Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.10.2012, Az. III ZR 285/11

3. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2158

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Gegenstand

Treuhandvermittelte Beteiligung an einer Publikumspersonengesellschaft: Ausschluss von Gegenrechten des Anlegers aus einer Aufklärungspflichtverletzung des Treuhandgesellschafters gegenüber dem Anspruch des Treuhandgesellschafters auf Freistellung von der Inanspruchnahme durch Gesellschaftsgläubiger; Verflechtung von Treuhandgesellschafter und Gesellschaftsgläubiger


Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] vom 18. Februar 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegen den mit ihr durch einen Treuhandvertrag verbundenen Beklagten einen Anspruch auf anteilige Befreiung von [X.] geltend, denen sie als persönlich haftende [X.]erin eines geschlossenen Immobilienfonds ausgesetzt ist.

2

Der Beklagte beteiligte sich mit Erklärung vom 7. Dezember 1994 mit einer Einlage in Höhe von 50.000 [X.] zuzüglich 5 % Agio an der [X.] (im Folgenden: [X.]), deren Gegenstand der Erwerb von Grundstücken in [X.]/[X.],        , zum Zwecke der Bebauung mit Wohngebäuden im geförderten freifinanzierten Wohnungsbau war. Das [X.]skapital der [X.] wurde in § 5 des [X.]svertrags auf 20.000.000 [X.] festgesetzt; ihre Gründungsgesellschafter waren die [X.] - zugleich geschäftsführende [X.]erin - sowie [X.]und [X.]. Der Beklagte machte von der in § 7 Nr. 3 des [X.]svertrags vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, sich über die Klägerin als Treuhandgesellschaft an der [X.] zu beteiligen. In seiner Beitrittserklärung heißt es:

"Die Einlage soll - nach Maßgabe der nachgenannten Bestimmungen - treuhänderisch von der (Klägerin) … für [X.]/uns gehalten werden. Einen Treuhandvertrag entsprechend dem [X.]/uns gemäß Prospekt bekannten Wortlaut schließe(n) ich/wir mit dieser [X.] ab.

Ich/Wir erkenne(n) den [X.]svertrag der ([X.]) und den Treuhandvertrag der (Klägerin) als für [X.]/uns verbindlich an ….

Mir/uns ist bekannt, daß ich/wir über die Verpflichtung zur Leistung der in dieser Beitrittserklärung vereinbarten Zahlungen hinaus, mit meinem/unserem sonstigen Vermögen gegenüber den Gläubigern der [X.] entsprechend meiner/unserer kapitalmäßigen Beteiligung an der [X.](n). …"

3

Die Beitrittserklärung des Beklagten wurde von der [X.], vertreten durch die [X.], und der Klägerin am 21. Dezember 1994 angenommen.

4

Der Treuhandvertrag bestimmt in § 2:

"1. Auch wenn der Treuhänder im eigenen Namen [X.]er wird, gebührt die [X.]seinlage allein dem Treugeber. Die vom Treuhänder für Rechnung und im Interesse des [X.] eingegangenen gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten treffen im Innenverhältnis ausschließlich den Treugeber. …"

5

In § 7 Nr. 3 des [X.]svertrags ist klargestellt, dass die Klägerin die Beteiligung an der [X.] im eigenen Namen für fremde Rechnung als Treuhänder der Treugeber erwerben und halten sowie sämtliche daraus resultierenden Rechte für die Treugeber wahrnehmen wird und dass die gesellschaftsvertraglichen Rechte der [X.]er auch von den [X.] wahrgenommen werden können. Ferner sieht § 8 Nr. 2 vor, dass die [X.]er - mit Ausnahme der geschäftsführenden [X.]erin - im Innenverhältnis für Verbindlichkeiten der [X.] nur [X.] entsprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung haften.

6

Am 19. Dezember 1994 schloss die [X.] zur teilweisen Finanzierung des Bauvorhabens mit der [X.]    - und [X.], deren Rechtsnachfolgerin die [X.]ist    , einen Darlehensvertrag mit einer Festlaufzeit bis zum 31. Dezember 2012 über einen Betrag bis zu 4.750.000 [X.] zu einer Verzinsung von 3,5 % p.a. und einer Tilgungsrate von 2,5 % jeweils ab dem 1. März 1996.

7

Nachdem die Mieteinnahmen der [X.] hinter den prospektierten Erwartungen zurückblieben und sich die wirtschaftliche Situation der [X.] zunehmend verschlechterte, beschloss die [X.] die Veräußerung der Fondsimmobilien. Auf ein entsprechendes Aufforderungsschreiben der [X.]vom 1. Dezember 2008, in dem eine Ablösevereinbarung in Bezug genommen wird, mit der die [X.]   der Veräußerung der Fondsimmobilien zugestimmt habe, bestätigte die [X.] einen offenen Forderungsstand des Darlehens per 30. September 2008 von 2.246.488,69 € ohne Anrechnung der Zahlungen von Anlegern auf ihre persönliche Haftung.

8

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten, sie von ihrer Haftung aus § 128 HGB für Forderungen der - inzwischen insolventen - [X.]auf Rückzahlung eines anteiligen Darlehensbetrages von 5.549,63 € nebst Zinsen freizustellen. Im [X.] ist sie auf einen entsprechenden [X.] übergegangen; insoweit verfolgt sie den [X.] nur noch hilfsweise.

9

Das [X.] hat der Klage entsprochen, während das [X.] sie auf die Berufung des Beklagten vollständig abgewiesen hat. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht lässt offen, ob und in welcher Höhe ein Darlehens-anspruch der [X.]entstanden ist und noch besteht. Es lässt auch dahingestellt, ob eine Inanspruchnahme der Fondsanleger im Ergebnis ausscheidet, weil der Zugriff der [X.]nach den getroffenen Absprachen auf die freie Liquidität der [X.] habe beschränkt werden sollen.

Das Berufungsgericht hält die Klage jedenfalls deshalb für unbegründet, weil einem etwaigen Freistellungsanspruch der Klägerin ein auf Befreiung von dieser Verbindlichkeit gerichteter Schadensersatzanspruch des Beklagten entgegenstehe; denn der Klägerin, die im Hinblick auf die Identität der handelnden Personen denselben Kenntnisstand wie die Fondsinitiatoren gehabt habe, sei eine schuldhafte [X.] zuzurechnen. Die Klägerin habe als Treuhandgesellschafterin die vorvertragliche Pflicht getroffen, den Treugeber im Rahmen der Vertragsanbahnung über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung seien; sie hafte insbesondere für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Prospektangaben. [X.] sei namentlich der Umstand gewesen, dass 25 % des eingesammelten Kapitals für die Bezahlung von Vermittlungsprovisionen bestimmt gewesen seien. Dieser - die Rentabilität der Anlage in Frage stellende - Umstand sei aus dem Prospekt nicht hinreichend deutlich hervorgegangen. Auch die Prospektangaben zu den Umständen des Grundstückserwerbs, vor allem der Kalkulation des [X.], seien unzureichend. Der Beklagte sei mittels des nicht verjährten Schadensersatzanspruchs so zu stellen, als hätte er sich gegen die Fondsbeteiligung entschieden. Da er in diesem Fall dem Freistellungsanspruch nicht ausgesetzt wäre, könne dieser im Ergebnis nicht durchgesetzt werden. Dem stünden beachtenswerte Interessen der Darlehensgeberin nicht entgegen. Bestehe ein Gesellschaftsgläubiger bei der hier gewählten Treuhandkonstruktion nicht darauf, dass sich der Treugeber ihm gegenüber unmittelbar verpflichte, müsse er das Risiko tragen, dass der Freistellungsanspruch des [X.] wegen Einwendungen der Treugeber nicht werthaltig sei. Da der Schadensersatzanspruch des Beklagten auch einem Zahlungsanspruch der Klägerin entgegenstehe, bedürfe es keiner Entscheidung, ob die Umstellung ihres Begehrens als eine nach § 264 Nr. 3 ZPO zulässige Klageänderung anzusehen sei.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Da das Berufungsgericht keine näheren Feststellungen dazu getroffen hat, ob und in welcher Höhe der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf Freistellung von der Darlehensverbindlichkeit gegenüber der [X.]zusteht, ist revisionsrechtlich davon auszugehen, dass ein solcher Anspruch besteht.

2. Die Revision beanstandet zu Recht die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte könne dem Freistellungsanspruch entgegenhalten, die Klägerin habe eine [X.] begangen und sich damit dem Treugeber gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht. Denn dem Beklagten ist - wie sich aus den nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Grundsatzentscheidungen des [X.] des [X.] vom 22. März 2011 und vom 24. Juli 2012 ergibt - ein entsprechender Einwand, der sich zu Lasten der [X.]   als Gesellschaftsgläubigerin auswirken würde, versagt.

a) Wie der II. Zivilsenat für einen an den Insolvenzverwalter abgetretenen Freistellungsanspruch eines Treuhandkommanditisten, der nach §§ 128, 161 Abs. 2, § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 HGB auf Einzahlung seiner Einlage in Anspruch genommen wird, entschieden hat, kann in einer [X.] mit einer dem vorliegenden Fall vergleichbaren Verzahnung von Gesellschafts- und Treuhandvertrag der Treugeber gegen den abgetretenen Anspruch nicht mit Schadensersatzansprüchen aus Prospekthaftung gegen den [X.] ([X.], [X.], 45 Rn. 27; vgl. auch Beschluss vom 18. Oktober 2011 - [X.], juris Rn. 11 f).

b) Diese Grundsätze hat der II. Zivilsenat mit dem ebenfalls zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehenen Urteil vom 24. Juli 2012 ([X.], [X.], 1664) auf [X.]en in der Rechtsform einer offenen Handelsgesellschaft übertragen. Dem schließt sich der Senat an (näher dazu Senatsurteil vom heutigen Tage in der Sache [X.]/11).

c) Die vorstehenden Überlegungen führen nicht nur zu einem Ausschluss einer Aufrechnung, sondern eines jeden Gegenrechts - sei es eines Zurückbehaltungsrechts oder einer "dolo-agit-Einrede" -, das auf Einwendungen gegen den Treuhandgesellschafter gestützt wird. Das gilt auch in Bezug auf die [X.] hinsichtlich des von der [X.]gewährten Darlehens (vgl. dazu Senatsurteil vom heutigen Tage in der Sache [X.]/11).

d) Danach kann offen bleiben, ob dem Beklagten gegen die Klägerin Schadensersatzansprüche wegen Prospektfehlern oder der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten zustehen.

III.

Eine abschließende Entscheidung des Senats in der Sache ist nicht möglich, da das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zum Stand des Darlehens getroffen hat. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Dabei nimmt der Senat, was die Rechtsverfolgung des [X.] angeht, auf seine Urteile vom 18. Oktober 2012 in den beiden bereits genannten Verfahren Bezug, die in den wesentlichen Vertragsbestimmungen übereinstimmend ausgestaltete Immobilienfonds betrafen ([X.]/11 und [X.]/11, jeweils zur Veröffentlichung vorgesehen).

Schlick                                    Wöstmann                                    Hucke

                      Seiters                                            [X.]

Meta

III ZR 285/11

18.10.2012

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Hamm, 18. Februar 2011, Az: 12 U 33/10, Urteil

§ 242 BGB, § 387 BGB, § 670 BGB, § 675 Abs 1 BGB, § 128 HGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.10.2012, Az. III ZR 285/11 (REWIS RS 2012, 2158)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2158

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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