Bundessozialgericht, Beschluss vom 05.04.2022, Az. B 2 U 33/21 C

2. Senat | REWIS RS 2022, 357

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Anhörungsrüge gem § 178a SGG - Darlegung einer möglichen Verletzung des rechtlichen Gehörs - kurzer Umfang der getroffenen Verwerfungsentscheidung - kein Begründungszwang für letztinstanzliche gerichtliche Entscheidungen - keine Übertragung der BVerfG-Rechtsprechung zum Begründungszwang bei behördlichen Eingriffsakten)


Tenor

Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 8. Oktober 2021 - [X.] U 121/21 B - wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Mit Beschluss vom 8.10.2021 hat der [X.] die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom [X.] als unzulässig verworfen, weil er die geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz sowie des Vorliegens von Verfahrensmängeln 160 Abs 2 [X.] und 3 S[X.]) nicht hinreichend dargelegt bzw bezeichnet habe. Von einer weiteren Begründung hat der [X.] nach § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 S[X.] abgesehen, weil sie nicht geeignet sei, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner Anhörungsrüge vom 11.11.2021.

2

II. Die Anhörungsrüge des [X.] ist unzulässig. Sie ist daher zu verwerfen (§ 178a Abs 4 Satz 1 S[X.]).

3

Gemäß § 178a Abs 1 Satz 1 S[X.] ist das Verfahren auf die [X.] eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist ([X.]) und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat ([X.]). Die [X.] ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben (§ 178a Abs 2 Satz 1 S[X.]). Das Vorliegen der in § 178a Abs 1 Satz 1 [X.] S[X.] genannten Voraussetzung ist mit der [X.] darzulegen (§ 178a Abs 2 Satz 5 S[X.]). Diesem [X.] ist nur dann genügt, wenn Umstände aufgezeigt werden, aus denen sich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ergeben kann (vgl [X.] Beschluss vom [X.] - B 7a [X.] 38/05 B - [X.] 4-1500 § 178a [X.]). Nach der Rechtsprechung des [X.] (zB Beschlüsse vom [X.] - B 12 R 32/21 B - juris Rd[X.]1 sowie vom [X.] R 233/17 B - juris Rd[X.]8 mwN) und des [X.] (Urteil vom 8.7.1997 - 1 BvR 1621/94 - [X.]E 96, 205, 217 sowie Beschluss vom 1.8.1984 - 1 BvR 1387/83 - [X.] 1500 § 62 [X.]6) ist auch ohne erneute ausdrückliche Wiedergabe des Vorbringens in der jeweiligen gerichtlichen Entscheidung grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht die Ausführung der Beteiligten zur Kenntnis genommen und erwogen hat. Die Anhörungsrüge hat daher im Einzelnen darzulegen, inwiefern Vorbringen des [X.] ausnahmsweise unberücksichtigt geblieben sein könnte. Daran fehlt es hier.

4

Der Kläger rügt zwar, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt, weil er in seiner Beschwerdebegründung die unangemessen lange Verfahrensdauer als Verfahrensfehler gerügt habe. Der [X.] habe dies nicht zur Kenntnis genommen und die Beschwerde als unzulässig verworfen. Der Verfahrensfehler liege vor. Damit legt der Kläger jedoch keine hinreichend konkreten Umstände dar, aus denen zu entnehmen sein könnte, dass der [X.] sein Vorbringen in seiner Beschwerdebegründung vom [X.] nicht zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt haben könnte. Soweit sich der Kläger gegen die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des [X.]s wendet, wird gerade keine Verletzung des rechtlichen Gehörs aufgezeigt. Die Anhörungsrüge dient nicht unmittelbar der Fortführung des Verfahrens, sondern der Überprüfung eines speziellen Verfahrensverstoßes des [X.] gegen ein verfassungsrechtlich abgesichertes Recht der Beteiligten (vgl [X.] Beschluss vom 8.11.2006 - B 2 U 5/06 C - [X.] 4-1500 § 178a [X.] 6 Rd[X.] 5).

5

Soweit der Kläger zur Begründung einer möglichen Verletzung des rechtlichen Gehörs darauf verweist, dass der [X.] die 14 Seiten umfassende Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde in vier Sätzen behandele, wird eine mögliche Verletzung des rechtlichen Gehörs ebenfalls nicht hinreichend aufgezeigt. Verfassungsrechtlich bedürfen letztinstanzliche gerichtliche Entscheidungen, die mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbar sind, grundsätzlich keiner Begründung, denn der Schutzbereich des Art 103 Abs 1 [X.] umfasst keinen Anspruch der Verfahrensbeteiligten auf eine mit Gründen versehene letztinstanzliche Entscheidung ([X.] Beschlüsse vom [X.] - 2 BvR 1447/05 ua - [X.]E 118, 212, 238, vom 22.5.2001 - 1 BvR 1512/97 ua - [X.]E 104, 1, 7 f, vom [X.] - 1 BvR 968/97 - NJW 1998, 3484, vom 14.11.1989 - 1 BvR 956/89 - [X.]E 81, 97, 106, vom [X.] - 2 BvR 1506/81 - NJW 1982, 925 sowie vom 28.2.1979 - 2 BvR 84/79 - [X.]E 50, 287, 289 f). Dies gilt auch und gerade für Entscheidungen der obersten Bundesgerichte, mit denen eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Ergebnis zurückgewiesen wird ([X.] Beschluss vom 8.12.2010 - 1 BvR 1382/10 - NJW 2011, 1497 Rd[X.]2; kritisch allenfalls bei Prüfung der Vorlagepflicht zum [X.]: [X.] vom 8.10.2015 - 1 BvR 3509/13). Dem [X.] lässt sich nicht entnehmen, dass jede - auch eine mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare letztinstanzliche - gerichtliche Entscheidung mit einer Begründung zu versehen ist. Die Rechtsprechung des [X.] zum Begründungszwang bei behördlichen Eingriffsakten (vgl zB [X.] Beschluss vom [X.] - 2 BvR 812/73 - [X.]E 40, 276, 286) beruht auf der Erwägung, dass dem Betroffenen aus rechtsstaatlichen Gründen eine sachgemäße Verteidigung seiner Rechte ermöglicht werden muss. Dieser Gesichtspunkt lässt sich aber nicht auf eine den Rechtsweg abschließende Gerichtsentscheidung übertragen (vgl [X.] Beschluss vom 28.2.1979 - 2 BvR 84/79 - [X.]E 50, 287, 289 f). Soweit der angegriffene [X.]sbeschluss die getroffene [X.] dennoch kurz erläutert, durfte sich die Begründung daher von vornherein auf einzelne Aspekte beschränken. Warum vorliegend ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte, zeigt die Begründung nicht auf.

6

Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 S[X.]).

7

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 S[X.].

8

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 178a Abs 4 Satz 3 S[X.]).

                [X.]                [X.]

Meta

B 2 U 33/21 C

05.04.2022

Bundessozialgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: U

vorgehend SG Halle (Saale), 15. September 2016, Az: S 33 U 15/13, Urteil

§ 178a Abs 1 S 1 SGG, § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 05.04.2022, Az. B 2 U 33/21 C (REWIS RS 2022, 357)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 357

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1 BvR 1621/94

1 BvR 1382/10

1 BvR 3509/13

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