Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.10.2008, Az. 3 StR 164/08

3. Strafsenat | REWIS RS 2008, 1677

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[X.] vom 1. Oktober 2008 Nachschlagewerk: ja [X.]St: ja [X.]: ja StGB § 86 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2, § 86 Abs. 1 Nr. 2 Der objektive Tatbestand des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 [X.] m. § 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist grundsätzlich erfüllt, wenn das von der verbotenen [X.] ([X.]/[X.]) als Symbol be-nutzte stilisierte [X.] oder diesem zum Verwechseln ähnliche Kennzei-chen (§ 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB) öffentlich verwendet werden. Eines zusätzli-chen Hinweises auf die Organisation bedarf es nicht. Ein tatbestandliches Han-deln scheidet aber dann aus, wenn sich aus den Gesamtumständen der Ver-wendung des Kennzeichens eindeutig ergibt, dass diese dem Schutzzweck des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht zuwider läuft. [X.], Beschluss vom 1. Oktober 2008 - 3 [X.] - [X.] in der Strafsache gegen wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen hier: [X.] des 2. Strafsenats des [X.] vom 18. März 2008 - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat am 1. Oktober 2008 beschlossen: Der objektive Tatbestand des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 [X.] m. § 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist grundsätzlich erfüllt, wenn das von der verbo-tenen [X.] ([X.]/[X.]) als Symbol benutzte stilisierte [X.] oder diesem zum Verwechseln ähnliche Kennzeichen (§ 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB) öffentlich verwendet werden. Eines zusätzlichen [X.] auf die Organisation bedarf es nicht. Ein tatbestandliches Handeln scheidet aber dann aus, wenn sich aus den Gesamtum-ständen der Verwendung des Kennzeichens eindeutig ergibt, dass diese dem Schutzzweck des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht zuwider läuft. Gründe: Die [X.] betrifft die Frage, ob der objektive Tatbestand des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß § 86 a [X.] m. § 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB auch dann erfüllt ist, wenn das stilisierte [X.] oder ein diesem zum Verwechseln ähnliches Kennzeichen isoliert, d. h. ohne konkreten Hinweis auf dessen Zuordnung zu der unanfechtbar ver-botenen Organisation "[X.]" (im Folgenden: [X.]/[X.]), öffentlich verwendet wird. 1 [X.] 1. Das [X.] hatte den Angeklagten vom Vorwurf des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 [X.] m. § 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB) in zwei Fällen freigespro-chen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft hat das [X.] - 3 - gericht [X.] verworfen. Zu der Tat, die zur Vorlegung der Sache an den [X.] geführt hat, hat das [X.] folgende Feststellungen getroffen: Der Angeklagte, der einen Versandhandel mit Devotionalien der rechten Szene betreibt, hielt sich am Vormittag des 19. April 2006 zunächst auf einem öffentlichen Platz in [X.] auf, um die Aufmerksamkeit der Passanten auf das von ihm getragene grüne T-Shirt zu lenken, auf dessen Brustseite ein in gelber Farbe gehaltenes, etwa kopfgroßes stilisiertes so genanntes [X.] - ein gleichschenkliges Balkenkreuz um dessen Schnittpunkt ein Ring gelegt ist - abgebildet war. Nach einiger Zeit begab er sich zu einer Polizeidienststelle und erstattete Selbstanzeige zur Klärung, ob er sich durch das öffentliche Tra-gen dieses T-Shirts strafbar gemacht hat. 3 Nach den weiteren Feststellungen des [X.]s wurde das [X.] ausschließlich in stilisierter Form von der im Jahr 1971 gegründeten und durch Verfügung des [X.] vom 14. Januar 1982 [X.] m. der Entscheidung des [X.] vom 13. Mai 1986 gemäß § 3 Vereinsgesetz unanfechtbar verbotenen verfassungsfeindlichen [X.]/[X.] als Emblem verwendet. Das [X.] hatte für die Vereinigung, die sich insbesondere zu [X.] und zur [X.] bekannte, die demokratische Staatsform verächtlich machte, die Rassenlehre propagierte und eine entspre-chende "Revolution" anstrebte, eine hohe progammatische und symbolische Bedeutung. Es war für die [X.]/[X.] ein Zeichen des Kampfes gegen einen vermeintlichen Angriff auf die "nordische Rasseneinheit" und gegen eine ver-meintliche politische Fremdbestimmung. Die verbotene Vereinigung hatte das stilisierte [X.] in starker Anlehnung an die Symbole der [X.] in un-terschiedlicher Weise als Emblem verwendet: 4 - 4 - - in einem auf einer Spitze stehenden Rhombus mit aufsitzendem Adler mit und ohne Unterschrift "[X.]", - als Fahne, die das [X.] in weißem Kreis auf rotem Grund zeigte, - in einem roten bzw. schwarzen Quadrat (inverse Darstellung) und - als selbstständiges Symbol in schwarzer Darstellung ohne schriftliche oder bildliche Zusätze. Das [X.] hat eine Strafbarkeit des Angeklagten aus [X.] verneint. Das auf dem T-Shirt aufgedruckte Emblem sei wegen seiner Farbgebung (gelb auf grünem Grund) mit keinem der von der [X.]/[X.] ver-wendeten Kennzeichen identisch. Es sei diesen auch nicht zum Verwechseln ähnlich im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB, weil ein Bezug zu der [X.] nicht hergestellt sei. Ein solcher Hinweis sei jedoch [X.], da das [X.] seit dem 8. Jahrhundert vor allem in [X.] und Schott-land als [X.] Symbol Verwendung finde und überdies auch nach dem Verbot der [X.]/[X.] in mehreren europäischen Ländern von - nicht [X.]n - rechten Gruppierungen, unter anderem der [X.] in [X.], allgemein als ein Zeichen einer nationalistischen und rassistischen inter-nationalen Bewegung benutzt werde. Ob dem Angeklagten, was dieser bestrit-ten hat, die Verwendung des stilisierten [X.]es durch die verbotene [X.]/[X.] bekannt war, könne daher offen bleiben. 5 2. Gegen das Berufungsurteil hat die Staatsanwaltschaft Revision einge-legt und die Verletzung sachlichen Rechts gerügt. 6 - 5 - Das [X.] hält die Revision der Staatsanwalt-schaft für begründet, soweit der Angeklagte in dem oben dargestellten [X.] worden ist. Es möchte das angefochtene Urteil insoweit aufheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere [X.] zur Klärung der subjektiven Tatseite zurückverweisen. In objektiver Hinsicht erachtet das [X.] den Tatbestand des § 86 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 [X.] m. § 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB als erfüllt. Es ist der Ansicht, das [X.] habe an die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "zum [X.] ähnlich" zu hohe Anforderungen gestellt. Das auf dem T-Shirt des Angeklagten abgebildete [X.] sei vielmehr wegen der wesentlich über-einstimmenden Stilisierungselemente trotz der anderen Farbgebung dem auch isoliert verwendeten Originalkennzeichen der [X.]/[X.] zum Verwechseln ähnlich. Eines zusätzlichen Hinweises auf die verbotene Organisation oder ei-nes sonstigen Umstandes, der auf diese Vereinigung hindeute, bedürfe es ent-gegen der Auffassung des [X.]s nicht. Denn bereits durch das öffentli-che Zurschaustellen des stilisierten [X.]es, das von der verbotenen [X.] als [X.] [X.] verstanden worden sei, [X.] die Schutzzwecke des § 86 a StGB tangiert, insbesondere eine Wiederbele-bung der verbotenen Vereinigung sowie der von ihr verfolgten verfassungs-feindlichen Bestrebungen zu besorgen. Auf den Bekanntheitsgrad der [X.] in der Bevölkerung komme es dabei nicht an. 7 An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich das [X.] durch die Beschlüsse des [X.] vom 30. Juli 1998 (5St [X.]), des [X.]s Karlsruhe vom 20. März 1997 (NStZ-RR 1998, 10) und des [X.]s Bamberg vom 18. September 2007 (2 [X.]) gehindert. Die Entscheidungen des [X.] und des [X.]s Karlsruhe betreffen die Verwen-dung des stilisierten [X.]es. Beide Gerichte vertreten wegen der Mehr-8 - 6 - deutigkeit des Symbols die Rechtsauffassung, das isolierte Verwenden eines [X.]es ohne konkreten Hinweis auf die verbotene Organisation [X.]/[X.] erfülle nicht den objektiven Tatbestand des § 86 a StGB, wobei das [X.] Oberste Landesgericht im Fall des Tragens des Kennzeichens auf der Oberbekleidung das Tatbestandsmerkmal "zum Verwechseln ähnlich" für nicht gegeben erachtet, während das [X.] Karlsruhe beim Tragen eines kleinen unscheinbaren Ringes, auf dem das isolierte [X.] abgebil-det war, "jedenfalls" ein "öffentliches Verwenden" des Kennzeichens der verbo-tenen Organisation verneint hat. Die Entscheidung des [X.]s Bamberg befasst sich hingegen mit dem Verwenden einer auch von Unterorga-nisationen der [X.] als Emblem benutzten [X.]. Das [X.] hat den äußeren Tatbestand des § 86 a StGB in jenem Fall [X.] wegen Fehlens eines Hinweises auf eine [X.] [X.] abgelehnt. Das [X.] hat die Sache dem [X.] zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt: 9 "Ist der objektive Tatbestand des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß § 86 a Abs. 1 Nr. 1 [X.] m. § 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB auch dann erfüllt, wenn das stili-sierte [X.] und/oder diesem zum Verwechseln ähnliche Kennzeichen (§ 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB) der verbotenen '[X.] - [X.] ([X.]/[X.])' isoliert, nämlich ohne konkreten tatsächlichen Hinweis auf die verbotene Organisation und/oder ohne Vorlie-gen von sonstigen auf die verbotene [X.] Umständen öffentlich verwendet werden?" - 7 - 3. Der [X.] hat beantragt die [X.] zu beja-hen und wie folgt zu beschließen: 10 "Der objektive Tatbestand des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 [X.] m. § 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist erfüllt, wenn das von der verbotenen [X.]/Partei der Arbeit ([X.]/[X.]) als Symbol benutzte stilisierte [X.] oder diesem zum Verwechseln ähnliche Kennzeichen (§ 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB) öffentlich verwendet werden. Eines zusätzlichen Hinweises auf die verbotene Organisation bedarf es nicht." I[X.] Die [X.] nach § 121 Abs. 2 [X.] sind erfüllt. 11 1. Ob eine die [X.] begründende Divergenz zwischen der Rechtsauffassung des [X.]s Nürnberg und den angeführten, an-dere Fallgestaltungen betreffenden Entscheidungen des [X.]s Karlsruhe und des [X.]s Bamberg besteht, kann dahinstehen. Denn jedenfalls stimmt der dem Beschluss des [X.]n Obersten Landes-gerichts vom 30. Juli 1998 zugrunde liegende Sachverhalt mit dem hier zu beur-teilenden in den maßgeblichen Punkten überein. Die von diesem Gericht zu den objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 86 a StGB geäußerte Rechtsan-sicht war auch mit entscheidungserheblich. Das vorlegende [X.] kann deshalb über die Revision der Staatsanwaltschaft nicht [X.], ohne von den tragenden Erwägungen des [X.]n Obersten Landesgerichts abzuweichen. 12 2. Der Vorlagepflicht nach § 121 Abs. 2 [X.] steht nicht entgegen, dass dieses Gericht durch das Gesetz zur Auflösung des [X.]n Obersten 13 - 8 - Landesgerichts und der Staatsanwaltschaft dieses Gerichts vom 25. Oktober 2004 ([X.]; BayGVBl 2004, [X.] ff.) mit Wirkung zum 30. Juni 2006, aufgelöst worden ist. Sie entfällt auch nicht deshalb, weil das vorlegende Gericht eines der Nachfolgegerichte des [X.] ist. a) Der [X.] schließt sich der in der Literatur mehrheitlich vertretenen Auffassung an, dass eine Divergenzvorlage grundsätzlich auch dann zu erfol-gen hat, wenn ein [X.] beabsichtigt, von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung eines aufgelösten, gleich geordneten Gerichts abzuweichen (vgl. [X.]. [X.], [X.] zur [X.] und zum [X.] III § 121 Rdn. 23; derselbe in [X.] 1958, 815, 816; [X.] in Löwe/[X.], [X.]. § 121 [X.] Rdn. 44; [X.], [X.] 5. Aufl. § 121 Rdn. 10; [X.] in [X.]. § 121 [X.] Rdn. 17; [X.] in [X.] 50. Lfg. § 121 [X.] Rdn. 18; [X.], [X.] 3. Aufl. § 121 Rdn. 14; [X.], [X.] 51. Aufl. § 121 Rdn. 6; [X.] 1956, 437). Der dem § 121 Abs. 2 [X.] zugrunde liegende Gedanke, im Bereich des Strafrechts voneinander abwei-chende höchstrichterliche Rechtsprechung zu vermeiden, um die Rechtsan-wendung voraussehbar zu machen und damit Rechtssicherheit und Rechtsein-heitlichkeit zu gewährleisten, gilt in diesen Fällen gleichermaßen. Denn durch die Auflösung eines [X.]s verlieren dessen [X.] weder ihre Geltung noch ihre Bedeutung für die Rechtsanwendung, so dass sich ohne Klä-rung im [X.] - zumindest temporär - widersprechende höchstrich-terliche Entscheidungen gegenüberstünden und sich den unteren Gerichten zur Auslegung des Rechts anböten. 14 b) Das [X.] ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil das vor-legende [X.] ein Nachfolgegericht des aufgelösten Ge-richts ist, von dem es abzuweichen beabsichtigt. Die früher beim [X.]n 15 - 9 - Obersten Landesgericht konzentrierten Aufgaben in strafrechtlichen Revisions-verfahren wurden allen drei [X.]n [X.]en im Rahmen der jeweiligen örtlichen Zuständigkeit übertragen (§ 2 Nr. 3 [X.]; [X.]. 15/1061 S. 12). Diese Gerichte sind deshalb gleichberechtigt in die Kontinuität der Rechtsprechung des [X.] eingetreten. Mithin kommt die beabsichtigte Abweichung des [X.] einer Abweichung von der Rechtsprechung der beiden anderen Nachfolgegerichte des [X.] gleich und bedarf auch aus diesem Grund zur Klärung der Divergenz des [X.]s nach § 121 Abs. 2 [X.] (vgl. [X.], Der Ausgleich divergierender Entscheidungen in der oberen Gerichtsbarkeit, 1962, [X.] ff., 308, s. auch [X.]. 15/1061 S. 12). Ob es sich anders verhielte, wenn ein [X.] von einer Entscheidung eines anderen [X.]s abzuweichen gedenkt, dessen Nachfolge es allein übernommen hat, bedarf hier keiner Entscheidung (bejahend [X.] aaO; [X.] aaO). II[X.] Die Vorlagefrage ist zu bejahen. Jedoch bedarf die hierdurch eröffnete grundsätzliche Anwendbarkeit des § 86 a StGB wegen der mit dem Symbol des [X.]es verbundenen Besonderheiten einer anderweitigen tatbestandli-chen Einschränkung. 16 1. Das [X.] Oberste Landesgericht vertritt in Übereinstimmung mit der Literatur die Auffassung, das öffentliche Verwenden eines (isolierten) stili-sierten [X.]es erfülle wegen seiner Mehrdeutigkeit und mit Blick auf den geringen Bekanntheitsgrad der [X.]/[X.] nur dann die Voraussetzungen des objektiven Tatbestandes des § 86 a StGB, wenn aufgrund eines konkreten [X.] ein Bezug zu der verbotenen Organisation hergestellt werde. Fehle ein 17 - 10 - solcher Hinweis, unterfalle das Symbol bereits nicht dem [X.] des § 86 a Abs. 1 und 2 StGB (vgl. [X.]/[X.] in [X.]. § 86 a Rdn. 7; [X.] in MünchKomm-StGB § 86 a Rdn. 10; [X.] in [X.]. § 86 a Rdn. 11; [X.], StGB 55. Aufl. § 86 a Rdn. 6; wohl auch [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB 27. Aufl. § 86 a Rdn. 4, allerdings bei den Erläuterungen zu § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB). Für eine derart generalisierende, über den Einzelfall hinausgehende Ein-schränkung des äußeren Tatbestandes des § 86 a StGB bietet jedoch weder der Wortlaut der Vorschrift Anhaltspunkte noch entspräche sie dem [X.]. Sie stünde überdies nicht mit den von der Rechtsprechung bisher entwickelten Grundsätzen zur Restriktion dieses Tatbestands in Einklang (vgl. [X.]St 25, 30, 34; 51, 244; [X.] NJW 2006, 3052 f.). 18 Der [X.] ist für sich genommen einer einschränkenden Auslegung nicht zugänglich. Kennzeichen, wie sie beispielhaft in § 86 a Abs. 2 StGB aufgezählt sind, sind sicht- oder hörbare Symbole, deren sich die in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 StGB aufgeführten Organisationen bedienen oder bedient haben, um propagandistisch auf ihre politischen Ziele und die [X.] ihrer Anhängerschaft hinzuweisen ([X.] in [X.] Lfg. § 86 a Rdn. 2). Zur Begründung der Kennzeicheneigenschaft ist deshalb allein erfor-derlich, dass sich die Vereinigung ein bestimmtes Symbol durch einen [X.] - sei es durch formale Widmung, sei es durch schlichte Übung - zu eigen gemacht hat, so dass dieses Symbol zumindest auch als Zeichen der verbotenen Organisation erscheint (vgl. [X.] NJW 1999, 435, 436). 19 Ist dies der Fall, so ist darüber hinaus eine Unverwechselbarkeit des Symbols nicht erforderlich. Dass das Kennzeichen auch unverfängliche Ver-wendung in anderem Zusammenhang findet und von der Organisation lediglich 20 - 11 - übernommen wurde, ist für den [X.] nicht von Bedeutung. Von solchen außerhalb des Symbols liegenden tatsächlichen Umständen kann die Feststellung, ob es sich bei ihm um das Kennzeichen einer verbotenen [X.] handelt, ohne nachteilige Folgen für die Rechtssicherheit und Bestimmt-heit des Tatbestands nicht abhängig gemacht werden (vgl. [X.] NJW 1999, 435, 436). Ob ausnahmsweise etwas anderes gilt, wenn sich die verbotene Vereinigung ein rein staatliches Hoheitssymbol oder ein Symbol einer Weltreli-gion in unveränderter Form als Kennzeichen zu eigen macht, braucht der [X.] nicht zu entscheiden (bejahend: [X.] aaO Rdn. 11; [X.] aaO Rdn. 4; vgl. [X.] Mannheim NVwZ 2006, 935; [X.] NStZ 2008, 73, 76 f.; offen gelassen in [X.]St 28, 394, 395). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. - 12 - Da das stilisierte [X.] als Symbol jedenfalls auch für die [X.] [X.]/[X.] steht, unterfällt es somit ohne jede Einschränkung dem Kennzei-chenbegriff des § 86 a StGB. Dem steht nicht entgegen, dass das [X.] - wenn auch weitgehend gerade nicht in stilisierter Weise, sondern in vielfältigen künstlerischen Gestaltungsformen - auch unabhängig von einem Bezug zu die-ser Organisation namentlich zu kultisch-religiösen Zwecken, in kulturhistori-schen Zusammenhängen oder auch als reiner Schmuck dargestellt sowie ge-braucht wurde und wird. Aus der [X.]sentscheidung [X.] NStZ 1996, 81 er-gibt sich nichts anderes. Denn im dortigen Fall war das [X.] in der Form eines realistischen Grab- oder Gedenksteins und gerade nicht in der stilisierten Weise dargestellt, wie sie die [X.]/[X.] verwendet hatte; ob das derart stili-sierte [X.] die Voraussetzungen des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt, hat der [X.] in diesem Urteil ausdrücklich offen gelassen. 21 2. Dem Umstand, dass - von Fällen der [X.] abgesehen (§ 86 a Abs. 3 i.V.m. § 86 Abs. 3 StGB) - bei [X.] Auslegung des § 86 a StGB damit jedweder Gebrauch eines solchen Kennzeichens - mithin aufgrund seiner Mehrdeutigkeit auch jede unverfängliche Verwendung des stili-sierten [X.]es - dem objektiven Tatbestand unterfiele, muss mit Blick auf die Grundrechte namentlich der Meinungs- und Bekenntnisfreiheit durch eine anderweitig restriktive Auslegung der Vorschrift Rechnung getragen wer-den. 22 a) Das kann aber nicht in der Weise geschehen, dass eine tatbestands-mäßige Verwendung des Kennzeichens nur dann bejaht wird, wenn dieses durch einen mit ihm verbundenen Hinweis oder durch die Umstände seines Gebrauchs in einen konkreten Bezug zu der verbotenen Organisation gestellt wird. Eine derartige Tatbestandseinschränkung wäre mit dem weit gespannten Schutzzweck des § 86 a StGB nicht vereinbar. 23 - 13 - aa) Die Vorschrift richtet sich zunächst gegen eine Wiederbelebung ver-fassungswidriger Organisationen und der von ihnen verfolgten verfassungs-feindlichen Bestrebungen, auf die das Kennzeichen symbolhaft hinweist. Es soll bereits jeder Anschein vermieden werden, in der [X.] gebe es eine rechtsstaatswidrige politische Entwicklung in dem Sinne, dass ver-fassungsfeindliche Bestrebungen in der durch das Kennzeichen symbolisierten Richtung geduldet würden (vgl. [X.]St 25, 30, 33; 31, 383, 387; 51, 244, 246). Die öffentliche Verwendung des Kennzeichens einer verfassungswidrigen [X.] begründet deshalb grundsätzlich die Gefahr einer solchen Wiederbe-lebung, weil in ihr ein werbendes Bekenntnis zu der Organisation und deren verfassungsfeindlichen Zielen zu sehen ist. 24 Dagegen lässt sich nicht mit Erfolg einwenden, dass das [X.] wegen seiner vielfältigen Verwendung als kulturhistorisches und religiöses Symbol in der Öffentlichkeit nicht als Erkennungszeichen der weithin unbekann-ten [X.]/[X.] wahrgenommen werde, mithin die Gefahr einer propagandisti-schen Wirkung für die verbotene Organisation allenfalls gering sei (vgl. [X.] 2002, 182, 185). Eine solche Sichtweise lässt schon außer Betracht, dass das [X.] als kulturhistorisches oder religiöses Symbol regelmäßig in unterschiedlichen künstlerischen Gestaltungs- und Darstellungsformen ver-wendet, dagegen kaum in der stilisierten Weise gebraucht wird, die die [X.]/[X.] benutzt hat. Im Übrigen ist der [X.] einer an den Bekanntheitsgrad der Organisation bzw. der ihr zuzuordnenden Kennzeichen anknüpfenden [X.] bereits in seinem Beschluss vom 31. Juli 2002 nicht gefolgt ([X.]St 47, 354), nicht zuletzt mit Blick darauf, dass es sich bei § 86 a StGB um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt und eine wie auch immer geartete konkrete Gefährdung des politischen Friedens zur Verwirklichung des [X.] nicht erforderlich ist ([X.]St aaO S. 359). 25 - 14 - bb) Die vom [X.]n Obersten Landesgericht und in der Literatur vertretene Auffassung würde jedoch vor allem nicht dem Zweck des § 86 a StGB gerecht, die von der Verwendung des Kennzeichens einer verfassungs-widrigen Organisation ausgehende gruppeninterne Wirkung zu unterbinden. Neben der werbenden Wirkung nach außen erfüllen Kennzeichen eine wichtige gruppeninterne Funktion als sichtbares Symbol geteilter Überzeugungen. Ihre Verwendung erlaubt es Gleichgesinnten, einander zu erkennen und sich als eine von den "anderen" abgrenzbare Gruppe zu definieren ([X.]St 47, 354, 359; [X.] NStZ 2002, 113, 114). Der Gefahr einer gruppeninternen Verwen-dung des Kennzeichens und einer damit einhergehenden Verfestigung der Bin-dungen von Gleichgesinnten kann durch eine Auslegung des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 StGB, die die Verwendung des von der [X.]/[X.] gebrauchten stilisier-ten [X.]es nur dann unter den Tatbestand subsumiert, wenn ein auch für außenstehende Dritte erkennbarer Bezug des Symbols zu dieser [X.] hergestellt wird, nicht wirksam entgegengetreten werden. Vielmehr liegt es nahe, dass sich gerade Anhänger der verbotenen Organisation die nach [X.] [X.] und der Literatur [X.] Möglichkeit, das Kennzeichen auch straflos gebrauchen zu können, für ihre Zwecke zu Nutze machen würden und sich auf diese Weise das verbotene Kennzeichen im politischen Leben der [X.] wieder als Symbol der [X.]/[X.] Organisation etablieren könnte. 26 b) Für eine einschränkende Auslegung des Tatbestands des § 86 a StGB ist deshalb ein anderer Lösungsansatz zu wählen. 27 Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des [X.] erfordert die weite Fassung des § 86 a StGB eine Restriktion des Tatbestands in der Weise, dass solche Handlungen, die dem Schutzzweck der Norm eindeu-tig nicht zuwiderlaufen oder sogar in seinem Sinne wirken, nicht dem objektiven 28 - 15 - Tatbestand unterfallen (vgl. [X.]St 25, 30, 32 ff.; 25, 133, 136 f.; 51, 244, 246 ff.). Dies ist bislang für Fälle anerkannt, in denen das Kennzeichen in einer Weise dargestellt wird, die offenkundig gerade zum Zweck der Kritik an der ver-botenen Vereinigung oder der ihr zugrunde liegenden Ideologie eingesetzt wird (vgl. [X.]St 25, 30, 34; 51, 244) oder erkennbar verzerrt, etwa parodistisch verwendet wird (vgl. [X.]St 25, 133, 136 f.). Mit dieser Rechtsprechung wird einerseits dem Anliegen, verbotene Kennzeichen grundsätzlich aus dem Bild des politischen Lebens zu verbannen, andererseits den hohen Anforderungen, die das Grundrecht der freien Meinungsäußerung an die Beurteilung solcher kritischen Sachverhalte stellt, Rechnung getragen (vgl. [X.] NJW 2006, 3052). Sie ist für den hier in Rede stehenden Fall fortzuentwickeln. Allerdings kann hier für die Prüfung, ob die Verwendung des stilisierten [X.]es dem Schutzzweck des § 86 a StGB eindeutig nicht zuwiderläuft, nicht auf die Darstellung des Symbols selbst zurückgegriffen werden; denn die-ses lässt bei isoliertem Gebrauch gerade nicht erkennen, ob es als Kennzei-chen der verbotenen Organisation oder - trotz der Stilisierung - zu völlig ande-ren, etwa religiösen oder rein dekorativen Zwecken verwendet wird. [X.]ensowe-nig lässt sich der Darstellung eine offenkundige Gegnerschaft zu der [X.]/[X.] entnehmen. [X.] ist vielmehr an die Fälle, in denen ein (of-fensichtlich) "verbotenes" Kennzeichen in einem mehrdeutigen Zusammenhang gebraucht wird. Hierzu hat der [X.] bereits entschieden, dass für die [X.], ob die konkrete Kennzeichenverwendung dem Schutzzweck des § 86 a StGB erkennbar nicht zuwiderläuft, die gesamten Umstände der Tat zu berücksichtigen sind ([X.]St 25, 30, 34: "[X.]-Gruß" bei Polizeikontrolle). Nichts anderes kann gelten, wenn die potentielle Mehrdeutigkeit des Gesche-hens schon aus dem Kennzeichen selbst entspringt. Daher kann den [X.], die die Grundrechte der Meinungs- und Bekenntnisfreiheit, aber auch der allgemeinen Handlungsfreiheit an eine verfassungskonforme Auslegung des 29 - 16 - Tatbestands stellen, hier nur in der Weise Rechnung getragen werden, dass der mit dem Gebrauch des Kennzeichens verbundene Aussagegehalt anhand aller maßgeblichen Umstände des Falles ermittelt wird. Ergibt dies, dass der Schutzzweck der Norm in seinen oben dargestellten Ausprägungen eindeutig nicht berührt wird, so fehlt es an einem tatbestandlichen Verwenden des Kenn-zeichens, da dieses nicht als solches der [X.]/[X.] zur Schau gestellt wird. Sind die äußeren Umstände dagegen nicht eindeutig, so ist der objektive [X.] der Norm erfüllt; es bedarf dann aber besonders sorgfältiger Prüfung, ob sich der Täter bewusst war, das Kennzeichen einer verbotenen Organisation zu verwenden und daher auch die subjektive Tatseite gegeben ist. Ri[X.] von [X.] ist erkrankt

und daher gehindert zu unter-

schreiben. [X.] Miebach [X.] Sost-Scheible [X.]

Meta

3 StR 164/08

01.10.2008

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.10.2008, Az. 3 StR 164/08 (REWIS RS 2008, 1677)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1677

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