Bundessozialgericht, Beschluss vom 12.03.2019, Az. B 13 R 329/17 B

13. Senat | REWIS RS 2019, 9518

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Gegenstand

(Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung - Ablehnung einer unbefristeten Rente - Gewährung einer befristeten Rente - erneute Ablehnung nach einem weiteren Antrag im Klage- oder Berufungsverfahren - ersetzende Neuregelung iS von § 96 Abs 1 SGG)


Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 21. September 2017 hinsichtlich der [X.] ab dem 1. Dezember 2019 aufgehoben und die Sache insofern zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unzulässig verworfen.

Gründe

1

I. Mit Urteil vom 21.9.2017 hat das [X.] ohne mündliche Verhandlung die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des [X.] vom [X.], der einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30.11.2016 hinaus auf Dauer abgelehnt hatte, abgewiesen. Die Klage sei mit Erlass des weiteren Bescheides vom [X.], mit dem die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung wiederum auf [X.] bis [X.] verfügt habe, unzulässig geworden. Dieser Bescheid sei nicht gemäß § 96 [X.]G Gegenstand des Verfahrens geworden, weil er die zuvor ausgesprochene, zeitlich befristete Entscheidung über eine [X.]rentengewährung weder ganz noch teilweise aufgehoben und durch eine neue Regelung ersetzt, sondern vielmehr - bezogen auf einen späteren [X.]punkt - bestätigt habe. Eine Änderung oder Ersetzung folge auch nicht daraus, dass auch der Bescheid vom [X.] die Gewährung einer Dauerrente abgelehnt habe. Eine analoge Anwendung von § 96 [X.]G komme seit der Neufassung der Vorschrift zum 1.1.2008 nicht mehr in Betracht. Die [X.] für die [X.] vom 1.12.2016 bis [X.] habe jedoch dazu geführt, dass die Klägerin nicht mehr behaupten könne, durch die Ablehnung für die [X.] nach dem 30.11.2016 beschwert zu sein. Der entsprechende Verfügungssatz im Bescheid vom [X.] habe sich mit der [X.] bis [X.] erledigt und entfalte keine Rechtswirkungen mehr. Im Ergebnis habe das [X.] die Klage zu Recht abgewiesen.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim B[X.] eingelegt. Sie beruft sich auf Verfahrensfehler (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 [X.] [X.]G). Angesichts ihres auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer gerichteten Begehrens habe das L[X.] den Streitgegenstand verkannt, den Bescheid vom [X.] zu Unrecht nicht in das Verfahren einbezogen und hierdurch die Rechtsweggarantie des Art 19 Abs 4 [X.] GG verletzt.

3

II. 1. Die Beschwerde der Klägerin ist, soweit es die [X.] ab 1.12.2019 betrifft, (noch) zulässig und wegen eines Verfahrensfehlers iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G begründet.

4

Das Begehren der Klägerin (§ 123 [X.]G) ist, wovon das angegriffene Urteil zutreffend ausgeht, auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 30.11.2016 hinaus auf Dauer gerichtet. Durch die im Bescheid vom [X.] erfolgte [X.] für die [X.] vom 1.12.2016 bis [X.] ist das Rechtsschutzbedürfnis insofern entfallen. Die gerügte Nichteinbeziehung des weiteren Verwaltungsakts dieses Bescheids über die Ablehnung einer Rente wegen Erwerbsminderung für die [X.] ab dem 1.12.2019 führt zu einer potenziell ergebnisrelevanten Verkennung des Streitgegenstandes.

5

Die Beklagte hat mit dem Bescheid vom [X.] Verwaltungsakte erlassen über die befristete (Weiter-)Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung für die [X.] bis 30.11.2016 und die Ablehnung einer über diesen [X.]punkt hinausgehenden zeitlich nicht beschränkten Rente (vgl zu den [X.] einer [X.]rentenbewilligung B[X.] Urteil vom 24.10.1996 - 4 RA 31/96 - [X.]-2600 § 300 [X.] 8; B[X.] Beschluss vom 17.8.2017 - B 5 R 248/16 B - Juris Rd[X.] 5 f).

6

Die Klägerin hat sich mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 [X.] Regelung 1 [X.]G) ursprünglich nur gegen den sie allein belastenden zweiten Verwaltungsakt - Ablehnung einer Rentengewährung über den 30.11.2016 hinaus auf Dauer - gewandt und nach ihren ausdrücklichen Anträgen im Wege der hiermit kombinierten Leistungsklage (§ 54 Abs 5 [X.]G) die Zuerkennung einer Dauerrente begehrt. Für dieses Leistungsbegehren ist das Rechtsschutzbedürfnis entgegen der Auffassung des L[X.] nicht etwa mit dem weiteren Bescheid vom [X.] vollständig entfallen, denn der Anspruch auf "[X.]rente" wegen voller Erwerbsminderung ist kein "eigenständiger Anspruch", weshalb sich beide Ansprüche nicht gegenseitig ausschließen (vgl B[X.] Beschluss vom 17.8.2017 - B 5 R 248/16 B - Juris Rd[X.] 7).

7

Das Leistungsbegehren der Klägerin scheitert auch nicht daran, dass sich die ursprüngliche Rentenablehnung im Bescheid vom [X.] während des Verfahrens erledigt hat.

8

Wird während des Klage- oder Berufungsverfahrens auf einen weiteren Antrag Rente wegen voller Erwerbsminderung erneut abgelehnt oder - wie hier - für einen Teil des streitigen [X.]raums bewilligt und im Übrigen weiter abgelehnt, liegen damit iS von § 96 Abs 1 [X.]G die bisherige Ablehnung ersetzende Neuregelungen vor, über die entgegen der Auffassung des L[X.] in unmittelbarer Anwendung der Norm zu entscheiden ist (vgl B[X.] Beschluss vom 17.8.2017 - B 5 R 248/16 B - Juris Rd[X.] 9). Die erneute Ablehnung einer Rentengewährung auf Dauer bei gleichzeitiger befristeter Weitergewährung betrifft einen Teil des bereits streitigen [X.]raums und nicht etwa einen nachfolgenden [X.]raum, der wegen eines notwendigen Wechsels der Tatsachengrundlage prozessual gesondert zu betrachten wäre (vgl B[X.] Beschluss vom 17.8.2017 - B 5 R 248/16 B - Juris Rd[X.] 11). Gegen den unverändert gebliebenen Teil des nach Ergehen des Bescheides vom [X.] lediglich um drei Jahre verkürzten Ablehnungszeitraums konnte sich die Klägerin seither zulässig nur noch durch den Angriff auf die hierzu in diesem Bescheid verlautbarte Regelung - und folglich nicht mehr auf die erledigte Ablehnung im Bescheid vom [X.] - wenden. Allein hierüber hatte das L[X.] (§ 157 [X.] [X.]G) dann noch in der Sache zu entscheiden.

9

Das L[X.] hat nach alledem zu Unrecht nicht über die weitere Rentenablehnung im Bescheid vom [X.] entschieden. Die fehlende Berücksichtigung dieses Verwaltungsakts im angegriffenen Urteil des L[X.] ist jedenfalls hinsichtlich der [X.] ab dem 1.12.2019 potenziell ergebnisrelevant. Das L[X.] hat - auf Grundlage seiner Rechtsauffassung konsequent - alle Tatsachen unberücksichtigt gelassen, auf denen die (nur) befristete [X.] der Rente der Klägerin durch die Beklagte beruht.

Aus diesem Grunde fehlen die notwendigen Tatsachenfeststellungen des L[X.], auf deren Grundlage der Senat im angestrebten Revisionsverfahren abschließend über das Begehren der Klägerin entscheiden könnte. Zur Vermeidung zeitlicher Verzögerungen macht der Senat daher von § 160a Abs 5 [X.]G Gebrauch und verweist den Rechtsstreit insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück an das [X.].

2. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und deshalb zu verwerfen, soweit es den [X.]raum bis [X.] betrifft. Insoweit hat die Klägerin in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 [X.] [X.]G keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt.

Offenbleiben kann, ob die Beschwerdebegründung vom 22.12.2017, soweit es die [X.] bis [X.] betrifft, den Ansprüchen an ein Mindestmaß an Klarheit und Verständlichkeit genügt (vgl B[X.] Beschluss vom 3.11.2010 - B 6 [X.]/10 B - Juris Rd[X.] 7 mwN). Jedenfalls ist durch die [X.] für die [X.] vom 1.12.2016 bis [X.] das Rechtsschutzbedürfnis für das Begehren der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 30.11.2016 hinaus auf Dauer für den genannten [X.]raum entfallen. Die Nichtzulassungsbeschwerde geht - anders als nach § 160a Abs 2 [X.] [X.]G erforderlich - nicht darauf ein, dass dies unabhängig davon gilt, ob man der von ihr vertretenen Auffassung zur Anwendung von § 96 [X.]G folgt und das Vorliegen eines entsprechenden Verfahrensfehlers daher hinsichtlich des genannten [X.]raums keinesfalls zu einem ihr günstigeren Ergebnis führen könnte.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.]G).

3. [X.] bleibt der abschließenden Entscheidung des L[X.] vorbehalten.

Meta

B 13 R 329/17 B

12.03.2019

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Freiburg (Breisgau), 3. August 2016, Az: S 12 R 2439/14, Gerichtsbescheid

§ 43 Abs 2 SGB 6, § 54 Abs 1 S 1 SGG, § 54 Abs 5 SGG, § 96 Abs 1 SGG, § 123 SGG, § 157 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 5 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 12.03.2019, Az. B 13 R 329/17 B (REWIS RS 2019, 9518)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 9518

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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