Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.07.2017, Az. XII ZB 66/17

12. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 7801

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Gegenstand

Rechtsmittel gegen die Verpflichtung zur Auskunftserteilung: Bemessung des Wertes der Beschwer; Erforderlichkeit der Kosten für die Hinzuziehung einer sachkundigen Hilfsperson


Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. [X.] des [X.] vom 26. Januar 2017 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.

Wert: bis 500 €

Gründe

I.

1

Die 18jährige, in Ausbildung befindliche und im Haushalt ihrer Mutter lebende Antragstellerin nimmt den Antragsgegner, ihren Vater, auf näher spezifizierte Auskunft über sein Einkommen und Vorlage entsprechender Belege in Anspruch, um die Abänderbarkeit eines am 20. Juni 2011 geschlossenen Unterhaltsvergleichs zu überprüfen. Das Amtsgericht hat den Anträgen stattgegeben. Das [X.] hat die Beschwerde des Antragsgegners verworfen; hiergegen richtet sich seine Rechtsbeschwerde.

II.

2

Die gemäß §§ 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordern, § 574 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO.

3

1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Beschwerde des Antragstellers sei unzulässig, da die [X.] von mehr als 600 € nicht erreicht sei. Abzustellen sei auf den Aufwand an [X.] und Kosten, den die Erteilung der Auskunft und die Erfüllung der Belegpflicht erforderte. Zur Bewertung des [X.]aufwands sei auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde. Gemäß § 20 [X.] sei hier ein Stundensatz von 3,50 € anzusetzen. Dass für das Heraussuchen und Kopieren der Belege und gegebenenfalls Übertragen der Daten aus vorhandenen Belegen in ein zu erstellendes Verzeichnis ein Aufwand von mindestens 172 Stunden erforderlich sei, bei dem erst der [X.]dewert erreicht würde, sei weder ersichtlich noch dargetan. Im Gegenteil habe der Antragsgegner angegeben, er benötige für eine [X.]e Auskunft 20 Stunden. Dass der [X.]aufwand für eine Auskunft über die Einkommensverhältnisse derart viel höher wäre, sei nicht zu erkennen.

4

Bei der Bewertung sei auch nicht auf die Kosten eines Steuerberaters abzustellen, da die Verpflichtung des Antragsgegners gegenüber seiner Tochter persönlicher Natur sei. Das gelte sowohl in Bezug auf Unterlagen, die bereits erstellt seien, als auch für noch zu erstellende Unterlagen. Die Kosten für die Hinzuziehung einer sachkundigen Person könnten nur berücksichtigt werden, wenn der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage sei. Diese Voraussetzung sei nicht nachvollziehbar dargetan, zumal sich die Auskunftsverpflichtung, auch wenn daneben noch eine Belegvorlage geschuldet sei, im Wesentlichen im Zusammenstellen und Vorlegen von Belegen erschöpfe und im Einzelfall durch das Übertragen von Daten aus Belegen in ein Verzeichnis zu erfüllen sei.

5

Es bestehe auch kein werterhöhendes Geheimhaltungsinteresse des Antragsgegners in Bezug darauf, dass er in einem anderen Verfahren von der Mutter der Antragstellerin auf Zugewinnausgleich in Anspruch genommen werde. Denn ihr gegenüber sei der Antragsgegner [X.] zur Auskunftserteilung über seine Vermögensverhältnisse verpflichtet. Die im vorliegenden Verfahren verlangten Auskünfte könnten entweder von der Kindesmutter ohnehin beansprucht werden oder seien für das [X.] irrelevant.

6

2. Diese Ausführungen stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats.

7

a) Zutreffend ist das [X.] davon ausgegangen, dass sich der Wert der Beschwer eines Rechtsmittels gegen die Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht nach dem - mit dem Auskunftsanspruch vorbereiteten - beabsichtigten Leistungsanspruch bemisst, sondern nach dem Interesse des Rechtsmittelführers, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Grundsätzlich ist dafür auf den Aufwand an [X.] und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (vgl. [X.], 85, 87 f.; Senatsbeschlüsse vom 27. Juli 2016 - [X.] 53/16 - FamRZ 2016, 1681 Rn. 6; vom 22. Januar 2014 - [X.] 278/13 - FamRZ 2014, 644 Rn. 6 mwN und vom 14. Februar 2007 - [X.] 150/05 - FamRZ 2007, 711 Rn. 6 mwN).

8

Dabei kann der dem Beschwerdegericht bei der Bemessung der Beschwer eingeräumte Ermessensspielraum im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Beschwerdegericht die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (Senatsbeschluss vom 27. Juli 2016 - [X.] 53/16 - FamRZ 2016, 1681 Rn. 7 mwN).

9

b) Derartige Fehler liegen hier nicht vor.

aa) Zur Bewertung des vom Auskunftspflichtigen aufzuwendenden [X.]aufwands ist nach der Rechtsprechung des [X.] grundsätzlich auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet. Dabei ist regelmäßig davon auszugehen, dass die zur Auskunftserteilung erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden können. Es ist daher rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht den [X.]aufwand des Antragstellers entsprechend den Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes ([X.]) über die Entschädigung von Zeugen bewertet und dabei auf den in § 20 [X.] festgelegten Stundensatz von 3,50 € zurückgegriffen hat. Ebenso ist nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht hinsichtlich des aufzuwendenden [X.]umfangs auf die eigenen Angaben des Antragsgegners zurückgegriffen hat, wonach er „für eine [X.]e Auskunft“ 20 Stunden benötige. Dies durfte so verstanden werden, dass der Antragsgegner einen darüber hinausgehenden Aufwand auch für die hier zu erteilende unterhaltsrechtliche Auskunft nicht behaupten wollte. Daraus ergibt sich ein Eigenaufwand in der Größenordnung von (20 x 3,50 € =) 70 €.

bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist ein den [X.]dewert übersteigender Aufwand auch nicht durch die Hinzuziehung eines Steuerberaters veranlasst. Die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können bei der Bemessung des Wertes des [X.] nämlich nur berücksichtigt werden, wenn und soweit sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (Senatsbeschlüsse vom 16. März 2016 - [X.] 503/15 - FamRZ 2016, 1348 Rn. 10 und vom 28. Oktober 2015 - [X.] 524/14 - FamRZ 2016, 116 Rn. 13).

Das wäre vorliegend nur dann der Fall, wenn der angefochtene Beschluss den Antragsgegner dazu verpflichten würde, als Beleg detaillierte Verzeichnisse über das betriebliche Anlagevermögen und dessen steuerliche Abschreibung vorzulegen, welche erst noch erstellt werden müssten. Selbst wenn der Antragsgegner ein solches Verzeichnis nicht ohne Zuhilfenahme seines Steuerberaters erstellen könnte, beliefen sich die dafür erforderlichen Kosten nach dem vom Antragsgegner vorgelegten Angebot seines Steuerberaters auf lediglich 250 € zuzüglich Umsatzsteuer, insgesamt somit 297,50 €. Zusammengerechnet mit dem eigenen Stundenaufwand des Antragsgegners ergibt sich insoweit eine Beschwer von 367,50 €.

Soweit der angefochtene Beschluss den Antragsgegner weiter verpflichtet, eine Eigenkapitalgliederung der Gesellschaft als Beleg vorzulegen, fehlt es an hinreichender Darlegung, dass es dazu einer weiteren Befassung des Steuerberaters bedarf. Gemäß § 266 Abs. 3 Buchstabe [X.] ist die Gliederung des Eigenkapitals in Kapitalrücklage, Gewinnrücklagen, Gewinn- und Verlustvortrag sowie Jahresüberschuss bzw. -fehlbetrag bereits Gegenstand der aufzustellenden Jahresbilanz, wobei § 272 HGB bestimmt, wie sich die einzelnen Posten des Eigenkapitals zusammensetzen. Da der Jahresabschluss nach Darstellung des Antragsgegners bereits vorliegt, genügt die darin aufgeführte Eigenkapitalgliederung als Erfüllung dieser Belegpflicht.

Der Hinzuziehung eines Steuerberaters bedarf es auch nicht für den dem Antragsgegner weiter aufgegebenen Beleg über die von ihm aus nichtselbständiger Arbeit in der [X.] von August 2015 bis Juli 2016 erhaltenen Spesen und die anderen Sonderleistungen. Ebenso wie ein Arbeitnehmer ist auch der Antragsgegner in der Lage, seine Spesenabrechnungen und die ihm gewährten Sonderleistungen anhand der ihm vorliegenden oder dem Steuerberater übergebenen und von ihm zurückzufordernden Unterlagen selbst zusammenzustellen.

cc) Schließlich hat der Antragsgegner auch ein den [X.] erhöhendes besonderes Geheimhaltungsinteresse nicht dargelegt. Im Übrigen wird auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

Dose     

       

Klinkhammer     

       

Schilling

       

Nedden-Boeger     

       

Guhling     

       

Meta

XII ZB 66/17

19.07.2017

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Düsseldorf, 26. Januar 2017, Az: II-5 UF 231/16, Beschluss

§ 117 Abs 1 S 4 FamFG, § 522 Abs 1 S 4 ZPO, § 574 Abs 1 S 1 Nr 1 ZPO, § 20 JVEG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.07.2017, Az. XII ZB 66/17 (REWIS RS 2017, 7801)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 7801

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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