Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2017, Az. 3 StR 364/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 17479

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:120117U3STR364.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
3 StR 364/16

vom
12. Januar
2017
in der Strafsache
gegen

wegen öffentlicher Verwendung von Kennzeichen eines verbotenen Vereins

-
2
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Der 3.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 12.
Januar 2017, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Becker,

[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],
[X.],
[X.],
Hoch

als beisitzende Richter,

Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 8.
März 2016 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten vom Vorwurf der öffentlichen Ver-wendung von Kennzeichen eines verbotenen Vereins freigesprochen. Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Rüge der Verletzung mate-riellen Rechts gestützten, vom [X.] nicht vertretenen [X.]. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen des
[X.]s ist der Angeklagte Mitglied des "[X.]", einer Untergliederung der weltweit agierenden Rockergruppierung "[X.]". Als erstes und seinerzeit einzi-ges "[X.] Charter" in [X.] wurde im Jahr 1973 der "Hell's
Angels Motorclub e.
V." in [X.] gegründet. Seine Mitglieder bezeichneten sich als "[X.] [X.]". Sie trugen sog. Kutten, die mittels diver-ser Aufnäher im Wesentlichen einheitlich gestaltet waren:

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Auf der Rückseite befand sich
oben der in einer Bogenform nach unten verlaufende Schriftzug "[X.]" in roter Schrift auf weißem Grund. Das Clubemblem war mittig angebracht. Es bestand aus einem stilisierten behelm-ten Totenkopf in den Farben Weiß, [X.] und Rot mit rechtsseitigen gold-roten Engelsflügeln. Unterhalb des Logos war der Schriftzug "[X.]" in roter Schrift auf weißem Grund angebracht. Darunter befand sich in einer nach oben verlaufenden Bogenform der Schriftzug "[X.]" in roter Schrift auf weißem Grund. Bei der für die Begriffe "[X.]" und "[X.]" verwendeten Schriftart handelte es sich um "[X.] Regular". Auf der Vorderseite der Kutte waren in roter Schrift auf weißem Grund die Schriftzüge "[X.]" und "[X.]" nebeneinander sowie "[X.]" angebracht.
Seit Anfang der 1980er Jahre gründeten sich weitere "Charter" der "[X.]" in [X.], unter anderem das "[X.] [X.] [X.] Charter Düsseldorf" sowie in [X.] das "[X.] Motorcycle Club Charter [X.]" nebst seiner Teilorganisation "Commando 81 [X.]". Die Kennzeichen dieser Ortsgruppen ähnelten denjenigen des "[X.] Charters" in [X.]. Im norddeutschen Raum entstanden überdies die "[X.] Charter" "[X.]" und "[X.]".
Der "[X.] e.
V. [X.]" ist durch bestandskräftige Verfügung des [X.] vom 21.
Oktober 1983 verbo-ten, das "[X.] [X.] [X.] Charter Düsseldorf" durch Verfügung des [X.] des Landes [X.] vom 11.
Februar 2000, deren sofortige Vollziehbarkeit angeordnet wurde, und das "[X.] Mo-torcycle Club Charter [X.]" nebst seiner Teilorganisation "Commando 81 [X.]" durch bestandskräftige Verfügung des [X.] des Lan-des [X.]
vom 6.
Juni 2011.
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Der Angeklagte
befuhr am 22.
Juli 2014 mit einem Motorrad eine Straße in W.

. Dabei trug er ein T-Shirt, auf dessen Rückseite ein stilisierter, wei-
ßer und behelmter Totenkopf mit rechtsseitigen rot-goldenen Engelsflügeln, darüber der Schriftzug "[X.]" und darunter der Schriftzug "[X.]", jeweils in roter Schrift mit weißer Umrandung und in der Schriftart "[X.] Regular" abgedruckt waren. Zwischen dem Totenkopf und dem Schriftzug "[X.]" befanden sich die
Buchstaben "[X.]" in roter Farbe mit weißer Umrandung. Bei sämtlichen Buchstaben handelte es sich um Großbuchstaben. Der Totenkopf wies hinsichtlich seiner Gestaltung, der Kopfbedeckung und der Farbgebung Abweichungen von demjenigen auf, den die verbotenen "Charter" der "[X.]" verwendeten.
Außerdem trug der Angeklagte einen Motorradhelm, auf dem mindestens fünf Aufkleber angebracht waren. Drei davon waren rechteckig und beinhalteten den Schriftzug "Support your local [X.] [X.]". Die Schriftzeichen waren in Großbuchstaben und in roter Farbe auf weißem Grund geschrieben, die Worte "[X.]" zudem in der Schriftart "[X.] Regular". Ein weiterer Aufkleber wies auf einem weißen Hintergrund in der Mitte einen stilisierten und behelmten Totenkopf in den Farben Weiß, [X.] und Rot mit rechtsseitigen rot-goldenen Engelsflügeln auf, der in seiner Form und Farbgebung dem von den verbotenen "Chartern" der "[X.]" verwendeten Symbol entsprach. Über dem Totenkopf war in nach unten verlaufender Bogenform der Schriftzug "[X.]" aufgedruckt, unter dem Totenkopf in nach oben verlaufender Bogenform der Schriftzug "[X.]". Zwischen dem Totenkopf und dem Schriftzug "[X.]" befand sich der Schriftzug "[X.]", unterhalb des Totenkopfes standen die Buchstaben "[X.]" und das Wort "[X.]". Bei sämt-lichen Buchstaben handelte es sich um Großbuchstaben in roter Farbe und in der Schriftart "[X.] Regular". Der fünfte Aufkleber zeigte auf weißem Grund 6
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einen stilisierten behelmten Totenkopf in den Farben Gelb und [X.] mit rechtsseitigen rot-goldenen Engelsflügeln. Er unterschied sich in seiner Form und Farbgebung von der Gestaltung des Symbols, das die verbotenen "[X.]" der "[X.]" verwendeten. Über dem Totenkopf befand sich in nach unten verlaufender Bogenform der Schriftzug "[X.]", unter dem [X.] stand in nach oben verlaufender Bogenform das Wort "[X.]". Bei sämtlichen Buchstaben handelte es sich um Großbuchstaben in roter Farbe, jedoch nicht in der Schriftart "[X.] Regular".
Am 7.
August 2014 trug der Angeklagte auf dem Gelände eines [X.] in W.

ein T-Shirt, auf dessen Rückseite ein stilisierter, weißer
und behelmter Totenkopf mit rechtsseitigen rot-goldenen Engelsflügeln zu se-hen war. Oberhalb des Totenkopfes befand sich in nach unten weisender Bo-genform der Schriftzug "[X.]", unterhalb des Totenkopfes stand in nach oben weisender Bogenform der Schriftzug "[X.]". Zwischen dem Totenkopf und dem unteren Schriftzug waren die Buchstaben "[X.]" abgebildet. Bei sämtlichen Buchstaben handelte es sich um Großbuchstaben in roter Farbe und mit weißer Umrandung. Die in Bogenform dargestellten Schriftzüge waren in der Schriftart "[X.] Regular" ausgeführt. Auf der Vorderseite des T-Shirts standen die Großbuchstaben "[X.]", in roter Farbe mit weißer Umrandung und in der Schriftart "[X.] Regular".
II.
Der Freispruch des Angeklagten hält rechtlicher Überprüfung stand.
Es kann dahinstehen, ob und inwieweit es sich bei den Symbolen und Schriftzügen, die sich auf den vom Angeklagten getragenen T-Shirts sowie dem Motorradhelm befanden, im Einzelnen um Kennzeichen auch der verbotenen
"Hells Angel Charter" handelte; zumindest im Hinblick auf den Schriftzug "Hells 8
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Angels" und das [X.] ist davon auszugehen. Darauf kommt es letztlich nicht an, weil der Angeklagte die Kennzeichen jedenfalls nicht im Sinne von §
20 Abs.
1 Satz
1 Nr.
5 VereinsG "verwendet" hat. Insoweit gilt:
Diese Strafnorm bedarf aufgrund ihrer weiten Fassung mit Rücksicht auf verfassungsrechtliche Anforderungen -
nicht zuletzt mit Blick auf das Grund-recht der Vereinigungsfreiheit aus
Art.
9 Abs.
1 GG
-
einer am Schutzzweck der Norm orientierten einschränkenden Auslegung. Danach sind Kennzeichenver-wendungen, die dem Schutzzweck des Vereinsverbots eindeutig nicht zuwider-laufen, von dem Tatbestand auszunehmen. Bei der Prüfung, ob die Verwen-dung eines Kennzeichens auch einer verbotenen Organisation dem [X.] eindeutig nicht zuwiderläuft, kann in der Regel nicht allein auf die Darstellung des Symbols selbst zurückgegriffen werden; denn dieses lässt bei isoliertem Gebrauch meist gerade nicht erkennen, ob es als Kennzeichen der verbotenen Organisation oder zu anderen, nicht zu beanstandenden Zwe-cken verwendet wird. Der mit dem Gebrauch des Kennzeichens verbundene Aussagegehalt ist vielmehr anhand aller maßgeblichen Umstände des Falles zu ermitteln (vgl. zu allem [X.], Urteil vom 9.
Juli 2015 -
3
StR
33/15, [X.]St 61, 1, 8
ff. -
"Bandidos").
Daran gemessen lief der Gebrauch der in Rede stehenden Kennzeichen durch den Angeklagten dem Schutzzweck des Vereinsverbots eindeutig nicht zuwider. Insoweit ist wie in dem der
Entscheidung des Senats vom 9.
Juli 2015 (aaO) zugrunde liegenden Fall zu berücksichtigen, dass die gegen die [X.] "Charter" der "[X.]" ausgesprochenen Vereinsverbote nicht die national oder gar weltweit agierende Dachorganisation der "[X.]" betreffen, sondern allein regionale Unterabteilungen, deren Zwecke den [X.] zuwiderliefen. Dementsprechend sind die übrigen "Charter" der "Hells 11
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Angels" nicht verboten; sie tragen freilich gleichermaßen mit dem Schriftzug "[X.]" und dem [X.] Kennzeichen ihrer Vereine, die auch Kennzeichen der verbotenen "Charter" waren. Durch die Hinzufügung einer unmissverständlich auf eine nicht verbotene Untergliederung hinweisenden Be-zeichnung -
wie hier "[X.]" und "[X.]"
-
ergibt sich aus dem maß-geblichen Gesamtzusammenhang des Kennzeichengebrauchs entgegen der von der Staatsanwaltschaft vertretenen Auffassung indes eindeutig, dass der Angeklagte die betreffenden Kennzeichen gerade nicht als solche der verbote-nen "Charter", sondern als Kennzeichen von Unterabteilungen verwendet hat, die nicht mit einer Verbotsverfügung belegt sind.
Der Einwand der Beschwerdeführerin, dass der Zusatz "[X.]" keine eindeutige Abgrenzung von dem verbotenen "[X.] Charter" in [X.] darstelle, weil nicht erkennbar sei, um welchen Ort es sich dabei [X.], und auch [X.] im Norden [X.]s liege, geht fehl. Maßgeblich ist allein, dass nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen unter der Bezeichnung "[X.]" ein nicht verbotenes "Charter" der "[X.]" gegründet wurde. Daraus, dass es sich bei der Gründung des 1983 verbotenen "[X.] e.
V. [X.]" zunächst um den einzigen Ortsverein der "[X.]" in [X.] handelte, dessen Mitglieder sich deshalb als
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"[X.] [X.]" bezeichneten und auch außerhalb von [X.] Straftaten begingen, folgt entgegen der Auffassung der Revision nichts [X.].
Becker
Ri[X.] Dr.
[X.] befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben.
Becker
[X.]
Tiemann
Hoch

Meta

3 StR 364/16

12.01.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2017, Az. 3 StR 364/16 (REWIS RS 2017, 17479)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17479

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 StR 364/16

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