Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30.10.2014, Az. 2 C 32/13

2. Senat | REWIS RS 2014, 1751

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Tenor

Das Urteil des [X.] vom 23. April 2013 wird aufgehoben.

Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 3. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Revision des [X.] wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

I

1

Der Kläger rügt, die besoldungsrechtliche Ersteinstufung nach dem Lebensalter benachteilige ihn wegen seines Lebensalters. Zum Ausgleich beansprucht er eine Besoldung nach der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe A 12.

2

Der 1975 geborene Kläger steht als Steueramtsrat im Dienst des Beklagten. Das [X.] des [X.] wurde auf den 1. April 1996 festgesetzt.

3

Am 30. Dezember 2009 machte der Kläger einen Anspruch auf Gewährung des Grundgehalts aus der Endstufe seiner Besoldungsgruppe ab dem 1. Januar 2009 geltend. Der Beklagte wies das Begehren des [X.] zurück.

4

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das Oberverwaltungsgericht das verwaltungsgerichtliche Urteil geändert und den Beklagten verurteilt, den Kläger rückwirkend ab 1. Januar 2009 so zu stellen, als hätte er im Zeitpunkt seiner Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe bereits ein Lebensalter von 34 Jahren und elf Monaten erreicht gehabt, wobei das [X.] nach § 17 Abs. 1 SächsBesG i.V.m. § 28 Abs. 2 [X.] in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 um zwei Monate hinauszuschieben sei.

5

Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die [X.] Regelungen benachteiligten den Kläger ungerechtfertigt aufgrund seines Lebensalters. Der Ausgleich dieser Diskriminierung erfordere aber nicht die vom Kläger begehrte Besoldung aus der Endstufe. Vielmehr genüge es, den Kläger so zu behandeln, als sei er zum rechtlich regelmäßig spätesten Zeitpunkt erstmalig in ein Beamtenverhältnis übernommen worden.

6

Kläger und Beklagter haben die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt.

7

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Abänderung der Urteile des [X.] vom 23. April 2013 und des [X.] vom 3. Februar 2011 sowie unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 19. Mai 2010 zu verpflichten, dem Kläger ab dem 1. Januar 2009 Besoldung aus dem Endgrundgehalt seiner Besoldungsgruppe zu gewähren und die nachzuzahlenden Gehaltsdifferenzen mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit und jeweiliger Fälligkeit zu verzinsen und

die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des [X.] vom 23. April 2013 aufzuheben und die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 3. Februar 2011 zurückzuweisen sowie

die Revision des [X.] zurückzuweisen.

9

Der Vertreter des [X.] beim [X.] unterstützt die Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe

II

Die Revision des [X.] ist unbegründet, diejenige des Beklagten begründet. Das Urteil des [X.] verletzt [X.] Recht. Für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2009 stehen dem Kläger nach Maßgabe des [X.] vom 18. Dezember 2013 ([X.]) keine Ansprüche zu. Dieses für die Besoldung des [X.] maßgebliche Recht des Beklagten (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG) steht mit den Vorgaben der Richtlinie 2000/78/[X.] vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (- [X.] 2000/78/[X.] 303 S. 16) in Einklang. Mangels eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 des [X.] vom 14. August 2006 (- [X.] -, [X.]) ist damit auch der Anspruch aus § 15 Abs. 2 [X.] ausgeschlossen.

1. Nach Art. 28 Abs. 3 des [X.] sind die Bestimmungen der §§ 27 bis 29 sowie § 80 des [X.] vom 18. Dezember 2013 (- [X.] [X.] <1005>), die die Besoldung des [X.] als eines Beamten der [X.] regeln, mit Wirkung vom 1. September 2006 in [X.] getreten. Obwohl diese Vorschriften danach erst nach Erlass des Berufungsurteils in [X.] getreten sind, sind sie der Prüfung im Revisionsverfahren zugrunde zu legen. Denn Änderungen der Rechtslage im Revisionsverfahren, die sich nach Erlass des Berufungsurteils ergeben haben, sind für die Entscheidung des [X.] beachtlich, wenn das Berufungsgericht, entschiede es nunmehr anstelle des [X.], die Rechtsänderung zu beachten hätte (st[X.]pr, Urteile vom 1. November 2005 - BVerwG 1 [X.] 21.04 -BVerwGE 124, 276 <279 f.> = [X.] 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 15 S. 32, vom 23. Oktober 2007 - BVerwG 1 [X.] 10.07 - BVerwGE 129, 367 = [X.] 402.242 § 54 AufenthG Nr. 4, jeweils Rn. 40 und vom 24. Juni 2010 - BVerwG 2 [X.] 14.09 - [X.] 239.1 § 52 BeamtVG Nr. 1 Rn. 8). Hätte das Berufungsgericht nunmehr zu entscheiden, müsste es seinen rechtlichen Erwägungen zu einem Anspruch des [X.] auf eine höhere Besoldung für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2009 die Vorschriften des [X.] vom 18. Dezember 2013 zugrunde legen.

Ursprünglich richtete sich die Besoldung des [X.] im Zeitraum ab dem 1. Januar 2009 nach § 17 Abs. 1 des [X.] in der Fassung des [X.] [X.] vom 17. Januar 2008 ([X.]). Die danach grundsätzlich noch maßgeblichen Vorschriften der §§ 27 und 28 [X.] in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 (im Folgenden: [X.] a.F., [X.] 3020) führten zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. a der [X.] 2000/78/[X.]. Denn die Regelung hatte zur Folge, dass auch ein älterer Beamter ohne jede Berufserfahrung bei seiner erstmaligen Berufung in ein Beamtenverhältnis allein aufgrund seines höheren Lebensalters höher eingestuft wurde ([X.], Urteil vom 19. Juni 2014 - [X.]. [X.]-501/12, [X.] - NVwZ 2014, 1294 Rn. 50 f.; vgl. dazu ausführlich die zur Veröffentlichung bestimmten Urteile vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 [X.] 3.13 -Rn. 15 und - BVerwG 2 [X.] 6.13 - Rn. 16).

Demgegenüber ist das durch das [X.] vom 18. Dezember 2013 eingeführte Besoldungssystem mit den Vorgaben der [X.] 2000/78/[X.] vereinbar. Denn die Ersteinstufung des Beamten orientiert sich nicht mehr am Lebensalter und der Aufstieg nach Stufen knüpft an die bisher erlangte Berufserfahrung des Arbeitnehmers an ([X.], Urteil vom 3. Oktober 2006 - [X.]. [X.]-17/05, [X.]adman - Slg. 2006, [X.] Rn. 34 ff.).

Wird ein Beamtenverhältnis mit Anspruch auf Dienstbezüge begründet, so wird der neu ernannte Beamte nach § 27 Abs. 1 [X.] der ersten mit einem Grundgehaltssatz ausgewiesenen Stufe der maßgeblichen Besoldungsgruppe (Anfangsstufe) zugeordnet. Liegen berücksichtigungsfähige Zeiten nach § 28 Abs. 1 bis 3 [X.] vor (z.B. Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeit im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn; Zeiten des Wehrdienstes oder des Zivildienstes), wird dieser Beamte einer höheren Stufe als der Anfangsstufe zugeordnet. Bestimmte Zeiten (z.B. Zeiten einer Tätigkeit für das [X.] der ehemaligen [X.]) sind von vornherein nicht berücksichtigungsfähig (§ 29 [X.]). Gemäß § 27 Abs. 2 [X.] erfolgt der Aufstieg in eine nächsthöhere Stufe nach bestimmten Dienstzeiten (zwei, drei und schließlich vier Jahre). Für Beamte der [X.], denen im Zeitraum vom 1. September 2006 bis zum 31. März 2014 wegen dauerhaft herausragender Leistungen die nächsthöhere Stufe als Grundgehalt vorweg festgesetzt worden war (Leistungsstufe), bestimmt § 80 Abs. 7 Satz 1 [X.] durch den Verweis auf § 27 Abs. 3 Satz 1 [X.] a.F., dass ihnen diese Vorteile aus Vertrauensschutzgründen verbleiben. Das Entsprechende gilt für eine in diesem Zeitraum gegenüber einem Beamten ausgesprochene Hemmung des Aufstiegs in den Stufen des Grundgehalts. Damit knüpft das neue Besoldungssystem anstelle des überkommenen [X.]s an die tatsächlich geleisteten Dienstzeiten und die erbrachte Leistung an (Gesetzentwurf der Landesregierung zum [X.], [X.] 5/12230 S. 338 zu § 27).

Zwar perpetuiert die Überleitungsregelung des § 80 [X.] für Beamte der [X.], die wie der Kläger am 31. August 2006 in einem Dienstverhältnis zum Beklagten standen, die unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters. Denn die Neuzuordnung der Stufe des Grundgehalts orientiert sich an der Grundgehaltsstufe, die dem Beamten am 1. September 2006 nach dem früheren diskriminierenden System nach Maßgabe der §§ 27 und 28 [X.] a.F. zugestanden hätte. Diese Überleitungsregelung ist jedoch zur Wahrung des [X.] und zur Vermeidung eines übermäßigen Verwaltungsaufwands für die Regulierung der in der Vergangenheit liegenden Zeiten nach der Rechtsprechung des [X.] gerechtfertigt ([X.], Urteil vom 19. Juni 2014 a.a.[X.] Rn. 64 ff. und 78 ff.).

Die Neuzuordnung zu den Stufen des Grundgehalts erfolgt nach § 80 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] bei Beamten der [X.] zu der Stufe, die der Stufe entspricht, die dem Beamten am 1. September 2006 nach § 27 Abs. 1 und 2 [X.] a.F. zugestanden hätte. Diese Einstufung hängt aber vom [X.], d.h. dem Lebensalter des betreffenden Beamten ab und benachteiligt diesen deshalb unmittelbar wegen seines Lebensalters. Ist der Beamte zu einer Stufe des Grundgehalts nach § 80 Abs. 1 [X.] zugeordnet, bestimmt sich das weitere Aufsteigen nach § 27 Abs. 2 und 5 [X.] (§ 80 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Zeiten, die der [X.] vor dem 1. September 2006 in dieser Stufe verbracht hat, werden bei dem Aufsteigen nach Maßgabe des § 27 Abs. 2 [X.] angerechnet (§ 80 Abs. 2 Satz 2 [X.]).

Die mit dieser Neuzuordnung der Grundgehaltsstufe verbundene Ungleichbehandlung wegen des Lebensalters ist aber nach der Rechtsprechung des [X.] gemäß Art. 6 Abs. 1 der [X.] 2000/78/[X.] gerechtfertigt. Die Neuregelung wird durch die Prinzipien des Vertrauensschutzes und der Wahrung des am 1. September 2006 erreichten Status quo bestimmt. Denn die Zuordnung zu den Stufen der neuen [X.] orientiert sich an der bis zum 31. August 2006 erreichten Stufe (Gesetzentwurf der Landesregierung, [X.] 5/12230 S. 386 f. zu § 80). Die Ablösung der bisherigen, am [X.] orientierten Stufenzuordnung hat auch weder zu Änderungen an der Struktur der Besoldungstabelle der [X.] geführt noch die leistungsbezogenen Elemente des [X.] (Stufenhemmung und Leistungsstufe) substanziell geänderten materiellen Kriterien unterworfen (Gesetzentwurf der Landesregierung, [X.] 5/12230 S. 478 zu Art. 31 des Entwurfs). Die Wahrung des [X.] einer Personengruppe ist ein zwingender Grund des Allgemeininteresses, sodass mit dieser Regelung ein legitimes Ziel verfolgt wird ([X.], Urteile vom 6. Dezember 2007 - [X.]. [X.]-456/05, [X.]/[X.] - Slg. 2007, [X.] Rn. 63 und vom 8. September 2011 - [X.]. [X.]- 297/10 und [X.]-298/10, [X.] und Mai - Slg. 2011, [X.] Rn. 90).

Die Neuregelung durch das [X.] geht auch nicht über das zur Erreichung des verfolgten Ziels Erforderliche hinaus. Die mit der Anknüpfung an das bisherige Grundgehalt tatsächlich verbundenen Nachteile sind begrenzt. Infolge der früher für den Kläger maßgeblichen Altersgrenzen für die erstmalige Begründung eines Beamtenverhältnisses war sichergestellt, dass der Unterschied in der Besoldung nicht die Differenz zwischen der ersten und der letzten Stufe einer Besoldungsgruppe erreichen konnte.

Zwar wäre es auch möglich gewesen, das neue Einstufungssystem im Interesse einer materiellen Beseitigung der Alterdiskriminierung rückwirkend auf sämtliche [X.]n anzuwenden oder hierfür eine Übergangsregelung zu schaffen, die den bevorzugten [X.]n die Besoldung in der vorherigen Höhe solange garantiert hätte, bis sie die nach dem neuen Besoldungssystem für die Erreichung einer höheren Besoldungsstufe erforderliche Erfahrung erworben hätten. Die vom Beklagten gewählte Lösung ist nach der Rechtsprechung des [X.] aber in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Denn die nachträgliche individuelle Feststellung von Vordienstzeiten wäre in Anbetracht der hohen Zahl von Beamten (ca. 27 000), der Länge des betroffenen Zeitraums, der Verschiedenheit der jeweiligen Laufbahnen und der Schwierigkeiten, die sich bei der Bestimmung der Vordienstzeiten ergeben könnten, übermäßig kompliziert und in erhöhtem Maß fehleranfällig gewesen (Gesetzentwurf der Landesregierung, [X.] 5/12230 S. 478 zu Art. 31 des Entwurfs). Der [X.] hat diese besonderen administrativen Schwierigkeiten hier ausnahmsweise für einen Übergangszeitraum als ausreichend gewichtig angesehen ([X.], Urteil vom 19. Juni 2014 a.a.[X.] Rn. 78 ff.). Die Rechtmäßigkeit der Übergangsregelung setzt nach Auffassung des [X.] auch nicht voraus, dass die Besoldungsdifferenz zwischen den diskriminierten und den nicht diskriminierten [X.] schrittweise verkleinert wird.

2. Die rückwirkende Inkraftsetzung der hier maßgeblichen Vorschriften der §§ 27 bis 29 sowie § 80 [X.] zum 1. September 2006 durch Art. 28 Abs. 3 des [X.] ist nicht zu beanstanden.

a) Diese Rückwirkung ist verfassungsrechtlich selbst dann zulässig, wenn zu Gunsten des [X.] angenommen wird, dass hier der Fall einer echten Rückwirkung vorliegt.

Die verfassungsrechtliche Problematik der echten Rückwirkung folgt aus den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Bis zur Verkündung einer rechtlichen Norm muss der Bürger grundsätzlich darauf vertrauen können, dass seine auf das bisherige Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der [X.] nachteilig verändert wird ([X.], Beschluss vom 3. Dezember 1997 - 2 BvR 882/97 -[X.]E 97, 67 <78 f.> und Urteil vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 -[X.]E 114, 258 <300>). Verfassungsrechtlich unzulässig ist danach die belastende Tendenz eines rückwirkenden Gesetzes ([X.], Beschluss vom 17. Januar 1979 - 1 BvR 446/77, 1 BvR 1174/77 - [X.]E 50, 177 <193> m.w.N.). An einer solchen belastenden Wirkung für bereits am 31. August 2006 ernannte Beamte der [X.] fehlt es hier aber, weil die zum 1. September 2006 in [X.] gesetzte landesrechtliche Regelung weder nach dem früheren Recht begründete Besoldungsansprüche beseitigt noch ihre Geltendmachung erschwert.

Die Zuordnung dieser [X.]n zu den neuen Stufen des Grundgehalts zum 1. September 2006 orientiert sich nach § 80 Abs. 1 [X.] an den nach dem bisherigen Recht erreichten Stufen. Der anschließende Stufenaufstieg nach § 80 Abs. 2 und § 27 Abs. 2 [X.] entspricht hinsichtlich der Zahl der Stufen sowie des Rhythmus des Aufstiegs der früher maßgeblichen Vorschrift des Bundesrechts. Die Gewährung von Leistungsstufen oder der Ausspruch einer Hemmung des Aufstiegs in den Stufen des Grundgehalts im Zeitraum bis zum 31. März 2014 bleiben nach § 80 Abs. 7 [X.] wirksam. Auch sind die Grundgehaltssätze für Besoldungsempfänger der [X.] für den Zeitraum vom 1. September 2006 bis Ende März 2014 nachträglich nicht abgeändert worden. Eine belastende Wirkung der rückwirkenden Regelung durch das [X.] ergibt sich auch nicht daraus, dass dem Kläger rückwirkend ein etwa zuvor bestehender Anspruch auf höhere Besoldung entzogen worden sei. Denn mangels eines gültigen Bezugssystems hatte der Kläger aufgrund der [X.] 2000/78/[X.] zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch auf eine höhere als die gesetzliche Besoldung (vgl. dazu ausführlich die zur Veröffentlichung bestimmten Urteile vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 [X.] 3.13 - Rn. 17 bis 20 sowie 77 und - BVerwG 2 [X.] 6.13 - Rn. 18 bis 21).

b) Selbst wenn man von einer belastenden Wirkung der rückwirkenden Inkraftsetzung der Neuregelung ausginge, ergäbe sich daraus für deren verfassungsrechtliche Beurteilung nichts anderes.

Hat eine rückwirkende Norm eine belastende Wirkung, so ist diese nach der Rechtsprechung des [X.] nicht in jedem Fall unzulässig. Denn das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze. Es gilt nicht, soweit sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte ([X.], Beschlüsse vom 15. Oktober 1996 - 1 BvL 44/92, 1 [X.] - [X.]E 95, 64 <86 f.> und vom 18. Februar 2009 - 1 BvR 3076/08 - [X.]E 122, 374 <394>) oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig war ([X.], Beschluss vom 17. Januar 1979 a.a.[X.] S. 193 f.). Bei den in der Rechtsprechung des [X.] anerkannten, nicht abschließend definierten Fallgruppen handelt es sich um Typisierungen ausnahmsweise fehlenden Vertrauens in eine bestehende Gesetzeslage. Für die Frage, ob mit einer rückwirkenden Änderung der Rechtslage zu rechnen war, ist von Bedeutung, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe auf ihren Fortbestand zu begründen ([X.], Beschlüsse vom 20. Oktober 1971 - 1 BvR 757/66 - [X.]E 32, 111 <123> und vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 5/08 - NVwZ 2014, 577 Rn. 65).

Eine Ausnahme vom Grundsatz der Unzulässigkeit einer echten Rückwirkung ist nach der Rechtsprechung des [X.] gegeben, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrauen durften, sondern mit deren Änderung rechnen mussten (Beschlüsse vom 18. Februar 2009 a.a.[X.] und vom 17. Dezember 2013 a.a.[X.]).

An der Schutzwürdigkeit des Vertrauens eines Betroffenen in den Fortbestand der bisherigen Vorschriften fehlt es auch im hier vorliegenden Fall, in der ein kompetenz- und unionsrechtskonformes Landesgesetz rückwirkend an die Stelle eines unionsrechtswidrigen Bundesgesetzes getreten ist. Der Kläger ist nicht schutzwürdig, weil er selbst zutreffend geltend gemacht hatte, die Bestimmungen der §§ 27 und 28 [X.] a.F. diskriminierten ihn ungerechtfertigt wegen seines Lebensalters. Er musste dementsprechend damit rechnen, dass der hierfür zuständige Gesetzgeber die mit Ablauf der Umsetzungsfrist wegen des Verstoßes gegen das Unionsrecht unanwendbaren Bestimmungen der §§ 27 und 28 [X.] a.F. durch solche Vorschriften ersetzen wird, die den Vorgaben der [X.] 2000/78/[X.] genügen.

Das Urteil des [X.] vom 19. Juni 2014 ([X.]. [X.]-501/12, [X.] - NVwZ 2014, 1294) hat die vom Kläger bereits in seinem Widerspruch vom 28. Dezember 2009 geäußerte Rechtsansicht bestätigt, dass die §§ 27 und 28 [X.] a.F. zu einer nicht gerechtfertigten unmittelbaren Diskriminierung wegen des Lebensalters führen. Damit waren diese für die Besoldung des [X.] maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften wegen eines Verstoßes gegen das Unionsrecht unanwendbar. Diese Anknüpfung an das Lebensalter eines Beamten erfasste potenziell sämtliche Beamte und damit die gesamte Tabelle der Grundgehaltssätze der [X.]. Da auch keine Kategorie bevorzugter Beamter benannt werden kann, ist es nach der Rechtsprechung des [X.] insbesondere auch nicht möglich, Beamte in die höchste Dienstaltersstufe einzuordnen und danach zu besolden ([X.], Urteil vom 19. Juni 2014 a.a.[X.] Rn. 95 bis 97). Durch die rückwirkende Regelung zum 1. September 2006 hat der Gesetzgeber des Beklagten, soweit ihm dies aus kompetenzrechtlichen Gründen möglich war, d.h. für den Zeitraum ab dem 1. September 2006, für die Besoldung des [X.] eine unionsrechtskonforme gesetzliche Regelung geschaffen.

c) Die Rückwirkung scheitert auch nicht daran, dass hierdurch dem Kläger der zumindest ab dem 8. September 2011 bestehende unionsrechtliche Haftungsanspruch (vgl. dazu ausführlich die zur Veröffentlichung bestimmten Urteile vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 [X.] 3.13 - Rn. 25 bis 30 und - BVerwG 2 [X.] 6.13 -Rn. 25 bis 30) entzogen worden ist.

Nach der Rechtsprechung des [X.] ermöglicht die rückwirkende Anwendung von Maßnahmen des Mitgliedstaates zur vollständigen Durchführung einer Richtlinie die Behebung des Schadens, der durch die unzureichende Umsetzung der Richtlinie entstanden ist. Denn hierdurch werden den von der Richtlinie Begünstigten diejenigen Rechte garantiert, die ihnen zugestanden hätten, wenn die Richtlinie fristgerecht umgesetzt worden wäre. Danach ist die rückwirkende Inkraftsetzung unionsrechtskonformer Gesetze eine zulässige Form der Wiedergutmachung und lässt einen etwaigen unionsrechtlichen Haftungsanspruch entfallen ([X.], Urteile vom 10. Juli 1997 - [X.]. [X.]-94/95 und [X.]-95/95, [X.] u.a. - Slg. 1997, [X.] Rn. 51 ff. und - [X.]. [X.]-373/95, [X.] - Slg. 1997, [X.] Rn. 39 ff.).

Für den ursprünglich ab dem Inkrafttreten des [X.] am 18. August 2006 bestehenden Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 [X.] (vgl. auch hierzu die Urteile vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 [X.] 3.13 - Rn. 31 bis 39 und Rn. 44 bis 62 und - BVerwG 2 [X.] 6.13 - Rn. 31 bis 39 und Rn. 44 bis 62) gilt dies entsprechend. Auch insoweit steht im Vordergrund, dass erst durch das rückwirkend in [X.] gesetzte Landesgesetz die für die Besoldung der Beamten der [X.] erforderliche unionsrechtskonforme gesetzliche Grundlage geschaffen worden ist. Auch in der Rechtsprechung des [X.] zum Amtshaftungsanspruch ist anerkannt, dass eine rückwirkende Rechtsänderung einen ursprünglich bestehenden Haftungsanspruch wieder beseitigen kann ([X.], Urteil vom 13. Oktober 1994 - [X.] - [X.]Z 127, 223 <227 f.> und Beschluss vom 19. März 2008 - [X.]/07 - NVwZ 2008, 815 f.).

3. Ergänzend und vorsorglich merkt der Senat an, dass das Urteil des [X.] vom 11. November 2014 ([X.]. [X.]-530/13, [X.] - NVwZ-RR 2015, 43, ergangen in einem Fall aus [X.]) an der vorstehenden Beurteilung nichts ändert. Diese Entscheidung betrifft eine andere, mit dem vorliegenden Streitfall nicht vergleichbare Fallkonstellation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die dort Betroffenen durch eine Verlängerung des für eine „Vorrückung" erforderlichen Zeitraums zusätzlich benachteiligt wurden ([X.], Urteil vom 11. November 2014 a.a.[X.] Rn. 31 und Ziff. 1 des Tenors). Letzteres hat der [X.] als nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung beanstandet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluss vom 30. Oktober 2014

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG auf 11 452,08 € festgesetzt.

Meta

2 C 32/13

30.10.2014

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 23. April 2013, Az: 2 A 150/12, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30.10.2014, Az. 2 C 32/13 (REWIS RS 2014, 1751)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1751


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 BvR 568/15

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 568/15, 07.10.2015.


Az. 2 C 32/13

Bundesverwaltungsgericht, 2 C 32/13, 30.10.2014.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
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Zitiert

1 BvL 5/08

1 BvR 3076/08

2 BvR 882/97

2 BvR 1387/02

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