Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.01.2023, Az. III ZR 234/21

3. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 423

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Gegenstand

Amtshaftungsanspruch gegen gesetzliche Krankenkasse bei Missachtung der Kompetenzzuständigkeit des DRV Bund im Statusfeststellungsverfahren


Leitsatz

Zur Amtshaftung einer gesetzlichen Krankenkasse bei kompetenzwidriger Entscheidung über das Vorliegen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung unter Umgehung des obligatorischen Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Abs. 1 Satz 2, 3 SGB IV (in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009).

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Grundurteil des [X.] - 4. Zivilsenat - vom 8. Dezember 2021 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des [X.] zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der [X.], einer als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierten gesetzlichen Krankenkasse, Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung im Zusammenhang mit einer sozialversicherungsrechtlichen Statusfeststellung.

2

Der Kläger ist ausgebildeter Mechatroniker und seit September 2013 im Betrieb seines Vaters (Einzelfirma) beschäftigt. [X.] wurde er von einem Mitarbeiter der a.    AG mit dem Ziel beraten, eine Befreiung von der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung zu erreichen. Zu diesem Zweck kündigte der Kläger seine Mitgliedschaft bei seiner bisherigen gesetzlichen Krankenkasse und wechselte zum 1. September 2014 zur [X.], wobei sein Vater ihn als versicherungspflichtig Beschäftigten gemäß § 28a Abs. 1 Nr. 6 [X.] (bis zum 31. Dezember 2014 geltende Fassung) bei der [X.] als nunmehr zuständiger Einzugsstelle (§ 28h Abs. 1, 2, § 28i [X.]) anmeldete. Bereits zuvor hatten der Kläger und sein Vater unter dem 3. Juli 2014 einen "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen im Rahmen eines Anfrageverfahrens gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 [X.]" ausgefüllt und bei der [X.] eingereicht. In einem auf den 1. Oktober 2014 datierten Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und dem Betrieb seines Vaters wurde unter anderem geregelt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit keinen Weisungen und keinen festen Arbeitszeiten unterliegt. Mit Bescheid vom 8. September 2014 stellte die Beklagte fest, dass die ab 1. Oktober 2014 in Frage stehende Tätigkeit als mitarbeitender Angehöriger nicht der Sozialversicherungspflicht unterliege. Ab dem 1. Oktober 2014 führte die Beklagte den Kläger als freiwillig Versicherten. Dieser kündigte sodann zum 28. Februar 2015 seine Mitgliedschaft und versicherte sich ab dem 1. März 2015 privat.

3

Am 14. Juni 2016 erhob die [X.] ([X.]) [X.] vor dem [X.] eine Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 8. September 2014. In diesem Verfahren gab die Beklagte ein Anerkenntnis ab und führte zur Begründung an, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil sie, die Beklagte, im Rahmen des obligatorischen Statusfeststellungsverfahrens gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2, 3 [X.] verpflichtet gewesen sei, die Arbeitgebermeldung unmittelbar an die ausschließlich zuständige Clearingstelle der [X.] [X.] zur Entscheidung weiterzuleiten. In Umsetzung des Anerkenntnisses hob die Beklagte sodann unter dem 27. Juli 2018 den Bescheid vom 8. September 2014 auf und stellte rückwirkend fest, dass für den Kläger hinsichtlich seiner Beschäftigung in der Firma seines Vaters ab dem 1. Oktober 2014 Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung sowie Beitragspflicht zur Arbeitsförderung bestehe.

4

Gegen den Aufhebungsbescheid vom 27. Juli 2018 legte der Kläger erfolglos Widerspruch ein und erhob schließlich Klage vor dem [X.]. Dieses hob mit (rechtskräftigem) Urteil vom 23. September 2019 den Bescheid auf, soweit die Beklagte darin erneut unzuständig über die Versicherungspflicht des [X.] entschieden hat, und wies die Klage im Übrigen ab. Eine Statusfeststellung durch die Clearingstelle der [X.] [X.] ist bislang nicht erfolgt.

5

Der Kläger hat geltend gemacht, er und sein Vater seien von einem Mitarbeiter der a.    AG darüber informiert worden, dass sich das Arbeitsverhältnis ohne Sozialversicherungspflicht legal gestalten lasse. Tatsächlich habe die a.    AG jedoch in [X.] Zusammenwirken mit Mitarbeitern dreier gesetzlicher Krankenkassen Arbeitsverträge entwickelt, um die Befreiung von der Sozialversicherungspflicht für in Betrieben mitarbeitende Angehörige auf Grund fehlender Weisungsgebundenheit zu erreichen. Anders als der Sachbearbeiter der [X.] habe er, der Kläger, nicht gewusst, dass der Bescheid vom 8. September 2014 vorsätzlich falsch und unvertretbar gewesen sei. Dadurch sei ihm ein Schaden in Höhe von 26.459,99 € entstanden (Beiträge für zwei private [X.] abzüglich der Rückkaufswerte, nutzlos aufgewendete Beiträge zur privaten Krankenversicherung).

6

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Der Kläger und sein Vater hätten mit der a.    AG kollusiv zusammengewirkt, um die Sozialversicherungspflicht zu umgehen. Der Bescheid vom 8. September 2014 sei zum Zeitpunkt seines Erlasses - auch hinsichtlich der Zuständigkeit der [X.] als Einzugsstelle der gesetzlichen Krankenversicherung - vertretbar gewesen.

7

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet.

I.

9

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung durch die Beklagte stelle eine schuldhafte und schadensursächliche Amtspflichtverletzung dar. Die Beklagte habe in Person ihres Sachbearbeiters den Bescheid vom 8. September 2014 unter Überschreitung ihrer Zuständigkeit formell rechtswidrig erlassen. Als Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung sei sie Anspruchsverpflichtete aus § 839 Abs. 1 [X.] i.V.m. Art. 34 [X.]. Ihr Sachbearbeiter habe in Ausübung eines öffentlichen Amtes gehandelt. Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung obliege der [X.] beziehungsweise ihren Amtsträgern die Verpflichtung zu gesetzeskonformem Verwaltungshandeln.

Entgegen der Auffassung des [X.] sei das Vertrauen des [X.] auf die Richtigkeit des Statusbescheids und des Verwaltungshandelns schutzwürdig. Das [X.] habe verkannt, dass der Kläger, was sich aus seiner [X.]anhörung ergebe, davon ausgegangen sei, bereits längst nicht mehr sozialversicherungspflichtig gewesen zu sein, und sich von der Beratung durch die a.    AG und dem Wechsel zu der [X.] versprochen habe, seinen sozialversicherungsrechtlichen Status der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit anzugleichen. Der Vortrag der [X.], der Kläger und sein Vater hätten mit der a.   AG kollusiv zusammengewirkt, sei unsubstantiiert und zudem ohne Beweisantritt erfolgt. Insofern komme auch ein Mitverschulden des [X.] nicht in Betracht.

Die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 8. September 2014 ergebe sich daraus, dass im Streitfall die Tatbestandsvoraussetzungen des für Abkömmlinge des Arbeitgebers nach § 7a Abs. 1 Satz 2 [X.] vorgesehenen obligatorischen Statusfeststellungsverfahrens erfüllt seien. Mit der Arbeitgebermeldung des [X.] des [X.] (§ 28a [X.]) gegenüber der [X.] sei gemäß § 7a Abs. 1 Satz 3 [X.] unmittelbar die ausschließliche Zuständigkeit der [X.] begründet worden, als Clearingstelle über die gemeldete Beschäftigung zu befinden. Die gegenteilige Auffassung der [X.] sei nicht vertretbar (Hinweis auf [X.], 277).

Die Beklagte habe in Person ihres Mitarbeiters schuldhaft gemäß § 276 Abs. 1 [X.] gehandelt. Sie habe schon die gebotene sorgfältige Prüfung der Sach- und Rechtslage zur Frage der sachlichen Zuständigkeit unter Zuhilfenahme der ihr zum Zeitpunkt des [X.] stehenden Hilfsmittel nicht dargelegt. Zudem ergebe sich aus dem vom Kläger vorgelegten [X.] der [X.] mit der ermittelnden Staatsanwaltschaft, dass der Vorgesetzte gegenüber dem Sachbearbeiter bereits im August 2014 telefonisch erklärt habe, er solle "diese Entscheidungen" künftig unterlassen. Auf dieser Grundlage lasse sich sogar eine vorsätzliche Amtspflichtverletzung feststellen.

Der geltend gemachte Schaden sei auch vom Schutzzweck der verletzten Amtspflicht erfasst, da Zweck des Statusfeststellungsverfahrens die Klärung und Feststellung der Sozialversicherungspflicht des Betroffenen sei. Dem Kläger könne keine anderweitige Ersatzmöglichkeit (§ 839 Abs. 1 Satz 2 [X.]) entgegengehalten werden. Die a.    AG sei insolvent und vermögenslos. Weitere Ersatzmöglichkeiten seien nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen eines Grundurteils lägen vor. Während in Bezug auf die Haftung der [X.] dem Grunde nach [X.] bestehe, müsse die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs (Kosten der privaten Kranken- und Rentenversicherung) insbesondere im Hinblick auf anzurechnende Steuervorteile durch Einholung eines Sachverständigengutachtens geklärt werden.

II.

Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand.

Das Berufungsgericht hat zutreffend einen [X.] nach § 839 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. Art. 34 Satz 1 [X.] dem Grunde nach bejaht. Der Sachbearbeiter der beklagten gesetzlichen Krankenkasse hat [X.] gehandelt, indem er die ausschließliche sachliche Zuständigkeit der [X.] im obligatorischen Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 2, 3 [X.] (in der hier maßgebenden Fassung des § 7a Abs. 1 [X.] durch die Bekanntmachung vom 12. November 2009 [[X.]l. [X.]]; im Folgenden: [X.]; siehe jetzt neue Fassung gemäß Art. 2c Nr. 2 Buchst. a, b des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie [[X.]] 2019/882 des [X.] und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen und zur Änderung anderer Gesetze vom 16. Juni 2021 [[X.]l. [X.] 2970, 2990]) missachtet hat (1.). Durch das Unterlassen einer sorgfältigen und gewissenhaften Prüfung der [X.] hat er zumindest fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 2 [X.] gehandelt (2.). Das Vertrauen des [X.] auf die Richtigkeit des Statusbescheids vom 8. September 2014 ist schutzwürdig. Seine erneute [X.]anhörung hierzu war nicht erforderlich (3.). Der geltend gemachte Schaden fällt auch in den Schutzbereich des Statusfeststellungsverfahrens (4.). Auf den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens kann sich die Beklagte nicht berufen (5.). Der Anspruch ist auch nicht (derzeit) gemäß § 839 Abs. 3 [X.] ausgeschlossen (6.).

1. Der Statusbescheid vom 8. September 2014 ist rechtswidrig ergangen, weil die Beklagte als Einzugsstelle im Sinne von § 28h Abs. 1, 2, § 28i [X.] wegen der im obligatorischen Statusfeststellungsverfahren (§ 7a Abs. 1 Satz 2 [X.]) ausschließlich der [X.] zugewiesenen Kompetenz sachlich unzuständig war (§ 7a Abs. 1 Satz 3 [X.]). Der Sachbearbeiter der beklagten gesetzlichen Krankenkasse hat damit zugleich die ihm gegenüber dem Kläger obliegende Amtspflicht zu rechtmäßiger Amtsausübung verletzt.

a) Der Beamte (im haftungsrechtlichen Sinn) hat die Amtspflicht, die Aufgaben und Befugnisse des Staates oder der Körperschaft, für die er tätig wird, im Einklang mit dem objektiven Recht wahrzunehmen und auszuüben. Zu den Grundsätzen jeder gesetzmäßigen Verwaltung gehört die Pflicht, die Zuständigkeitsregelungen einzuhalten. Der Beamte, der seine amtlichen Befugnisse überschreitet und Amtshandlungen vornimmt, für die er nicht zuständig ist, verletzt eine ihm gegenüber jedem dadurch geschädigten [X.] obliegende Amtspflicht, wenn eine innere Beziehung zwischen der unter [X.] vorgenommenen schädigenden Amtshandlung und den durch die zuständige Stelle zu schützenden Belangen des [X.] besteht, das heißt dessen Interessen dadurch konkret berührt werden ([X.], Urteil vom 20. Februar 1992 - [X.]/90, [X.], 240, 244 f; [X.]/[X.], [X.], § 839 Rn. 142, 147 [Stand: 1. August 2022]). So liegt der Fall hier. Denn der Sinn und Zweck des obligatorischen Statusfeststellungsverfahrens besteht gerade darin, für den von § 7a Abs. 1 Satz 2 [X.] erfassten Personenkreis durch eine verbindliche Statusentscheidung der ausschließlich zuständigen [X.]-Clearingstelle schnellstmöglich Klarheit und damit auch Rechtssicherheit zu schaffen, ob eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt ([X.], 277 Rn. 44).

b) Entgegen der Auffassung der [X.] war auch im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 8. September 2014 nicht zweifelhaft, dass mit der Meldung eines Arbeitgebers im Sinne des § 7a Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 28a [X.] die ausschließliche Zuständigkeit der [X.] unmittelbar begründet wurde und bei der Einzugsstelle kein Verfahren nach § 28h Abs. 2 [X.] zur Feststellung der Versicherungspflicht mehr beantragt werden konnte.

aa) Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 [X.], der mit dem [X.] vom 20. Dezember 1999 ([X.]l. 2000 [X.] 2) rückwirkend zum 1. Januar 1999 eingeführt wurde, können die Beteiligten - gemeinsam oder einseitig - im optionalen Anfrageverfahren beantragen, den Status des Erwerbstätigen feststellen zu lassen. Wählen sie diesen Weg, begründet dies die ausschließliche Zuständigkeit der [X.] (§ 7a Abs. 1 Satz 3 [X.]). Mit dem Anfrageverfahren soll den Beteiligten Rechtssicherheit verschafft werden, ob der Auftragnehmer selbständig tätig oder abhängig beschäftigt und auf Grund der Beschäftigung sozialversicherungspflichtig ist. Das optionale Anfrageverfahren tritt gleichwertig neben die Verfahren der Einzugsstellen (§ 28h Abs. 2 [X.]) und der Rentenversicherungsträger als Prüfstellen (§ 28p [X.]), wobei die Abgrenzung nach dem Kriterium der zeitlichen Vorrangigkeit erfolgt ([X.] 103, 17 Rn. 17; [X.] in [X.]/Voelzke, jurisPK-[X.], 4. Aufl., § 7a Rn. 1 ff, 25 ff, 109 [Stand: 6. September 2022]; Gemeinsames Rundschreiben des [X.], der [X.] und der [X.] vom 14. April 2010 zur Statusfeststellung von Erwerbstätigen, S. 5 f). Dementsprechend ist das optionale Anfrageverfahren bei der [X.] gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 [X.] ausgeschlossen, wenn bereits durch eine Einzugsstelle (zB im Rahmen einer Prüfung nach § 28h Abs. 2 [X.]) oder einen anderen Versicherungsträger (zB Rentenversicherung im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28p [X.]) ein Verfahren zur Feststellung des Status der Erwerbsperson durchgeführt oder eingeleitet wurde (Sperrwirkung; siehe auch [X.] aaO Rn. 25, 47, 106, 109 ff).

Mit Wirkung zum 1. Januar 2005 wurde mit dem neu eingefügten § 7a Abs. 1 Satz 2 [X.] daneben ein obligatorisches Statusfeststellungsverfahren etabliert, welches die [X.] (vormals [X.]) in ausschließlicher Zuständigkeit (§ 7a Abs. 1 Satz 3 [X.]) verpflichtete, die inhaltliche Richtigkeit von Meldungen des Arbeitgebers nach § 28a [X.] von Amts wegen zu prüfen, wenn sich aus diesen ergibt, dass der Beschäftigte Angehöriger des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH ist. Im Gesetzeswortlaut kommt dies dadurch zum Ausdruck, dass die Einzugsstelle - abweichend von § 28h Abs. 2 [X.] - ein Statusfeststellungsverfahren bei der [X.] zu beantragen hat. Mit Wirkung zum 1. Januar 2009 wurde § 7a Abs. 1 Satz 2 [X.] dahingehend konkretisiert, dass das obligatorische Statusfeststellungsverfahren durchzuführen ist, wenn der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers ist. Spätestens seit dem 1. Januar 2009 stand somit fest, dass die Einzugsstelle eine Meldung des Arbeitgebers nach § 28a [X.] für seinen Ehegatten, Lebenspartner oder Abkömmling von Amts wegen an die [X.] weiterleiten musste ([X.] 103, 17 Rn. 18 und Urteil vom 28. September 2011 - [X.] KR 15/10 R, juris Rn. 28; [X.] aaO Rn. 5, 9, 48, 64, 122 ff; Gemeinsames Rundschreiben des [X.], der [X.] und der [X.] aaO, S. 10 f).

Offen blieb zunächst nur, wie das Verhältnis des § 7a Abs. 1 Satz 1 [X.] zu § 7a Abs. 1 Satz 2 [X.] allgemein zu beurteilen ist, insbesondere, ob Satz 1 Halbsatz 2 eine Sperrwirkung auch insoweit entfaltet, als eine [X.] der Einzugsstelle nach Satz 2 jedenfalls dann nicht besteht, wenn bei ihr bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet worden ist, oder ob Satz 2 eine [X.] der Einzugsstelle unabhängig davon normiert (BSG, Urteil vom 28. September 2011 aaO Rn. 27). Insoweit hat das Bundes-sozialgericht mit Urteil vom 16. Juli 2019 ([X.], 277 Rn. 42 ff) entschieden, dass ein bereits vor der Arbeitgebermeldung nach § 28h Abs. 2 Satz 1 [X.] bei der Einzugsstelle beantragtes Statusfeststellungsverfahren die Alleinzuständigkeit der Clearingstelle der [X.] nicht ausschließe. Eine Sperrwirkung des [X.] sei weder mit dem Wortlaut des § 7a Abs. 1 Satz 2 [X.] noch mit dem Sinn und Zweck des obligatorischen Clearingstellenverfahrens in Einklang zu bringen.

bb) Aus dem Gesagten folgt für den vorliegenden Fall, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des für mitarbeitende Familienangehörige vorgesehenen obligatorischen Statusfeststellungsverfahrens bei Erlass des Bescheids vom 8. September 2014 erfüllt waren. Damit war nicht die Beklagte als Einzugsstelle, sondern allein die [X.] als Clearingstelle befugt, über die Statuszuordnung des [X.] als [X.] zu entscheiden.

Im Hinblick auf den zum 1. September 2014 vollzogenen Wechsel der Krankenkasse durch den Kläger hatte sein Vater - auf entsprechende Anforderung durch die Beklagte - eine Arbeitgebermeldung nach § 28a Abs. 1 Nr. 6 [X.] abgegeben. Dass sich diese auf einen Abkömmling im Sinne des § 7a Abs. 1 Satz 2 [X.] bezog, ergab sich für die Beklagte ohne weiteres aus dem zuvor eingereichten "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen im Rahmen eines Anfrageverfahrens gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 [X.]". Auf Grund der Meldung des [X.] des [X.] über die Beschäftigung seines [X.] war somit nicht die beklagte Krankenkasse, sondern gemäß § 7a Abs. 1 Satz 3 [X.] ausschließlich die [X.] für die Statusfeststellung zuständig (vgl. [X.], 277 Rn. 38 ff). Dies hat der Sachbearbeiter der Klägerin nicht beachtet, indem er den Statusbescheid vom 8. September 2014 unzulässigerweise auf § 28h [X.] gestützt und unter Verstoß gegen § 7a Abs. 1 Satz 2, 3 [X.] erlassen hat.

cc) Soweit die Revision geltend macht, zum Zeitpunkt des Erlasses des Statusbescheids vom 8. September 2014 sei es einhellige Auffassung in Rechtsprechung und Literatur gewesen, dass die Einzugsstellen der gesetzlichen Krankenkassen neben der [X.] zum Erlass von Statusbescheiden berechtigt seien, trifft dies für das obligatorische Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 2 [X.] schlicht nicht zu.

(1) Zu diesem Zeitpunkt hatte das [X.] bereits in zwei Entscheidungen zum Ausdruck gebracht, dass die Einzugsstellen nach § 7a Abs. 1 Satz 2, 3 [X.] stets verpflichtet waren, eine Statusentscheidung der ausschließlich zuständigen [X.] herbeizuführen, wenn sich aus einer Meldung des Arbeitgebers (§ 28a [X.]) ergab, dass der Beschäftigte Angehöriger beziehungsweise Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers war ([X.] 103, 17 Rn. 18 und Urteil vom 28. September 2011 aaO Rn. 26 f).

Soweit noch nicht höchstrichterlich geklärt war, ob ein bereits eingeleitetes Einzugsstellenverfahren eine Sperrwirkung im Sinne des § 7a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 [X.] auch im Hinblick auf das obligatorische Statusfeststellungsverfahren entfaltete, kam es darauf im Streitfall nicht an. Denn die Beklagte hatte zum Zeitpunkt des Entstehens der [X.] nach § 7a Abs. 1 Satz 2 [X.] (Meldung gemäß § 28a Abs. 1 Nr. 6 [X.]) noch kein Verfahren nach § 28h Abs. 2 [X.] eingeleitet. Der Statusbescheid vom 8. September 2014 war vielmehr die unmittelbare Reaktion der [X.] auf den [X.] des [X.] und die dadurch veranlasste Meldung seines [X.] nach § 28a Abs. 1 Nr. 6 [X.]. Durch die Einreichung des vorgenannten "Feststellungs-bogens" im Juli 2014 konnte schon deshalb kein Verfahren nach § 28h Abs. 2 [X.] in Gang gesetzt werden, weil die Beklagte erst mit dem [X.] zum 1. September 2014 zuständige Einzugsstelle (§ 28i Satz 1 [X.]) wurde (vgl. [X.], 277 Rn. 42).

(2) Die von der Revision zitierten Stimmen in der Kommentarliteratur führen zu keinem anderen Ergebnis. Im [X.] Kommentar zum Sozialversicherungsrecht (82. Ergänzungslieferung, 2014, § 7a [X.] Rn. 3a, 9) hat [X.] die Auffassung vertreten, die Verpflichtung der Einzugsstelle, anlässlich der bei ihr eingehenden Arbeitgebermeldungen gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 [X.] den Antrag bei der [X.] zu stellen und die Entscheidung über das Vorliegen von Beschäftigung damit der [X.] zu überantworten, sei zwingend. In [X.], Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung (84. Ergänzungslieferung, 2014, § 7a [X.] Rn. 5c) hat der Autor [X.] ausgeführt, dass eine Arbeitgebermeldung mit Angaben nach § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. d oder e [X.] die Zuständigkeit der Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 [X.] ausschließe. Die Einzugsstelle sei auch dann, wenn sie Sachverhalt und Rechtslage für eindeutig halte, zur Anfrage verpflichtet und könne nicht selbst über das Bestehen eines Versicherungsverhältnisses entscheiden. Soweit in beiden Werken unter Bezugnahme auf das Urteil des [X.]s vom 11. März 2009 ([X.] 103, 27) darauf hingewiesen wird, dass das "Anfrageverfahren" in vollem Umfang gleichwertig neben die Verfahren der Einzugsstellen und der Rentenversicherungsträger trete ([X.] aaO Rn. 2 f; [X.] aaO Rn. 2), bezieht sich dies - wie oben bereits ausgeführt - nur auf das optionale Anfrageverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 1 [X.]. Keineswegs wird damit zum Ausdruck gebracht, dass zwischen dem obligatorischen Statusfeststellungsverfahren und dem Einzugsstellenverfahren ein Wahlrecht besteht (vgl. [X.], 277 Rn. 44).

(3) Die von der [X.] behauptete gelebte Praxis der Einzugsstellen der Krankenkassen, ungeachtet der Regelung in § 7a [X.] Feststellungsbescheide bei der Beurteilung mitarbeitender Familienangehöriger zu erlassen, vermag der [X.] - abgesehen davon, dass eine solche Praxis krass gesetzwidrig wäre - anhand der vorgelegten Unterlagen nicht nachzuvollziehen. Das Besprechungsprotokoll der [X.] vom 5./6. Juli 2005 bezieht sich auf das "Verfahren bei Antragstellung durch mitarbeitende Familienangehörige und Gesellschafter" und betrifft offensichtlich nicht das obligatorische Statusfeststellungsverfahren auf Grund einer Arbeitgebermeldung gemäß § 28a [X.]. Das Rundschreiben der [X.] vom 17. Dezember 2007 befasst sich in erster Linie mit Fällen, in denen eine Krankenkasse um Überprüfung des Versicherungsverhältnisses von mitarbeitenden Familienangehörigen "angegangen" wird beziehungsweise eine Anmeldung einer Beschäftigung im Sinne des § 7a Abs. 1 Satz 2 [X.] bewusst nicht vorgenommen wird. Bemerkenswert ist allerdings, dass am Ende des Rundschreibens hervorgehoben wird, dass eine Anmeldung gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 [X.] grundsätzlich das obligatorische Statusfeststellungsverfahren bei der Clearingstelle der [X.] auslöse. In dem bereits erwähnten Rundschreiben des [X.], der [X.] und der [X.] vom 13. April 2010 ist auf Seite 10 ausdrücklich festgehalten, dass die Einzugsstelle bei der [X.] nach § 7a Abs. 1 Satz 2 [X.] ein Statusfeststellungsverfahren zu beantragen habe, wenn der Arbeitgeber bei der Einzugsstelle die Beschäftigung eines Ehegatten, Lebenspartners oder [X.] anmelde. Das einzuhaltende Verfahren wird sodann auf Seite 11 dahingehend beschrieben, dass die Einzugsstelle eine entsprechende bei ihr eingegangene Arbeitgebermeldung an die [X.] weiterzuleiten habe und diese daraufhin die Ermittlungen zur Statusfeststellung einleite.

2. Nach der zutreffenden Wertung des Berufungsgerichts fällt dem Sachbearbeiter der [X.] im Zusammenhang mit dem Erlass des Statusbescheids vom 8. September 2014 zumindest eine im Sinne des § 276 Abs. 2 [X.] fahrlässige Verkennung der ausschließlichen Zuständigkeit der [X.] zur Last.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s ist bei der Verschuldensprüfung auf die Anforderungen abzustellen, deren Beachtung von einem Amtsträger generell erwartet werden kann. Jeder Amtsträger muss die zur Führung seines Amtes notwendigen Rechts- und Verwaltungskenntnisse besitzen oder sich verschaffen. Er ist bei der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung verpflichtet, die Gesetzes- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und danach auf Grund vernünftiger Überlegungen sich eine Rechtsmeinung zu bilden. Dabei begründet nicht jeder objektive Rechtsirrtum ohne weiteres einen Schuldvorwurf. Wenn die nach solcher Prüfung gewonnene Rechtsansicht des Amtsträgers als vertretbar angesehen werden kann, lässt sich aus der späteren Missbilligung dieser Rechtsauffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht herleiten (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile vom 15. August 2019 - [X.], [X.], 72 Rn. 49 und vom 23. Juli 2020 - [X.], [X.], 1315 Rn. 16; jew. m. zahlr. [X.]). Eine objektiv unrichtige Gesetzesauslegung oder Rechtsanwendung ist aber vor allem dann vorwerfbar, wenn sie gegen den klaren, bestimmten und eindeutigen Wortlaut der Vorschrift verstößt oder wenn sich die Auslegung und Anwendung so weit von Wortlaut und Sinn des Gesetzes entfernen, dass das gewonnene Ergebnis nicht mehr als vertretbar angesehen werden kann ([X.]/[X.] aaO Rn. 463).

b) Nach diesen Maßstäben hat der Sachbearbeiter der [X.] deren Zuständigkeit für die Statusfeststellung sorgfaltswidrig auf § 28h [X.] gestützt.

Zu Recht vermisst das Berufungsgericht bereits hinreichenden Sachvortrag der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten [X.] zur sorgfältigen Prüfung der [X.]. In dem Bescheid selbst wird lediglich ausgeführt, dass die Entscheidung auf der Prüfung im Rahmen des § 28h [X.] beruhe. Im Prozess hat sich die Beklagte darauf beschränkt, wiederholt zu behaupten, im [X.] habe die Verwaltungspraxis sämtlicher Einzugsstellen darin bestanden, die Zuständigkeit für den Erlass von [X.] auch in Fällen der vorliegenden Art zu bejahen. Folgerichtig sei auch der Sachbearbeiter der [X.] davon ausgegangen, dass er zum Erlass eines entsprechenden Bescheids zuständig gewesen sei (zB Klageerwiderung vom 29. Mai 2020, S. 16 f = [X.] f; [X.] vom 22. März 2021, S. 12 f = [X.] f; Schriftsatz vom 22. Oktober 2021, S. 14 = [X.]). Ob die Beklagte damit bereits selbst eingeräumt hat, dass die die ausschließliche Zuständigkeit der [X.] begründende Regelung des § 7a Abs. 1 Satz 2, 3 [X.] von ihrem Sachbearbeiter überhaupt nicht in den Blick genommen wurde, und deshalb von einer sorgfältigen rechtlichen Prüfung keine Rede sein kann, mag auf sich beruhen.

Ungeachtet dessen war jedenfalls die Bejahung der Zuständigkeit der Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 [X.] angesichts des klaren Wortlauts von § 7a Abs. 1 Satz 2, 3 [X.] und im Hinblick auf Sinn und Zweck des Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Abs. 1 [X.] - wie unter 1. dargestellt - unvertretbar. Gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 [X.] hatte die Einzugsstelle einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, das heißt eine verbindliche Statusentscheidung der [X.] im obligatorischen Statusfeststellungsverfahren herbeizuführen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a [X.] ergab, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers war. Über den Antrag hatte die [X.] - abweichend von § 28h Abs. 2 [X.] - in ausschließlicher Zuständigkeit zu entscheiden (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB). Dies entsprach auch - wie bereits ausgeführt - der Rechtsprechung des [X.]s und der in der Kommentarliteratur zum damaligen Zeitpunkt vertretenen Auffassung und sollte dazu dienen, schnellstmöglich Rechtssicherheit für die Beteiligten zu schaffen.

Schon aus diesem Grund kommt es auf die Rüge der Revision, das Berufungsgericht hätte die Beklagte nach § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO auf den aus seiner Sicht nicht ausreichenden Vortrag zu einer sorgfältigen Prüfung hinsichtlich der [X.] hinweisen müssen, nicht mehr an. Ein richterlicher Hinweis war insoweit aber auch nicht geboten. Denn die Frage des Verschuldens des Sachbearbeiters der [X.] war einer der zentralen Streitpunkte in erster und zweiter Instanz, wobei der Kläger stets von einer vorsätzlichen Amtspflichtverletzung ausgegangen ist und zudem darauf hingewiesen hat, dass Sachvortrag der [X.] zu der Frage fehle, aus welchen Gründen sie ihre Zuständigkeit angenommen habe (zB Schriftsatz vom 30. Juli 2020, S. 8 = [X.]). Die Beklagte hatte somit allen Anlass, von Anfang an umfassend dazu vorzutragen, dass die Bejahung ihrer Zuständigkeit nach § 28h Abs. 2 [X.] auf einer sorgfältigen rechtlichen und tatsächlichen Prüfung beruhte. Darüber hinaus wendet die Revisionserwiderung zu Recht ein, dass der von der Revision dargelegte ergänzende Sachvortrag im Fall eines gerichtlichen Hinweises (Revisionsbegründung, S. 16 bis 18) nicht geeignet gewesen wäre, den [X.] entfallen zu lassen, da sich daraus nicht ergibt, dass sich der zuständige Sachbearbeiter mit den maßgebenden Gesichtspunkten, insbesondere mit dem Wortlaut von § 7a Abs. 1 Satz 2, 3 [X.], der hierzu vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung und Literatur und den Verlautbarungen der [X.], auseinandergesetzt hat.

Dahinstehen kann, ob der Sachbearbeiter der [X.] sich bewusst über die Zuständigkeit der [X.] nach § 7a Abs. 1 Satz 3 [X.] hinweggesetzt hat. Dem Kläger ist allerdings zuzugeben, dass die Umstände des Falles es durchaus möglich erscheinen lassen, dass die Zuständigkeitsverteilung zwischen der [X.] und den Einzugsstellen bewusst umgangen wurde (siehe auch [X.], 277 Rn. 52 [X.]). Jedenfalls spricht die vom Kläger vorgelegte E-Mail des Vorgesetzten des Sachbearbeiters vom 25. Februar 2016 (Anlage Beklagte 6 = [X.]) dafür, dass dieser bereits im August 2014 telefonisch angewiesen wurde, "dass er dies für die Zukunft unterlassen soll".

3. Entgegen der Auffassung der Revision scheitert der [X.] nicht daran, dass der Kläger die Unrichtigkeit des Bescheids vom 8. September 2014 kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Die berufungsgerichtliche Würdigung der Angaben des [X.] bei seiner [X.]anhörung vor dem [X.] ist vertretbar und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Einer erneuten Anhörung des [X.] durch das Berufungsgericht bedurfte es ausnahmsweise nicht.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.]s bestimmt der Gesichtspunkt des haftungsrechtlich schutzwürdigen Vertrauens auf einen (rechtswidrigen) begünstigenden Verwaltungsakt bereits die Reichweite des dem Betroffenen durch das [X.] gewährten [X.]. Fehlt getätigten Aufwendungen, Investitionen etc. die "Verlässlichkeitsgrundlage" schließt dies bereits den Tatbestand des § 839 Abs. 1 Satz 1 [X.] aus. Es kommt vorrangig auf den Schutzzweck der jeweiligen behördlichen Maßnahme an. Bei dessen Beurteilung kommen nicht nur objektive Umstände, sondern auch subjektive Kenntnisse und sich aufdrängende Erkenntnismöglichkeiten des Empfängers in Betracht. Deshalb fehlt die "Verlässlichkeitsgrundlage" gerade dann, wenn der Empfänger zum Beispiel die Unrichtigkeit einer Auskunft kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte ([X.], Urteil vom 11. April 2002 - [X.], [X.], 205 f).

b) Unter Zugrundelegung dieses [X.] hat das Berufungsgericht die Angaben des [X.] bei seiner (formlosen) [X.]anhörung durch das [X.] zutreffend dahingehend gewürdigt, dass er davon ausging, nicht (mehr) sozialversicherungspflichtig beschäftigt zu sein, und sich von der Beratung durch die a.    AG versprochen hat, "seinen sozialversicherungsrechtlichen Status der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit anzugleichen". Diese Würdigung war ohne eine erneute [X.]anhörung des [X.] möglich, auch wenn das [X.] aus den protokollierten Angaben des [X.] den Schluss gezogen hat, es habe dem Kläger auffallen müssen, dass die Beurteilung der Sozialversicherungspflichtigkeit in dem Bescheid vom 8. September 2014 von einem "anderen Sachverhalt" ausgegangen und daher zu einem falschen Ergebnis gekommen sei.

aa) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszugs gebunden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ist allerdings eine erneute Beweisaufnahme zumeist geboten. Das gilt insbesondere für die erneute Vernehmung von Zeugen, die grundsätzlich gemäß § 398 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Berufungsgerichts steht. Das Berufungsgericht ist deshalb verpflichtet, einen in erster Instanz vernommenen Zeugen erneut zu vernehmen, wenn es seine Glaubwürdigkeit anders als die Vorinstanz beurteilt oder die protokollierte Aussage anders als die Vorinstanz verstehen oder würdigen will. Unterlässt es dies, so verletzt es das rechtliche Gehör der benachteiligten [X.]. Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Berufungsgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen (d.h. seine Glaubwürdigkeit) noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit (d.h. die Glaubhaftigkeit) seiner Aussage betreffen (st. Rspr.; vgl. nur [X.], NJW 2017, 3218 Rn. 55 ff; [X.], Urteil vom 12. Dezember 2019 - [X.], NJW 2020, 776 Rn. 17; [X.], Beschlüsse vom 25. Juli 2017 - [X.], NJW 2018, 308 Rn. 9; vom 21. Oktober 2020 - [X.], NJW-RR 2020, 1519 Rn. 6; vom 27. Januar 2021 - [X.], NJW-RR 2021, 718 Rn. 7 und vom 27. April 2021 - [X.], NJW-RR 2021, 1074 Rn. 8). Diese Grundsätze sind nach § 451 ZPO für die [X.]vernehmung entsprechend anzuwenden. Nichts Anderes kann gelten, wenn das Erstgericht die [X.] nicht förmlich vernommen, sondern lediglich nach § 141 ZPO informatorisch angehört hat. Jedenfalls soweit die Angaben der [X.]en in die Beweiswürdigung des Erstgerichts nach § 286 Abs. 1 ZPO Eingang gefunden haben und dort in ihrer Glaubhaftigkeit bewertet wurden, kann das Berufungsgericht nicht ohne eigene Anhörung von dieser Würdigung abweichen ([X.] aaO Rn. 58; [X.], Beschluss vom 25. Juli 2017 aaO Rn. 10).

bb) Nach diesen Maßgaben war das Berufungsgericht vorliegend nicht gehalten, den in erster Instanz angehörten Kläger nochmals anzuhören. Weder hat es die Glaubwürdigkeit des [X.] anders beurteilt als das [X.] noch hat es Zweifel an der Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit der Aussage gehegt. Das Berufungsgericht hat vielmehr seiner Entscheidung den protokollierten Wortlaut der [X.]angaben, anders als die erste Instanz, vollständig im Gesamtzusammenhang zugrunde gelegt, ohne diesen einen vom Wortlaut abweichenden Sinn beizulegen. Dabei hat es zu Recht darauf hingewiesen, dass die Interpretation des [X.] Teile der von ihm protokollierten Angaben des [X.] unberücksichtigt gelassen hat (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 19. Aufl., § 529 Rn. 14).

cc) Nach alledem ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht keinen Anlass gesehen hat, dem Kläger den geltend gemachten [X.] unter dem Gesichtspunkt fehlender Schutzwürdigkeit zu versagen. Auf der Grundlage der [X.]anhörung konnte nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger die Rechtswidrigkeit des Statusbescheids der [X.] positiv bekannt war oder jedenfalls sich ihm aufdrängen musste.

Aus denselben Gründen kann dem Kläger gegenüber auch nicht der Vorwurf des Mitverschuldens erhoben werden. Auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts wird ergänzend Bezug genommen ([X.] 18 f).

4. Anders als die Revision meint, fällt der geltend gemachte Schaden auch in den Schutzbereich des Statusfeststellungsverfahrens.

Das obligatorische Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 2, 3 [X.] schützt den Adressatenkreis der [X.] in zweierlei Hinsicht. Personen, die in einem besonderen Näheverhältnis zum Arbeitgeber stehen, sollen einerseits dadurch Rechtssicherheit erlangen, dass ihnen zügig und von Amts wegen eine Entscheidung über das (Nicht-)Bestehen von Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung zukommt. Andererseits ist die Feststellung der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung mit einer leistungsrechtlichen Bindung gegenüber der [X.] ausgestattet (§ 336 [X.]; seit dem 1. April 2022 außer [X.], Art. 2b Nr. 7, Art. 3 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie [[X.]] 2019/882 des [X.] und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen und zur Änderung anderer Gesetze vom 16. Juni 2021 [[X.]l. [X.] 2970]). Eine schnelle und unkomplizierte statusrechtliche Feststellung verschafft dem [X.] somit Gewissheit darüber, ob gegebenenfalls Leistungsansprüche in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung begründet wurden oder ob die Notwendigkeit besteht, private Vorsorge zu treffen (vgl. [X.], 277 Rn. 44, 51; [X.] aaO Rn. 3, 74, 196). Die Kosten einer privaten Kranken- und Rentenversicherung, die auf Grund einer unrichtigen Statusentscheidung entstanden sind, werden daher vom Schutzzweck des Statusfeststellungsverfahrens erfasst.

5. Der von der [X.] erhobene Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens - eine inhaltsgleiche Statusentscheidung wäre auch bei Einhaltung der Zuständigkeitsvorschriften ergangen - greift ebenfalls nicht durch.

a) Die Berufung des Schädigers auf rechtmäßiges Alternativverhalten, das heißt der Einwand, der Schaden wäre auch bei einer ebenfalls möglichen, rechtmäßigen Verhaltensweise entstanden, kann nach der Rechtsprechung des [X.] für die Zurechnung eines Schadenserfolgs beachtlich sein. Bei [X.] hat der [X.] rechtmäßiges Alternativverhalten insbesondere berücksichtigt, wenn der Behörde ein Verfahrensfehler unterlaufen war und sie bei einem ordnungsgemäßen Verfahren zu der gleichen Entscheidung hätte kommen müssen oder sofern sie selbst eine fehlende Rechtsgrundlage pflichtgemäß hätte schaffen müssen. Denn der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens setzt voraus, dass derselbe Erfolg effektiv herbeigeführt worden wäre; die bloße Möglichkeit, ihn rechtmäßig herbeiführen zu können, reicht nicht aus. Daher greift der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens auch dann nicht, wenn das alternative Verhalten dem in Kenntnis der rechtlichen Problematik gebildeten Willen der Behörde widerspräche ([X.], Urteile vom 3. Februar 2000 - [X.], [X.]Z 143, 362, 365 f und vom 20. April 2017 - [X.], [X.]Z 214, 360 Rn. 53 f; siehe auch Urteil vom 2. November 1970 - [X.], NJW 1971, 239 zur Frage des rechtmäßigen Alternativverhaltens bei Verkennung der Zuständigkeit). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Schaden auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten eingetreten wäre, trifft regelmäßig den Schädiger, also im vorliegenden Fall die Beklagte ([X.], Urteil vom 20. April 2017 aaO mwN).

b) Auf der Grundlage der nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kann ausgeschlossen werden, dass bei Wahrung der ausschließlichen Zuständigkeit der [X.] diese ebenfalls die Befreiung des [X.] von der Sozialversicherungspflicht festgestellt hätte. Zu Recht weist der Kläger darauf hin, dass die [X.] gegen den Bescheid vom 8. September 2014 im Wege der Anfechtungsklage vorgegangen ist (Revisionserwiderung, S. 19). Aus dem vom Berufungsgericht in Bezug genommen Urteil des [X.] vom 23. September 2019 ergibt sich, dass die Beklagte selbst die Anfechtungsklage der [X.] in der Sache für aussichtsreich gehalten hat, weil sie, die Beklagte, die Kriterien für eine sozialversicherungspflichtige Versicherung seinerzeit nicht richtig gewichtet habe (Anlage [X.], [X.]). Dementsprechend hat die Beklagte in dem Aufhebungsbescheid vom 27. Juli 2018 (Anlage [X.]) festgestellt, dass für den Kläger seit dem 1. Oktober 2014 hinsichtlich der Beschäftigung in der Firma seines [X.] Sozialversicherungspflicht besteht. Darüber hinaus hat eine von der [X.] durchgeführte Betriebsprüfung dazu geführt, dass die Beklagte die sozialversicherungsrechtlichen Pflichtbeiträge für den Kläger gegenüber seinem Vater als Arbeitgeber nachträglich geltend gemacht hat (Anlage [X.]). Der [X.] kann diese Würdigung selbst vornehmen, da weitere tatsächliche Feststellungen insoweit nicht zu erwarten sind (vgl. [X.], Urteile vom 16. März 2017 - [X.], [X.], 708 Rn. 28 und vom 12. September 2018 - [X.], NJW 2018, 3513 Rn. 29).

6. Aus denselben Gründen scheidet auch eine etwaig in Betracht zu ziehende Verweisung des [X.] auf die noch ausstehende Statusfeststellung gemäß § 839 Abs. 3 [X.] (vgl. zum weiten Begriff des Rechtsmittels im Sinne dieser Vorschrift [X.], Urteil vom 4. Juli 2013 - [X.], [X.]Z 197, 375 Rn. 18 mwN) durch die Clearingstelle der [X.] aus.

[X.]     

      

Reiter     

      

Arend 

      

Böttcher     

      

Liepin     

      

Meta

III ZR 234/21

19.01.2023

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Stuttgart, 8. Dezember 2021, Az: 4 U 404/20

§ 276 Abs 2 BGB, § 839 Abs 1 S 1 BGB, Art 34 S 1 GG, § 7a Abs 1 S 2 SGB 4 vom 12.11.2009, § 7a Abs 1 S 3 SGB 4 vom 12.11.2009, Art 2c Nr 2 Buchst a EURL 2019/882, Art 2c Nr 2 Buchst b EURL 2019/882

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.01.2023, Az. III ZR 234/21 (REWIS RS 2023, 423)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 423

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