Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.12.2001, Az. VI ZR 123/00

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 245

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/00Verkündet am:11. Dezember 2001Böhringer-Mangold,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: neinBGB § 823 Be; StGB § 266 [X.] Geschäftsführer einer GmbH wird erst mit seiner Bestellung für die Abführungvon Sozialversicherungsbeiträgen verantwo[X.]lich. Das pflichtwidrige Verhalten [X.]ühe-rer Geschäftsführer kann ihm grundsätzlich nicht zugerechnet werden.[X.], U[X.]eil vom 11. Dezember 2001 - [X.]/00 -OLGNaumburgLGHalle- 2 -Der VI. Zivilsenat des [X.] hat auf die mliche [X.] 11. Dezember 2001 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die [X.]. Dressler, [X.], die Richterin [X.] und [X.] erkannt:Auf die Revision des [X.]n wird das U[X.]eil des [X.] vom 15. Februar 2000 aufge-hoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,aucr die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurckve[X.]en.Von Rechts [X.]:Die Klrin nimmt den [X.]n als [X.]ren Gescfts[X.]er der [X.] auf Schadensersatz wegen der Vorenthaltung von Arbeitnehmerbeitr-gen zur Sozialversicherung [X.] die Monate August und September 1995 in [X.] von noch 136.922,45 DM in Anspruch.Die [X.] war mit der Ab[X.]ung der [X.] in [X.] geraten. Die Klrin, eine einzugsberechtigte Kran-kenkasse, gew[X.]e Vollstreckungsaufschub und Ratenzahlung ab [X.], nachdem ihr die [X.]istgerechte Leistung der laufenden [X.] worden war. [X.] die Monate August und September 1995 bezahlte die- 3 -[X.] keimehr. Der [X.] wurde durch [X.] vom 29. August 1995 zum alleinve[X.]retungsberechtigten Gescftsfh-rer bestellt. Am 18. September [X.] die GmbH die erste Rate dergestundeten [X.].[X.] von 40.000 DM. Die laufenden [X.] August,die am 15. September 1995 zur Zahlung fllig gewesen [X.], wurden nichtbezahlt. Aufgrund von Vollstreckungsmaßnahmen erhielt die Klrin bis [X.] Oktober 1995 weitere Zahlungen, die sie mit den [X.] 1995 verrechnete, so am 05. Oktober 1995 40.000 DM, am 15. [X.] 80.000 DM und am 16. Oktober 1995 20.000 DM. Am 20. Dezember 1995wurde das Gesamtvollstreckungsverfahrr das Vermr [X.]erffnet. Es war bei Schluß der mlichen Verhandlung in der [X.] noch nicht beendet. Aus den Rckst[X.] August (67.620,37 DM)und September (69.302,08 DM) errechnete die Klrin die Klagesumme in[X.] 136.922,45 DM.Gegen den in der mlichen Verhandlung vor dem [X.] [X.]n ist antragsgemß [X.] ergangen. Dagegen hat [X.] [X.]istgerecht Einspruch eingelegt.Das [X.] hat das [X.] au[X.]echterhalten. Die Beru-fung des [X.]n ist erfolglos geblieben. Mit der Revision erstrebt der [X.] weiterhin die Klageabweisung.- 4 [X.]:[X.] Berufungsgericht lt den Schadensersatzanspruch auf der [X.] des § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den §§ 266 a Abs. 1, 14 Abs. 1Nr. 1 StGB [X.] beg[X.]. Der [X.] habe die Arbeitnehmeranteile zur Sozi-alversicherung [X.] August 1995 in [X.] 67.620,37 DM und [X.] [X.] in [X.] 69.302,08 DM pflichtwidrig vorenthalten. Die Zahlungen [X.] vom 18. September 1995 bis 16. Oktober 1995 seien auf [X.] zurckzuf[X.]ten deshalb in der vorgenommenenWeise verrechnet werrfen. Der [X.] ksich nicht darauf beru-fen, [X.] die [X.] die Beitragszahlung [X.] September 1995 nicht mehr ha-be erbringen k, da sie bereits zahlungsunfig und verschuldet [X.]. Der Arbeitgeber habe durch besondere Maûnahmen, z.B. durch [X.], die Zahlung der Arbeitnehmeranteile sicherzustellen. [X.] der [X.] erst im September 1995 - also im [X.]punkt der [X.] zum [X.] bereits rschuldeten [X.] verantwo[X.]lich geworden sei, msse ersich das Verhalten seiner Vorr zurechnen lassen. Jedenfalls habe er sicherkundigen mssen, ob Rcklagen [X.] die zu entrichtenden Sozialversiche-rungsbeitrvorhanden seien. Ohne eine ausreichende Absiche[X.]te erdie Übernahme der Gescfts[X.]ung ablehnen mssen. Die im [X.] zu erwa[X.]ende Quote klediglich schadensminderndbercksichtigt werden, da der Schaden bereits zum [X.]punkt der [X.] eingetreten sei. Sie decke auûerdem den offenenBetrag nicht ab.- 5 -I[X.] Berufungsu[X.]eil lt einer revisionsrechtlichen Überprfung nichtstand.1. Das Berufungsgericht hat - was die Revision nicht angreift - [X.], [X.] die von der Klrin vorgenommene Verrechnung der Zahlun-gen der [X.] auf die [X.] und August 1995 nichtbeanstandet werden kann. Sie [X.] aber mit Erfolg, [X.] das Berufungsgerichtdas Vorbringen des [X.]n zur Zahlungsunfigkeit der [X.] im [X.]-punkt der [X.] der [X.] Sozialversicherung [X.] Au-gust und September 1995 [X.] unerheblich gehalten hat.a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die Erfllung des [X.] des § 266 a Abs. 1 StGB durch den [X.]n nicht schon [X.], weil im August und September 1995 keimehr ausbezahltworden sind. Der dem Berufungsu[X.]eil zugrundeliegenden - [X.] umstritte-nen - Auffassung hat sich der erkennende Senat in der Entscheidung vom16. Mai 2000 ([X.]Z 144, 311 ff., 316 f.) angeschlossen. Danach werden [X.] Sozialversicherung auch [X.] solche [X.]rme vorent-halten, in denen kein Lohn ausbezahlt wurde, solange noch finanzielle [X.], die [X.] die Beitragszahlung ausgereicht tten. [X.] nicht mehr der Fall (und dies dem Arbeitgeber nicht anzulasten), [X.] die Voraussetzungen [X.] die Strafbarkeit nicht gegeben (vgl. [X.]ZaaO, 321).b) Das Berufungsgericht hat den Vo[X.]rag des [X.]n, die [X.]sei im September 1995 bereits zahlungsunfirschuldet gewesen, [X.]- 6 -nicht durchgreifend erachtet, weil es rechtsfehlerhaft die Voraussetzungen dervorverlegten stra[X.]echtlichen Verantwo[X.]lichkeit bei dem [X.]n [X.] gegebenerachtet hat. Im Ansatz richtig ist es zwar davon ausgegangen, [X.] der [X.] auch dann haftet, wenn ihm die Entrichtung der Beitrwegen [X.] im [X.]szeitpunkt unmlich ist, ihm aber die [X.] als (bedingt vorstzliches) pflichtwidriges [X.] zur Last gelegt werden [X.] (vgl. Senatsu[X.]eil, [X.]Z 134, 304, 308m.w.N. und Senatsu[X.]eil vom 14. November 2000 - [X.] - VersR 2001,343, 344).Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aber dem [X.]n ein [X.] Verhalten [X.]rer Gescfts[X.]er zugerechnet. Nach den tatschlichenFeststellungen im Berufungsu[X.]eil ist schon ein bedingt vorstzlicher Pflichtver-stoû der Vorr des [X.]n in der Gescfts[X.]ung der [X.] nichtgegeben. Denn auch wenn im Juni 1995 die Arbeitnehmerbeitri Fllig-keit nicht abgef[X.] wurden, folgt daraus nicht zwingend ein pflichtwidrigesVerhalten der [X.]ren Gescfts[X.]er der [X.].Vor allem jedocrnimmt der Gescfts[X.]er die rechtliche Ver-pflichtung zur Ab[X.]ung von [X.] mit seiner Be-stellung. Zum einen kmlich [X.] den Beginn der Verantwo[X.]lichkeit desGescfts[X.]ers keine anderen Grundstze gelten, als sie der Senat im U[X.]eilvom 15. Oktober 1996 ([X.]Z 133, 370, 376) [X.] deren Beendigung aufgestellthat. Hierauf wird im einzelnen Bezug genommen. Zum anderen [X.] die Zu-rechnung eines Verhaltens der Vorr und die hieraus resultierende Vor-verlegung der Verantwo[X.]lichkeit des [X.]n auf die [X.] vor seiner Ge-scfts[X.]erbestellung die Strafbarkeit in einer Weise ausdehnen, die mit demWo[X.]laut des § 266 a StGB nicht in Einklang zu bringen ist. Dies [X.] 7 -derspruch zu dem im Stra[X.]echt geltenden verfassungsrechtlichen Bestimmt-heitsgebot (A[X.]. 103 Abs. 2 GG), das gewrleisten soll, [X.] jedermann vor-hersehen kann, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht ist([X.] 25, 269, 285; 26, 41, 42; 28, 175, 183; 37, 201).Die Revision macht auch mit Recht geltend, [X.] das [X.] Haftung des [X.]n daneben ohne ausreichende rechtliche Grundlageauf die Verletzung einer Erkundigungspflicht r Vorvor der Übernah-me seiner Gescfts[X.]e[X.]tigkeit gesttzt hat.2. Im rigen kommt es [X.] die haftungsrechtliche Verantwo[X.]lichkeit [X.] entscheidend darauf an, ob die [X.] im Augenblick der Fllig-keit der [X.] war, weil die Unmlichkeit norm-gemûen Verhaltens die Tatbestandsmûigkeit bei dem hier vorliegenden Un-terlassungsdelikt entfallen [X.] (vgl. Senatsu[X.]eile [X.]Z 133, 370, 379 f.; vom18. November 1997 - [X.] - [X.], 468, 469 und vom 11. [X.] 2001 - VI ZR 350/00 - noch nicht verffentlicht). Deshalb konnte dieZahlungsfigkeit der [X.] zum [X.]punkt der [X.] der [X.] und 15. Oktober 1995 nicht unaufgekl[X.]bleiben.Entgegen der Auffassung der Revision fehlen im Berufungsu[X.]eil hierzuausreichende Feststellungen. Die Revisionserwiderung weist zu Recht auf [X.] im [X.]nvo[X.]rag hin, die eine Zahlungsunfigkeit der [X.] jedenfalls zweifelhaft erscheinen lassen. Hatte die [X.] bereits [X.] 1995 wi[X.]schaftliche Probleme und war ihre Kreditlinie ausge-scft, ist mlich damit nicht zu vereinbaren, [X.] am 18. September 199540.000 DM an die Klrin als erste Rate auf die Rckst[X.] Juni 1995[X.]en werden konnten und weitere 140.000 DM im Vollstreckungsverfah-- 8 -ren bis zum 16. Oktober 1995 bezahlt wurden. Auf die Zahlungsunfigkeit derGmbH am 15. Oktober 1995, an dem die [X.] September 1995 flliggeworden sind, kann [X.] entgegen der Ansicht der Revision - auch nicht deshalbgeschlossen werden, weil der [X.] am 18. Oktober 1995 den Antrag [X.] des [X.] das [X.] hat. Es ist nicht ausgeschlossen, [X.] die [X.] aufgrund finanziel-ler Transaktionen nach dem 15. Oktober 1995 erst zum 18. Oktober 1995 zah-lungsunfig geworden ist.3. Die Revision greift erfolgreich auch die Aus[X.]ungen im Berufungs-u[X.]eil an, mit denen das Berufungsgericht den bedingten Vorsatz des [X.]n[X.] das Vorenthalten der am 15. Oktober 1995 flligen [X.] hat. Es hat die Besonderheiten des vorliegenden Falls [X.] die Beu[X.]eilungder subjektiven Tatseite verkannt.[X.] den Vorsatz, wie ihn § 266 a Abs. 1 StGB voraussetzt, sind das Be-wuûtsein und der Wille erforderlich und ausreichend, die [X.] Fllig-keit (trotz Zahlungsfigkeit) nicht abzu[X.]en (vgl. Senatsu[X.]eil vom 1. Oktober1991 - VI ZR 374/90 - VersR 1991, 1378, 1379). Die Revision macht mit [X.], [X.] die Zahlung von 40.000 DM am 18. September 1995 nicht die An-nahme rechtfe[X.]igt, der [X.] habe am 15. Oktober 1995 die Ab[X.]ung derflligen Arbeitnehmerbeitrwuût und gewollt unterlassen.Die Klrin hattmlich, nachdem der [X.] die erste Rate in H-he von 40.000 DM am 18. September [X.]en hatte, die [X.] am20. September 1995 unter [X.] aufgeforde[X.], die [X.] den Monat August 1995 zu zahlen. Dem landgerichtlichen U[X.]eil, dessenAus[X.]ungen sich das Berufungsgericht zu eigen gemacht hat, kann nicht ent-nommen werden, [X.] dem [X.]n der genaue Gegenstand und der [X.] bekannt geworden [X.]. Die Annahme, der [X.] habe vorstzlich die [X.], setzt aber die Kenntnis [X.], [X.] die Klrin die Ratenzahlungsvereinbarung aufgekigt hatte unddie Vollstreckung auch wegen der Junibeit[X.]rieb. Nur dann war dem [X.]n bewuût, [X.] trotz der Zahlungen im Vollstreckungsverfahren nach wievor ein Teil der Augustbeitrie [X.] waren.[X.] der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann der Fall nichtabschlieûend entschieden werden. Das U[X.]eil war deswegen aufzuheben unddie Sache zur weiteren Aufklrung und erneuten Verhandlung an das [X.] zurckzuverweisen. [X.] das weitere Verfahren ist zu beachten,[X.] die Klrin entsprechend den im Senatsu[X.]eil vom 11. Dezember 2001(- VI ZR 350/00 [X.] noch nicht verffentlicht) dargelegten [X.] die Be-weislast [X.] die Zahlungsfigkeit der [X.] bei [X.] der Sozialversi-cherungsbeit[X.][X.].[X.]Dr. Dressler[X.][X.]Str

Meta

VI ZR 123/00

11.12.2001

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.12.2001, Az. VI ZR 123/00 (REWIS RS 2001, 245)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 245

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