Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.02.2023, Az. 25 W (pat) 6/21

25. Senat | REWIS RS 2023, 3536

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2018 016 786

(hier: Löschungsverfahren [X.]/19 Lösch)

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 2023 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, des [X.] [X.], LL.M.Eur., und der Richterin Dr. Rupp-Swienty, LL.M.,

beschlossen:

1. Der Beschluss des [X.], Markenabteilung 3.4, vom 12. November 2020 wird aufgehoben.

2. Die Eintragung der Marke 30 2018 016 786 wird für nichtig erklärt und gelöscht.

Gründe

I.

1

Die am 10. Juli 2018 angemeldete Wortmarke

2

[X.]

3

ist am 2. August 2018 unter der Nummer 30 2018 016 786 für folgende Waren in das beim [X.] geführte Register eingetragen worden:

4

Klasse 30:

5

Eiscreme; Wassereis; gefrorene Süßwaren.

6

Mit am 7. Juni 2019 eingegangenem Formblatt hat die Beschwerdeführerin gegenüber dem [X.] Antrag auf Erklärung der vollständigen Nichtigkeit und Löschung der Eintragung der Marke gemäß § 50 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] gestellt. Er wurde der Inhaberin der angegriffenen Marke gegen [X.] am 18. Juni 2019 zugestellt, die daraufhin mit am 13. August 2019 beim [X.] eingegangenem Schriftsatz der Löschung widersprochen hat.

7

[X.] [X.]s hat mit Beschluss vom 12. November 2020 den Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit und Löschung der Eintragung der Wortmarke 30 2018 016 786 zurückgewiesen und keine Kosten auferlegt. Darin wird ausgeführt, dem gemäß §§ 53, 50 Abs. 1 und 2 [X.] zulässigen Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit und Löschung sei fristgerecht widersprochen worden. In der Sache habe er jedoch keinen Erfolg. Die angegriffene Marke stelle kein Zeichen dar, dem die Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehle. Keine ihrer möglichen Bedeutungen, wie „Doppelgänger“, „Ersatzdarsteller“ oder „doppelter Titelgewinn“, vermittele einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt. Es sei nicht fernliegend, dass die angegriffene Marke in erster Linie als ein Begriff der [X.] verstanden werde. Des Weiteren könne davon ausgegangen werden, dass sie auf der Verpackung einer Eiscreme, eines Wassereises oder einer gefrorenen Süßware an der für Marken üblichen Stelle in Alleinstellung in der eingetragenen Form – also in Großbuchstaben – verwendet werde. Hier bestehe keine Veranlassung, den Begriff „[X.]“ ausschließlich und sofort als [X.] Wort zu identifizieren. Mit der [X.] Bedeutung „Doppelgänger“ weise sie zudem eine für Marken nicht untypische ironische Bedeutung auf. Sie könne als Bezeichnung eines Doppelgängers im Sinne eines [X.] eines bekannten Erzeugnisses verstanden werden. Auch im Sinne von „doppelter Titelgewinn“, mit dem beispielsweise der Gewinn der [X.] Fußballmeisterschaft zusammen mit dem Gewinn des [X.] bezeichnet werde, benenne die angegriffene Marke keine Produkteigenschaften. Eine beschreibende Bedeutung komme der angegriffenen Marke auch dann nicht zu, wenn sie von den angesprochenen Verkehrskreisen als [X.] Ausdruck im Sinne von „doppelt“ aufgefasst werde. Bei allen beschreibenden Verwendungen, wie etwa „double choc“, „double dark“, „double caramel“ oder „Double Salted Caramel“, finde sich die Kombination des Begriffs „[X.]“ mit einer weiteren Angabe, die angebe, welcher Bestandteil doppelt vorhanden ist. Hieraus ergebe sich im Umkehrschluss, dass „double“ oder „[X.]“ in Alleinstellung keine beschreibende Bedeutung aufweise. Dafür sprächen auch die von der Löschungsantragstellerin genannten Zurückweisungen. Im Übrigen stünden diese der Schutzfähigkeit der angegriffenen Marke auch deshalb nicht entgegen, weil die Markenabteilung an sie nicht gebunden sei. Die Zurückweisung der Markenanmeldung „Triple“ durch das [X.] begründe ebenfalls nicht die Schutzunfähigkeit des Begriffs „[X.]“, da [X.] Muttersprachler möglicherweise ein anderes Verständnis hätten. Die Entscheidung „doubles“ des [X.] in der Sache 28 W (pat) 8/06 sei nicht vergleichbar, weil „doubles“ die Mehrdeutigkeit des Begriffs „[X.]“ fehle.

8

Hiergegen wendet sich die Löschungsantragstellerin mit ihrer Beschwerde, die sie damit begründet, das Amt habe die Unterscheidungskraft der angegriffenen Marke rechtsfehlerhaft bejaht. Zusätzlich werde die Beschwerde auf den Löschungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 [X.] gestützt. Die nach der neueren Rechtsprechung für die Unterscheidungskraft maßgeblichen Kriterien würden schlichtweg ausgeblendet. Die Ausführungen der Markenabteilung, das Markenwort werde als Begriff der [X.] im Sinne von „Doppelgänger“ verstanden, seien fernliegend, denn es handele sich um einen Begriff der [X.]n Sprache. Der Annahme der Markenabteilung, mit der angegriffenen Marke werde ein [X.] bezeichnet, fehle jedweder reale Bezug. Im Falle einer Mehrmarkenstrategie würden Markeninhaber sehr genau darauf achten, dass die üblicherweise preiswertere Zweitmarke keine Assoziationen zu der regelmäßig teureren Erstmarke hervorrufe. Nach der neueren Rechtsprechung seien bei der Beurteilung, ob Unterscheidungskraft gegeben sei, sämtliche wahrscheinliche Verwendungsformen zu berücksichtigen. Gerade auch auf der Verpackung der Produkte der Inhaberin der angegriffenen Marke werde das Zeichen rein beschreibend, nämlich als Hinweis auf eine „doppelte Schokoladenumhüllung“ verstanden. Dazu im Gegensatz stehe der Begriff „[X.]“ bei nur einfacher Schokoladenumhüllung. Das Wort „[X.]“ könne weiterhin als solches aus Sicht der beteiligten Verkehrskreise eine ganze Reihe von beschreibenden Bedeutungen aufweisen. Die Tatsache, dass die Bezeichnung „Double“ in Kombination mit weiteren Bestandteilen offensichtlich beschreibend verstanden werde, lasse nicht den Rückschluss zu, dass sie in Alleinstellung nicht als beschreibende Angabe angesehen werde. Überdies habe der 28. Senat in seiner Entscheidung „doubles“ die fehlende Unterscheidungskraft des [X.] aus der fehlenden Unterscheidungskraft des Singulars abgeleitet und entschieden, dass der Begriff in Verbindung mit den dort betroffenen Back-, [X.] und Schokoladenwaren auf etwas Zweifaches oder Doppeltes dieser Produkte, ihrer Zutaten bzw. Wirkungen oder auf eine besonders hohe Konzentration der Bestandteile hinweisen könne. Der Verkehr werde die angegriffene Marke deshalb als beschreibende Angabe oder als anpreisendes und allgemein gängiges Werbeschlagwort ansehen. Tatsächlich werde dieses Verkehrsverständnis durch die Benutzung und durch die eingereichten Abbildungen von Speiseeis verschiedener Hersteller mit der Aufschrift „[X.]“ belegt. Es liege zudem das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] vor, da der angefochtene Beschluss davon ausgegangen sei, das Wort werde [X.] verstanden. Die Inhaberin der angegriffenen Marke habe Beispiele für eine beschreibende Verwendung des Begriffs „[X.]“ in Verbindung mit Eiscreme in [X.] sowie eine aktuelle Internetrecherche hierzu vorgelegt. Demgegenüber habe sie keine Nachweise dafür eingereicht, dass er im Zusammenhang mit Speiseeis im Sinne von Doppelgänger benutzt werde. Der Löschungsantrag werde zusätzlich auf § 8 Abs. 2 Nr. 3 [X.] gestützt, weil die [X.] zeigten, dass mit dem Wort „[X.]“ üblicherweise Speiseeis mit doppelter Umhüllung und gefrorene Süßwaren bezeichnet werden. Diese Erweiterung sei sachdienlich. Beim [X.] und beim [X.] seien Parallelanmeldungen der Inhaberin der angegriffenen Marke nicht zur Eintragung gelangt. Es sei darüber hinaus ein Klageverfahren beim [X.] anhängig. Ergänzend sei zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des [X.] verbleibende Zweifel, ob ein Schutzhindernis zum Anmeldezeitpunkt vorlag, zu Lasten der Inhaberin der angegriffenen Marke gingen. Sie müsse deshalb nachweisen, dass kein Schutzhindernis bestanden habe.

9

Die Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss des [X.]s, Markenabteilung 3.4, vom 12. November 2020 aufzuheben sowie die Eintragung der Marke 30 2018 016 786 für nichtig zu erklären und zu löschen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, dass für die Eintragungsfähigkeit bereits das Vorliegen geringer Unterscheidungskraft ausreiche. Nach der neuesten Rechtsprechung müssten bei ihrer Prüfung sämtliche wahrscheinlichen Verwendungsarten der Marke geprüft werden. Es reiche aus, wenn es praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten gebe, das angemeldete Zeichen so zu verwenden, dass es vom Verkehr ohne Weiteres als Marke verstanden werde.

Es sei unklar, was das Wort „[X.]“ in Verbindung mit Eiscreme aussagen solle. Die in [X.] Wörterbüchern verzeichneten Bedeutungen hätten mit den Waren, für die die angegriffene Marke eingetragen sei, nichts zu tun. Selbst wenn sie als [X.] Adjektiv im Sinne von „doppelt“ verstanden werde, habe dies nicht zur Folge, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehle, zumal die Waren nicht „doppelt“ seien. Es müsse ein weiteres Wort hinzukommen, um das Anmeldezeichen zu einem beschreibenden Begriff zu machen. Es gebe demnach viele Arten der Verwendung, die der angegriffenen Marke ohne weiteres Unterscheidungskraft verleihen würden. Aufgrund der vielen Bedeutungen sei sie auch keine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Die von der Inhaberin der angegriffenen Marke vorgelegten Beispiele zu „[X.] Double Caramel“ belegten ihre markenmäßige Verwendung. Im Übrigen werde sie in verschiedenster Weise benutzt. Die Inhaberin der angegriffenen Marke gebrauche diese nicht in beschreibendem Sinne, da an den damit gekennzeichneten Eisvarianten nichts doppelt sei. Weiterhin hätten sowohl das [X.] wie auch das [X.] 2022 wieder diverse Marken mit den Bestandteilen „double“ bzw. „doppelt“ eingetragen, so die Marke „Double Beauty“, eingetragen u. a. für Handcremes (Registernummer 30 2022 112 772), und die Marke „[X.]“, eingetragen u. a. für Pizza (Registernummer 30 2022 011 121).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten, den Hinweis des Senats vom 12. Dezember 2022, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28. Februar 2023 sowie auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Löschungsantragstellerin ist begründet.

1. Im Laufe des Verfahrens sind hierauf anzuwendende Vorschriften durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie ([X.]) 2015/2436 des [X.] und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (Markenrechtsmodernisierungsgesetz – [X.], [X.] I 2018, Seite 2357) gemäß Art. 5 Abs. 1 [X.] teilweise mit Wirkung zum 14. Januar 2019, im Übrigen gemäß Art. 5 Abs. 3 [X.] mit Wirkung zum 1. Mai 2020 novelliert worden.

Die Änderung der zum 1. Mai 2020 in [X.] getretenen Vorschriften betreffend das [X.] vor dem [X.] gemäß §§ 53 und 54 [X.] berührt bereits abgeschlossene Verfahrenshandlungen nicht (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 53 Rn. 105), so dass auf den am 7. Juni 2019, also davor eingelegten Löschungsantrag als auch auf den dagegen erhobenen Widerspruch der Inhaberin der angegriffenen Marke § 54 [X.] a. F. noch anwendbar ist. Zu berücksichtigen ist lediglich die aus Gründen der Anpassung an die Terminologie des Art. 45 der Richtlinie ([X.]) 2015/2436 mit Wirkung zum 14. Januar 2019 vorgenommene Umbenennung des [X.] wegen absoluter Schutzhindernisse in [X.] wegen absoluter Schutzhindernisse gemäß Art. 1 Nrn. 28 und 33 [X.] (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 50 Rn. 2, § 53 Rn. 2).

Die neue Fassung des § 50 Abs. 1 [X.] ist seit ihrem Inkrafttreten am 14. Januar 2019 auf das vorliegende Verfahren anwendbar, da insoweit keine Übergangsregelung gilt. Danach wird die Eintragung einer Marke auf Antrag für nichtig erklärt und gelöscht, wenn die Marke entgegen §§ 3, 7 oder 8 [X.] eingetragen worden ist. Bei der im vorliegenden [X.] vorzunehmenden Prüfung eines der Eintragung entgegenstehenden Schutzhindernisses ist danach auf den Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens und nicht auf denjenigen der Entscheidung über den Eintragungsantrag abzustellen (vgl. [X.] GRUR 2018, 404 Rn. 30 - Quadratische Tafelschokoladenverpackung I).

Ist der Antrag auf Löschung gemäß § 50 Abs. 1 [X.] - wie hier - nach dem 14. Januar 2019 gestellt worden, so ist § 50 Abs. 2 Satz 1 [X.] nach der Übergangsvorschrift des § 158 Abs. 8 Satz 1 [X.] in seiner neuen Fassung anzuwenden. Danach kann die Eintragung einer entgegen §§ 3, 7 oder 8 Abs. 2 Nrn. 1 bis 13 [X.] eingetragenen Marke nur für nichtig erklärt und gelöscht werden, wenn das Schutzhindernis noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit besteht. Maßgeblicher Zeitpunkt hierfür ist der Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] (vgl. [X.] GRUR 2016, 1167 Rn. 57 - Sparkassen-Rot).

2. Die Löschungsantragstellerin hat ihren am 7. Juni 2019 beim [X.] eingegangenen Antrag innerhalb der seit Eintragung der angegriffenen Marke am 2. August 2018 laufenden Zehnjahresfrist des nach § 158 Abs. 8 Satz 2 [X.] anwendbaren § 50 Abs. 2 Satz 3 [X.] gestellt.

Der nach § 54 Abs. 1 [X.] a. F. zulässige Löschungsantrag wurde der Inhaberin der angegriffenen Marke gegen [X.] am 18. Juni 2019 zugestellt. Sie hat der Löschung mit am 13. August 2019 beim [X.] eingegangenem Schriftsatz, mithin innerhalb der Zweimonatsfrist des § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] a. F. widersprochen, so dass das [X.] durchzuführen war.

3. Der Löschungsantrag ist begründet, weil der Eintragung der angegriffenen Marke bereits zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegenstand und dieses zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 28. Februar 2023 nicht entfallen ist.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.], 569 Rn. 10 - [X.]; [X.], 731 Rn. 11 - [X.]; [X.], 1143 Rn. 7 - [X.]; [X.], 270 Rn. 8 - Link economy; [X.], 1100 Rn. 10 - [X.]!; [X.], 825 Rn. 13 - [X.]; [X.], 850 Rn. 18 - [X.]). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. [X.] GRUR 2003, 604 Rn. 60 - [X.]; [X.], 565 Rn. 17 - [X.]). Bei der Beurteilung von [X.] ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. [X.] [X.], 411 Rn. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944 Rn. 24 - [X.] 2; [X.] [X.], 850, Rn. 18 - [X.]) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. [X.] [X.], 1143, 1144 Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten; [X.], 872 Rn. 10 - [X.]; [X.], 483 Rn. 22 - test; [X.] [X.] 2010, 439 Rn. 41 bis 57 - Flugbörse).

Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.] [X.], 850 Rn. 19 - [X.]; [X.] [X.], 674 Rn. 86 - Postkantoor), oder sonst gebräuchliche Wörter der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache, die - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. [X.] [X.], 270 Rn. 8 - Link economy; [X.], 778 Rn. 11 - [X.]; [X.], 640 Rn. 13 - hey!). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu ihnen hergestellt wird (vgl. [X.] [X.], 850 Rn. 19 - [X.]).

a) Von den Waren, für die die Marke eingetragen ist, werden sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher als auch der Fachhandel für Speiseeis und Süßwaren angesprochen.

b) Die angegriffene Marke besteht aus dem Wort „[X.]“.

(1) Im [X.] kommt ihm zum einen als Adjektiv und Adverb die Bedeutung „doppelt“ bzw. „Doppel-" zu. Als Substantiv wird es zum anderen mit „das Doppelte“, „Doppelgänger(in)“, „Double“ oder „Doppel“ übersetzt (vgl. Auszüge aus „leo.org/englisch-deutsch“ und „de.langenscheidt.com/englisch-deutsch/double“ als Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis vom 12. Dezember 2022).

(2) Im [X.] wird das Wort „Double“ im Sinne von Doppelgänger (Film, Fernsehen), einer Variation eines Satzes der Suite durch Verzierung der Oberstimme (Musik) und des Gewinns einer Meisterschaft bzw. eines weiteren [X.] durch dieselbe Mannschaft in einem Jahr (Sport) verwendet (vgl. „https://www.duden.de“ als Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis vom 12. Dezember 2022).

c) Ausgehend von diesen Bedeutungen wird das Wort „double“ - unabhängig von Groß- oder Kleinschreibung und auch in abgewandelter Form - in [X.] gerade in der Werbung für Lebensmittel ausweislich der in das Verfahren eingeführten Belege häufig zusammen mit der Angabe eines Inhaltsstoffs eingesetzt. So finden sich bereits auf den Abbildungen von [X.] aus dem [X.] 2018 in der Anlage [X.] zum Schriftsatz der Löschungsantragstellerin vom 17. August 2021 folgende Angaben:

- „[X.] [X.] GIGANT KARAMELL“,

- „[X.] [X.] TROUBLE“

und

- „[X.] … Doble“.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat dem nicht widersprochen, interpretiert die Beispiele nur anders als die Löschungsantragstellerin.

Diese hat des Weiteren mit Schriftsatz vom 10. März 2020 dem [X.] folgende Beispiele für die Verwendung des Wortes „double“ im Sinne von „doppelt“ in Verbindung mit Speiseeis und Süßwaren vorgelegt:

- Produktrezension von „[X.] Double“ auf YouTube,

- „[X.] [X.] CHOCOLATE“,

- „[X.] [X.] Knuspermüsli Plus [X.] CHOCOLATE“,

- „[X.] Minis [X.] CHOC”,

- „Ehrmann Grand Dessert Double Choc”,

- „KitKat [X.] CHOCOLATE”

und

- „[X.] double caramel”.

Die Fundstellen stammen ausweislich des Schriftsatzes der Löschungsantragstellerin vom 17. August 2021 zwar vornehmlich aus dem [X.] Sie sprechen jedoch angesichts ihres Umfangs und ihrer zeitlichen Nähe zum Tag der Anmeldung der angegriffenen Marke am 10. Juli 2018 dafür, dass das Wort „double“ im einschlägigen Warensegment schon damals gebräuchlich war.

Die fortdauernde beschreibende Verwendung ist aus den von der Löschungsantragstellerin als Anlage [X.] zum Schriftsatz vom 17. August 2021 eingereichten Ergebnissen einer damals aktuellen Internetrecherche zu dem Begriff „double“ ersichtlich. Danach wird er von verschiedenen Herstellern verwendet, um auf zwei Geschmackskomponenten bzw. einen doppelt enthaltenen Bestandteil hinzuweisen:

- [X.] für das [X.] „BIG [X.] Joghurt-Erdbeer“ sowie „BIG [X.] Peanut-Caramel“,

- [X.] Süd für das „[X.] [X.] KARAMELL [X.]“ und „[X.] [X.] PANNA COTTA HIMBEER“,

- [X.] für das [X.] „[X.] CHOCOLATE ALMOND“,

- Verpoorten für ein „Double Choc Eis“,

- Baileys für ein Waffelhörncheneis mit dem Namen „[X.] Luxury“,

- Biomarkt V… für das Eis im Becher „[X.] Nut mit Haselnüssen & Erdnüssen“,

- [X.] für das Eis im Becher „double belgian chocolate chip“,

- [X.] „[X.] CHOCOLATE“,

- Ehrmann für das Eis „Double Choc ICE CREAM“,

- M… GmbH & Co KG für die Kekse „[X.] Creme“, die „[X.]“ enthalten

und

- [X.] für die Eiscreme „CRISPY SANDWICH [X.] CARAMEL“.

Der Senat konnte weiterhin ermitteln, dass bereits vor 2018 das Wort „double“ auf einer [X.] Website für eine Schokolade enthaltene Backware verwendet wurde:

„American Double Choc Brownies“ (vgl. Rezept unter „www.chefkoch.de”, eingestellt seit dem 21. März 2006, als Anlage 3 zum gerichtlichen Hinweis vom 12. Dezember 2022).

Schließlich wurde seitens des Senats festgestellt, dass mit dem Wort „double” bei [X.] zum Ausdruck gebracht wird, dass zwei Schichten mit einer bestimmten Komponente, in der Regel Fleisch, vorhanden sind (vgl. den Artikel „[X.] WHOPPER“ als Anlage 4 zum gerichtlichen Hinweis vom 12. Dezember 2022). Außerdem wird es auch in [X.] als Hinweis darauf verwendet, dass ein Produkt etwas doppelt enthält. So hat [X.] in einem Spot eine „[X.] mit doppelter Fleischmenge angeboten (vgl. den Artikel „Kalorienbombe ‚Double Big Mac‘ führt [X.] an“ als Anlage 5 zum gerichtlichen Hinweis vom 12. Dezember 2022).

d) Der umfassende Gebrauch des Wortes „double“ in jeglicher Schreibweise gerade in Verbindung mit den verfahrensgegenständlichen Waren begründet die Annahme, dass es die angesprochenen [X.] und [X.] im Zeitpunkt sowohl der Anmeldung als auch der mündlichen Verhandlung am 28. Februar 2023 nicht als Mittel zur Unterscheidung, sondern zur Verdeutlichung des Umstands, dass „Eiscreme; Wassereis; gefrorene Süßwaren“ eine bestimmte Eigenschaft doppelt aufweisen, verstanden haben. Hierbei kommt es nicht darauf an, dass das Wort „double“ sehr häufig zusammen mit einem Begriff verwendet wird, der den doppelt vorhandenen Bestandteil benennt. Begegnet es in Alleinstellung den Verkehrsteilnehmern werden sie überwiegend davon ausgehen, dass irgendein Merkmal in doppeltem oder überdurchschnittlichem Umfang vorhanden ist. Ob es sich hierbei um die zweifache Menge beispielsweise von Karamell, Schokolade oder Creme handelt, ist unerheblich. Die angegriffene Marke vermittelt damit nur einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt.

e) Der Hinweis der Inhaberin der angemeldeten Marke darauf, dass das Markenwort im [X.] auch andere Bedeutungen hat, ändert hieran nichts. Für das Vorliegen des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr.1 [X.] reicht es aus, wenn ein Zeichen zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen eine beschreibende Aussage vermittelt (vgl. [X.] [X.], 952 Rn. 15 - [X.]Card; [X.], 569 Rn. 20 f. - [X.]; [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 8 Rn. 190).

f) Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin, dass es im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Waren Verwendungen der angegriffenen Marke geben könne, die ihr die Funktion eines [X.] zukommen lassen, ist zur Begründung ihrer Schutzfähigkeit ebenfalls nicht geeignet. Denn nach Auffassung des Senats wird die klare Sachaussage der besagten Marke selbst durch Arten ihrer Verwendung auf den gegenständlichen Waren nicht in Frage gestellt, die sie wie ein Unterscheidungsmittel erscheinen lassen. Anders als bei dem Zeichen „#darferdas?“, das der Entscheidung [X.] GRUR 2020, 411 zugrunde lag und in verkürzter Form das Thema einer Diskussion benennt bzw. die Aufforderung zu einer solchen darstellt, handelt es sich bei der angegriffenen Marke um eine rein beschreibende Angabe. Insofern bleibt es bei dem registerrechtlichen Grundsatz, dass außerhalb des Registers liegende Umstände, zu denen auch die konkrete Verwendung eines Zeichens gehört, bei der Prüfung dessen Schutzfähigkeit grundsätzlich unberücksichtigt bleiben. Unabhängig von der Verwendungsart wird der angesprochene Verkehr der Bezeichnung „[X.]“ stets einen [X.] Hinweis auf die Beschaffenheit der damit gekennzeichneten Waren entnehmen, was einem Verständnis als Unterscheidungsmittel entgegensteht (vgl. auch BPatG 25 W (pat) 29/19 - Mädelsabend; 25 W (pat) 567/19 - Studentenfutter; 25 W (pat) 561/19 - Glücksherzen).

g) Zur Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke, dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft zur Überwindung des Schutzhindernisses ausreiche, ist ergänzend unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des [X.] anzumerken, dass auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen ist, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren. Die Prüfung der Markenanmeldung muss daher streng und vollständig sein, um ungerechtfertigte Eintragungen zu vermeiden (vgl. [X.]GH GRUR 2019, 1194 Rn. 28 - #darferdas?; GRUR 2003, 604, Rn. 57, 60 - [X.]; [X.], 565 Rn. 17 - smartbook; [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 8 Rn. 200). Das damit zu fordernde Mindestmaß an Unterscheidungskraft kommt der angegriffenen Marke angesichts ihres ausschließlich beschreibenden [X.] nicht zu.

4. Soweit die Inhaberin der angegriffenen Marke sich vor dem [X.] und vor dem [X.] auf ihrer Ansicht nach vergleichbare Voreintragungen, wie 30 2022 112 772 - [X.] [X.] und 30 2022 011 121 - [X.], berufen hat, ergibt sich hieraus kein Anspruch auf Eintragung. Es wird insoweit auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.], 667 Rn. 13 ff. - Bild.[X.] u. [X.] unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen [X.] [X.], 229 Rn. 47 bis 51 - BioID; [X.], 674 Rn. 42 bis 44 - Postkantoor), des [X.] (vgl. GRUR 2008, 1093 Rn. 18 - [X.]) und des [X.] (vgl. z. B. [X.], 1175 - [X.]; [X.], 425 - [X.] und die Senatsentscheidung [X.] 2010, 145 - Linuxwerkstatt) verwiesen, wonach weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung gegeben ist. Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit ist keine Ermessens-, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Entscheidung, wobei selbst identische Voreintragungen nach ständiger Rechtsprechung nicht zu einem Anspruch auf Eintragung führen. Insofern gibt es auch im Rahmen der Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen, wie der Unterscheidungskraft, keine Selbstbindung der Markenstellen des [X.]s und erst recht keine irgendwie geartete Bindung des [X.]. Jeder Einzelfall ist eigenständig zu prüfen und danach eine Entscheidung zu treffen.

Abgesehen davon stehen den angeführten Voreintragungen bzw. den ihnen zugrundeliegenden Entscheidungen eine ganze Reihe von Zurückweisungen des [X.]s, aber auch des [X.] (insbesondere 28 W (pat) 8/06 - doubles) gegenüber, so dass nicht geltend gemacht werden kann, die vorliegende Beurteilung widerspreche einer gefestigten Spruchpraxis.

5. Die Löschungsantragstellerin hat ihr Begehren nachträglich mit Schriftsatz vom 3. März 2021 zusätzlich auf das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] und mit Schriftsatz vom 17. August 2021 zusätzlich auf das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 3 [X.] gestützt. Nach der Rechtsprechung des [X.] bilden die einzelnen in den §§ 3, 7 und 8 [X.] geregelten Eintragungshindernisse grundsätzlich selbständige Antragsgründe und damit jeweils eigene Streitgegenstände (vgl. zuletzt [X.] GRUR 2020, 1089, 1090 Rn. 10 - Quadratische Tafelschokoladenverpackung II). Auf die Frage der sich nach §§ 263 ff. ZPO bestimmenden Zulässigkeit der Erweiterung des [X.] braucht vorliegend jedoch nicht näher eingegangen werden, da die Eintragung der angegriffenen Marke bereits aufgrund des von Anfang an geltend gemachten Schutzhindernisses der mangelnden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] für nichtig zu erklären und zu löschen ist.

6. Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] besteht keine Veranlassung, so dass es bei der Regelung gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.] verbleibt, nach der jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst trägt.

Meta

25 W (pat) 6/21

28.02.2023

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.02.2023, Az. 25 W (pat) 6/21 (REWIS RS 2023, 3536)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3536

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "FRASSFOOD" – kein Freihaltungsbedürfnis – Unterscheidungskraft – keine bösgläubige Markenanmeldung


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25 W (pat) 561/19

25 W (pat) 567/19

25 W (pat) 29/19

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