Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.03.2012, Az. XII ZB 420/11

12. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7971

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Gegenstand

Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes bei Verurteilung zur Auskunftserteilung


Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Familiensenats des [X.] in [X.] vom 5. Juli 2011 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.

[X.]: bis 600 €

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin nimmt - vertreten durch ihre Mutter - den Antragsgegner als ihren Vater im Wege eines Abänderungsstufenantrags auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch. Das [X.] hat den Antragsgegner in erster Stufe verpflichtet, der Antragstellerin in näher bezeichnetem Umfang Auskunft über seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse zu erteilen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Antragsgegners hat das [X.] als unzulässig verworfen, weil der Wert des [X.] den Betrag von 600 € nicht übersteige. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.

II.

2

Die gemäß §§ 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

3

1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des [X.]. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner weder in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Diese Verfahrensgrundrechte verbieten es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2011 - [X.] 127/11 - FamRZ 2011, 1929 mwN).

4

2. Das [X.] hat die Beschwerde zutreffend nach §§ 68 Abs. 2 Satz 2, 61 Abs. 1 FamFG als unzulässig verworfen, weil der Wert des [X.] 600 € nicht übersteigt. Den Wert des [X.] hat das [X.] nicht zu niedrig festgesetzt.

5

a) Das [X.] hat ausgeführt, der Wert des [X.] richte sich nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, der für den Antragsgegner mit der Auskunftserteilung und der Vorlage der Belege verbunden sei. Dieser sei mit einem maximalen Aufwand an Eigenleistung in Wert von vier Stunden á 80 € zu bemessen; der Hinzuziehung eines Steuerberaters bedürfe es dafür nicht. Soweit der Antragsgegner verpflichtet worden sei, Auskunft über sein Vermögen zu erteilen, könne er das Verzeichnis seiner Vermögenswerte selbst erstellen. Für die [X.] über seine Brutto- und Nettoauskünfte brauche der Antragsgegner nur die entsprechenden Unterlagen aus seiner Buchführung herauszusuchen; dasselbe gelte für die Lohnsteuerbescheinigung und den Lohnsteuerbescheid für 2009, die Lohnabrechnungen bis Januar 2010 und die Einkommensteuererklärungen und -bescheide von 2007 bis 2009. Anstelle der Vorlage von Bilanzen sehe der Beschluss ausdrücklich vor, dass ersatzweise Gewinn- und Verlustrechnungen vorgelegt werden könnten. Diese habe die Steuerberaterin bereits erstellt. Auch seine Privatentnahmen und -einlagen könne der Antragsgegner seinen [X.] selbst entnehmen.

6

b) Insofern hat das Beschwerdegericht zutreffend erkannt, dass für die Bemessung des Wertes des [X.] bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend ist, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses ist auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (Senatsbeschlüsse vom 26. Oktober 2011 - [X.] 465/11 - FamRZ 2012, 24 Rn. 16 und vom 23. März 2011 - [X.] 436/10 - FamRZ 2011, 882 Rn. 9 mwN).

7

Dabei kann der dem Beschwerdegericht bei seiner Schätzung eingeräumte Ermessensspielraum im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Gericht die rechtlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (Senatsbeschlüsse vom 26. Oktober 2011 - [X.] 465/11 - FamRZ 2012, 24 Rn. 17; vom 14. Februar 2007  [X.] 150/05 - FamRZ 2007, 711 Rn. 9; vom 3. November 2004  [X.] 165/00 - FamRZ 2005, 104, 105; [X.], 127 = FamRZ 2003, 1267, 1268 und vom 24. Juli 2002 - [X.] 31/02 - FamRZ 2003, 597). Letzteres ist hier nicht der Fall.

8

aa) Das Beschwerdegericht hat im Einzelnen dargelegt, dass die zur Erfüllung der Auskunftspflicht erforderlichen Zusammenstellungen entweder dem Antragsgegner bereits vorliegen oder von ihm mit geringem Aufwand erstellt werden können. Die dagegen von der Rechtsbeschwerde erhobenen [X.] sind unbegründet. Insbesondere bedarf es zur Erfüllung der Auskunft nicht der Hinzuziehung einer Steuerberaterin. Die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können bei der Bemessung des Wertes des [X.] nämlich nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2005 - [X.] 25/05 -FamRZ 2006, 33, 34 und Senatsurteil vom 11. Juli 2001 - [X.]/00 -FamRZ 2002, 666, 667). Davon ist im vorliegenden Fall schon deshalb nicht auszugehen, weil der Antragsgegner sowohl seine steuerlichen Grundaufzeichnungen als auch seine Steuererklärungen und Überschussrechnungen in der Vergangenheit stets selbst, ohne Zuhilfenahme eines Steuerberaters, gefertigt hat.

9

Auch für die im eigenen Wissen des Antragsgegners stehenden Angaben der Aktiva des Betriebsvermögens mit wertbildenden Faktoren sowie der Passiva bedarf es der Zuziehung eines Steuerberaters nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Juli 2002 - [X.] 31/02 - FamRZ 2003, 597 und Senatsurteil vom 19. Oktober 1988 - [X.] - FamRZ 1989, 157, 159).

Der eigene Zeitaufwand des Auskunftspflichtigen ist hingegen mit maximal 17 € pro Stunde zu bewerten ([X.] Beschluss vom 28. September 2011 - [X.]/10 - FamRZ 2012, 299 mwN und Senatsbeschluss vom 16. April 2008 - [X.] 192/06 - [X.], 1336 Rn. 18). Dass danach ein Gesamtaufwand von über 600 € entstünde, ist weder ersichtlich noch dargelegt.

bb) Ebenso ist der weitere Einwand der Rechtsbeschwerde unbegründet, die Verurteilung zur Auskunftserteilung über Einkünfte des Antragsgegners aus nichtselbständiger Tätigkeit nebst Vorlage zugehöriger Belege sei, weil dieser im auskunftspflichtigen Zeitraum keiner abhängigen Beschäftigung nachgegangen sei, auf eine unmögliche Leistung gerichtet, gegen die er sich mit kostenträchtigen Vollstreckungsabwehrmaßnahmen zur Wehr setzen müsse (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Dezember 2008 - [X.] - [X.], 495, 496 mwN). Die ihm insoweit auferlegte Auskunft kann nämlich ohne Weiteres durch die schlichte Angabe erfüllt werden, dass ein Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit in dem fraglichen Zeitraum nicht erzielt worden ist. Korrespondierende Belege über die Höhe der Einnahmen aus dieser Einkunftsart (§ 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB) erübrigen sich damit.

3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO).

Hahne                                       Dose                                                 [X.]

                      [X.]

Meta

XII ZB 420/11

21.03.2012

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 5. Juli 2011, Az: 12 UF 236/10, Beschluss

§ 61 Abs 1 FamFG, § 68 Abs 2 S 2 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.03.2012, Az. XII ZB 420/11 (REWIS RS 2012, 7971)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7971

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