienstgrad eines Obersten i.G. der [X.]esoldungsgruppe [X.] Zum Zeitpunkt des ihm vorgeworfenen Dienstvergehens war er im ... der [X.] Leiter der Abteilung ... In dieser Eigenschaft nahm er vom 27. November 2020 bis 17. Dezember 2020 an einer Dienstreise in den [X.] teil.

3

2. In der letzten, vom [X.]efehlshaber des ... verfassten regulären [X.]eurteilung vom 2. Juli 2019 erlangte der Soldat im Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung "8,50". In der [X.]eschreibung heißt es, sein Führungsverhalten sei charakterisiert durch den Dreiklang von hoher Zuverlässigkeit, der Einforderung von Höchstleistungen und Fürsorglichkeit. [X.] sei psychisch wie physisch hochbelastbar und ein herausragender Generalstabsoffizier. Mit seinem vorbildlichen Informations- und [X.] sei er ein gesuchter und geschätzter Gesprächspartner. Mit seiner beispielgebenden Dienstauffassung gehe er voran. Es stehe außer Frage, dass der Soldat für weitere anspruchsvolle Folgeverwendungen in besonderem Maße geeignet sei. Der nächsthöhere Vorgesetzte hat sich dem angeschlossen und empfohlen, den Soldaten für eine mögliche Förderung in [X.] [X.] weiterhin im Auge zu behalten.

4

Nach Aussage des seit März 2022 aktuellen [X.] sind die Leistungen des ihm seit 1995 bekannten Soldaten nach dem aktuellen [X.]eurteilungssystem mit "D.O" einzureihen. [X.] gehöre im oberen Drittel zur Leistungsspitze. Er sei ein aufrichtiger, eher robuster Kamerad, als Angehöriger der Fallschirmjägertruppe körperlich belastbar und ein "Macher". Es gebe über den Soldaten keine [X.]eschwerden aus dem Kameradenkreis und es hätte - abgesehen von den durch die [X.] geahndeten Pflichtverletzungen - nur ein bis zwei kleinere dienstliche Verstöße gegeben, bei denen die disziplinaren Ermittlungen von ihm unter Feststellung eines Dienstvergehens eingestellt worden seien. Konkret sei es um den Verlust eines Mobilfunkgerätes bzw. um die ungeschützte Versendung einer E-Mail durch den Soldaten an dessen Ehefrau gegangen.

5

3. Nach der ersten Anhörung des Soldaten am 18. Januar 2021 durch den Rechtsberater, der am 26. Februar 2021 durch den Rechtsberater erfolgten Anhörung der Vertrauensperson und der am 10. März 2021 vom [X.] durchgeführten Schlussanhörung hat dieser am 12. März 2021 gegen den Soldaten eine [X.] von 2 500 € mit der [X.]egründung verhängt:

"1. [X.] hielt sich am 18.12.2020 zwischen 09:27 Uhr und 09:43 Uhr in Gebäude 107 in der ...-Kaserne in ... auf, obwohl ihm, wie er wusste, aufgrund seiner am 17.12.2020 erfolgten Rückkehr aus der [X.] in die [X.] durch den [X.]efehlshaber des ... mit 'Weisung Nr. 2, 8. Änderung, für die Festlegung von Einsatz- und Missionsgebieten der [X.], für die eine isolierte Unterbringung vor und Absonderung nach Einsätzen und Missionen in [X.] aufgrund COVID-19 durchzuführen ist' vom 14.12.2020 der Aufenthalt in häuslicher Absonderung befohlen worden war.

2. [X.] drohte am 12.01.2021 gegen 11:10 Uhr dem ihm unterstellten [X.] in dessen Dienstzimmer in [X.] in der ...-Kaserne in ..., um ihn von einer Zeugenaussage zu einem bestimmten Vorfall in der am selben Tag stattfindenden Vernehmung durch den Rechtsberater des ... in disziplinaren Ermittlungen gegen den Soldaten abzuhalten, sinngemäß mit den Worten:

'Meine Empfehlung, lass das Thema [X.] raus oder wir machen das Fass richtig auf.', sowie: 'Dann packe ich aus, dass ich Dr. H. beim Eintreffen in [X.] beim [X.] angetroffen habe, ohne dass Abstände eingehalten wurden und ohne Masken. Ein vernünftiges Hygienekonzept hatte er damals auch noch nicht verfasst. Das kannst Du ihm auch ruhig sagen von [X.]. Also nochmal, überleg Dir gut, mein Lieber, ob Du dazu heute eine Aussage machst. Wenn [X.]lut fließen soll, dann fließt richtig [X.]lut.'

3. [X.] erklärte am 12.01.2021 gegen 14:30 Uhr in seinem Dienstzimmer in Gebäude 107 in der ...-Kaserne in ... dem ihm unterstellten [X.], nachdem dieser eine Meldung von [X.], für die der Soldat die Verantwortung trug, verfasst hatte, sinngemäß: 'Ich bin enttäuscht. Das neue [X.]eurteilungssystem wird für Sie nicht mehr passen. Sie sind kein guter Teamspieler.' Hierdurch fühlte sich [X.], wie der Soldat billigend in Kauf nahm, bedroht, da er befürchten musste, infolge seiner Meldung eine schlechte [X.]eurteilung zu erhalten."

6

In der in Ziffer 1 der [X.] in [X.]ezug genommenen Weisung Nr. 2 für die Festlegung von Einsatz- und Missionsgebieten der [X.], für die eine isolierte Unterbringung vor und Absonderung nach Einsätzen und Missionen in [X.] aufgrund COVID-19 durchzuführen ist (8. Änderung) (im Folgenden: Weisung Nr. 2), heißt es:

"Hiermit setze ich gem. [X.]ezug 1 für die [X.]e die Regelungen gem. Anlage A und [X.] in Kraft.

1. An der Durchführung einer isolierten Unterbringung (i.U.) wird festgehalten. Diese kann, je nach Auflage der [X.] und/oder ggf. ergänzenden bilateralen Vereinbarungen und Vorgaben der multinationalen Operationsführung, entweder in [X.] und/oder im [X.] erforderlich sein.

2. [X.] wird regelmäßig 14-tägig durchgeführt, wenn dies die [X.], bilaterale Abkommen oder die Operations- bzw. Missionsführung vorgeben. Für [X.]e, für die keine entsprechenden Vorgaben bestehen, kann hiervon abweichend eine i.U. als qualifizierte Einzelisolierung verbunden mit zwei SARS-CoV-2-Tests im Abstand von sieben Tagen durchgeführt werden, sofern ausreichend Testkapazitäten sichergestellt sind. Die jeweils aktuellen einsatz-/missionsspezifischen Vorgaben sind Anlage A zu entnehmen.

[...]

9. Für Einsatzrückkehrende aus [X.] bzw. aus [X.] mit erhöhtem Risiko ist eine Einreiseanmeldung gem. [X.]ezug 3 mit anschließender 14-tägiger h.A. in [X.] erforderlich. Die h.A. kann zentral/außerhäuslich oder in einem privaten Haushalt durchgeführt und, mit Nachweis eines negativen SARS-CoV-2-Tests direkt nach Rückkehr sowie nach Vorlage eines zweiten negativen SARS-CoV-2-Tests aus einem frühestens sieben Tage nach Rückkehr durchgeführten Abstrich, vorzeitig beendet werden.

[...]"

7

4. Die vom Soldaten gegen die [X.] eingelegte [X.]eschwerde hat der Generalinspekteur der [X.] mit am 6. September 2021 zugestelltem [X.]escheid vom 16. August 2021 zurückgewiesen.

8

5. [X.] hat dagegen unter dem 4. Oktober 2021 weitere [X.]eschwerde erhoben und sie - unter [X.]ezugnahme auf seine früheren Einlassungen und [X.]eschwerdebegründung - im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

a) Die [X.]nahme sei formell rechtswidrig. Insbesondere seien die Anhörung der Vertrauensperson und die Erörterung ihrer Stellungnahme rechtsfehlerhaft, weil sie durch den Rechtsberater, nicht aber durch den [X.] oder durch einen von ihm beauftragten Offizier erfolgt seien. Dabei solle selbst die Übertragung der Anhörung der Vertrauensperson auf einen Offizier gemäß der [X.] nur in Ausnahmefällen stattfinden. Soweit die Entscheidung [X.]VerwG 1 W[X.] 144.82 als [X.]egründung dafür angeführt werde, dass der [X.]efehlshaber mit der Anhörung der Vertrauensperson seinen Rechtsberater habe beauftragen dürfen, überzeuge dies nicht, weil der zitierte Fall ein reines [X.]eschwerdeverfahren betroffen habe. [X.]ei alledem sei die Vertrauensperson nicht eigeninitiativ durch den [X.] über das konkret beabsichtigte [X.] in Kenntnis gesetzt worden. Der Rechtsberater habe ihr lediglich erklärt, der Disziplinarvorgesetzte denke eine [X.] zwischen 2 000 € und 4 000 € zu verhängen. Im Übrigen müsse die Anhörung der Vertrauensperson die letzte Maßnahme vor Durchführung des [X.]s sein, sodass die Vertrauensperson wegen der anschließenden Vernehmung des [X.] [X.] noch einmal hätte angehört werden müssen.

Das [X.] sei zudem erfolgt, ohne dass er vom vollständigen Inhalt der Ermittlungsakte Kenntnis gehabt habe. Dies verstoße gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs. Erst Anfang Juni 2021 habe er festgestellt, dass zum Zeitpunkt des [X.]s wesentliche Aktenteile gefehlt hätten und ihm vorher nicht zugänglich gemacht worden seien. Ansonsten hätte er insbesondere die unrichtige Mitteilung an den [X.]efehlshaber, die Ermittlungen in den jeweiligen [X.]ußgeldverfahren seien noch nicht abgeschlossen, widerlegen und auf die Einstellung der Ermittlungen hinweisen können. Unbekannt geblieben sei ihm dadurch auch der Aktenvermerk vom 8. Februar 2021 und die Empfehlung des [X.] des ... vom 2. Februar 2021, obwohl es sich dabei um ein Schlüsseldokument gehandelt habe. Ansonsten hätte er sich unter anderem dahingehend verteidigen können, dass in einem [X.]escheid der Überwachungsstelle für öffentlich-rechtliche Aufgaben des Sanitätsdienstes der [X.] Ost keine Ordnungswidrigkeit festgestellt worden sei und ihm Oberfeldarzt Dr. [X.] bestätigt habe, am 18. Dezember 2020 alle erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen zu haben.

b) Die [X.]nahme sei ferner materiell-rechtlich rechtswidrig.

aa) Zutreffend sei zwar, dass er sich am 18. Dezember 2020 kurz im Gebäude 107 der ...-Kaserne unter Einhaltung der Hygieneregeln mit einer [X.] aufgehalten habe, um aus seinem Dienstzimmer den Schlüssel für sein Fahrzeug, welches im [X.] geparkt gewesen sei, sowie Arbeitsunterlagen und dienstliche Kommunikationsmittel zu holen. Zu Unrecht gehe der Disziplinarvorgesetzte jedoch davon aus, dass ihm die Weisung Nr. 2 bekannt gewesen sei. Überdies sei der Weisung Nr. 2 kein eindeutiger [X.]efehl für den Aufenthalt in häuslicher Absonderung zu entnehmen.

bb) Soweit es die angeblich zweite Dienstpflichtverletzung betreffe, bestreite er, den Zeugen [X.] bedroht zu haben. Hintergrund des Gesprächs sei gewesen, dass er den [X.]efehlshaber des ... habe schützen wollen, weshalb er die Hoffnung gehabt habe, dass der Zeuge die Veranstaltung in [X.] nicht ansprechen werde, um nicht die Hintergründe für seine Teilnahme offenlegen zu müssen. Das hätte den [X.]efehlshaber in keinem guten Licht erscheinen lassen. Aber auch der in [X.] seinerzeit verantwortliche Hygienebeauftragte, [X.], hätte durch eine Aussage Probleme bekommen können.

cc) Soweit es die angeblich dritte Dienstpflichtverletzung betreffe, bestreite er auch diesen Vorwurf. Über [X.]eurteilungen im Generellen oder speziell für Oberstleutnant S. sei nicht gesprochen worden. Der anwesende Zeuge Oberst i.G. [X.]. habe Derartiges auch nicht bestätigt. Es sei seinerzeit um die Umstände der Meldung eines vermeintlichen Sicherheitsverstoßes gegangen, ohne dass er darüber zuvor als Abteilungsleiter informiert worden sei. Darüber sei er enttäuscht gewesen. Das emotionale Gespräch möge den Oberstleutnant S. verletzt haben und deshalb habe er - nach Hinweis von Oberst i.G. [X.]. - am nächsten Tag noch einmal das Gespräch mit diesem gesucht; für die Sicherheitsverstöße sei indes nicht er verantwortlich, sondern ausschließlich Oberstleutnant S.

6. Der Generalinspekteur tritt dem unter Hinweis auf die [X.]egründung in der [X.]eschwerdeentscheidung entgegen und trägt ergänzend im Wesentlichen vor, dem [X.] sei es zeitlich schlichtweg nicht möglich gewesen, die Anhörung und Erörterung mit der Vertrauensperson zeitnah selbst durchzuführen. Selbst wenn eine Delegation unzulässig gewesen wäre, würde dies keinen schweren Verfahrensfehler begründen. Deren Anhörung sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Die beabsichtigte Höhe der [X.] sei der Vertrauensperson im Rahmen der Erörterung erneut bekannt gegeben worden.

Dem Soldaten sei bei der abschließenden rechtlichen Anhörung auch das Ergebnis der Ermittlungen mitgeteilt worden. Dabei könne offenbleiben, ob ihm auch alle internen Vermerke und die Entscheidung vorbereitenden Schriftstücke vorgelegen hätten. Einen Anspruch auf eine solche Offenlegung habe der Soldat nicht. Die [X.] verlange nur, dem Soldaten klar zu eröffnen, welche Pflichtverletzungen ihm zur Last gelegt würden, und ihm die Ermittlungsergebnisse zu offenbaren, die als Tatsachengrundlage für die disziplinare Entscheidung gedient hätten. Eine Verpflichtung, die rechtliche [X.]ewertung des Sachverhalts zu erörtern, bestehe indes nicht.

7. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten [X.]ezug genommen. Die [X.]eschwerdeakte des Generalinspekteurs der [X.] und die Personalgrundakte des [X.]eschwerdeführers haben dem Senat bei der [X.]eratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 42 Nr. 4 [X.] i. V. m. § 16 Abs. 1 [X.] zulässige weitere Beschwerde ist im Ergebnis unbegründet.

1. Die [X.] ist nicht bereits aus formal-rechtlichen Gründen aufzuheben.

a) Kein Verfahrensfehler folgt aus dem Umstand, dass nach der am 26. Februar 2021 erfolgten Anhörung der Vertrauensperson am 8. März 2021 eine Befragung des Stabsfeldwebels K. erfolgt ist. In ihr konnte dieser zu keinem der behaupteten Pflichtverletzungen aus eigener Wahrnehmung berichten; er beschränkte sich auf eine positive Darstellung des Soldaten, der "ein eigener Typ und vielleicht manchmal etwas ruppig" sei, sodass dessen Vernehmung keinen Erkenntnisgewinn erbracht hat. In diesem Fall bedarf es keiner erneuten Anhörung der Vertrauensperson ([X.], Beschluss vom 26. Januar 2011 - 2 [X.] 9.10 - [X.] 449.7 § 27 [X.] Nr. 6 Rn. 4).

b) Ebenso wenig begründet einen Verfahrensfehler, dass der Vertrauensperson anlässlich ihrer Anhörung nicht die konkrete Höhe der beabsichtigten [X.], sondern lediglich ein Spektrum - im Bereich von 2 000 bis 4 000 € - mitgeteilt worden ist. An seiner älteren Rechtsprechung, demzufolge selbst dann eine erneute Anhörung der Vertrauensperson vorzunehmen ist, wenn die bei der Anhörung der Vertrauensperson avisierte Disziplinarmaßnahme milder ist als die tatsächlich verhängte ([X.], Beschluss vom 30. November 2011 - 2 [X.] 1.11 - [X.] 449.7 § 27 [X.] Nr. 7 Rn. 22), hält der [X.] - wie bereits entschieden - nicht mehr fest ([X.], Beschluss vom 8. November 2018 - 2 [X.] 1.18 - [X.]E 163, 345 Rn. 18 f.). Sie erweist sich als zu formalistisch und ist - den Interessen der Soldaten gerade zuwiderlaufend - geeignet, Disziplinarvorgesetzte zur Verhängung von avisierten Disziplinarmaßnahmen zu verleiten, auch wenn die Anhörung der Vertrauensperson mildernde Umstände ergeben hat. Von diesem Gedanken getragen, begegnet auch die Angabe des Spektrums einer [X.] keinen Bedenken, soweit sie sich auf eine bestimmte Disziplinarmaßnahmeart beschränkt, das Spektrum nicht zu breit gefächert ist und die verhängte Disziplinarmaßnahme sich innerhalb des Spektrums bewegt.

c) Soweit der Soldat ein fehlerhaftes [X.] annimmt, weil er bis zum 10. März 2021 keine vollständige Akteneinsicht, insbesondere keine Kenntnis von der Empfehlung des [X.] des ... vom 2. Februar 2021 als "[X.]" erhalten hat, begründet dies keinen Verfahrensmangel.

aa) Die für das [X.] nach § 32 Abs. 5 [X.] geltende Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 [X.] enthält keine nähere Bestimmung darüber, welche Unterlagen im Einzelnen zu der Akte zu nehmen sind und inwieweit Entwürfe der Akteneinsicht unterliegen. Dies eröffnet gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG Raum für die subsidiäre Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Dem entspricht, dass das Wehrbeschwerderecht dogmatisch dem ([X.] zuzuordnen ist (vgl. [X.]/Scheuren, [X.], 7. Aufl. 2020, § 23a Rn. 1 i. V. m. Einführung, Rn. 33; zum sonstigen Wehrbeschwerdeverfahren: [X.], Beschluss vom 24. Februar 2022 - 1 [X.] 40.21 - NVwZ 2022, 889 Rn. 27 ff.).

bb) Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 VwVfG gilt das Recht auf Akteneinsicht bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht für Entwürfe zu Entscheidungen sowie die Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung. Erfasst sind damit [X.] einschließlich Beratungsprotokolle, soweit sie [X.] enthalten ([X.]/[X.], VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 29 Rn. 18a; vgl. zu Akten zum innerdienstlichen Gebrauch nach § 3 Abs. 1 [X.]: [X.], Beschluss vom 20. November 2012 - 1 [X.] 4.12 - [X.]E 145, 102 Rn. 30; [X.]/[X.], [X.], 8. Aufl. 2022, § 3 Rn. 4). Vor diesem Hintergrund begegnet keinen Bedenken, dass dem Soldaten die ausdrücklich als Entscheidungsvorschlag bezeichneten Dokumente vom 2. Februar 2021 ([X.]. 70 - 74) und 10. Februar 2021 ([X.]. 64 - 65) sowie die vom Leitenden Rechtsberater dem Befehlshaber zur Information vorgelegten Dokumente vom 26. Februar 2021 ([X.]. 103 - 104) und 8. März 2021 ([X.]. 113 - 114) zunächst nicht zur Kenntnis gebracht worden sind. Dasselbe gilt für den Aktenvermerk vom 16. Februar 2021 zur Bewertung der Tatvorwürfe ([X.]. 77 - 89) sowie für den [X.] Aktenvermerk des [X.] über den Inhalt des mit dem Soldaten am 8. Februar 2021 geführten Gesprächs, da es ersichtlich ebenfalls nur der Vorbereitung des offiziellen [X.]s diente ([X.]. 66 - 67).

cc) Die Dokumente wurden dem Soldaten auch nur, wie es § 29 Abs. 1 Satz 2 VwVfG verlangt, bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens vorenthalten und waren ihm im Beschwerdeverfahren nach § 42 Satz 1 [X.] i. V. m. §§ 5 ff. [X.] vollständig zugänglich, wie sich aus der Beschwerdebegründung ergibt.

dd) Im Übrigen hatte der Soldat die Möglichkeit, zum Inhalt der ihm zuvor vorenthaltenen Dokumente sowie zu den sonstigen von ihm für bedeutsam erachteten Umständen - wie etwa Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens, Auskunft des Oberfeldarztes [X.], Inhalt des [X.] - im auf eine vollumfängliche Prüfung ausgerichteten Beschwerdeverfahren ([X.]/[X.], [X.], 8. Aufl. 2022, § 42 Rn. 65 i. V. m. 35 ff.) vorzutragen, sodass selbst ein etwaiger Verfahrensmangel nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG analog ([X.]/[X.], VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 45 Rn. 24) geheilt, jedenfalls aber nach § 46 VwVfG unbeachtlich geworden wäre ([X.]/[X.], a. a. [X.], Rn. 32).

d) Einen Verfahrensfehler begründet zwar die Anhörung der Vertrauensperson und die Erörterung mit ihr durch den Rechtsberater; der Verfahrensfehler ist jedoch nicht von solchem Gewicht, dass die [X.] allein deshalb aufzuheben wäre. Soweit der [X.] bislang den Standpunkt vertreten hat, bei einfachen Disziplinarmaßnahmen könnten Verfahrensmängel nicht im Beschwerdeverfahren geheilt werden ([X.], Beschlüsse vom 16. Dezember 2010 - 2 [X.] 3.10 - [X.] 449.7 § 27 [X.] Nr. 5 Rn. 36 = [X.] 2011, 167 ff. und vom 30. November 2011 - 2 [X.] 1.11 - [X.] 449.7 § 27 [X.] Nr. 7 Rn. 23), hält er daran nicht mehr fest.

aa) Gemäß § 28 Abs. 1 [X.] hat der Disziplinarvorgesetzte oder ein von ihm beauftragter Offizier die Vertrauensperson vor der Entscheidung über die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme zur Person des Soldaten, zum Sachverhalt und zum Disziplinarmaß anzuhören, sofern dieser dies nicht ausdrücklich ablehnt. Vorliegend ist die Anhörung jedoch durch einen Rechtsberater erfolgt. Einer Erweiterung der Delegationsmöglichkeit auf Rechtsberater stehen Gesetzeswortlaut, Gesetzeshistorie sowie der Telos der gesetzlichen Regelung entgegen.

Zwar hat der [X.] mit Beschluss vom 29. März 1984 - 1 [X.] 144.82 - ([X.] 1984, 163 = juris Rn. 29) befunden, dass der Disziplinarvorgesetzte in einem Beschwerdeverfahren nicht an der Delegation von [X.], die nach § 10 Abs. 1 Satz 2 [X.] nur einem Offizier übertragen werden dürfen, an einen seinem Stab angehörenden Rechtsberater gehindert sei. Dies folge aus der sinngemäßen Anwendung des § 86 Abs. 2 [X.] 1972 (§ 92 Abs. 1 Satz 1 [X.] n. F.), demzufolge in einem disziplinargerichtlichen Verfahren zur Vorbereitung ihrer Entschließung die Einleitungsbehörde den Wehrdisziplinaranwalt um die Vornahme von Vorermittlungen ersuchen könne. Von daher sei nicht einsichtig, warum ein Divisionskommandeur oder ein Offizier in vergleichbarer Stellung schon bei der Vorbereitung einer für den betroffenen Soldaten so einschneidenden Entscheidung wie der Einleitung eines disziplinargerichtlichen Verfahrens den Rechtsberater in seiner Eigenschaft als Wehrdisziplinaranwalt einschalten dürfe, nicht jedoch bei der Aufklärung des Sachverhalts in einer (einfachen) Wehrbeschwerdeangelegenheit.

Diese Erwägungen tragen aber vorliegend bereits deshalb nicht, weil die Anhörung der Vertrauensperson keine Sachaufklärungsmaßnahme ist (vgl. [X.], Urteil vom 28. Juni 2012 - 2 WD 34.10 - [X.] 450.2 § 91 [X.] 2002 Nr. 6 Rn. 51). Zudem sind sie durch das Gesetz zur Änderung soldatenbeteiligungs- und personalvertretungsrechtlicher Vorschriften vom 29. August 2016 (BG[X.]. I S. 2065) überholt. Denn durch das Änderungsgesetz wurde in § 28 Abs. 1 [X.] erstmalig die Möglichkeit einer Delegation zur Anhörung der Vertrauensperson (durch den [X.]) zugelassen und ausdrücklich auf Offiziere beschränkt. Dabei sollen nach dem Willen des Gesetzgebers die Änderungen die sich aus der Wehrdisziplinarordnung ergebende Verpflichtung des [X.], diese Aufgaben grundsätzlich persönlich wahrzunehmen und nur im Ausnahmefall Beauftragte einzusetzen, unberührt bleiben ([X.]. 18/8298 S. 44; Gronimus, [X.], 2021, § 28 Rn. 15a). Dem Ausnahmecharakter einer Delegation widerspräche somit, eine Delegationsmöglichkeit auf andere Amtswalter als Offiziere zuzulassen. Außerdem ist anders als in § 28 Abs. 2 [X.] nicht davon die Rede, dass die Anhörung auf eine vom [X.] "bestimmte Stelle" übertragen werden darf (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 15. Juni 2022 - 1 [X.] 7.21 - juris Rn. 35).

bb) Die Verfahrensfehler haben die Entscheidung in der Sache jedoch offensichtlich nicht beeinflusst, sodass aus ihnen gemäß § 46 VwVfG kein Aufhebungsanspruch folgt. Die Vertrauensperson konnte umfassend vortragen und der Disziplinarvorgesetzte hat die Argumente berücksichtigt. Nach den Umständen des Falles besteht somit nicht die konkrete Möglichkeit, dass ohne die Verfahrensfehler eine günstigere Entscheidung getroffen worden wäre ([X.], Beschluss vom 13. November 2019 - 2 C 24.18 - [X.] 316 § 46 VwVfG Nr. 28 Rn. 3).

2. Die angegriffene Disziplinarmaßnahme ist auch in der Sache nicht unverhältnismäßig. Dies festzustellen ist der [X.] befugt, weil er nicht auf eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der vom [X.] verhängten Disziplinarmaßnahme beschränkt ist, sondern gemäß § 42 Nr. 4 Satz 4 [X.] eigene Disziplinargewalt ausübt. Gegen den Soldaten ist - nach Maßgabe der Beschlusstenorierung - mindestens eine [X.] zu verhängen.

a) In tatsächlicher Hinsicht steht zur Überzeugung des [X.]s fest:

aa) Nach der insoweit geständigen Einlassung des Soldaten hat sich dieser am 18. Dezember 2020 im Zeitraum von etwa 9:27 bis 9:43 Uhr im Gebäude 107 in der [X.] in ... aufgehalten. Er trug dabei Handschuhe sowie eine [X.], stellte in seinem Büro Unterlagen zusammen und wollte dort auch die Berechtigung des ihm telefonisch am 16. Dezember 2020 durch den [X.] übermittelten Hinweises, nach seiner Rückkehr aus [X.] nicht sogleich in die Kaserne kommen zu dürfen, anhand der Weisung Nr. 2 überprüfen.

Der zusammen mit dem Oberstabsbootsmann [X.] am 17. Dezember 2020 aus dem [X.] in [X.] gelandete Soldat war zur Vermeidung eines Kontakts mit anderen Soldaten in telefonischer Absprache mit dem Zeugen [X.] am 16. Dezember 2020 dergestalt abgeholt worden, dass beide Rückkehrer in einem Fahrzeug nach [X.] fahren konnten. [X.] hat diesen Sachverhalt nicht bestritten, der zur Überzeugung des [X.]s auf der Grundlage der in die mündliche Verhandlung eingeführten Aussagen des Oberstabsfeldwebels [X.] (vom 13. Januar 2021) und des [X.] (vom 26. Januar 2021) feststeht. Letzterer hat ebenfalls erklärt, der Soldat sei am 17. Dezember 2020 unter Einhaltung aller [X.] aufgenommen worden. Man habe zwei Fahrzeuge nach [X.] geschickt, sodass den zwei Rückreisenden ein gemeinsames Fahrzeug zur Verfügung gestanden habe. Man hätte dem Soldaten auch Unterlagen zusammengestellt.

[X.] hat ferner gegenüber dem Zeugen [X.] in einem Gespräch am 5. Januar 2021, in dem es um dessen Verhalten am 18. Dezember 2020 ging, erklärt, gewusst zu haben, dass er gemäß der Weisung zur häuslichen Absonderung nicht in die Abteilung hätte gehen dürfen. Auch dies steht zur Überzeugung des Gerichts auf der Grundlage der in die mündliche Verhandlung eingeführten Aussage des Zeugen [X.] fest. Dieser Zeuge ist auch deshalb glaubwürdig, weil er auf das Verhalten des Soldaten besonnen reagiert hat. Denn nachdem er am 23. Dezember 2020 vom [X.] darüber informiert worden war, dass der Soldat positiv getestet worden sei, hat er - entgegen seinem ersten Impuls - keine Meldung geschrieben, sondern noch am 5. Januar 2021 ein Gespräch mit dem Soldaten geführt und ihm gesagt, dass er dessen Verhalten unkameradschaftlich und verantwortungslos finde, zumal sie in der Abteilung auch eine schwangere Kameradin gehabt hätten. [X.] halte sich nicht an die Weisungen, obwohl er andere Soldaten wegen COVID-Verdachts zum Arzt befohlen habe. Er sei der Auffassung, dass ein Vorgesetzter hinsichtlich der Einhaltung von Weisungen bei einer [X.] mit gutem Beispiel vorangehen solle.

bb) Nach der insoweit geständigen Einlassung des Soldaten kam es am 12. Januar 2021 zwischen dem Soldaten und dem ihm unterstellten Zeugen Flottillenarzt [X.] in dessen Dienstzimmer in der [X.] zu einem Gespräch. Unstreitig fand das Gespräch vor der Befragung des Zeugen in einem gegen den Soldaten geführten disziplinarischen Ermittlungsverfahren statt, nachdem der Zeuge - basierend auf einer Meldung von [X.] - angebliche Verstöße des Soldaten gegen [X.] im Rahmen seines [X.]-Aufenthaltes gemeldet hatte.

Soweit der Soldat in Abrede stellt, den Zeugen [X.] mit den in Ziffer 2 der [X.] beschriebenen Äußerungen von Aussagen anlässlich der Vernehmung abhalten zu wollen, glaubt der [X.] nicht ihm, sondern dem Zeugen [X.] Dass dessen Aussagen nicht bereits ohne jeglichen tatsächlichen Anhalt sind, bestätigt der Umstand, dass der Soldat selbst eingeräumt hat, in dem Gespräch geäußert zu haben, es werde "[X.]ut fließen". Soweit er behauptet, damit sei ausschließlich sein [X.]ut gemeint gewesen, handelt es sich um eine Schutzbehauptung. Der Zeuge Flottillenarzt [X.] ist glaubwürdig. Bei ihm ist insbesondere kein Belastungsmotiv ersichtlich. Er konnte sich in der mündlichen Verhandlung zwar sogleich daran erinnern, dass der Soldat ihn in dem Gespräch erklärt habe, er solle sich seine Aussage noch einmal überlegen, weil sonst der Befehlshaber des ... mit hineingezogen werde; er habe dieses Gespräch auch als bedrohlich angesehen. An die konkreten in Ziffer 2 der [X.] zitierten Äußerungen des Soldaten erinnerte er sich jedoch erst auf Vorhalt seiner früheren Aussage (vom 12. Januar 2021). Ein solch tastendes [X.] widerspricht der Annahme, dem Zeugen [X.] sei es darum gegangen, den Soldaten unberechtigt zu belasten. Dass der Zeuge [X.] sich nicht daran erinnerte, vom Soldaten angeblich einen Auftrag zur Untersuchung des Verhaltens von [X.] im [X.] erhalten zu haben, spricht nicht gegen dessen Glaubwürdigkeit.

Hinzu tritt, dass [X.]. sowie Oberstabsfeldwebel Hä. ausweislich ihrer in die mündliche Verhandlung eingeführten Aussagen vom 20. und 27. Januar 2021 die Aussagen des Zeugen [X.] bestätigt haben und es - anders als vom Soldaten angenommen - keineswegs abwegig ist, dass der Zeuge [X.] ihnen emotional bewegt von dem Gespräch berichtet hat. Dies gilt insbesondere bezogen auf den [X.]., den der Zeuge [X.] nach eigener Aussage seit 12 Jahren kennt und mit dem ihn bis heute ein sehr gutes kameradschaftliches Verhältnis verbindet.

cc) Zur Überzeugung des [X.]s hat sich auch das in Ziffer 3 der [X.] beschriebene Verhalten des Soldaten in tatsächlicher Hinsicht bestätigt.

Danach hat am 12. Januar 2021 gegen 14:30 Uhr in dem Dienstzimmer des Soldaten im Gebäude 107 in der [X.] in ... ein Gespräch zwischen diesem und dem Zeugen Oberstleutnant S. stattgefunden, in dem der Soldat sich diesem gegenüber wie in Ziffer 3 der [X.] beschrieben geäußert hat. Grund für die Enttäuschung war die zuvor abgesetzte Meldung des als Referatsleiter IT-Unterstützung eingesetzten Zeugen an den [X.] über [X.], für die der Soldat die Verantwortung trug. Aufgrund dieser Äußerung befürchtete der Zeuge S., eine schlechte Beurteilung zu erhalten. Dessen Meldung war erfolgt, weil telefonisch zur Morgenlage der Abteilung ein Soldat zugeschaltet worden war, der eine ungeschützte Verbindung benutzt hatte, und nicht auszuschließen war, dass in der Morgenlage Themen der Geheimhaltungsstufe "NfD" oder höher angesprochen worden waren. [X.] fragte den Zeugen S. erst im Laufe des Gesprächs, ob die Meldung bereits abgesetzt war.

Soweit der Soldat behauptet, am 12. Januar 2021 sei nicht über eine Beurteilung des Zeugen S. gesprochen worden, erst im Gespräch am 13. Januar 2021 habe er sich entschuldigt und dem Zeugen erklärt, dieser brauche wegen seiner Meldung keine schlechte Beurteilung zu befürchten, glaubt der [X.] ihm die zeitliche Abfolge und den Gesprächsinhalt am 12. Januar 2021 nicht. Das Gespräch am 13. Januar 2021 ist nach eigener Aussage des Soldaten durch [X.] initiiert worden, der dem Soldaten nach dem Gespräch am 12. Januar 2021 mitgeteilt hatte, dass sich der Zeuge S. über seine Beurteilung Sorgen mache. Bereits dies stellt ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass das Thema Beurteilung schon am 12. Januar 2021 Gesprächsgegenstand geworden war und der Soldat nun Anlass für eine Entschuldigung sah, die - anders als vom Soldaten behauptet - nur wenig mit familiären Belastungen des Zeugen zu tun hatte. [X.] wird dies auch nicht durch die durch Verlesen in die Berufungshauptverhandlung eingeführte Aussage des Zeugen [X.], sich nicht mehr an den Inhalt des Gesprächs am 12. Januar 2021 erinnern zu können. Damit hat er jedenfalls nicht bestätigt, dass die Beurteilungsthematik kein Gegenstand des ersten Gesprächs gewesen ist. Zudem ist die Aussage des Oberstleutnants S. glaubhaft. Sie ist konsistent und der Zeuge konnte sich insbesondere an seine Nachfrage, ob der Soldat ihn nötigen wolle, erinnern. Bei dem Zeugen ist auch kein Belastungseifer ersichtlich; er hat insbesondere positiv betont, vom Soldaten später einen wohlwollenden Beurteilungsbeitrag erhalten zu haben.

Schließlich spricht für die Richtigkeit der Aussage des Zeugen S. der Umstand, dass sich auch in diesem Verhalten ein hohes Maß an Impulsivität ausdrückt, welches den Soldaten zwar einerseits zu einem "Macher" macht, ihm jedoch andererseits die Sensibilität für Kameraden und Stresssituationen nimmt. Dem entspricht, dass bereits der seinerzeitige unmittelbare Disziplinarvorgesetzte (im Aktenvermerk vom 8. Februar 2021) ausgeführt hat, nach dem von ihm gewonnenen Stimmungsbild in der Abteilung reagiere der Soldat unter Stress teilweise überaktiv und überschnell mit der Tendenz zur Überforderung des eigenen Personals. Dokumentiert ist diese Neigung exemplarisch durch die aktenkundig erfasste [X.] (vom 30. März 2020), wenn die Soldaten ihre Probleme mit der Kinderbetreuung nicht in den Griff bekämen, führe dies "ganz ehrlich zur Ausentwicklung einer womöglich hoffnungsvollen Karriere!"

b) Das Verhalten des Soldaten begründet ein vorsätzliches Dienstvergehen nach § 23 Abs. 1 S[X.]

aa) Mit dem unter Ziffer 1 der [X.] beschriebenen Verhalten hat der Soldat mehrere soldatische Pflichten verletzt.

aaa) Ein Verstoß gegen die Gehorsamspflicht nach § 11 [X.] liegt indes nicht vor, weil es an einem Befehl fehlt. Ein Befehl im Sinne des § 2 Nr. 2 [X.] setzt voraus, dass einem militärischen Untergebenen durch einen militärischen Vorgesetzten schriftlich, mündlich oder in anderer Weise eine Anweisung zu [X.] oder Unterlassen mit Gehorsamsanspruch erteilt wird. Zwar muss dabei der Ausdruck "Befehl" nicht verwendet werden. Der Anspruch auf Gehorsam muss aber aus Sicht eines objektiven Betrachters nach dem Kontext und dem objektiven Erklärungsgehalt der Äußerung eindeutig erkennbar sein. Dem Adressaten muss vermittelt und deutlich werden, dass der militärische Vorgesetzte nicht nur eine bloße Erwartung kundtut, sondern mit seinem Verlangen die Gehorsamspflicht einfordert, die notfalls mit einer Drohung mit disziplinar- und/oder strafrechtlichen Konsequenzen oder anderen Maßnahmen durchgesetzt werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 10. März 2022 - 2 WD 7.21 - Rn. 36 m. w. N.). Nach Maßgabe dessen spricht hier bereits die Wortwahl "Weisung Nr. 2" gegen einen Befehl, weil die Anordnung sich ausdrücklich als "Weisung" bezeichnet und weil bei dem Befehlshaber des ... der [X.] die Unterscheidung zwischen Befehl und Weisung als bekannt zugrunde gelegt werden muss. Außerdem räumt die Weisung insbesondere bei der hier einschlägigen Regelung für Rückkehrende ([X.]) Entscheidungsspielräume hinsichtlich der Art und der [X.]er der Absonderung ein (vgl. [X.], Beschluss vom 31. März 2022 - 1 [X.] 37.21 - NVwZ-RR 2022, 544 Rn. 17 f.).

bbb) Jedoch hat der Soldat gegen die Pflicht zum treuen Dienen nach § 7 [X.] willentlich und wissentlich verstoßen, weil er die Verpflichtung einschließt, auch Weisungen des Dienstherrn zu befolgen ([X.], Urteil vom 4. Mai 2021 - 2 WD 16.20 - [X.] 450.2 § 38 [X.] [X.]2 Rn. 27). Denn dass eine - in Ziffer 9 der Weisung Nr. 2 vorausgesetzte - Anordnung des Befehlshabers für Rückkehrer aus dem [X.] am 17. Dezember 2020 bestand, die Kaserne einstweilen nicht wieder betreten zu dürfen, war ihm durch das Telefonat mit dem Zeugen [X.] am 16. Dezember 2020 bekannt und wurde ihm erneut durch die Umstände deutlich, unter denen er am 17. Dezember 2020 abgeholt und von anderen Soldaten separiert wurde. Als Leiter der Abteilung ... im ... war ihm diese für alle Auslandsaufenthalte im Prinzip gleiche Verpflichtung zu einem mindestens einwöchigen Fernbleiben vom Arbeitsplatz bekannt. Insoweit begegnet die Weisung auch keinen rechtlichen Bedenken (anders zur früheren Rechtslage und zur Beschränkung auf die Wohnung, [X.], Beschluss vom 31. März 2022 - 1 [X.] 37.21 - a. a. [X.] Rn. 29 ff.). Er hat zudem selbst ausgeführt, der Aufenthalt in der Kaserne am 18. Dezember 2020 habe auch der Überprüfung gedient, ob man ihm die Rechtslage zutreffend übermittelt habe. Mit dem Aufenthalt hat er somit einen Verstoß gegen die Weisungslage jedenfalls billigend und somit vorsätzlich in Kauf genommen.

Auch wenn sich die Pflichtverletzung damit nicht gegen einen Verstoß gegen Nr. 2 der Weisung ableitet, hindert dies den [X.] nicht daran, den in dieser Art feststehenden Sachverhalt disziplinarisch zu würdigen. Denn die Verfügung über die Disziplinarmaßnahme hat nicht die Bedeutung einer Anschuldigungsschrift wie im disziplinargerichtlichen Verfahren. Unmittelbar aus § 42 Nr. 4 Satz 4 [X.] folgt, dass die angefochtene Disziplinarmaßnahme "in vollem Umfang" der wehrdienstgerichtlichen Prüfung unterliegt und dass das Gericht "zugleich die in der Sache erforderliche Entscheidung trifft". Demnach kann das Wehrdienstgericht die angefochtene Maßnahme bestätigen, sie in ihrer Höhe oder Art mildern oder auch ganz aufheben. Die Entscheidung des Gerichts beschränkt sich nicht auf eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der verhängten Maßnahme. Vielmehr übt es selbst Disziplinargewalt aus; daran ändert nichts, dass es wegen des auch hier geltenden Verschlechterungsverbots die Maßnahme nicht verschärfen kann. Aus dem eindeutigen Wortlaut der Regelung ergibt sich damit, dass das Wehrdienstgericht auch befugt ist, den im Tenor einer Disziplinarmaßnahme enthaltenen Tatvorwurf durch eine neue Fassung zu präzisieren und an seine Tatsachenfeststellungen anzupassen ([X.], Beschluss vom 17. April 2019 - 2 [X.] 2.19 - juris Rn. 5).

ccc) [X.] hat mit seinem Verhalten zudem gegen die Kameradschaftspflicht nach § 12 Satz 1 [X.] verstoßen. Die Rechte der Kameraden zu achten (Satz 2), verlangt insbesondere, ihre körperliche Integrität zu achten und sie nicht unnötigen Gesundheitsgefährdungen auszusetzen. Dagegen hat der Soldat dadurch verstoßen, dass er am 18. Dezember 2020 wissentlich und willentlich das - durch das Zusammentreffen mit dem Zeugen [X.] auch realisierte - Risiko einging, andere Kameraden in ihrer Gesundheit durch eine Corona-Infektion zu gefährden. Dass er dabei unter anderem eine Maske trug, führte lediglich zu einer Risikominimierung.

ddd) Verbunden war damit ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht nach § 10 Abs. 3 S[X.] Sie gehört zu den vornehmlichsten Pflichten eines Vorgesetzten gegenüber seinen Untergebenen und verpflichtet ihn, sich bei allen Handlungen vom Wohlwollen einem Untergebenen gegenüber leiten zu lassen, diesen bei seiner dienstlichen Tätigkeit und in seiner dienstlichen Stellung zu schützen, ihn vor Nachteilen und - wie hier gesundheitlichen - Risiken oder Schäden zu bewahren und alles zu unterlassen, womit er seine Stellung als Vorgesetzter zum Nachteil des Untergebenen ausnutzen würde ([X.], Urteil vom 19. April 2007 - 2 WD 7.06 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 21 Rn. 26).

eee) Schließlich bewirkt sein Verhalten einen Verstoß gegen die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.], weil dem Verhalten des Soldaten - unabhängig von anderen Pflichtverstößen - auch die Eignung zur Ansehensminderung innewohnt. Die Achtungs- und die Vertrauenswürdigkeit eines Soldaten können durch sein Verhalten schon dann Schaden nehmen, wenn es Zweifel an seiner Zuverlässigkeit weckt oder seine Eignung für die jeweilige Verwendung in Frage stellt. Für die Feststellung eines solchen Verstoßes reicht aus, dass das Verhalten des Soldaten geeignet war, eine ansehensschädigende Wirkung auszulösen (vgl. [X.], Urteil vom 15. Juli 2021 - 2 WD 6.21 - juris Rn. 35). Dies ist der Fall, zumal das Verhalten des Soldaten in der Einheit und Öffentlichkeit (... online) publik geworden ist und die Aussage des Zeugen [X.] eindringlich dokumentiert, wie sehr das Verhalten des Soldaten als verantwortungslos angesehen wurde und dessen Integrität als Vorgesetzter infrage stellte.

bb) Mit dem unter Ziffer 2 der [X.] beschriebenen Verhalten hat der Soldat ebenfalls mehrere soldatische Pflichten verletzt.

aaa) Zwar hat der Soldat nicht gegen § 34 Abs. 1 [X.] verstoßen, weil die Tat, zu der er den Zeugen [X.] verleiten wollte, keinen Straftatbestand erfüllt hätte (zu § 33 [X.]: [X.], Urteil vom 19. April 2007 - 2 WD 7.06 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 21 Rn. 25). Eine unwahre Aussage vor der [X.] begründet keinen strafbaren Verstoß gegen § 153 StGB, weil sie nicht zu eidlichen Vernehmungen berechtigt ist (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Mai 2011 - 3 [X.]/10 - NStZ-RR 2012, 11 = juris Rn. 14). Ebenso wenig liegt ein strafbares Unterdrücken von Beschwerden im Sinne von § 35 [X.] vor, weil es sich bei den Aussagen vor der [X.] nicht um eine Eingabe, Meldung oder Beschwerde (gegenüber den dort bezeichneten Institutionen) oder um eine Anzeige oder um einen Rechtsbehelf gehandelt hat. Die Arten der Erklärungen, die geschützt werden sollen, sind dort abschließend geregelt (vgl. [X.]. 2/3040 S. 40).

Schließlich begründet das festgestellte Verhalten auch keinen Verstoß gegen § 32 [X.] in der Variante, dass der Soldat als Vorgesetzter seine Dienststellung zu Forderungen oder Zumutungen missbraucht hätte, die dienstlichen Zwecken zuwiderlaufen. Denn mit der Androhung, über seine Kenntnisse über etwaige disziplinarisch relevante Vorfälle im [X.] zu berichten, hat der Soldat noch nicht seine dienstliche Stellung speziell als Vorgesetzter missbraucht.

bbb) Der fehlenden Ausnutzung der Vorgesetztenstellung steht indes nicht entgegen, dass der Soldat damit gleichwohl eine versuchte, gemäß § 240 Abs. 3 StGB strafbare Nötigung nach § 240 Abs. 1 StGB begangen (zum Verhältnis zu § 32 [X.]: [X.]/[X.], Wehrstrafgesetz, 5. Aufl. 2012, § 33 Rn. 11) und somit gegen die Pflicht zum treuen Dienen nach § 7 [X.] verstoßen hat. Denn diese soldatische Pflicht schließt die Verpflichtung zur Loyalität gegenüber der geltenden Rechtsordnung ein ([X.], Urteil vom 30. Juni 2022 - 2 WD 14.21 - juris Rn. 43) und gilt insbesondere gegenüber dem Strafrecht ([X.], Urteil vom 11. November 2021 - 2 WD 28.20 - [X.] 450.2 § 99 [X.] 2002 Nr. 5 Rn. 31).

Die Androhung, über disziplinarisch relevante Vorgänge im [X.] zu berichten, ist die Drohung mit einem empfindlichen Übel mit dem Ziel, den Zeugen Flottillenarzt [X.] von Aussagen über etwaig disziplinarisch relevantes Verhalten des Soldaten abzuhalten. Die Androhung eines empfindlichen Übels im Sinne des § 240 Abs. 1 StGB kann auch dann vorliegen, wenn - wie hier - ein nachteiliges legales Verhalten angekündigt wird und der Nachteil einen Dritten treffen soll ([X.]/[X.], in: [X.] Kommentar, StGB, 13. Aufl. 2023, § 240 Rn. 82 f.).

Ein empfindliches Übel wurde im vorliegenden Fall angedroht, weil der Soldat dem Zeugen Flottillenarzt [X.] zum einen avisierte, ihn in ein Disziplinarverfahren jedenfalls gegen [X.] involvieren zu wollen, und ihn zum anderen als Übermittler der Botschaft instrumentalisierte, dass der Soldat von einem disziplinarisch relevanten Verhalten des mit dem Zeugen [X.] jedenfalls kameradschaftlich verbundenen [X.] ausging. Damit stand eine nachteilig empfundene Veränderung der Außenwelt für den Zeugen [X.] im Raum ([X.], Beschluss vom 5. September 2013 - 1 [X.] - NJW 2014, 401 = juris Rn. 47; [X.], StGB, 69. Aufl. 2022, § 240 Rn. 32). Die Realisierung des vom Soldaten in Aussicht gestellten Nachteils war diesem auch möglich und objektiv geeignet, den Zeugen in seinem Verhalten zu beeinflussen, somit auch ein empfindliches Übel ([X.], Beschluss vom 5. September 2013, a. a. [X.] Rn. 51). Dies gilt umso mehr, als es sich bei dem Soldaten um den Vorgesetzten des Zeugen handelte (vgl. [X.], a. a. [X.] Rn. 55).

Die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck war zudem verwerflich im Sinne des § 240 Abs. 2 StGB, weil die Verquickung von Mittel und Zweck mit den Grundsätzen eines geordneten Zusammenlebens unvereinbar, also "sozial unerträglich" war ([X.], Urteil vom 21. Dezember 2016 - 1 [X.] - NJW 2017, 1487 = juris Rn. 51). Zwar ist die Ankündigung des Soldaten, ein für disziplinar bedeutsam erachtetes Verhalten disziplinarischer Prüfung zuzuführen (Mittel), an sich nicht verwerflich; seine Verwerflichkeit erhält sie jedoch durch die Ankündigung, davon (nur) abzusehen, wenn der Zeuge Flottillenarzt [X.] in dem gegen den Soldaten geführten disziplinarischen Ermittlungsverfahren nicht vollständig aussagt (Zweck). Denn der Zeuge hätte zur Erfüllung des Ansinnens Dienstpflichten verletzen und ein Dienstvergehen nach § 23 [X.] begehen müssen. Dadurch wird die Verknüpfung zwischen Mittel und Zweck zu einem sozialwidrigen Verhalten ([X.], StGB, 69. Aufl. 2022, § 240 Rn. 41). Für den Zeugen Flottillenarzt [X.] bestand gemäß § 13 Abs. 1 [X.] die gesetzliche Verpflichtung, vor dem [X.] oder der [X.], die als Dienststelle des [X.] ([X.], Urteil vom 27. Juni 2013 - 2 WD 5.12 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 44 Rn. 24) gemäß § 97 Abs. 1 [X.] staatsanwaltsähnlich im Disziplinarverfahren die belastenden und entlastenden Umstände zu ermitteln hat, in dienstlichen Angelegenheiten wahrheitsgemäß und mithin vollständig auszusagen. Die Behauptung des Soldaten, er habe mit seinem Ansinnen letztlich uneigennützig den Befehlshaber des ... schützen wollen, ist unglaubwürdig und führt schon wegen ihrer Allgemeinheit nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung.

ccc) Einher geht damit auch hier ein Verstoß gegen die Kameradschaftspflicht nach § 12 Satz 1 [X.], weil der Soldat den Zeugen [X.] mit der Aufforderung, zu bestimmten Gegenständen wahrheitswidrig nichts auszusagen, der Gefahr disziplinarischer Verfolgung ausgesetzt hat (vgl. [X.], Urteil vom 14. Oktober 2021 - 2 WD 26.20 - Rn. 26). Hinzu tritt ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht nach § 10 Abs. 3 [X.] und gegen die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 19. April 2007 - 2 WD 7.06 - Rn. 31).

cc) Auch mit dem unter Ziffer 3 der [X.] beschriebenen Verhalten hat der Soldat mehrere soldatische Pflichten verletzt.

aaa) Ein nach § 35 Abs. 3 [X.] auch als Versuch strafbarer Verstoß gegen den Wehrstraftatbestand des [X.] von Beschwerden (§ 35 Abs. 1 [X.]) liegt indes nicht vor. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Soldat zum Zeitpunkt seiner Äußerungen angenommen hat, der Zeuge Oberstleutnant S. habe die fragliche Meldung bereits abgesetzt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zutrifft und bereits dadurch - wie von der [X.] angenommen - der Wehrstraftatbestand des § 35 Abs. 1 [X.] ausgeschlossen ist. Jedenfalls erfasst der Begriff der Meldung nicht jede Mitteilung. Geschützte Erklärungen sind solche, die - wie sich schon aus der Generalüberschrift "Unterdrücken von Beschwerden" ergibt - zur Wahrnehmung eigener oder fremder Belange an die Volksvertretungen, an Dienststellen oder Vorgesetzte gerichtet werden und strafrechtliche Anzeigen oder Rechtsbehelfe, nicht aber Meldungen exklusiv fachlicher Natur (vgl. [X.]. 2/3040 S. 40; [X.]/[X.], Wehrstrafgesetz, 5. Aufl. 2012, § 35 Rn. 1a, 2).

bbb) Ebenso wenig liegt ein Missbrauch der [X.] zu unzulässigen Zwecken nach § 32 [X.] vor. [X.] hat seine Dienststellung gegenüber dem ihm untergebenen Zeugen S. zwar durch die Drohung missbraucht, ihn wegen seiner Meldung schlechter zu beurteilen und diesen dadurch in eine missliche Lage gebracht. Denn der Zeuge war nach der Erlasslage verpflichtet, das [X.] zu melden. Es bestand der dringende Verdacht, dass bei der vom Soldaten geleiteten Morgenlage der Abteilung ... die Sicherheitsvorschriften für Telefonkonferenzen missachtet worden waren. Es fehlt aber am Tatbestandsmerkmal eines Befehls, einer Forderung oder Zumutung. Da die Meldung zum Zeitpunkt des Gesprächs bereits abgesetzt war, lag nur eine unzulässige nachträgliche Rüge vor. Sie war nicht mit einem Befehl, der Forderung oder der Zumutung verbunden, die Meldung nicht abzugeben oder zurückzunehmen.

ccc) Verstoßen hat der Soldat hingegen gegen die [X.] nach § 10 Abs. 6 S[X.] Das Vertrauen in den Soldaten als Vorgesetzten wird durch derart affektgesteuerte und unverhältnismäßige Äußerungen erschüttert. Ein Offizier darf einem Untergebenen nicht berufliche Nachteile allein deswegen androhen, weil dieser vorschriftsgemäß seinen Verdacht der Missachtung von Sicherheitsvorschriften gemeldet hat. Dies begründet einen weiteren Verstoß gegen die Fürsorgepflicht nach § 10 Abs. 3 [X.] sowie die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 S[X.]

c) An der [X.] als nach § 22 Abs. 1 Nr. 3, § 24 [X.] einfacher Disziplinarmaßnahme ist festzuhalten.

aa) Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von [X.] wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten ("Wiederherstellung und Sicherung der Integrität, des Ansehens und der Disziplin der [X.]", vgl. [X.], Urteil vom 11. Juni 2008 - 2 WD 11.07 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 26 Rn. 23 m. w. N.). Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 38 Abs. 1 [X.] Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen. Im Einzelnen geht der [X.] von einem zweistufigen Prüfungsschema aus:

bb) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine [X.] für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der [X.]". Dabei bildet vorliegend das in Ziffer 2 der [X.] beschriebene Nötigungsverhalten den Schwerpunkt des Dienstvergehens.

(1) Für Fallgestaltungen, in denen das Dienstvergehen in einer außerdienstlich begangenen, vorsätzlichen sexuellen Nötigung besteht (§ 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB), hat der [X.] grundsätzlich die Dienstgradherabsetzung als gerichtliche Disziplinarmaßnahme zum Ausgangspunkt der [X.] bestimmt ([X.], Urteil vom 9. Dezember 2021 - 2 WD 29.20 - [X.] 449 § 17 [X.] Nr. 51 Rn. 25). Entsprechendes gilt, wenn eine außerdienstliche Nötigung durch Androhung von Gewalt gegen Leib und Leben erfolgt ([X.], Urteil vom 28. September 2021 - 2 WD 11.21 - Rn. 33 ff.). Da sich die Nötigung des Soldaten weder gegen die sexuelle Selbstbestimmung noch gegen Leib und Leben des Zeugen Flottillenarzt [X.] richtete, verbietet sich zwar, von einer Dienstgradherabsetzung als Ausgangspunkt der [X.] auszugehen; unberührt bleibt davon jedoch die grundsätzliche Ahndung durch eine gerichtliche Disziplinarmaßnahme. Denn die Nötigung wies in zweifacher Hinsicht einen Bezug zum Dienstherrn auf. Zum einen erfolgte sie in Ausübung des Dienstes gegen einen anderen Soldaten und zum anderen zielte sie darauf ab, [X.] zu unterlaufen.

(2) Innerhalb des Spektrums gerichtlicher Disziplinarmaßnahmen bildet allerdings die Kürzung der Dienstbezüge als mildeste gerichtliche Disziplinarmaßnahmeart nach § 58 Abs. 1 Nr. 1 [X.] den Ausgangspunkt der [X.]. Denn durch die Alternative der Drohung in § 240 Abs. 1 StGB wird ein weiter Bereich sozial üblichen Verhaltens erfasst, der auch niederschwellige Verstöße einschließt. Der daraus erwachsenen Vielgestaltigkeit potenzieller Nötigungshandlungen hat der Gesetzgeber durch das [X.] in § 240 Abs. 2 StGB mit dem Ziel einer Tatbestandsbegrenzung Rechnung getragen ([X.], StGB, 69. Aufl. 2022, § 240 Rn. 38 ff.). Der [X.] trägt dem dadurch Rechnung, dass er bei Nötigungen, die keine sexuellen Nötigungen sind, auch keine Drohung mit Gewalt gegen Leib und Leben zum Inhalt haben, die niedrigste gerichtliche Disziplinarmaßnahmeart zum Ausgangspunkt der [X.] nimmt und - wie auch angesichts der Vielgestaltigkeit sexueller Nötigungen der Fall ([X.], Urteil vom 9. Dezember 2021 - 2 WD 29.20 - [X.] 449 § 17 [X.] Nr. 51 Rn. 26) - erst auf der zweiten Bemessungsstufe den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung trägt.

(3) Dass die Nötigung im Versuchsstadium stecken geblieben sein mag, verändert den Ausgangspunkt der [X.] nicht. Zum einen ist bereits die versuchte Nötigung nach § 240 Abs. 3 StGB strafbar. Zum anderen steht im Wehrdisziplinarrecht nicht die Tat als solche im Vordergrund, sondern der durch sie zum Ausdruck gekommene Charakter- und Persönlichkeitsmangel. Deshalb stellt der strafbare Versuch einer Straftat bereits ein Dienstvergehen dar, die einen Soldaten disziplinarisch grundsätzlich genauso wie eine vollendete Straftat belastet. Etwas anderes gilt dann, wenn der Nichteintritt des [X.] - anders als hier - auf zurechenbarem Handeln des Soldaten beruht ([X.], Urteil vom 28. September 2021 - 2 WD 11.21 - Rn. 35 m. w. N.).

cc) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im Einzelfall im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 [X.] und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die eine Milderung oder Verschärfung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten [X.] gebieten. Dabei ist zu klären, ob es sich angesichts der be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der [X.] die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Dabei müssen mildernde Umstände umso gewichtiger sein, je schwerer das Dienstvergehen wiegt ([X.], Urteil vom 4. März 2021 - 2 WD 11.20 - [X.] 450.2 § 84 [X.] 2002 Nr. 10 Rn. 53).

aaa) Nach Maßgabe dessen wirkt zulasten des Soldaten, dass er nicht nur durch die Verwirklichung des Straftatbestandes gegen die Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 [X.]), sondern darüber hinaus gegen zahlreiche weitere soldatische Pflichten verstoßen hat, wodurch das Dienstvergehen zusätzliche Schwere erlangt.

Hinzu kommt als Folge des Dienstvergehens, dass der Soldat auf seinem bisherigen Dienstposten nicht mehr verwendet werden konnte und es auch - über ...-Online - in der Öffentlichkeit bekannt wurde. Soweit die [X.] den Verlust des Dienstpostens als Umstand angesehen hat, der es rechtfertige, von der Einleitung eines disziplinargerichtlichen Verfahrens abzusehen (vgl. Vermerk des [X.] vom 2. Februar 2021), hat sie diesen belastenden Umstand entgegen § 38 Abs. 1 [X.] als gleichsam entlastenden Umstand gewichtet.

Äußerst erschwerend wirkt zudem der Verstoß gegen die Vorbildfunktion nach § 10 Abs. 1 S[X.] [X.] nimmt nicht nur als Oberst bereits eine hohe Vorgesetztenfunktion wahr ([X.], Urteil vom 22. April 2021 - 2 WD 15.20 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 [X.]1 Rn. 41); darüber hinaus hatte er zum Tatzeitpunkt im ... der [X.] die exponierte Funktion als Leiter der Abteilung ... inne. Der damit verbundenen Vorbildfunktion ist er nicht gerecht geworden. Vielmehr hat er dem Grundsatz "Wer Disziplin fordert, hat aber zuerst selbst Disziplin zu üben" ([X.], Beschluss vom 10. Oktober 1989 - 2 [X.] 4.89 - [X.]E 86, 188 <194 f.>) zuwidergehandelt. Unrechtseinsicht und Reue waren nicht festzustellen; der Soldat hat in der mündlichen Verhandlung vielmehr seine jahrzehntelangen Verdienste hervorgehoben. Die damit verbundene Relativierung ist zwar nicht zu seinen Lasten einzustellen, kann jedoch auch nicht zu seinen Gunsten gewichtet werden ([X.], Urteil vom 28. September 2021 - 2 WD 11.21 - Rn. 39 m. w. N.).

bbb) Zu seinen Gunsten zu gewichten ist indes, dass die Bedrohung ausschließlich verbaler Natur war und im Versuchsstadium stecken blieb. Hinzu treten die erfolgreichen und zahlreichen Auslandsaufenthalte des Soldaten und seine - ausweislich der Aussage seines aktuellen [X.] - bis in die Gegenwart hinein durchweg überdurchschnittlichen Leistungen. Die kontinuierliche Erbringung von Spitzenleistungen kommt einer Nachbewährung gleich und bewirkt regelmäßig den Übergang zur nächstmilderen Disziplinarmaßnahme (vgl. [X.], Urteil vom 8. September 2020 - 2 WD 18.19 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 82 Rn. 71). Eine Nachbewährung setzt zwar zusätzlich eine tadelfreie Führung voraus, mit der der Soldat dokumentiert, dass er die Zweifel an seiner charakterlichen Integrität und fachlichen Eignung durch besonders korrekte Pflichterfüllung ausräumen will ([X.], Urteil vom 23. Juni 2016 - 2 WD 21.15 - Rn. 52, 53), was durch die vom aktuellen [X.] beschriebenen neuen Pflichtverletzungen in Frage gestellt wird. Da der Disziplinarvorgesetzte es für ausreichend erachtet hat, lediglich ein Dienstvergehen festzustellen, ohne es disziplinarisch zu ahnden (vgl. § 145 Abs. 2 [X.]), wird dadurch seine Nachbewährung noch nicht grundsätzlich in Frage gestellt.

dd) Das Vorliegen erheblich mildernder Umstände rechtfertigt den Übergang zum Katalog einfacher Disziplinarmaßnahmen nach § 22 Abs. 1 [X.]. Dabei ist der [X.] einerseits gemäß § 42 Nr. 6 [X.] daran gehindert, die verhängte Disziplinarmaßnahme zu verschärfen, andererseits aber auch nicht nach § 42 Nr. 4 Satz 5 [X.] i. V. m. § 40 Abs. 4 Satz 7 [X.] verpflichtet, das Verfahren auszusetzen und die Einleitungsbehörde zur Prüfung aufzufordern, ob ein gerichtliches Disziplinarverfahren einzuleiten ist (vgl. [X.]/[X.], [X.], 8. Aufl. 2022, § 42 Rn. 78, § 40 Rn. 47).

Der [X.] braucht wegen des Verschlechterungsverbots nicht zu entscheiden, ob wegen der Schwere des Dienstvergehens und namentlich der exponierten Vorgesetztenstellung des Soldaten das Dienstvergehen mit der konkreten [X.] zu milde geahndet wurde. Jedenfalls ist es damit nicht unangemessen schwer geahndet worden. Denn ohne die auf der zweiten Bemessungsstufe festgestellten Milderungsgründe hätte gegen den Soldaten eine gerichtliche Disziplinarmaßnahme verhängt werden müssen ([X.], Urteil vom 22. April 2021 - 2 WD 15.20 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 [X.]1 Rn. 42). Die [X.] begegnet deshalb auch ihrer Höhe nach keinen Bedenken. Mit 2 500 € übersteigt sie nicht den nach § 24 Abs. 1 Satz 1 [X.] maßgeblichen einmonatigen Betrag der Dienstbezüge des nach der Besoldungsgruppe [X.] besoldeten Soldaten.

3. [X.] folgt aus § 42 Halbs. 1 [X.] i. V. m. § 23a Abs. 2 Satz 1 [X.] i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

2 WDB 1/22

21.09.2022

Bundesverwaltungsgericht 2. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WDB

§ 32 Abs 5 WDO 2002, § 3 Abs 1 S 2 WDO 2002, § 42 Nr 4 S 4 WDO 2002, § 1 Abs 1 VwVfG, § 29 Abs 1 S 2 VwVfG, § 45 Abs 1 Nr 3 VwVfG, § 46 VwVfG, § 28 Abs 1 SBG 2016, § 7 SG, § 10 Abs 1 SG, § 10 Abs 3 SG, § 10 Abs 6 SG, § 12 S 1 SG, § 13 SG, § 17 Abs 2 S 1 SG, § 240 Abs 1 StGB, § 240 Abs 2 StGB, § 154 Abs 2 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.09.2022, Az. 2 WDB 1/22 (REWIS RS 2022, 9270)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 9270

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