Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.11.2000, Az. AnwZ (B) 3/00

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2000, 635

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[X.] ([X.]) 3/00vom6. November 2000in dem Verfahrenwegen Antrags auf gerichtliche Entscheidunggemäß § 223 [X.]RAO- 2 -Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch die VorsitzendeRichterin am [X.]undesgerichtshof [X.], [X.], [X.] und die Rechtsanwältin Dr. [X.] auf die mündliche [X.]:Auf die sofortige [X.]eschwerde der Antragsgegnerin wird der [X.]e-schluß des II. Senats des [X.]s [X.]aden-Württem-berg vom 20. November 1999 aufgehoben.Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird als unzulässig [X.], soweit die Antragsteller eine Feststellung begehren; imübrigen wird er zurückgewiesen.Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen [X.] Antragsgegnerin die ihr entstandenen notwendigen außerge-richtlichen Auslagen zu erstatten.Der Gegenstandswert wird auf 85.543,60 DM (84.543,60 DM zu-züglich 1.000 DM für die Feststellung) [X.]:[X.] Antragsteller sind die drei Mitglieder einer Anwaltssozietät in [X.] Seitdem 1. Oktober 1999 ist Rechtsanwalt [X.] als angestellter Rechtsanwalt beiden Antragstellern tätig. Er wird in deren [X.]riefkopf namentlich genannt.[X.]is zum 30. September 1999 war Rechtsanwalt [X.] bei der ebenfallsin [X.] ansässigen Anwaltssozietät Dr. W., [X.], Dr. M. (im folgenden: [X.]) angestellt. Auch dort wurde er im [X.]riefkopf erwähnt.Anläßlich des [X.]s von Rechtsanwalt [X.] empfahl die frü-here Sozietät den Antragstellern, diejenigen Mandate niederzulegen, bei denendie Gegenseite von der früheren Sozietät vertreten wird. Dies trifft auf neunMandate der Antragsteller zu. Deren Gebühreninteresse aus diesen Mandatenbeläuft sich auf 84.543,60 DM. In allen neun Fällen war Rechtsanwalt [X.] inder früheren Sozietät nicht anwaltlich tätig gewesen. In der Kanzlei der [X.] ist sichergestellt, daß er mit den betreffenden Mandaten nicht befaßtwird.Diesen Sachverhalt trugen die Antragsteller der Antragsgegnerin [X.] baten um eine Stellungnahme. Mit Schreiben vom 17. September 1999machte sich die [X.]eschwerdeabteilung der Antragsgegnerin die Auffassung [X.] Dr. W. und Kollegen zu eigen und verwies auf § 3 Abs. 2 und 3 [X.].- 4 -Der Gesamtvorstand der Antragsgegnerin bestätigte diesen Standpunkt [X.] vom 8. Oktober 1999. Dieses ging den Antragstellern am 13. Okto-ber 1999 zu.Mit Antrag vom selben Tage, beim [X.] eingegangen [X.] Oktober 1999, haben die Antragsteller um gerichtliche Entscheidung [X.] und beantragt, die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 17. [X.]/8. Oktober 1999 aufzuheben und festzustellen, daß die Antragstellernicht verpflichtet sind, Mandate, bei denen die Kanzlei Dr. W. und Kollegen [X.] ist, zu beenden, soweit Rechtsanwalt [X.] nicht selbst mit [X.] befaßt war.Durch [X.]eschluß vom 20. November 1999 hat der [X.]antragsgemäß entschieden und die sofortige [X.]eschwerde zugelassen. Der [X.]e-schluß ist der Antragsgegnerin am 8. Dezember 1999 zugestellt worden. [X.] am 14. Dezember 1999 sofortige [X.]eschwerde erhoben.[X.] Rechtsmittel ist zulässig (§ 223 Abs. 3 Satz 1 [X.]RAO); es hat auch inder Sache Erfolg.1. Der Feststellungsantrag ist unzulässig. Der Inhalt des nach § 223Abs. 1 [X.]RAO zu stellenden Antrags bestimmt sich gemäß § 223 Abs. 4 [X.]RAOnach den §§ 39 bis 41 [X.]RAO (Feuerich/[X.], [X.]RAO 5. Aufl. § 223 Rdnr. [X.] sind im Verfahren der Anwaltsgerichtsbarkeit grundsätz-- 5 -lich unzulässig (vgl. [X.]GH, [X.]eschl. v. 11. Dezember 1995 - [X.] ([X.]) 7/95,[X.]RAK-Mitt. 1996, 80, 81; v. 24. November 1997 - [X.] ([X.]) 38/97, [X.]RAK-Mitt.1998, 40). Ausnahmsweise ist dafür ein Rechtsschutzbedürfnis anzuerkennen,wenn der Antragsteller sonst in seinen Rechten beeinträchtigt wäre, insbeson-dere die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG leer liefe, und die begehrteFeststellung eine Rechtsfrage allgemein klären hilft ([X.]GH, [X.]eschl. v. 11. Juli1994 - [X.] ([X.]) 4/94, NJW 1995, 2105; v. 24. November 1997 [X.] vorliegenden Fall wird den Antragstellern der erforderliche Rechts-schutz bereits dadurch zuteil, daß über den angefochtenen [X.]escheid der An-tragsgegnerin entschieden wird. Da die Rechtsbeziehungen zwischen [X.] dadurch erschöpfend geregelt werden, besteht für die zusätzlich [X.] Feststellung kein [X.]edürfnis.2. Der Aufhebungsantrag ist unbegründet.Die Verpflichtung der Antragsteller, solche Mandate niederzulegen, beidenen der neue Kollege früher auf der Gegenseite stand, ergibt sich aus § 43 aAbs. 4 [X.]RAO. In diesem Sinne ist auch § 3 Abs. 2 und 3 [X.] auszulegen(vgl. [X.] in: [X.], [X.]RAO § 43 a Rdnr. 134; a.[X.], aaO § 3 [X.] Rdnr. 5; [X.]/[X.], Anwaltliche [X.]erufsordnung § 3[X.] Rdnr. 63, 70).Nach § 43 a Abs. 4 [X.]RAO, der auf das [X.] des [X.]e-rufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 2. September 1994([X.]G[X.]l. I 2278) zurückgeht, darf der Rechtsanwalt "keine widerstreitenden In-teressen vertreten". Das ist aber der Fall, wenn er zunächst die eine Partei- 6 -vertritt und später, nach einem Sozietätswechsel, deren Gegner. Ein Rechts-anwalt einer Sozietät, der ein ihm angetragenes Mandat annimmt, handelt re-gelmäßig namens der Sozietät ([X.]GHZ 56, 355, 359). Dies hat zur Folge, daßder Mandant von allen Sozietätsmitgliedern vertreten wird. Unerheblich ist [X.], ob der die Sozietät wechselnde Rechtsanwalt in der früheren Kanzlei [X.] persönlich bearbeitet hat und ob er in seiner jetzigen Kanzlei das [X.] persönlich bearbeitet. "Vertretung" im Sinne des § 43 a Abs. 4[X.]RAO ist in weitestem Sinne zu verstehen; sie setzt ein "[X.]earbeiten" nicht [X.]. Wer eine Sache durch einen [X.] bearbeiten läßt, hat dem Mandantendadurch gedient und kann einer anderen Partei in derselben Rechtssache nichtmehr dienen, und sei es in der Form, daß er deren Mandat wiederum durcheinen [X.] bearbeiten läßt.Allerdings war [X.] im vorliegenden Fall nur sogenannter Außensozius.Da er jedoch auf den [X.]riefbögen beider Kanzleien als Mitglied der Sozietät [X.] getreten ist, wurde er jeweils in die Mandatsverhältnisse einbezo-gen (vgl [X.]GHZ 70, 247, 249; 124, 47, 51) und haftet deshalb den [X.] in gleicher Weise wie die Mitglieder der jeweiligen Sozietät (Sieg, in: [X.], Anwaltshaftung 2000 Rdnr. 369). Auch in Ansehung des Schutzzwecksdes § 43 a Abs. 4 [X.]RAO steht er einem [X.] gleich. Für die Mandanten derfrüheren Sozietät erweckt sein [X.] den Eindruck, er, der früher [X.] gewesen sei, sei nunmehr, weil er den Gegner vertrete, gegen sie. [X.] der neuen Kanzlei können umgekehrt der Meinung sein, ihm sei zumißtrauen, weil er "von der Gegenseite" komme.Demgemäß war die Erstreckung eines für einen Rechtsanwalt geltendenTätigkeitsverbots auf alle Sozien seit jeher anerkannt (vgl. [X.], in: [X.] 7 -berg/Hummel/[X.]/[X.], Kommentar zu den Grundsätzen anwaltlichen Standes-rechts, 2. Aufl. 1988, § 46 [X.] Rdnr. 21, 23; zum jetzigen Recht vgl. [X.]/[X.], aaO § 45 [X.]RAO Rdnr. 34). Daß der Gesetzgeber im Jahre 1994das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten, enger verstanden hat, läßtsich den Materialien zu § 43 a [X.]RAO nicht entnehmen.Diese Ansicht steht schließlich auch im Einklang mit dem Grundrecht der[X.]erufsfreiheit (Art. 12 GG). Zwar wird die Möglichkeit eines [X.]sdadurch erschwert. Indes hat der Schutz des Vertrauens des Mandanten in [X.] ihres Rechtsanwalts und somit in die Integrität der [X.] (vgl. dazu [X.]T-Drucks. 12/4994, S. 27).DeppertFischerGanter OttenSaldittSchott [X.]

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AnwZ (B) 3/00

06.11.2000

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.11.2000, Az. AnwZ (B) 3/00 (REWIS RS 2000, 635)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 635

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