Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18.03.2010, Az. IX B 227/09

9. Senat | REWIS RS 2010, 8296

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Halbabzugsverbot bei Ablösungsverlust


Leitsatz

Es ist geklärt, dass Erwerbsaufwand im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG nicht nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nur begrenzt abziehbar ist, wenn dem Steuerpflichtigen keinerlei durch seine Beteiligung vermittelten Einnahmen zugehen (gegen BMF-Schreiben --Nichtanwendungserlass-- vom 15. Februar 2010, DStR 2010, 331) .

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.

2

1. Die Rechtsfrage, ob bei tatsächlich fehlenden Einnahmen i.S. des § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr (2004) maßgebenden Fassung (EStG) das Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG anwendbar ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der [X.]sordnung --[X.]O--), weil sie geklärt ist.

3

a) Der [X.] ([X.]) hat in seiner Entscheidung vom 25. Juni 2009 [X.]/08 ([X.]E 225, 445, [X.], 220) erkannt, dass der Abzug von [X.] (z.B. [X.], Anschaffungskosten oder Veräußerungskosten) im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG jedenfalls dann nicht nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG begrenzt ist, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen hat. Der [X.] hat diese Rechtsprechung mit Urteil vom 14. Juli 2009 IX R 8/09 ([X.]/NV 2010, 399) bestätigt.

4

b) Die in der Beschwerdebegründung des Beklagten und Beschwerdeführers (Finanzamt --[X.]--) vorgebrachten Gründe sind bereits vom [X.] berücksichtigt worden und rechtfertigen es nicht, sich erneut mit der Sache in einem Fall zu befassen, in dem das [X.] ([X.]) für den [X.] nach § 118 Abs. 2 [X.]O bindend festgestellt hat, dass der Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) aufgrund ihrer Beteiligung keine Einnahmen zugegangen sind (vgl. zur grundsätzlichen Bedeutung im Zusammenhang mit [X.] auch [X.]-Beschluss vom 8. November 2007 [X.], [X.]E 220, 1, [X.], 380).

5

aa) Wenn das [X.] auf § 3 Nr. 40 Buchst. c Satz 2 EStG i.V.m. § 17 Abs. 4 EStG verweist und daraus schließt, das Halbeinkünfteverfahren sei auch in Verlustfällen anwendbar (so auch das [X.] --[X.]--, Schreiben vom 15. Februar 2010 [X.], [X.], [X.] Steuerrecht --DStR-- 2010, 331), so steht diese Aussage nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des [X.] wie auch der Vorinstanz und geht als Argument ins Leere.

6

Denn um Verluste gemäß § 17 Abs. 2, Abs. 4 EStG geht es in dieser Rechtsprechung zunächst nicht. Vielmehr kommt es nach § 3c Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz EStG korrespondierend mit § 3 Nr. 40 Buchst. c Satz 2 EStG allein darauf an, ob Einnahmen anfallen. So stellt das Gesetz in § 3 Nr. 40 Buchst. c Satz 2 i.V.m. Satz 1 EStG die Hälfte des gemeinen Werts (der nach § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG als Veräußerungspreis und damit als Einnahme anzusehen ist) und nicht etwa den Gewinn (wie in § 8b Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes) steuerfrei und zieht umgekehrt in § 3c Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz EStG die damit (also mit den Einnahmen) in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden --im Einzelnen aufgeführten-- Aufwendungen (z.B. Anschaffungskosten) folgerichtig ebenfalls nur zur Hälfte ab (siehe dazu grundlegend [X.]-Urteil vom 27. Oktober 2005 [X.], [X.]E 211, 273, [X.], 171).

7

Diese Situation ist auch gegeben, wenn ein Veräußerungspreis gezahlt wird oder --im Falle des § 17 Abs. 4 EStG-- ein gemeiner Wert anzusetzen ist, die damit wirtschaftlich zusammenhängenden Aufwendungen die Einnahmen indes überschreiten und es zu einem Verlust kommt. Darüber hat der [X.] bezogen auf § 3c Abs. 2 EStG noch nicht entschieden. Er hat sich nur zu Fallkonstellationen geäußert, in denen keinerlei Einnahmen angefallen waren (zur Diskussion im Schrifttum vgl. v. [X.] in [X.], EStG, § 3c Rz [X.] und [X.], m.w.N; Desens in [X.]/[X.]/[X.], § 3c EStG Rz 54; [X.]/[X.], § 3c EStG Rz 55).

8

bb) Die gleichen Erwägungen gelten letztlich auch für das weitere Argument, welches das [X.] ebenso wie das [X.] (a.a.[X.]) anführt. Wenn nach den Grundwertungen des Halbeinkünfteverfahrens Gewinne und Verluste gleich behandelt werden sollen, so ändert das nichts daran, dass das Gesetz in § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG zunächst einen wirtschaftlichen Zusammenhang der dort aufgeführten Aufwendungen mit nach § 3 Nr. 40 EStG zum Teil steuerfreien Einnahmen fordert. Zwar ist unerheblich, in welchem Veranlagungszeitraum sie anfallen (§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG). Sie müssen aber --wie das Gesetz explizit [X.]"anfallen". Deshalb verlässt die Beschwerdebegründung, nach der es nicht entscheidend sein könne, ob Einnahmen letztlich tatsächlich angefallen sind, den gesetzlichen Rahmen, wie er sich aus dem Wortlaut des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG, der Entwurfsbegründung (vgl. BTDrucks 14/2683, [X.] zu [X.]) und dem Zweck des Halbabzugsverbots, eine Doppelbegünstigung auszuschließen ([X.]-Urteil in [X.]E 225, 445, [X.], 220, unter [X.]), ergibt.

9

Der dem objektiven Tatbestand der Steuernorm zuordenbare wirtschaftliche Zusammenhang hat entgegen der Auffassung des [X.] nichts mit der Einkünfteerzielungsabsicht des Steuerpflichtigen zu tun, die gegeben sein kann, auch wenn letztlich keine Einnahmen anfallen (vgl. [X.]-Urteil vom 25. Juni 2009 [X.], [X.]E 226, 216, [X.], 124).

cc) Wenn es [X.] und [X.] (a.a.[X.]) in diesem Kontext für unerheblich ansehen, ob auf der   Ertragsebene   aus der Beteiligung Einnahmen (Gewinnausschüttungen) zugeflossen sind und damit implizit nur auf "Gewinne oder Verluste" auf der Vermögensebene abstellen wollen, so entspricht diese Aussage nicht der gesetzgeberischen Prämisse des Halbeinkünfteverfahrens, in typisierender Betrachtung Veräußerungsgewinn und Gewinnausschüttung gleich zu stellen (grundlegend [X.]-Urteil vom 19. Juni 2007 [X.], [X.]E 218, 251, [X.], 551). Der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Körperschaft --auch bei Veräußerungen durch eine natürliche Person-- wird wie eine Gewinnausschüttung besteuert, weil "die Veräußerung einer Beteiligung einer Totalausschüttung wirtschaftlich gleichkommt" (BTDrucks 14/2683, [X.]). Eine Trennung von Vermögens- und Ertragsebene, wie sie dem [X.] (a.a.[X.]) vorschwebt und die zur Folge hätte, nur Einnahmen auf der Vermögensebene (also Veräußerungspreis, gemeiner Wert, [X.] spricht demgegenüber immer von Gewinnen und Verlusten, siehe dazu oben unter aa) einzubeziehen, wäre nicht folgerichtig und dürfte deshalb auch bei der Interpretation des Begriffs der "Einnahmen" in § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht angezeigt sein.

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2, 2. Halbsatz [X.]O ab.

Meta

IX B 227/09

18.03.2010

Bundesfinanzhof 9. Senat

Beschluss

vorgehend FG Düsseldorf, 12. November 2009, Az: 12 K 961/06 F, Urteil

§ 3 Nr 40 EStG 2002, § 3c Abs 2 S 1 EStG 2002, § 17 Abs 1 EStG 2002, § 17 Abs 4 EStG 2002, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18.03.2010, Az. IX B 227/09 (REWIS RS 2010, 8296)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8296

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX R 1/11 (Bundesfinanzhof)

Anwendung des Halbabzugsverbots bei Einbringung im Verlustfall


IX R 61/10 (Bundesfinanzhof)

Keine Anwendung des Halbabzugsverbots bei lediglich symbolischem Kaufpreis - Halbabzugsverbot bei geringen Veräußerungseinnahmen - Entgeltliche …


IX R 40/10 (Bundesfinanzhof)

Anwendung des Halbabzugsverbots im Verlustfall


IX R 49/10 (Bundesfinanzhof)

Keine Anwendung des Halbabzugsverbots wegen Veräußerung wertloser Anteile in der Liquidation für 1 € - …


IX R 31/10 (Bundesfinanzhof)

Keine Anwendung des Halbabzugsverbots wegen symbolischem Kaufpreis


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.