Bundesfinanzhof, Urteil vom 31.01.2024, Az. V R 24/21

5. Senat | REWIS RS 2024, 2035

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Gegenstand

(Zu den Voraussetzungen einer Änderung gemäß § 27 Abs. 19 Satz 1 des UmsatzsteuergesetzesUStG)


Leitsatz

Eine Umsatzsteuerfestsetzung kann nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG gegenüber dem leistenden Unternehmer nur dann geändert werden, wenn ihm ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 23.02.2017 - V R 16, 24/16, BFHE 257, 177, BStBl II 2017, 760). Demgegenüber kommt es hierfür auf die Voraussetzungen des § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG nicht an.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 24.06.2021 - 2 K 5261/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), der als Einzelunternehmer im Jahr 2009 (Streitjahr) tätig war, erbrachte an die [X.] und mehrere mit ihr verbundene Gesellschaften (im Folgenden: [X.]) aufgrund gleichlautender Werkverträge Bauleistungen. Den Vergütungsvereinbarungen lag die Annahme einer Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gemäß § 13b des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (UStG) durch die Vertragsparteien zugrunde. Nach den [X.] konnte der Kläger Forderungen aufgrund des Vertrags gegen die [X.] nur mit schriftlicher Zustimmung der [X.] an Dritte abtreten oder verpfänden.

2

Der Kläger rechnete die Leistungen entsprechend § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 und § 14a Abs. 5 UStG ohne Ausweis von Umsatzsteuer ab. Die [X.] zahlte die Rechnungsbeträge nach Abzug von [X.] und [X.] im Streitjahr und versteuerte in der Annahme ihrer Steuerschuldnerschaft die vom Kläger empfangenen Bauleistungen nach § 13b UStG und führte die Umsatzsteuer an den für sie wie auch für den Kläger zuständigen Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) ab.

3

Der Kläger reichte beim [X.] am 27.10.2010 eine zu einer Vorbehaltsfestsetzung führende Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr ein, in der er die Umsätze gegenüber der [X.] nicht als von ihm zu versteuernde Umsätze erfasste. Im Mai 2011 hob das [X.] den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

4

Am 12.02.2014 beantragte die [X.] beim [X.] aufgrund des Urteils des [X.] ([X.]) vom 22.08.2013 - V R 37/10 ([X.]E 243, 20, [X.], 128) die Erstattung der Umsatzsteuer, die sie als Steuerschuldnerin für die vom Kläger bezogenen Leistungen ohne Inanspruchnahme eines Vorsteuerabzugs entrichtet hatte.

5

Daraufhin teilte das [X.] mit Schreiben vom 20.11.2014 dem Kläger mit, dass die [X.] die Erstattung der von ihr für die streitigen Bauleistungen entrichteten Umsatzsteuer gefordert habe. Das [X.] kündigte an, den Kläger nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG als Steuerschuldner für die Leistungen an die [X.] in Anspruch zu nehmen und verwies hierfür auf § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG i.d.[X.] an den Beitritt [X.] zur [X.] und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.07.2014 ([X.], 1266) sowie auf die Möglichkeit einer Abtretung nach Satz 3 und 4 dieser Vorschrift. Mit Bescheid vom 15.12.2014 änderte das [X.] die Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr.

6

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Während des [X.] verpflichtete sich die [X.] gegenüber dem Kläger durch Vereinbarung vom 23.04.2015, die Abtretung seines Anspruchs gegen die [X.] auf Zahlung der Umsatzsteuer gegenüber dem [X.] anzuerkennen, falls sie ein gegen sie geführtes zivilrechtliches Verfahren eines anderen Bauleistenden verlöre. Den Einspruch wies das [X.] mit Einspruchsentscheidung vom 20.11.2015 als unbegründet zurück und verböserte darüber hinaus die Steuerfestsetzung unter Bezugnahme auf einen --nach Auffassung des [X.] mit Schreiben vom 16.07.2015 erteilten-- Hinweis, indem es die streitige Steuer für die Leistungen an die [X.] mit Bescheid vom selben Tage erhöhte.

7

Die Klage zum Finanzgericht ([X.]) hatte keinen Erfolg. Nachdem der [X.] das im ersten Rechtsgang ergangene Urteil des [X.] mit Beschluss vom 27.07.2020 - V B 78/18 ([X.]/NV 2020, 1091) aufgehoben und die Sache gemäß § 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) an das [X.] zurückverwiesen hatte, erteilte der Kläger am 28.12.2020 Rechnungen an die [X.] mit gesondertem Steuerausweis. Am 30.12.2020 übermittelte der Kläger dem [X.] ein [X.] über den sich hieraus ergebenden Umsatzsteuernachforderungsbetrag, welches das [X.] mit Bescheid vom 07.04.2021 ablehnte. Auch im zweiten Rechtsgang wies das [X.] die Klage ab. Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2022, 1151 veröffentlichten Urteil des [X.] liegen die Voraussetzungen des § 27 Abs. 19 UStG vor. Auch die zusätzliche Bedingung der [X.] sei erfüllt. Die [X.] scheitere nicht an dem vertraglichen Abtretungsverbot, denn § 354a des Handelsgesetzbuchs (HGB) sei einschlägig, da der Kläger [X.] sei. Dem Kläger stehe aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung ein Anspruch auf Vertragsanpassung und auf Zahlung der Umsatzsteuer zu. Der Änderung der Steuerfestsetzung stehe nicht entgegen, dass das [X.] das [X.] des [X.] vom 30.12.2020 nicht angenommen habe, denn das Ermessen des [X.] sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf Null reduziert gewesen, weil es infolge der Verletzung der Mitwirkungspflichten durch den Kläger nicht mehr verpflichtet gewesen sei, das verspätete [X.] noch anzunehmen. Zu den Mitwirkungspflichten gehöre insbesondere der zeitgerechte Abschluss der Abtretungsvereinbarung. Dem Kläger sei eine frühere Mitwirkung durch Änderung der Rechnungen und Abschluss eines [X.] auch zumutbar gewesen, denn es habe dem Kläger kein signifikantes Risiko gedroht, weil auch ein bedingter und zukünftiger Anspruch abtretbar sei. Mittlerweile sei die Forderung verjährt.

8

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision. Das [X.] hätte die Abtretung annehmen müssen und den Umsatzsteuerbescheid nicht ändern dürfen, weil es die Abtretung abgelehnt habe. § 27 Abs. 19 UStG enthalte keine zeitlichen Vorgaben für die Erfüllung der Mitwirkungspflichten, so dass das [X.] zu Unrecht angenommen habe, dass er, der Kläger, seine Mitwirkungspflichten verletzt habe, denn der Steuerpflichtige müsse die Möglichkeit haben, von seinen Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch zu machen. Die Dauer des Verfahrens insgesamt könne ihm nicht angelastet werden. Selbst wenn bereits die Verjährung eingetreten gewesen wäre, hätte das [X.] die Abtretung nicht ablehnen dürfen, denn die [X.] sei wegen der Vereinbarung vom 23.04.2015 daran gehindert, die Einrede der Verjährung geltend zu machen.

9

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.] und den Umsatzsteuerbescheid vom 15.12.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.11.2015 aufzuheben.

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist im Ergebnis unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 und 4 [X.]O). Das [X.] hat zwar zu Unrecht angenommen, dass der Änderung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG die Ablehnung eines Abtretungsangebots des bauleistenden Unternehmers durch das [X.] entgegenstehen kann. Das [X.]-Urteil stellt sich aber gleichwohl als zutreffend dar, da es hierauf für die Anwendung von § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG nicht ankommt.

1. Nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG ist die gegen den leistenden Unternehmer wirkende Steuerfestsetzung zu ändern, wenn Unternehmer und Leistungsempfänger davon ausgegangen sind, dass der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b UStG auf eine vor dem 15.02.2014 erbrachte steuerpflichtige Leistung schuldet und sich diese Annahme als unrichtig herausstellt, soweit der Leistungsempfänger die Erstattung der Steuer fordert, die er in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldner zu sein. § 176 der Abgabenordnung ([X.]) steht der Änderung nach Satz 1 nicht entgegen (§ 27 Abs. 19 Satz 2 UStG). Nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG kann das für den leistenden Unternehmer zuständige Finanzamt auf Antrag zulassen, dass der leistende Unternehmer dem Finanzamt den ihm gegen den Leistungsempfänger zustehenden Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer abtritt, wenn die Annahme der Steuerschuld des Leistungsempfängers im Vertrauen auf eine Verwaltungsanweisung beruhte und der leistende Unternehmer bei der Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs mitwirkt. Aus § 27 Abs. 19 Satz 4 UStG ergibt sich, unter welchen Voraussetzungen die Abtretung an Zahlungs statt wirkt.

2. Eine Umsatzsteuerfestsetzung kann nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG gegenüber dem leistenden Unternehmer nur dann geändert werden, wenn ihm ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht (BFH-Urteil vom 23.02.2017 - V R 16, 24/16, [X.], 177, [X.], 760, Leitsatz 1 und Rz 24).

a) Im Gegensatz zum Erfordernis eines abtretbaren [X.] kommt es für die Änderungsbefugnis nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG nicht darauf an, dass auch die Voraussetzungen des § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG vorliegen.

aa) § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG stellt nach seinem Wortlaut nicht auf die in § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG genannten Voraussetzungen ab (vgl. zu diesen BFH-Urteil vom 22.08.2019 - V R 21/18, [X.], 10, [X.], 35).

bb) Der Gesetzesbegründung (BTDrucks 18/1995, [X.]) lässt sich zu einer Einschränkung der Änderungsbefugnis nach Maßgabe des § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG nichts entnehmen.

cc) Derartiges ergibt sich auch nicht aus der vom Senat in seinem Urteil vom 23.02.2017 - V R 16, 24/16 ([X.], 177, [X.], 760, Rz 24) als maßgeblich angesehenen Auslegung nach Normzweck und Sinnzusammenhang. Die vom Senat dabei betonte Auslegung nach dem Gesamtkontext des § 27 Abs. 19 Satz 1 bis 4 (BFH-Urteil vom 23.02.2017 - V R 16, 24/16, [X.], 177, [X.], 760, Rz 41) rechtfertigt zwar das Abstellen auf einen abtretbaren Nachforderungsanspruch als Voraussetzung für die Ausübung der Änderungsbefugnis nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG, nicht aber, dass hierfür zusätzlich die Voraussetzungen des § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG vorliegen müssen. Hiergegen spricht bereits die Eigenständigkeit der in § 27 Abs. 19 Satz 1 und 3 UStG getroffenen Regelungen, die es mangels Bezugnahme in Satz 1 auf Satz 3 nicht zulässt, die Änderungsbefugnis von einer vorherigen Zulassung der Abtretung abhängig zu machen. Im Übrigen genügt es, das Vorliegen eines abtretbaren [X.] als Änderungsvoraussetzung --ohne weitergehende Zulassung der [X.] zu prüfen, um den Leistenden so zu stellen, wie er stünde, wenn der Sachverhalt von vornherein richtig beurteilt worden wäre (BFH-Urteil vom 23.02.2017 - V R 16, 24/16, [X.], 177, [X.], 760, Rz 39). Denn ist --wie im [X.] zu dem Zeitpunkt, zu dem der auf § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG gestützte Änderungsbescheid ergeht, das Bestehen eines abtretbaren [X.] zu bejahen, hat das [X.] für den Fall eines ordnungsgemäßen Abtretungsangebots des bauleistenden Unternehmers dieses auch anzunehmen (BFH-Urteil vom 23.02.2017 - V R 16, 24/16, [X.], 177, [X.], 760, Rz 63).

b) Danach erweisen sich die abtretungsbezogenen Einwendungen des [X.], mit denen er geltend macht, das [X.] habe ermessenswidrig sein Abtretungsangebot abgelehnt, da § 27 Abs. 19 UStG keine zeitlichen Vorgaben für die Erfüllung der Mitwirkungspflichten enthalte und deshalb die Änderung des [X.] 2009 aus Gründen von [X.] und Glauben rechtswidrig gewesen sei, als unbegründet. Denn wie vorstehend ausgeführt, ist es für die Rechtmäßigkeit des Umsatzsteueränderungsbescheides vom 15.12.2014 unerheblich, dass der Kläger zuvor kein Abtretungsangebot abgegeben hatte, welches das [X.] hätte annehmen können oder das Gegenstand einer "Zulassung" im Sinne von § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG hätte sein können. Ebenso ist es unerheblich, dass der Kläger erstmalig am 30.12.2020 dem [X.] ein Abtretungsangebot unterbreitete, welches das [X.] dann abgelehnt hat. Über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung eines Abtretungsangebots, zum Beispiel aufgrund einer vom [X.] angenommenen Verletzung von Mitwirkungs- oder Rechnungserteilungspflichten, ist nicht im Festsetzungsverfahren, sondern in einem gesonderten, auf die Ablehnung des Abtretungsangebots bezogenen Verfahren (vgl. zur Zulassung der Abtretung nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG BFH-Urteil vom 22.08.2019 - V R 21/18, [X.], 10, [X.], 35 und zu einer auf die Annahme des Abtretungsangebots bezogenen allgemeinen Leistungsklage [X.] Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.05.2022 - 2 K 2157/21, E[X.] 2022, 1157) zu entscheiden. Daher ist es für die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheides nicht von Bedeutung, wie weit die auf die Abtretung bezogenen Mitwirkungspflichten des leistenden Bauunternehmers reichen und welche Bedeutung dabei § 215 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zukommt, wonach die Aufrechnung auch mit verjährten Ansprüchen nicht ausgeschlossen ist, wenn diese Ansprüche in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt waren, in dem sie der Hauptforderung erstmals aufrechenbar gegenübergestanden haben (Urteil des [X.] --BGH-- vom 08.11.2011 - XI ZR 341/10, Monatsschrift für Deutsches Recht 2012, 110, Rz 11). Es ist auch nicht anderweitig ersichtlich, weshalb das [X.] im Hinblick auf den Grundsatz von [X.] und Glauben am Erlass des Änderungsbescheides gehindert gewesen sein könnte.

Dementsprechend kommt es nicht auf die Frage einer möglichen Verjährung eines vom Kläger an das [X.] abzutretenden Anspruchs gegen die [X.] an, die im Übrigen frühestens zum Jahresende 2016 eintreten konnte ([X.] vom 10.01.2019 - VII ZR 6/18, Neue Juristische Wochenschrift 2019, 1145, Rz 29; vgl. aber auch Schreiben des [X.] vom 26.07.2017, [X.], 1001, Rz 17). Im Hinblick auf den Umfang der im Festsetzungsverfahren vorzunehmenden Prüfung ist es unerheblich, ob nach der Rechtsauffassung des [X.] sein Anspruch gegen die [X.] im Zeitpunkt seines Abtretungsangebots an das [X.] im Dezember 2020 noch nicht verjährt war, oder ob eine Einrede der Verjährung seiner Meinung nach ausgeschlossen war, weil sich die [X.] gegebenenfalls schuldrechtlich dazu verpflichtet hatte, im Hinblick auf den in der Vereinbarung vom 23.04.2015 genannten zivilrechtlichen Rechtsstreit Abtretungen gegenüber dem [X.] anzuerkennen.

3. Im Streitfall hat das [X.] die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Änderung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG zutreffend bejaht.

a) Der Kläger hat seine Leistungen an die [X.] im Streitjahr 2009 und damit vor dem 15.02.2014 erbracht. Beide sind bei Vertragsabschluss davon ausgegangen, dass die [X.] als Leistungsempfängerin die Steuer nach § 13b UStG schuldete. Diese Annahme hat sich aufgrund des [X.] vom 22.08.2013 - V R 37/10 ([X.], 20, [X.], 128) als unrichtig herausgestellt. Nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O), welche von den Beteiligten nicht mit einer Rüge angegriffen wurden, hat die [X.] die Leistungen des [X.] ihrerseits nicht zur Erbringung einer Bauleistung verwandt. Die [X.] hat schließlich die Erstattung der Steuer gefordert, die sie vorher in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldnerin zu sein.

b) Das [X.] hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der festgesetzten Umsatzsteuer gegen die Leistungsempfängerin zustand.

aa) Das [X.] hat in Übereinstimmung mit der von ihm zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Recht entschieden, dass dem Kläger aufgrund ergänzender Vertragsauslegung ein Nachforderungsanspruch in Höhe der für die Leistungen gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer zustand (vgl. auch BFH-Urteil vom 24.05.2023 - XI R 45/20, [X.], 185, [X.] 2023, 1082, Rz 31).

bb) Weiter ist das [X.] in Bezug auf § 354a HGB zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger [X.] im Sinne von § 1 Abs. 2 HGB war, denn das Unternehmen des [X.] erforderte einen nach Art oder Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb. Außerdem handelte es sich bei den Werkverträgen um beiderseitige Handelsgeschäfte (§ 343, § 344 HGB).

c) Im Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheides am 15.12.2014 war auch noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Denn die Umsatzsteuererklärung 2009 wurde am 27.10.2010 abgegeben, so dass die Festsetzungsverjährung frühestens mit Ablauf des 31.12.2014 eintreten konnte.

4. Dass das [X.] nicht nachgewiesen hat, den Kläger gemäß § 367 Abs. 2 Satz 2 [X.] auf die Verböserung hingewiesen zu haben, führt nicht zur Aufhebung des [X.]-Urteils. Wenn nach dem Prozessbegehren des Steuerpflichtigen eine Zurücknahme des Rechtsmittels nicht in Betracht kommt, er vielmehr --wie der Kläger im [X.] vor dem [X.] materiell-rechtliche Einwendungen gegen die Steuerfestsetzung erhebt und die Herabsetzung der Steuer beantragt, hat das [X.] diesen Verfahrensfehler des [X.] nicht zu beachten, sondern über den weitergehenden Klageantrag zu entscheiden ([X.] vom 14.07.2004 - IX B 102/03, [X.], 1514, unter [X.]; [X.] in Tipke/[X.], § 367 [X.] Rz 32; [X.]/[X.], [X.], 17. Aufl., § 367 Rz 22; Koenig/[X.], Abgabenordnung, 4. Aufl., § 367 Rz 36; [X.] [X.]/[X.], [X.]. [01.10.2023], [X.] § 367 Rz 59). Vorliegend hat der Kläger im zweiten Rechtsgang, anders als noch im ersten Rechtsgang, nicht mehr ausdrücklich wegen des fehlenden Verböserungshinweises hilfsweise die isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung beantragt, sondern sich nur noch gegen die Anwendung des § 27 Abs. 19 UStG insgesamt gewandt und die Aufhebung des [X.] in Gestalt der Einspruchsentscheidung insgesamt beantragt. Sein Vorbringen im Revisionsverfahren zeigt, dass es ihm jedenfalls nunmehr um eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides insgesamt (und nicht nur teilweise) geht und er eine Entscheidung in der Sache begehrt.

5. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

V R 24/21

31.01.2024

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 24. Juni 2021, Az: 2 K 5261/15, Urteil

§ 27 Abs 19 S 1 UStG 2005, § 27 Abs 19 S 3 UStG 2005, § 126 Abs 2 FGO, § 126 Abs 4 FGO, § 367 Abs 2 S 2 AO, § 215 BGB, UStG VZ 2009, UStG VZ 2014, UStG VZ 2020

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 31.01.2024, Az. V R 24/21 (REWIS RS 2024, 2035)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 2035

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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