Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.02.2017, Az. V R 16, 24/16, V R 16/16, V R 24/16

5. Senat | REWIS RS 2017, 15071

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Gegenstand

Korrektur der Umsatzsteuerfestsetzung in Bauträgerfällen


Leitsatz

1. Eine Umsatzsteuerfestsetzung kann nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG gegenüber dem leistenden Unternehmer nur dann geändert werden, wenn ihm ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht .

2. Das FA hat eine Abtretung nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG auch dann anzunehmen, wenn der Steueranspruch bereits durch Zahlung getilgt war. Auf das Vorliegen einer Rechnung mit gesondertem Steuerausweis kommt es nicht an .

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 15. März 2016 15 K 1553/15 U wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 15. März 2016 15 K 3669/15 U wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Beteiligten zu gleichen Teilen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erbrachte im Streitjahr 2012 aufgrund eines am 22. August 2012 abgeschlossenen Vertrags Bauleistungen an die [X.] Der Vertrag enthielt ein Abtretungsverbot. Die Klägerin hatte Wände und Mauern zu verputzen. Ihre Leistungen erbrachte die Klägerin an einer von der H-GmbH im Februar 2012 erworbenen Immobilie. Die H-GmbH hatte die "geteilte Immobilie" mit "Bauträger-Kaufverträgen" an verschiedene Erwerber mit der Verpflichtung veräußert, auf dem Grundstück ein Mehrfamilienhaus mit mehreren Wohneinheiten zu errichten, wobei jedem Erwerber eine Wohneinheit gehören sollte.

2

Die Klägerin und die H-GmbH gingen von einer Steuerschuldnerschaft der H-GmbH nach § 13b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der für das Streitjahr geltenden Fassung aus. Das Entgelt für die von der Klägerin an die H-GmbH erbrachten [X.] belief sich auf 10.667,32 €. Die von der Klägerin der H-GmbH erteilten Rechnungen enthielten folgenden Vermerk: "Bei den vorgenannten Leistungen handelt es sich um eine sog. Bauleistung, für die der Übergang der Steuerschuldnerschaft gem. § 13b UStG gilt. Die Umsatzsteuer ist somit vom Leistungsempfänger beim Finanzamt anzumelden und abzuführen."

3

Die Klägerin reichte am 24. Mai 2013 eine einen Erstattungsbetrag ausweisende Umsatzsteuererklärung für 2012 ein, in der sie die streitigen Umsätze gegenüber der H-GmbH als Umsätze kennzeichnete, für die der Leistungsempfänger nach § 13b UStG die Umsatzsteuer schulde. Der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) stimmte durch Mitteilung vom 21. Juni 2013 gemäß § 168 Satz 2 der Abgabenordnung [X.]) der Umsatzsteuererklärung zu.

4

Im Januar 2014 beantragte die H-GmbH beim [X.] die Erstattung der Umsatzsteuer, die sie als Steuerschuldner für den Bezug der Leistungen von der Klägerin entrichtet hatte.

5

Im Oktober 2014 teilte das [X.] der Klägerin mit, dass die H-GmbH die Erstattung der von ihr entrichteten Umsatzsteuer für die streitigen Bauleistungen gefordert habe. Das [X.] kündigte an, die Klägerin aufgrund des Urteils des [X.] ([X.]) vom 22. August 2013 V R 37/10 ([X.]E 243, 20, [X.], 128) nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG als Steuerschuldner für die Leistungen an die H-GmbH in Anspruch zu nehmen. Die Änderung der [X.] sollte nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG erfolgen. Das [X.] wies auf die Möglichkeit einer Abtretung gemäß § 27 Abs. 19 Sätze 3 und 4 UStG hin.

6

Mit Bescheid vom 1. Dezember 2014 änderte das [X.] die [X.] 2012 und setzte die Umsatzsteuer um 1.703,19 € höher fest. Zur Art der Festsetzung wurde ausgeführt: "Der Bescheid ist nach § 164 Abs. [X.] geändert. Der Vorbehalt der Nachprüfung bleibt bestehen." Der sich aus dem Änderungsbescheid ergebende Nachforderungsbetrag wurde am 5. Januar 2015 getilgt.

7

Mit Schreiben vom 29. April 2015 beantragte die Klägerin beim [X.] die Annahme der Abtretung eines Umsatzsteuernachforderungsanspruchs gegen die H-GmbH in Höhe von 2.026,79 € mit schuldbefreiender Wirkung. Mit Schreiben vom 26. Mai 2015 wies das [X.] darauf hin, dass die [X.] 2012 nur um 1.703,16 € erhöht und die Steuerschuld in dieser Höhe bereits getilgt worden sei. Mit Schreiben vom 11. Juni 2015 wiederholte die Klägerin ihr [X.] auf einem vom [X.] zur Verfügung gestellten Vordruck.

8

Mit Bescheid vom 24. Juni 2015 lehnte das [X.] die Annahme des [X.]s ab. Zur Begründung führte es aus, dass die berichtigten Rechnungen noch nicht an den Bauträger versandt worden seien. Dies stehe der Annahme der Abtretung entgegen. Außerdem sei die Umsatzsteuerschuld des Jahres 2012 durch Begleichung der Steuerschuld am 5. Januar 2015 erloschen.

9

Die Einsprüche der Klägerin gegen den Änderungsbescheid und gegen die Ablehnung des [X.]s hatten keinen Erfolg.

Erfolglos war auch die Klage gegen den Änderungsbescheid. Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2016, 855 veröffentlichten Urteil des Finanzgerichts ([X.]) sind § 27 Abs. 19 Sätze 1 und 2 UStG verfassungsgemäß und unionsrechtskonform.

Demgegenüber gab das [X.] der Klage auf Annahme des [X.]s statt. Nach dem in [X.] 2016, 849 veröffentlichten Urteil des [X.] vom 15. März 2016  15 K 3669/15 U ist der Ausschluss des dem [X.] gemäß § 176 Abs. [X.] zustehenden Vertrauensschutzes durch den mit "echter" Rückwirkung eingeführten § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG nur dann verfassungsgemäß i.S. des Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes, wenn der Bauleistende auf [X.] vollständig finanziell entlastet werde. Führe jede andere Entscheidung als die Annahme der Abtretung zu einer finanziellen Belastung des [X.], sei eine Ermessensreduzierung auf null anzunehmen. Der zivilrechtliche Umsatzsteuernachforderungsanspruch des [X.] gegen den Bauträger sei trotz eines im Bauvertrag vereinbarten Abtretungsverbots abtretbar, wenn das Abtretungsverbot durch § 354a Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) suspendiert werde. Auch eine vom Bauträger bestrittene Forderung könne abgetreten werden. Aus § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG ergebe sich eine Ersetzungsbefugnis des Steuerpflichtigen, die auch nach der Erfüllung des Steueranspruchs noch ausgeübt werden könne. Die Ausstellung einer Rechnung des [X.] gegenüber dem Bauträger sei für den Anspruch auf Annahme der Abtretung der zivilrechtlichen Forderung gemäß § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG keine notwendige Voraussetzung.

Hiergegen wenden sich die Revisionen der Klägerin und des [X.], die der Senat gemäß § 73 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat.

Die Klägerin macht mit ihrer Revision gegen den Änderungsbescheid geltend, dass die [X.] in § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG nicht gleichwertig mit dem ihr nach § 176 AO zustehenden Vertrauensschutz sei. Sie müsse einen belastenden Steuerbescheid über sich ergehen lassen. Die Abtretungslösung sei mit vielen Unsicherheiten verbunden. Eine Pflicht zum Steuerausweis sei unzumutbar. Es liege eine unzulässige echte Rückwirkung vor. § 17 UStG sei anzuwenden.

Die Klägerin beantragt zum angefochtenen Änderungsbescheid,
das Urteil des [X.] und den Umsatzsteuerbescheid vom 1. Dezember 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. April 2015 aufzuheben.

Das [X.] wendet sich mit seiner Revision gegen die vom [X.] angenommene Verpflichtung zur Annahme des [X.]s. Der Steueranspruch sei bereits getilgt worden, so dass eine Abtretung nicht in Betracht komme. Zudem liege keine Rechnung mit Steuerausweis vor.

Das [X.] beantragt zur Abtretung,
das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Beide Beteiligte treten der Revision der Gegenseite entgegen und beantragen jeweils diese zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revisionen der Klägerin und des [X.] sind unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O). Auf Grundlage des [X.] in [X.], 20, [X.] 2014, 128 ist die Klägerin, nicht aber die H-GmbH Steuerschuldnerin für die von der Klägerin an die H-GmbH erbrachten Leistungen. Wie das [X.] zu Recht entschieden hat, ist das [X.] zur Änderung der Steuerfestsetzung gegenüber der Klägerin berechtigt. Im Streitfall ergibt sich dies zwar nicht aus dem im Änderungsbescheid angeführten § 164 [X.], aber aus § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG. Entgegen dem Urteil des [X.] setzt diese Änderungsbefugnis allerdings voraus, dass der Klägerin ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der festgesetzten Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht. Diese Voraussetzung liegt indes im Streitfall vor. Das [X.] ist im Übrigen auch verpflichtet, die ihm angebotene Abtretung anzunehmen.

1. Das [X.] ist nicht nach § 164 [X.] änderungsbefugt. Die von der Klägerin abgegebene Umsatzsteuerjahreserklärung 2012 steht aufgrund der Zustimmung des [X.] gemäß § 168 Satz 2 [X.] einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der [X.]achprüfung gleich. Eine danach mögliche Änderung gemäß § 164 Abs. 2 Satz 1 [X.] scheitert aber an § 176 Abs. 2 [X.], der nach ständiger [X.]-Rechtsprechung der Änderung nach § 164 Abs. 2 [X.] entgegensteht (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 11. Januar 1991 III R 60/89, [X.], 286, [X.] 1992, 5, unter II.3., und vom 5. September 2000 IX R 33/97, [X.], 559, [X.] 2000, 676, unter II.3.a).

a) Bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids darf gemäß § 176 Abs. 2 [X.] nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der [X.]regierung, einer obersten [X.]- oder Landesbehörde von einem obersten Gerichtshof des [X.] als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist.

b) Der [X.] hat mit Urteil in [X.], 20, [X.] 2014, 128, § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG a.F. entgegen Abschn. 182a Abs. 11 der [X.] ([X.]) 2005 einschränkend ausgelegt. Die Steuerschuld entsteht in der Person des Leistungsempfängers nur dann, wenn er die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Damit hat der [X.] i.S. von § 176 Abs. 2 [X.] erkannt, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift einer obersten [X.]behörde nicht mit dem geltenden Recht in Einklang steht. Dies darf nach dieser Vorschrift bei einer Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden.

c) So ist es im Streitfall. Die Klägerin hat für die H-GmbH Wände und Mauern bei der Errichtung eines Gebäudes verputzt. Damit lag sowohl nach der im Streitjahr geltenden Verwaltungsauffassung wie auch nach dem Senatsurteil in [X.], 20, [X.] 2014, 128 eine "Bauleistung" i.S. von § 13b Abs. 2 [X.]r. 4 UStG vor.

Entgegen der Verwaltungsauffassung setzt die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers aber nach dem [X.]-Urteil in [X.], 20, [X.] 2014, 128 auch voraus, dass der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Hieran fehlt es im Streitfall, da die H-GmbH das Gebäude, an dem die Klägerin ihre Leistung erbrachte, zusammen mit dem dazugehörenden Grund und Boden an verschiedene Erwerber veräußerte, wobei jedem Erwerber eine Wohneinheit gehören sollte.

2. Das [X.] ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das [X.] zu einer Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG berechtigt ist. Entgegen dem Urteil des [X.] darf das [X.] die Umsatzsteuerfestsetzung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG gegenüber dem leistenden Unternehmer allerdings nur dann ändern, wenn diesem ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht.

Diese zusätzliche Änderungsvoraussetzung ergibt sich aus einer Auslegung von § 27 Abs. 19 UStG nach [X.]ormzweck, Sinnzusammenhang und Wortlaut (vgl. allgemein z.B. [X.]-Urteil vom 18. Dezember 2014 IV R 22/12, [X.]E 248, 354, [X.] 2015, 606, unter [X.]; allgemein zur Auslegung vgl. z.B. Beschluss des [X.]verfassungsgerichts vom 9. [X.]ovember 1988 1 BvR 243/86, [X.] 79, 106, unter [X.] der Gründe, m.w.[X.].; [X.]-Urteile vom 21. Oktober 2010 IV R 23/08, [X.]E 231, 544, [X.] 2011, 277; vom 25. September 2014 IV R 44/11, [X.]E 246, 470, [X.] 2015, 470). Dabei ist zudem der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung zu berücksichtigen (vgl. z.B. Senatsurteil vom 3. Dezember 2015 V R 43/13, [X.]E 252, 171, [X.] 2016, 858, unter II.2.b).

a) Der mit § 27 Abs. 19 Satz 1 bis 4 UStG verfolgte Zweck rechtfertigt unter Berücksichtigung der zwingenden Vorgaben des Unionsrechts eine Einschränkung des abgabenrechtlich durch § 176 [X.] gewährleisteten Vertrauensschutzes nur dann, wenn dem Leistenden gegen den Leistungsempfänger ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der --vom [X.] an den Leistungsempfänger zu erstattenden-- Umsatzsteuer zusteht.

aa) Sind Unternehmer und Leistungsempfänger davon ausgegangen, dass der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b UStG auf eine vor dem 15. Februar 2014 erbrachte steuerpflichtige Leistung schuldet, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, ist gemäß § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG die gegen den leistenden Unternehmer wirkende Steuerfestsetzung zu ändern, soweit der Leistungsempfänger die Erstattung der Steuer fordert, die er in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldner zu sein. [X.]ach § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG steht § 176 [X.] der Änderung nicht entgegen. § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG enthält eine [X.], wobei § 27 Abs. 19 Satz 4 UStG die Erfüllungswirkung dieser Abtretung regelt.

bb) Haben die an einem Leistungsaustausch Beteiligten zu Unrecht den Leistungsempfänger anstelle des Leistenden als Steuerschuldner angesehen, und verlangt der Leistungsempfänger die Erstattung der von ihm zu Unrecht gezahlten Steuer, lassen sich Steuerausfälle im Korrektursystem der [X.] im Regelfall unproblematisch vermeiden. Da [X.] bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung oder einer gesonderten Aufhebung unter Vorbehalt der [X.]achprüfung stehen, kann im Allgemeinen die materiell-rechtlich vom Leistenden geschuldete Steuer verfahrensrechtlich gegenüber diesem nach § 164 [X.] festgesetzt werden. An[X.] ist dies nur dann, wenn dem Leistenden --wie im [X.] nach § 176 [X.] zu gewähren ist (s. oben II.1.).

Im Hinblick auf die im Allgemeinen nach § 164 [X.] bestehende Änderungsbefugnis dienen die Regelungen des § 27 Abs. 19 Satz 1 bis 4 UStG nicht dazu, Steuerausfälle zu vermeiden, die dadurch entstehen können, dass [X.] und Leistungsempfänger die Person des Steuerschuldners unzutreffend beurteilt haben, sondern bezwecken im [X.], den Vertrauensschutz nach § 176 [X.] auszuschalten, wie sich ausdrücklich auch aus § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG ergibt, und ihn beson[X.] zu regeln.

cc) Im Bereich der Umsatzsteuer kann der nationale Gesetzgeber über die Ausschaltung des einfachgesetzlichen Vertrauensschutzes nicht frei entscheiden.

(1) Die Umsatzsteuer ist unter Berücksichtigung ihrer unionsrechtlichen Grundlagen in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112/[X.] vom 28. [X.]ovember 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem eine Verbrauchsteuer und dabei zugleich eine indirekte Steuer, bei der dem Unternehmer die Aufgabe zukommt, "öffentliche Gelder" als "Steuereinnehmer für Rechnung des Staates" zu vereinnahmen (Urteile des [X.] --[X.]-- [X.] vom 20. Oktober 1993 [X.], [X.]:[X.], Rz 25, und [X.] vom 21. Februar 2008 [X.], [X.]:[X.], Rz 21; vgl. auch Senatsurteil vom 24. Oktober 2013 V R 31/12, [X.], 451, [X.] 2015, 674, unter II.2.c). Der Staat darf dem so beauftragten Unternehmer seine Aufgabe weder unnötig erschweren noch unmöglich machen.

(2) Hieraus ergeben sich für die [X.] des nationalen Gesetzgebers Einschränkungen aus Gründen des Unionsrechts.

So muss der Steuerschuldner nach den --auch von den Mitgliedstaaten und den nationalen Gerichten zu beachtenden (z.B. [X.]-Urteil [X.] vom 11. Juni 2015 [X.]/14, [X.]:[X.], Rz 80, 88, m.w.[X.] Grundsätzen der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und von [X.] und Glauben eindeutig bestimmbar sein (zum Grundsatz der Rechtsicherheit vgl. [X.] vom 9. Juli 2015 C-144/14, [X.]:C:2015:452, Rz 34 f., m.w.[X.]., und Salomie und [X.] vom 9. Juli 2015 [X.]/14, [X.]:[X.], Rz 31); er muss den Umfang der ihm auferlegten Pflicht im Zeitpunkt des "Abschlusses eines Rechtsgeschäfts" rechtssicher erkennen und bestimmen können ([X.]-Urteil Traum [X.] vom 9. Oktober 2014 [X.]/13, [X.]:[X.], Rz 29, m.w.[X.].). Dies gilt auch im Anwendungsbereich der §§ 13a, 13b UStG.

Zudem kann sich der Steuerpflichtige auf den unionsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, wenn die zuständige Verwaltungsbehörde aufgrund einer bestimmten Handlung berechtigte Erwartungen begründet hat ([X.] vom 5. März 2015 [X.]/13 P, [X.]:C:2015:145, Rz 95, m.w.[X.]., und [X.], [X.]:C:2015:452, Rz 44, m.w.[X.].). Die vertrauensauslösende Handlung kann --wie im [X.] auf einer allgemeingültigen (norminterpretierenden) Verwaltungsvorschrift beruhen (vgl. dazu Hummel, Mehrwertsteuerrecht 2016, 4, 11 f.), wenn sie --wie hier-- systematisch angewendet wurde (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:C:2015:452, Rz 46).

Schließlich ist im Rahmen des Steuerschuldverhältnisses auch der Grundsatz von [X.] und Glauben zu beachten, der zur Rücksichtnahme auf die schutzwürdigen Interessen des am [X.] beteiligten Steuerpflichtigen verpflichtet (z.B. [X.]-Urteil vom 23. Februar 2010 VII R 19/09, [X.]E 228, 139, [X.] 2010, 729, Rz 14, m.w.[X.].).

dd) Die unionsrechtlichen Vorgaben wirken sich auch auf die Auslegung von § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG aus.

(1) Aus der dort ausdrücklich genannten Voraussetzung eines Erstattungsverlangens des Leistungsempfängers ergibt sich auch, dass dem Leistenden ein Anspruch auf Zahlung der zu erstattenden Steuer --als Voraussetzung für die [X.] zusteht. Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass der einfachgesetzliche Ausschluss des abgabenrechtlichen Vertrauensschutzes für sich genommen mit den unionsrechtlichen Vorgaben in Einklang steht. Dies gilt andererseits aber nur dann, wenn dem Leistenden hieraus keine [X.]achteile entstehen. Eine Regelung, die das [X.] zu einer uneingeschränkten Änderungsbefugnis zu Lasten des Leistenden berechtigt und diesen dann erst im Erhebungsverfahren auf eine Abtretungsmöglichkeit verweist, genügt dem jedenfalls dann nicht, wenn der Leistende bei der Ausführung seines Umsatzes in Übereinstimmung mit den zu diesem Zeitpunkt geltenden Verwaltungsanweisungen davon ausgehen konnte und musste, dass nicht er, sondern der Leistungsempfänger Steuerschuldner sei (s. oben II.1.).

Der durch § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG angeordnete Ausschluss des abgabenrechtlichen Vertrauensschutzes ist unionsrechtlich nur zu rechtfertigen, wenn das Bestehen und die Abtretbarkeit einer Forderung nicht erst im [X.] an die Änderung des [X.], sondern bereits im Festsetzungsverfahren geklärt werden. Daher muss das [X.] nicht erst im Erhebungsverfahren bei einer Entscheidung über die Abtretung, sondern bereits im Festsetzungsverfahren bei der Prüfung der Änderungsbefugnis nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG feststellen, ob ein abtretbarer Anspruch des Leistenden gegen den Leistungsempfänger besteht.

Mit dieser zweckorientierten Einschränkung entspricht die so interpretierte [X.]orm dem  Grundsatz der steuerlichen [X.]eutralität. Soll danach der Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden (vgl. ständige Rechtsprechung des [X.], z.B. [X.]-Urteil [X.] vom 13. März 2014 [X.]/13, [X.]:C:2014:147, Rz 41, m.w.[X.]), so geschieht dies unter den besonderen Bedingungen des § 27 Abs. 19 UStG mit der Abtretung. Der Leistende steht dann so wie er stünde, wenn alles von vornherein richtig beurteilt worden wäre. Eines weiteren Vertrauensschutzes bedarf es nicht, im Gegenteil: Die Anwendung des § 176 [X.] würde sich dann mit Blick auf das [X.]eutralitätsprinzip einseitig zu Lasten des Fiskus auswirken (so Reiß, Mehrwertsteuerrecht 2016, 361 ff.).

(2) Diese Auslegung entspricht im Übrigen auch der Praxis der Finanzverwaltung. Denn nach dem Schreiben des [X.]ministeriums der Finanzen ([X.]) vom 31. Juli 2014, [X.], 1073, Rz 14 soll die Abtretung der zivilrechtlichen Forderungen gegen den Leistungsempfänger nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG zur Beschleunigung des Verfahrens auch schon vor einer Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG erfolgen. Sieht sich die Finanzverwaltung zur Verfahrensbeschleunigung in der Lage, die Abtretung eines dem Unternehmer gegen den Leistungsempfänger zustehenden Anspruchs bereits vor der Änderung des Steuerbescheids nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG vorzunehmen, bestehen gegen das Erfordernis, das Bestehen eines abtretbaren Anspruchs bereits als Voraussetzung für die Änderung der Steuerfestsetzung prüfen zu müssen, auch unter Praktikabilitätsgesichtspunkten keine Schwierigkeiten, wie zudem in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat bestätigt wurde.

b) Die Auslegung des § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG, nach der es für die Änderungsbefugnis auch auf das Bestehen eines abtretbaren Anspruchs des Leistenden ankommt, wird systematisch durch den Gesamtzusammenhang der zeitgleich und als Einheit in [X.] getretenen Regelungen des § 27 Abs. 19 Satz 1 bis 4 UStG bestätigt. Aufgrund dieses Gesamtzusammenhangs sind die einzelnen Gesetzesanordnungen dieser Vorschrift nicht isoliert, sondern in ihrem Gesamtkontext auszulegen.

Die Vorschriften wurden in das UStG durch Art. 7 [X.]r. 9 des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt [X.] zur [X.] und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften ([X.], 1266) eingefügt. Die "[X.]euregelung" und damit der gesamte § 27 Abs. 19 Satz 1 bis 4 UStG betrifft nach der amtlichen Gesetzesbegründung "die Fälle, in denen der Leistungsempfänger für vor dem 15. Februar 2014 an ihn erbrachte Leistungen von einer [X.]ichtbeanstandungsregelung der Finanzverwaltung keinen Gebrauch macht" (BTDrucks 18/1995, [X.]). Dieser Gesamtzusammenhang rechtfertigt es, die Änderungsbefugnis nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG aufgrund des Ausschlusses des abgabenrechtlichen Vertrauensschutzes als [X.]element der [X.]eureglung in § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG (s. oben [X.] bb) davon abhängig zu machen, dass dem Leistenden ein abtretbarer Anspruch i.S. von § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG zusteht.

c) Die Auslegung des Senats wird durch den Wortlaut der [X.]orm wie auch durch ihre Entstehungsgeschichte gestützt und berücksichtigt die bereits durch § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG selbst angelegte Verbindung von [X.] und Erhebungsverfahren.

aa) § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG nimmt ausdrücklich auf das Erstattungsverlangen des Leistungsempfängers Bezug und ist schon deshalb in der Weise auslegbar, dass es für die Änderungsbefugnis auch darauf ankommt, ob dem leistenden Unternehmer ein Anspruch gegen den Leistungsempfänger auf Zahlung --der an den Leistungsempfänger zu erstattenden-- Umsatzsteuer zusteht (zu den Grenzen der Wortlautauslegung im Umsatzsteuerrecht vgl. z.B. Senatsurteil in [X.]E 252, 171, [X.] 2016, 858, unter II.2.b).

bb) Es besteht kein Wi[X.]pruch zu den Motiven des historischen Gesetzgebers. Zwar deutet die amtliche Gesetzesbegründung darauf hin, dass der historische Gesetzgeber von einer weitgehend voraussetzungslosen Änderungsbefugnis durch § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG ausging. Zudem befasste sich die amtliche Gesetzesbegründung im Zusammenhang mit der [X.] nach § 27 Abs. 19 Satz 3 und 4 UStG mit der Frage des Vertrauensschutzes (BTDrucks 18/1995, [X.]).

Der amtlichen Gesetzesbegründung sind aber keinerlei Überlegungen zum Ausschluss des abgabenrechtlichen Vertrauensschutzes als dem entscheidenden [X.]element der [X.]euregelung durch § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG (s. oben [X.] bb) oder zur Bedeutung unionsrechtlicher Erfordernisse zu entnehmen. Damit können die Motive des historischen Gesetzgebers nur eingeschränkt für die Gesetzesauslegung Berücksichtigung finden.

cc) Gegen die Auslegung durch den erkennenden Senat spricht auch nicht die grundsätzliche Trennung zwischen [X.] und Erhebungsverfahren. Denn § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG durchbricht mit dem Abstellen auf das Erstattungsverlangen des Leistungsempfängers und dessen Entrichtung der Steuer in der --ursprünglich unzutreffenden-- Annahme, Steuerschuldner zu sein, diese Trennung bereits selbst. Wenn die Vorschrift verlangt, dass der Leistungsempfänger die Erstattung der von ihm entrichteten Steuer fordert, stellt sie schon bei der Änderung der Steuerfestsetzung explizit auf die sich aus dieser Änderung ergebenden Rechtsfolgen im Erhebungsverfahren ab, über die ggf. durch [X.] gemäß § 218 [X.] zu entscheiden ist. Dies entspricht zudem der Praxis der Finanzverwaltung, wie sie sich aus dem [X.]-Schreiben in [X.], 1073, Rz 14 ergibt (s. oben [X.] dd (2)).

d) Im Streitfall liegen danach die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG vor.

aa) Die Klägerin verfügte über einen abtretbaren Anspruch gegen die H-GmbH auf Zahlung der Umsatzsteuer, die für ihre Leistung an die H-GmbH gesetzlich entstanden ist.

(1) Haben sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann gemäß § 313 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Im Streitfall besteht ein Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB.

(a) Bei dem Umstand, der zur Grundlage des Vertrags geworden ist, handelt es sich um die Person des Steuerschuldners für die von der Klägerin an die H-GmbH erbrachte Leistung. In Bezug auf die Person des Steuerschuldners für die von der Klägerin erbrachte Leistung ist es nach Vertragsschluss zu einer schwerwiegenden Veränderung gekommen.

Die Klägerin und die H-GmbH gingen bei der Leistungserbringung von einer Steuerschuldnerschaft der H-GmbH aus. Dies zeigt sich insbesondere an der von der Klägerin erteilten Rechnung, mit der diese nur über ein Entgelt ohne Steuerbetrag abrechnete und dabei ausdrücklich auf die Steuerschuldnerschaft der H-GmbH nach § 13b UStG hinwies. Dass dies auch dem Verständnis der H-GmbH entsprach, wird dadurch belegt, dass die H-GmbH die von der Klägerin empfangene Leistung als Leistungsempfänger gemäß § 13b UStG versteuerte (und erst später nach der Veröffentlichung des [X.] in [X.], 20, [X.] 2014, 128 die Rückgängigmachung dieser Besteuerung geltend machte). Die Klägerin und die H-GmbH mussten auch davon ausgehen, dass die H-GmbH Steuerschuldner für diese Leistung war. Denn auf der Grundlage der damals geltenden Verwaltungsauffassung war es nicht erforderlich, dass die an den Leistungsempfänger erbrachten Umsätze, für die er als Leistungsempfänger Steuerschuldner ist, mit von ihm erbrachten Umsätzen nach § 13b Abs. 1 Satz 1 [X.]r. 4 Satz 1 UStG a.F. unmittelbar zusammenhängen (so ausdrücklich Abschn. 182a Abs. 11 [X.] 2005).

Diese Verwaltungsanweisung hat der [X.] durch das Urteil in [X.], 20, [X.] 2014, 128, Leitsatz 1 ausdrücklich verworfen und entschieden, dass es für die Entstehung der Steuerschuld beim Leistungsempfänger darauf ankommt, ob dieser die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Danach war die H-GmbH, die die von der Klägerin bezogenen Leistungen für die steuerfreie Lieferung von Wohnungen verwendet hat, nur auf der Grundlage der beim Vertragsschluss geltenden Verwaltungsauffassung, nicht aber nach der [X.]-Rechtsprechung Steuerschuldner.

Durch diese Beurteilungsänderung ist es zu einer schwerwiegenden Veränderung in Bezug auf die Person des Steuerschuldners als Vertragsgrundlage gekommen. Denn die Klägerin muss für die H-GmbH eindeutig erkennbar ihren Vergütungsanspruch nicht mehr auf der Grundlage eines von ihr nicht zu versteuernden Entgelts, sondern als Gegenleistung bestehend aus Entgelt und Steuerschuld kalkulieren.

(b) In Kenntnis der [X.]-Rechtsprechung und der sich hieraus ergebenden Steuerschuldnerschaft der Klägerin hätten die Klägerin und die H-GmbH als Vergütung für die Klägerin eine Gegenleistung bestehend aus Entgelt und Umsatzsteuer vereinbart. Damit ist die Klägerin entsprechend § 313 Abs. 1 BGB berechtigt, Anpassung des Vertrags zu verlangen. Dies führt zu einer Erhöhung des der Klägerin zustehenden Vergütungsanspruchs um die von der Klägerin für ihre Leistung geschuldete Umsatzsteuer. Ein Festhalten am unveränderten Vertrag kann der Klägerin nicht zugemutet werden.

(c) Dem stehen schutzwürdige Interessen der H-GmbH nicht entgegen. Es kommt insbesondere nicht darauf an, dass "der Leistungsempfänger bei Rückforderung der von ihm zu Unrecht gezahlten Umsatzsteuer nicht wusste und auch nicht wissen musste, dass dies zu einer Belastung des [leistenden] Unternehmers führen würde"; ebenso ist es unerheblich, ob der Leistungsempfänger "davon ausgehen [dürfte], die Erstattung werde wegen der vertrauensschützenden Regelung des § 176 Abs. 2 [X.] keine Auswirkungen auf die Steuerfestsetzung gegen [den leistenden Unternehmer] haben". Hieraus ergibt sich entgegen dem Urteil des [X.] vom 5. Februar 2016 – 33 O 86/15 ([X.] --UR-- 2016, 720) kein schutzwürdiges Interesse am Bestand der Vereinbarung. Das Interesse an der Ausnutzung eines steuerrechtlichen Zufallsgewinns ("windfall-profits") ist unter Berücksichtigung der bei[X.]eitigen Interessenlage in keiner Weise schutzwürdig. Denn eine Möglichkeit zu einem umsatzsteuerrechtlich unbelasteten Leistungsbezug, bei dem die H-GmbH Umsatzsteuer weder an die Klägerin zu zahlen hatte noch den Leistungsbezug selbst versteuern musste, bestand zu keinem Zeitpunkt.

(3) Der Senat kann somit offenlassen, ob zugleich auch die Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 2 BGB oder für eine Änderung nach den Grundsätzen für eine ergänzende Vertragsauslegung vorliegen (bejahend [X.] vom 4. August 2016 [X.] U 177/15, [X.]eue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht 2017, 44).

(4) Auf der Grundlage der vom [X.] getroffenen Feststellungen ist auch nicht davon auszugehen, dass die H-GmbH gegenüber der Klägerin Gewährleistungsansprüche geltend gemacht oder in sonstiger Weise eine Aufrechnung erklärt hat.

bb) Auch die weiteren Voraussetzungen von § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG sind erfüllt. Die Klägerin hat ihre Leistungen an die H-GmbH im Streitjahr 2012 und damit vor dem 15. Februar 2014 erbracht. Beide Unternehmer sind davon ausgegangen, dass die H-GmbH als Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b UStG schuldet; diese Annahme hat sich aufgrund des [X.] in [X.], 20, [X.] 2014, 128 als unrichtig herausgestellt (s. oben II.2.d aa (2)). Die H-GmbH hat schließlich die Erstattung der Steuer gefordert, die sie in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldner zu sein.

Der Anspruch war auch abtretbar. Wie das [X.] zutreffend entschieden hat, wurde das vereinbarte Abtretungsverbot durch § 354a Abs. 1 Satz 1 HGB suspendiert.

cc) Auf eine mögliche Anwendung von § 17 Abs. 2 [X.]r. 1 UStG (vgl. hierzu [X.]-Beschluss vom 27. Januar 2016 V B 87/15, [X.]E 252, 187) kommt es somit nicht an. Ebenso hat sich der Senat aufgrund seiner Auslegung des § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG nicht mit der Frage zu befassen, ob dieser Vorschrift eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung zukommt (ablehnend z.B. Widmann, Zeitschrift für das gesamte Mehrwertsteuerrecht --[X.]-- 2014, 497; Reiß, [X.] 2016, 361 ff.; [X.], Der Betrieb 2015, 572; a.[X.], [X.], 717 ff.; [X.]. [X.], 993 ff.). Selbst wenn dieser Verfahrensvorschrift Rückwirkung zukommen würde, wäre diese im Hinblick auf die vom Senat angenommene Änderungsvoraussetzung, dass dem Unternehmer ein korrespondierender Zahlungsanspruch zusteht (s. oben [X.]–c), verfassungsrechtlich unbedenklich.

3. Das [X.] ist verpflichtet, die ihm angebotene Abtretung anzunehmen.

a) Das für den leistenden Unternehmer zuständige [X.] kann gemäß § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG auf Antrag zulassen, dass der leistende Unternehmer dem [X.] den ihm gegen den Leistungsempfänger zustehenden Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer abtritt, wenn die Annahme der Steuerschuld des Leistungsempfängers im Vertrauen auf eine Verwaltungsanweisung beruhte und der leistende Unternehmer bei der Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs mitwirkt.

Das [X.]-Schreiben in [X.], 1073, Rz 7 führt hierzu aus: "Das für den leistenden Unternehmer zuständige Finanzamt hat in diesen Fällen nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG auf Antrag zuzulassen, dass der leistende Unternehmer den ihm gegen den Leistungsempfänger zustehenden Anspruch auf (nachträgliche) Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer dem Finanzamt abtritt ...". Der erkennende Senat pflichtet dieser Annahme einer gebundenen Entscheidung, bei der für den Fall eines ordnungsgemäßen Abtretungsangebots eine Ermessensreduktion auf null vorliegt, bereits aus Gründen des Unionsrechts bei. Die Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes sowie von [X.] und Glauben (s. oben [X.] cc (2)) erfordern, dass der leistende Unternehmer für die in § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG umschriebene Fallgestaltung (Annahme einer Steuerschuld des Leistungsempfängers im Vertrauen auf eine Verwaltungsanweisung und Mitwirkung des leistenden Unternehmers bei der Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs) einen Rechtsanspruch auf Annahme seines Abtretungsangebots hat.

b) Im Streitfall steht der Klägerin ein Zahlungsanspruch gegen die H-GmbH zu (s. oben II.2.d aa). Sie hat dem [X.] die Abtretung dieses Anspruchs formal ordnungsgemäß angeboten. Daher reduziert sich das dem [X.] durch § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG eingeräumte Ermessen auf null, so dass jede andere Entscheidung als die Annahme des Abtretungsangebots ermessensfehlerhaft ist.

c) Unerheblich ist, dass die Klägerin den sich aus der geänderten Steuerfestsetzung ergebenden Anspruch bereits durch Zahlung getilgt hatte. Der erkennende Senat verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffende Entscheidung der Vorinstanz.

d) Schließlich ist die Rechnungserteilung mit Steuerausweis weder Voraussetzung für die Abtretung nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG noch für die Änderungsbefugnis nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG (s. oben II.2.), sondern nur Bedingung für die besondere Erfüllungswirkung nach § 27 Abs. 19 Satz 4 UStG.

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

V R 16, 24/16, V R 16/16, V R 24/16

23.02.2017

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 15. März 2016, Az: 15 K 1553/15 U, Urteil

§ 164 AO, § 176 AO, § 13b UStG 2005, § 27 Abs 19 UStG 2005, § 313 BGB, UStG VZ 2012

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.02.2017, Az. V R 16, 24/16, V R 16/16, V R 24/16 (REWIS RS 2017, 15071)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15071

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