Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.06.2018, Az. X K 3-6/17, X K 3/17, X K 4/17, X K 5/17, X K 6/17

10. Senat | REWIS RS 2018, 7085

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Gegenstand

Überlange Verfahrensdauer bei komplexem Sachverhalt und miteinander verwobenen Parallelverfahren


Leitsatz

1. NV: Ohne ausdrücklichen Hinweis des Beteiligten muss das Gericht die Akten nicht darauf durchsehen, ob sich darin Anhaltspunkte dafür finden, dass der Beteiligte bereits ein hohes Alter erreicht hat, aus dem ggf. ein besonderes Beschleunigungsbedürfnis folgen könnte .

2. NV: Der dem Ausgangsgericht zukommende Gestaltungsspielraum umfasst auch die Befugnis, eines von mehreren anhängigen Parallelverfahren als Leitverfahren zu behandeln und vordringlich zu fördern, wenn zu erwarten ist, dass die dort gewonnenen Erkenntnisse für die übrigen Verfahren ebenfalls von Bedeutung sind. Solange das Leitverfahren bearbeitet wird, ist es vertretbar, die Parallelverfahren jedenfalls faktisch auszusetzen (Anschluss an das BVerwG-Urteil vom 14. November 2016  5 C 10/15 D, BVerwGE 156, 229, Rz 155) .

3. NV: Bei einer objektiven Klagehäufung vervielfacht sich der Entschädigungsanspruch nicht. Wird im Fall der objektiven Klagehäufung ein Streitgegenstand abgetrennt, kann ein zusätzlicher Entschädigungsanspruch in Bezug auf das abgetrennte Verfahren nur für solche Zeiträume bestehen, die nach der Abtrennung liegen .

4. NV: Erkennt der Anspruchsgegner einen Entschädigungsanspruch bereits vorgerichtlich an, erfüllt er die Forderung aber zunächst nicht, hat der Anspruchsteller nach Übermittlung einer Mahnung einen Anspruch auf Verzugszinsen .

Tenor

Die Verfahren [X.] werden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.

Der Beklagte wird im Verfahren [X.] verurteilt, an die Klägerin Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die [X.] vom 8. bis zum 14. Juli 2017 auf einen Betrag von 800 € zu zahlen.

Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

Die Kosten der Verfahren hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin begehrt gemäß § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes ([X.]) [X.]ntschädigung wegen der von ihr als unangemessen angesehenen Dauer von vier finanzgerichtlichen Verfahren, die seit dem 7. Mai 2013 (4 K 1412/13) bzw. dem 20. Juni 2013 (4 K 1870, 1878, 1879/13) vor dem [X.] ([X.]) [X.] anhängig waren. Die Verfahren wurden --nach einigen Abtrennungen-- in den Monaten Mai bzw. Juli 2017 durch [X.] nach [X.]rledigung der Hauptsache bzw. durch Urteile beendet.

2

Den Ausgangsverfahren liegt der folgende Sachverhalt zugrunde: Die [X.] geborene Klägerin bezog seit 1994 Altersrente. Sie wurde bis zum Tod ihres [X.]hemanns ([X.]) [X.] mit diesem zur [X.]inkommensteuer [X.]. Seit 1995 führten die [X.]heleute bei einer [X.] Tochtergesellschaft der X-Bank ein Nummernkonto und -depot als [X.]. Die entsprechenden Konto- und Depotauszüge wurden postlagernd an eine Stelle in [X.] übermittelt. Die [X.]heleute beauftragten einen luxemburgischen Vermögensverwalter und erteilten ihm [X.]mpfangsvollmacht für Mitteilungen der Bank. Die [X.]rträge aus den [X.] Kapitalanlagen gaben sie in ihren [X.]inkommensteuererklärungen nicht an. Sie führten auch Konten und Depots bei der [X.] Tochtergesellschaft der X-Bank; diese [X.]rträge erklärten sie gegenüber dem Finanzamt ([X.]).

3

Am 23. Juni 2007 verstarb [X.] Am 16. August 2007 ließ die Klägerin über eine panamesische Anwaltskanzlei eine Kapitalgesellschaft in [X.] gründen ([X.]), deren Alleingesellschafterin sie wurde. Sie übertrug das gesamte in [X.] verwahrte Vermögen auf die [X.], die seither Inhaberin des dortigen Kontos und Depots war.

4

Im Jahr 2011 begann eine Steuerfahndungsprüfung bei der Klägerin. Die Klägerin legte --mit Ausnahme einiger nicht für steuerliche Zwecke erstellter [X.] keine Unterlagen über die Höhe der Kapitalerträge und der Depotbestände der [X.] Geldanlagen vor. Daher schätzten die Fahndungsprüfer die [X.]inkünfte anhand einzelner ihnen vorliegender Dokumente. Hinsichtlich der [X.] erließ ein anderes [X.] am 15. Oktober 2012 für die [X.] bis 2011 einen negativen Feststellungsbescheid nach § 18 des Außensteuergesetzes ([X.]). Zur Begründung führte es aus, die [X.]rträge der [X.] seien der Klägerin gemäß § 42 der Abgabenordnung ([X.]) unmittelbar zuzurechnen, da diese Gesellschaft inaktiv sei. Dieser Feststellungsbescheid wurde in Bezug auf die [X.] sowie 2009 bis 2011 mit Ablauf der [X.]inspruchsfrist bestandskräftig. Für das [X.] legte die Klägerin hingegen [X.]inspruch ein, weil sie insoweit die Feststellung von Verlusten begehrte. Die hierzu ergangene --den [X.]inspruch zurückweisende-- [X.]inspruchsentscheidung vom 3. Juli 2014 wurde bestandskräftig.

5

Am 14. November 2012 erließ das [X.] die im Ausgangsverfahren angegriffenen, nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 [X.] geänderten [X.]inkommensteuerbescheide für 1996 bis 2009 sowie erstmalige [X.]inkommensteuerbescheide für 2010 und 2011. Darin setzte es die Schätzungen der Fahndungsprüfer um und rechnete für die [X.] bis 2011 die von der [X.] erzielten [X.]rträge direkt der Klägerin zu.

6

Die Klägerin legte am 23. November 2012 [X.]inspruch ein. Zur Begründung berief sie sich auf das Fehlen geeigneter Beweismittel, auf ein Mitwirkungsverweigerungsrecht sowie den [X.]intritt von Festsetzungsverjährung. Ferner behauptete sie, [X.] habe zu seinen Lebzeiten alle Bankgeschäfte allein erledigt; sie selbst habe keinen [X.]inblick gehabt.

7

Am 7. Mai 2013 --noch vor Ablauf der in § 46 Abs. 1 Satz 2 der [X.]sordnung ([X.]O) genannten [X.] erhob die Klägerin zur [X.]inkommensteuer 2008 Untätigkeitsklage beim [X.] (4 K 1412/13), die sie bereits in der Klageschrift begründete.

8

Das [X.] erließ am 13. Juni 2013 die [X.]inspruchsentscheidung zur [X.]inkommensteuer 1996 bis 2006. Darin vertrat es die Auffassung, die Festsetzungsfrist habe sich gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 [X.] auf zehn Jahre verlängert, weil der Klägerin eine Steuerhinterziehung zur Last falle. Zwar sei deren [X.]inlassung, bis zum Tod des [X.] gutgläubig gewesen zu sein, nicht zu widerlegen. Spätestens nach dem Tod des [X.] habe die --steuerlich beratene-- Klägerin aber von den Kapitalanlagen und ihrer bisherigen Nichtversteuerung Kenntnis erlangt. Sie sei daher [X.] gemäß § 153 [X.] zur Berichtigung der Steuererklärungen verpflichtet gewesen, was sie unterlassen habe. Hinsichtlich der Höhe der Schätzung sei das [X.] wegen der fehlenden Mitwirkung der Klägerin reduziert.

9

Am 20. Juni 2013 erhob die Klägerin Klagen wegen der [X.]inkommensteuer 1996, 1997 und 1999 bis 2004 (4 K 1879/13), der [X.]inkommensteuer 2005 (4 K 1878/13) und der [X.]inkommensteuer 2006 (4 K 1870/13). Ferner erhob sie am 21. Juni 2013 eine Untätigkeitsklage wegen der [X.]inkommensteuer für die [X.] sowie 2009 bis 2011 (4 K 1890/13), die aber nicht Gegenstand der vorliegend zu beurteilenden [X.]ntschädigungsklagen ist.

[X.] im Verfahren 4 K 1879/13 endete mit einer am 17. Juli 2013 beim [X.] eingegangenen Stellungnahme der Klägerin, der Schriftsatzaustausch in den Verfahren 4 K 1878/13, 4 K 1870/13 und 4 K 1890/13 endete am 31. Juli 2013 mit dem [X.]ingang von Stellungnahmen des [X.], und im Verfahren 4 K 1412/13 mit dem [X.]ingang einer weiteren Stellungnahme der Klägerin am 30. Januar 2014.

Am 14. Juli 2015 erhob die Klägerin --in den fünf Verfahren jeweils getrennt-- Verzögerungsrügen. Sie verwies darin auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats, wonach ein [X.] im Regelfall gut zwei Jahre nach [X.] mit Maßnahmen beginnen müsse, die das Verfahren einer [X.]rledigung zuführten. Das [X.] übermittelte die Verzögerungsrügen zunächst weder dem [X.] noch wurde es anderweitig tätig.

Am 28. August 2015 übersandte das [X.] dem [X.] --ausdrücklich auf die Verfahren betreffend [X.]inkommensteuer 2007 bis 2011 beschränkt-- umfangreiche neue Unterlagen der Steuerfahndung. Das [X.] leitete diesen Schriftsatz samt den Unterlagen am 9. September 2015 an die Klägerin weiter, gab dabei aber irrig an, dass die [X.]inkommensteuer 1996, 1997, 1999 bis 2004 und 2008 betroffen sei. Am selben Tage übermittelte es dem [X.] auch die Verzögerungsrügen. Am 16. September 2015 stellte das zuständige Amtsgericht das gegen die Klägerin geführte Steuerstrafverfahren vorläufig gegen Zahlung einer Geldauflage ein (§ 153a der Strafprozessordnung).

Am 12. Oktober 2015 nahm die Klägerin zu dem Schreiben des [X.] vom 28. August 2015 Stellung und gab dabei sämtliche Streitjahre an. Das [X.] wies am 26. November 2015 --neben [X.]rläuterungen zur [X.] darauf hin, dass die übersandten Unterlagen sich nur auf die Jahre ab 2007 ([X.]) bezögen. Die Klägerin erwiderte am 7. Dezember 2015 u.a., zwar beträfen die Unterlagen tatsächlich nur die Jahre ab 2007; das [X.] habe sie aber unter Angabe der Streitjahre ab 1996 zur Stellungnahme aufgefordert. Das [X.] sei verpflichtet, die entstandene Verwirrung durch einen Hinweis aufzuklären.

Am 12. Januar 2016 kam es zu einem Telefongespräch zwischen dem beim [X.] zuständigen Senatsvorsitzenden und einem Vertreter des [X.]. Der Vorsitzende erklärte, er halte wegen der neuen Schätzungsunterlagen eine [X.]rörterung mit der Klägerin für sinnvoll. Im [X.]rgebnis sei mit einer wesentlich geringeren Steuerfestsetzung zu rechnen; ggf. sei eine [X.]inigung möglich. In einem Schreiben vom 25. Januar 2016 erläuterte er gegenüber der Klägerin, die Angabe der Streitjahre im gerichtlichen Übersendungsschreiben vom 9. September 2015 habe auf einem Versehen beruht. [X.]r werde sich der Lektüre der Akten widmen und auf die Sache zurückkommen, sobald es seine Arbeitsbelastung zulasse.

Am 8. Juli 2016 forderte der Vorsitzende die Steuerakten beim [X.] an. Am 18. Juli 2016 richtete er ein --mit 18 Seiten sehr [X.] an die Beteiligten, das sämtliche Streitjahre betraf. Darin vertrat er vorläufig die Auffassung, für die [X.] bis 2005 könne eine Steuerhinterziehung nicht nachgewiesen werden, so dass insoweit Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Dem [X.] stehe es aber frei, im Wege der Amtshilfe zusätzliche Unterlagen aus [X.] anzufordern und vorzulegen. Für 2006 ergebe sich nach den neuen [X.]rkenntnissen des [X.] eine Steuer von 0 €. Für die [X.] bis 2011 sei die [X.]ntscheidung im Feststellungsverfahren nach § 18 [X.] abzuwarten; bis dahin seien diese Klageverfahren auszusetzen oder zum Ruhen zu bringen.

Die Klägerin wies das [X.] am 22. August 2016 auf die bereits eingetretene Bestandskraft der negativen Feststellungsbescheide nach § 18 [X.] hin und erklärte, sie stimme daher einem Ruhen oder einer Aussetzung der Klageverfahren nicht zu. Das [X.] regte mit Schreiben vom 8. September 2016 die Durchführung eines [X.]rörterungstermins an. [X.]s kündigte an, in diesem Termin die Schätzungsgrundlagen darzulegen. Die Klägerin lehnte dies im Schriftsatz vom 15. September 2016 ab und erklärte, dem rechtlichen Hinweis des [X.] für die Streitjahre 1996 bis 2006 sei nichts hinzuzufügen.

Am 22. September 2016 --zugestellt am 26. September 2016-- setzte das [X.] der Klägerin in den Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 2007 bis 2011 eine dreimonatige Frist nach § 79b Abs. 2 [X.]O zur Vorlage umfangreicher Unterlagen. Die Klägerin reichte am 15. bzw. 19. Dezember 2016 einen Teil der angeforderten Unterlagen ein.

Am 20. Dezember 2016 reichte das [X.] einen umfangreichen (achtseitigen) Schriftsatz mit zahlreichen Anlagen beim [X.] ein. Darin nahm es eine neue Schätzung vor, die für die [X.], 2000 sowie 2004 bis 2006 keine Mehrsteuern im Vergleich zu denjenigen Steuerfestsetzungen auswies, die vor den Änderungen durch die Steuerfahndung bestanden hatten. Ferner wies es darauf hin, dass [X.] --entgegen der vom [X.] geäußerten [X.]inschätzung-- bei einfacher Steuerhinterziehung keine Amtshilfe leiste und die [X.]rmittlungsmöglichkeiten der Finanzverwaltung daher ausgeschöpft seien. Die Klägerin bat am 20. Januar 2017 um den [X.]rlass von [X.] für die [X.], 2000 sowie 2004 bis 2006. Am 30. Januar 2017 erhob sie zur [X.]inkommensteuer 2005 und 2006 eine weitere Verzögerungsrüge.

Am 14. März 2017 erließ das [X.] geänderte [X.]inkommensteuerbescheide für die [X.], 1997, 1999 bis 2004, 2006 bis 2008 und 2011, in denen es die Steuer jeweils herabsetzte. Da die [X.]inkommensteuer für 2006 und 2011 nunmehr jeweils 0 € betrug, erklärte das [X.] am 14. März 2017 insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Die Klägerin erklärte am 21. März 2017 den Rechtsstreit für die [X.], 2006 und 2011 in der Hauptsache für erledigt und erhob im Übrigen inhaltliche [X.]inwendungen gegen die Richtigkeit der Änderungsbescheide. Das [X.], das die für die [X.] und 2011 bereits vorliegende [X.]rledigungserklärung des [X.] offenbar übersehen hatte, bat das [X.] am 23. März 2017 um [X.]rledigungserklärungen für die [X.], 2006 und 2011, die das [X.] am 25. April 2017 abgab. Zugleich wies das [X.] darauf hin, es erwarte hinsichtlich der weiteren Streitjahre zu zwei Fragenkreisen noch eine Antwort der Steuerfahndung.

Mit Beschlüssen vom 2. Mai 2017, die der Klägerin am 8. Mai 2017 übermittelt wurden, trennte das [X.] das Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 2004 aus dem wegen [X.]inkommensteuer 1996, 1997, 1999 bis 2004 geführten Verfahren 4 K 1879/13 ab und legte die Kosten insoweit dem [X.] auf. [X.]benso legte es die Kosten des wegen [X.]inkommensteuer 2006 geführten Verfahrens 4 K 1870/13 dem [X.] auf. Aus dem wegen [X.]inkommensteuer 2007 sowie 2009 bis 2011 geführten Verfahren 4 K 1890/13 trennte es das Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 2011 ab und legte die Kosten insoweit der Klägerin auf. Aufgrund einer Anhörungsrüge der Klägerin änderte das [X.] diese Kostenentscheidung mit Beschluss vom 21. Juli 2017 und legte nun auch die Kosten dieses Verfahrens dem [X.] auf.

Am 16. Mai 2017 erhob die Klägerin in den noch anhängigen Verfahren erneut Verzögerungsrügen. Am 18. Mai 2017 lud das [X.] in allen noch anhängigen Verfahren für den 5. Juli 2017 zur mündlichen Verhandlung.

Am 21. Juni 2017 wies das [X.] das [X.] darauf hin, dass sich nach den neuen Schätzungsgrundlagen auch für die [X.]inkommensteuer 2005 eine Steuer von 0 € ergeben dürfte. Das [X.] kündigte am 26. Juni 2017 den [X.]rlass eines entsprechenden Abhilfebescheids an und erklärte den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt. Am 3. Juli 2017 erklärte auch die Klägerin im Vertrauen auf den zugesagten Abhilfebescheid den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt. Das [X.] legte daraufhin mit Beschluss vom 3. Juli 2017 (den Beteiligten übermittelt am 4. Juli 2017) die Kosten des Verfahrens 4 K 1878/13 dem [X.] auf.

Am 26. Juni 2017 erteilte das [X.] den Beteiligten weitere umfangreiche rechtliche Hinweise. Daraufhin erklärte das [X.], auch hinsichtlich der [X.]inkommensteuer 1997, 1999, 2003 und 2008 Abhilfebescheide erlassen zu wollen. Die Klägerin erklärte am 3. bzw. 4. Juli 2017 für die [X.]inkommensteuer 1999 und 2008 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Das [X.] trennte am 3. Juli 2017 den Rechtsstreit wegen [X.]inkommensteuer 1999 aus dem Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 1996, 1997 und 1999 bis 2003 (4 K 1879/13) ab und legte die Kosten insoweit dem [X.] auf. Nach [X.]ingang der [X.]rledigungserklärung des [X.] zur [X.]inkommensteuer 2008 legte es die Kosten des entsprechenden Verfahrens (4 K 1412/13) mit Beschluss vom 21. Juli 2017 der Klägerin auf. Hiergegen erhob die Klägerin am 8. August 2017 Anhörungsrüge, die das [X.] am 28. September 2017 zurückwies.

Aufgrund der mündlichen Verhandlung am 5. Juli 2017 gab das [X.] der Klage im Verfahren 4 K 1879/13 ([X.]inkommensteuer 1996, 1997, 2000 bis 2003) statt, da die reguläre Festsetzungsfrist bei [X.]rlass der angefochtenen Änderungsbescheide abgelaufen gewesen sei. Die verlängerte Festsetzungsfrist sei mangels Nachweises einer Steuerhinterziehung nicht anwendbar. Im Verfahren 4 K 1890/13 ([X.]inkommensteuer 2009 und 2010) setzte das [X.] die [X.]inkommensteuer 2009 herab und wies die Klage wegen der [X.]inkommensteuer 2010 ab, da die [X.]rträge der [X.] gemäß § 42 [X.] unmittelbar der Klägerin zuzurechnen seien. Die Urteile wurden den Beteiligten am 26. Juli 2017 zugestellt.

Bereits am 16. Mai 2017 hatte die Klägerin beim [X.] wegen der Verfahren zur [X.]inkommensteuer 2004 und 2006 Ansprüche auf Geldentschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer in Höhe von jeweils 2.200 € (22 Monate Verzögerung je Verfahren) geltend gemacht. Im Rubrum und in der Begründung des Schreibens wegen [X.]inkommensteuer 2004 gab sie die Aktenzeichen 4 K 1879/13 und 4 K 1195/17 an. Ferner begehrte sie die Verzinsung der Ansprüche ab dem Zeitpunkt ihrer Geltendmachung sowie die [X.]rstattung der Anwaltskosten für die außergerichtliche Geltendmachung der Ansprüche (144,47 € je Verfahren). Das [X.] erwiderte am 17. Mai 2017, es sei für die Festsetzung von [X.]ntschädigungen nicht zuständig. Die Klägerin könne ihr Begehren durch Klage beim [X.] ([X.]) verfolgen. Nach einem Hinweis der Klägerin auf die Senatsrechtsprechung zum Bestehen der Möglichkeit der außergerichtlichen Geltendmachung eines [X.]ntschädigungsanspruchs erkannte das [X.] am 13. Juni 2017 für die genannten Verfahren jeweils einen [X.]ntschädigungsanspruch von 1.100 € für elf Monate (August 2015 bis Juni 2016) sowie die anteiligen Rechtsanwaltskosten (72,24 € je Verfahren) an und zahlte diese Beträge an die Klägerin aus.

Am 15. August 2017 machte die Klägerin zudem [X.]ntschädigungsansprüche wegen des Verfahrens zur [X.]inkommensteuer 2008 für 21 Monate (Juli 2015 bis Juni 2016 sowie August 2016 bis April 2017) in Höhe von 2.100 € [X.] vorgerichtlicher Anwaltskosten geltend. Das [X.] erkannte am 19. September 2017 einen Betrag von 1.200 € für die Monate Juli 2015 bis Juni 2016 sowie anteilige Anwaltskosten von 114,38 € an und zahlte diese Beträge an die Klägerin aus. Auch wegen des Verfahrens zur [X.]inkommensteuer 2005 hat der Beklagte einen [X.]ntschädigungsbetrag von 1.100 € vorgerichtlich anerkannt und gezahlt.

Mit ihren [X.]ntschädigungsklagen, die sich auf die Ausgangsverfahren wegen [X.]inkommensteuer 2006 (4 K 1870/13 / [X.]), [X.]inkommensteuer 2005 (4 K 1878/13 / [X.]), [X.]inkommensteuer 1996, 1997, 2000 bis 2003 (4 K 1879/13 / [X.]) sowie [X.]inkommensteuer 2008 (4 K 1412/13 / [X.]) beziehen, begehrt die Klägerin weitere [X.]ntschädigungsbeträge. Sie ist zunächst der Auffassung, § 198 Abs. 1 Satz 2 [X.] sei aufgrund der Verwendung zahlreicher unbestimmter Rechtsbegriffe nicht hinreichend bestimmt und daher verfassungswidrig. Die gesetzliche Regelung diene mehr der Abschreckung als dem verfassungs- und menschenrechtlich gebotenen Schutz der Bürger.

Im Übrigen hätte das [X.] bei Zugrundelegung der Senatsrechtsprechung gut zwei Jahre nach [X.] mit der Bearbeitung beginnen müssen, im Hinblick auf das fortgeschrittene Alter der Klägerin, das dem [X.] von Beginn an bekannt gewesen sei, auch wohl schon früher. Zudem wirke der gegen eine 78-Jährige erhobene Vorwurf der Steuerhinterziehung so schwer, dass sie an einem zügigen [X.] interessiert gewesen sei.

Die dem [X.] im gerichtlichen Hinweisschreiben vom 18. Juli 2016 gesetzte Frist von gut zwei Monaten sei angesichts des hohen Alters der Klägerin zu lang gewesen. Auch reiche es nicht aus, dass das [X.] nach [X.]rteilung seines rechtlichen Hinweises nur die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze weitergeleitet habe, selbst aber weitere neun Monate lang nicht tätig geworden sei.

Die Höhe der [X.]ntschädigung sollte im Hinblick auf das hohe Alter der Klägerin und das objektiv mangelhaft durchgeführte [X.]inspruchsverfahren den gesetzlichen Regelbetrag von 1.200 € pro Jahr der Verzögerung übersteigen. Auch wegen der Zusammenveranlagung mit [X.] erscheine eine Verdoppelung als angemessen.

[X.]in zusätzlicher, ebenfalls auszugleichender materieller Schaden liege in den Kosten, die der Klägerin für die --teilweise erfolglose-- vorgerichtliche Geltendmachung der [X.]ntschädigungsansprüche entstanden seien. Zinsen seien nicht erst ab Rechtshängigkeit, sondern bereits ab der vorgerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche zu zahlen, zumal der Beklagte auf einer derartigen vorgerichtlichen Geltendmachung bestehe. Aus menschenrechtlichen Gründen müsse die Kostenentscheidung in [X.]ntschädigungsklageverfahren jedenfalls dann, wenn eine unangemessene Verfahrensdauer festgestellt werde, stets in vollem Umfang zu Lasten des Beklagten ergehen.

In Bezug auf das Ausgangsverfahren 4 K 1879/13 (ursprünglich wegen [X.]inkommensteuer 1996, 1997 und 1999 bis 2004; am 2. Mai 2017 Abtrennung des Verfahrens wegen [X.]inkommensteuer 2004; am 3. Juli 2017 Abtrennung des Verfahrens wegen [X.]inkommensteuer 1999) trägt die Klägerin ergänzend vor, auch wenn die Abtrennungen erst kurz vor der [X.]rledigung des gesamten Verfahrens vorgenommen worden seien, sei sie so zu stellen, als seien die Verfahren von Anfang an getrennt geführt worden. Die vom Beklagten vorgerichtlich bereits anerkannte [X.]ntschädigung für das Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 2004 (1.100 €) sei daher nicht auf den [X.]ntschädigungsanspruch wegen des beim [X.] verbliebenen und durch ein Urteil abgeschlossenen Ausgangsverfahrens wegen [X.]inkommensteuer 1996, 1997 und 2000 bis 2003 anzurechnen. Ohnehin sei es ausgeschlossen, dass sich das vom Beklagten bereits am 13. Juni 2017 ausgesprochene Anerkenntnis auf das erst im Juli 2017 durch Urteil beendete Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 1996, 1997 und 2000 bis 2003 bezogen haben könnte.

In Bezug auf das Ausgangsverfahren wegen [X.]inkommensteuer 2008 bringt die Klägerin ergänzend vor, hier hätte das [X.] bereits ein Jahr nach [X.]inlegung des [X.]inspruchs tätig werden müssen, da es sich um eine Untätigkeitsklage gehandelt habe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

        

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin

        

-

im Verfahren X K 3/17 wegen unangemessener Dauer des vor dem [X.] Köln geführten Verfahrens 4 K 1870/13 ([X.]inkommensteuer 2006) eine weitere [X.]ntschädigung von 900 €,

        

-

im Verfahren X K 4/17 wegen unangemessener Dauer des vor dem [X.] Köln geführten Verfahrens 4 K 1878/13 ([X.]inkommensteuer 2005) eine weitere [X.]ntschädigung von 900 €,

        

-

im Verfahren X K 5/17 wegen unangemessener Dauer des vor dem [X.] Köln geführten Verfahrens 4 K 1879/13 ([X.]inkommensteuer 1996, 1997 und 2000 bis 2003) eine [X.]ntschädigung von 2.000 € und

        

-

im Verfahren X K 6/17 wegen unangemessener Dauer des vor dem [X.] Köln geführten Verfahrens 4 K 1412/13 ([X.]inkommensteuer 2008) eine weitere [X.]ntschädigung von 1.000 €,

        

jeweils zuzüglich Zinsen ab dem Zeitpunkt der vorgerichtlichen Geltendmachung, zu zahlen.

[X.]rgänzend führt die Klägerin aus, das Gericht möge "bei Bedarf" entscheiden, ob der gesetzliche Regelbetrag der [X.]ntschädigung zu verdoppeln sei.

Der Beklagte beantragt,
       die Klagen abzuweisen.

Die Ausgangsverfahren seien rechtlich komplex gewesen, da sie die Feststellung einer Steuerhinterziehung zum Gegenstand gehabt hätten. Da die Verzögerungsrügen im Juli 2015 erhoben worden seien, könne der [X.] erst im August 2015 beginnen. Die vom [X.] im Hinweisschreiben vom 18. Juli 2016 gesetzte [X.] sei angesichts des erheblichen Umfangs dieser Hinweise angemessen gewesen. Seit diesem Hinweisschreiben sei keine Verzögerung der Verfahren mehr eingetreten, da sich ein umfangreicher Schriftwechsel zwischen den Beteiligten entwickelt habe. Auch wenn das Gericht solche Schriftsätze nur weitergeleitet habe, habe dies der Gewährung rechtlichen Gehörs gedient. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Ausgangsverfahren jeweils mit Parallelverfahren verknüpft gewesen seien, in denen sowohl eine Aktivität des [X.] als auch weitere Aktivitäten der Beteiligten zu verzeichnen gewesen seien.

Die zum Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 2004 gezahlte [X.]ntschädigung beziehe sich auf das gesamte Ausgangsverfahren 4 K 1879/13. Der [X.]ntschädigungsanspruch sei auf das jeweilige Ausgangsverfahren, nicht aber auf dessen einzelne Streitgegenstände bezogen.

Im Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 2008 sei es für die Angemessenheit der Verfahrensdauer irrelevant, dass es sich um eine Untätigkeitsklage gehandelt habe. Insoweit werde allerdings für den Monat "Juni 2017" (so [X.]. 5 des Schriftsatzes des Beklagten vom 8. Dezember 2017; auf [X.]. 7 dieses Schriftsatzes ist von "Juni 2016" die Rede) ein weiterer [X.]ntschädigungsanspruch von 100 € anerkannt und der Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Kosten seien allerdings insoweit der Klägerin aufzuerlegen, da sie für diesen Monat vorgerichtlich keine [X.]ntschädigung begehrt habe.

Die Klägerin hat in Hinblick auf die [X.]inkommensteuer 2008 den Rechtsstreit ebenfalls für den Monat "Juni 2017" für erledigt erklärt. Sie ist der Auffassung, der Beklagte habe insoweit die Kosten zu tragen, da er den Anspruch zwar mit der Klageerwiderung (Schreiben vom 8. Dezember 2017) anerkannt, aber die daraus folgende Zahlung nicht sofort, sondern erst am 26. Januar 2018 geleistet habe.

Die Vorsitzende des erkennenden Senats hat die Beteiligten darauf hingewiesen, die [X.]rledigungserklärung des Beklagten dürfte nach dem Gesamtinhalt des Schriftsatzes vom 8. Dezember 2017 dahingehend auszulegen sein, dass sie sich auf den "Juni 2015" bezieht. Der Beklagte hat dieser Auslegung ausdrücklich zugestimmt. Die Klägerin hat demgegenüber darauf bestanden, den Rechtsstreit nur für den Monat Juni 2017 für erledigt erklärt zu haben.

Entscheidungsgründe

II.

[X.]ie vier [X.]ntschädigungsklageverfahren werden gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 [X.]O zu gemeinsamer [X.]ntscheidung verbunden. [X.]ie Verbindung entspricht wegen der im Wesentlichen gleichgelagerten Sachverhalte dem Gebot der Prozessökonomie.

III.

Im Verfahren [X.] ist es während des Klageverfahrens nicht zu einer Teilerledigung des Rechtsstreits gekommen. [X.]ie [X.]rledigungserklärungen der Klägerin und des [X.]n beziehen sich ausdrücklich auf unterschiedliche Monate; sie stimmen daher nicht überein. [X.]er [X.] entscheidet daher auch über diese Klage einheitlich durch Urteil.

IV.

[X.]ie Klagen sind --mit Ausnahme eines geringfügigen [X.] im Verfahren [X.]—- unbegründet.

Zwar war die [X.]auer der Ausgangsverfahren unangemessen (dazu unten 1. bis 3.). [X.]er Klägerin steht aber in keinem der Verfahren ein höherer als der vom [X.]n bereits vor- bzw. außergerichtlich anerkannte und erfüllte [X.]ntschädigungsanspruch zu (unten 4.). Auch die geltend gemachten Ansprüche auf Rechtshängigkeits- und Verzugszinsen bestehen --mit Ausnahme eines geringfügigen Anspruchs auf Verzugszinsen im Verfahren [X.] nicht (unten 5.).

1. Gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG richtet sich die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach den Umständen des [X.]inzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und [X.]ritter.

a) [X.]iese gesetzlichen Maßstäbe beruhen auf der ständigen Rechtsprechung des [X.] ([X.]) und des [X.] ([X.]). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierzu und zum Folgenden auf das [X.]surteil vom 7. November 2013 [X.] ([X.], 126, [X.], 179, Rz 48 ff.) Bezug genommen.

Nach dieser [X.]ntscheidung ist der Begriff der "Angemessenheit” für Wertungen offen, die dem Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse an einem möglichst zügigen Abschluss des Rechtsstreits einerseits und anderen, ebenfalls hochrangigen sowie verfassungs- und menschenrechtlich verankerten prozessualen Grundsätzen --wie dem Anspruch auf Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes durch inhaltlich möglichst zutreffende und qualitativ möglichst hochwertige [X.]ntscheidungen, der Unabhängigkeit der [X.] und dem Anspruch auf den gesetzlichen [X.]-- Rechnung tragen. [X.]anach darf die zeitliche Grenze bei der Bestimmung der Angemessenheit der [X.]auer des Ausgangsverfahrens nicht zu eng gezogen werden; dem Ausgangsgericht ist ein erheblicher Spielraum für die Gestaltung seines Verfahrens --auch in zeitlicher [X.] einzuräumen. Zwar schließt es die nach der Konzeption des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG vorzunehmende [X.]inzelfallbetrachtung aus, im Rahmen der Auslegung der genannten Vorschrift konkrete Fristen zu bezeichnen, innerhalb der ein Verfahren im Regelfall abschließend erledigt sein sollte. Gleichwohl kann für ein finanzgerichtliches Klageverfahren, das im Vergleich zu dem typischen in dieser Gerichtsbarkeit zu bearbeitenden Verfahren keine wesentlichen Besonderheiten aufweist, die Vermutung aufgestellt werden, dass die [X.]auer des Verfahrens angemessen ist, wenn das Gericht gut zwei Jahre nach dem [X.]ingang der Klage mit Maßnahmen beginnt, die das Verfahren einer [X.]ntscheidung zuführen sollen, und die damit begonnene ("dritte") Phase des [X.] nicht durch nennenswerte [X.]räume unterbrochen wird, in denen das Gericht die Akte unbearbeitet lässt. [X.]ies gilt nicht, wenn der Verfahrensbeteiligte rechtzeitig und in nachvollziehbarer Weise auf Umstände hinweist, aus denen eine besondere [X.]ilbedürftigkeit des Verfahrens folgt.

b) [X.]er [X.] kann die --ohnehin mangels Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des [X.] nicht substantiiert vorgebrachte-- Auffassung der Klägerin, § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG sei mangels hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit verfassungswidrig, nicht teilen. Wie die bisherige Rechtsentwicklung gezeigt hat, ist die höchstrichterliche Rechtsprechung in der Lage, die dort verwendeten Rechtsbegriffe auszulegen, zu konkretisieren und sie sowohl typisierend als auch einzelfallbezogen anzuwenden. In solchen Fällen sind die verfassungsrechtlichen Bestimmtheitserfordernisse regelmäßig erfüllt (vgl. [X.]-Beschluss vom 26. Juni 2008  2 BvR 2067/07, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2008, 3346, unter III.2.b bb).

2. Im Streitfall liegen keine Besonderheiten vor, die dazu führen könnten, von der Anwendung der genannten Regelvermutung für die Angemessenheit der [X.]auer finanzgerichtlicher Verfahren abzusehen.

a) [X.]ie Anwendung der in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG beispielhaft genannten Kriterien vermittelt im Streitfall kein einheitliches Bild.

[X.]ie Klägerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass Verfahren, bei denen es um den Vorwurf der Steuerhinterziehung geht, grundsätzlich eine besondere Bedeutung für den davon betroffenen Steuerpflichtigen haben. [X.]ies gilt vorliegend umso mehr, als bis September 2015 parallel auch ein Steuerstrafverfahren gegen die Klägerin betrieben wurde.

Gegenläufig ist aber zu berücksichtigen, dass die Ausgangsverfahren durch einen deutlich überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrad gekennzeichnet waren. Zum einen waren zahlreiche schwierige rechtliche Wertungen vorzunehmen. Vor allem aber war die Feststellung des Sachverhalts --gerade auch angesichts der weitestgehend unterbliebenen Mitwirkung der Klägerin an der [X.] besonders schwierig.

Aufgrund der nur sehr reduzierten Mitwirkung der Klägerin in den Ausgangsverfahren hat auch ihr eigenes Verhalten --ein weiteres der in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG genannten Kriterien-- nicht dazu beigetragen, die Verfahren zu fördern und zu einem zügigen Abschluss zu bringen.

b) Besondere Gründe für eine [X.]ilbedürftigkeit hat die Klägerin weder innerhalb der zweijährigen Regelfrist noch mit ihren nach gut zwei Jahren angebrachten Verzögerungsrügen dem [X.] gegenüber geltend gemacht.

aa) Allerdings bringt die Klägerin nunmehr vor, das [X.] hätte die Verfahren im Hinblick auf ihr hohes Alter beschleunigen müssen.

Zwar kann das hohe Alter eines Verfahrensbeteiligten oder Zeugen durchaus ein Grund sein, ein Verfahren besonders zu beschleunigen und im [X.]ntschädigungsklageverfahren von der Anwendung der Regelvermutung für die Angemessenheit der Verfahrensdauer finanzgerichtlicher Klageverfahren abzusehen. Voraussetzung hierfür ist aber --wie auch aus § 198 Abs. 3 Satz 3 GVG folgt--, dass das Ausgangsgericht diese besonderen Umstände kennt.

Vorliegend hat die Klägerin weder auf ein besonderes --altersbedingtes-- [X.] hingewiesen noch dem [X.] ihr Alter ausdrücklich mitgeteilt. Zwar war das Geburtsdatum der Klägerin in der übersandten Prozessvollmacht erwähnt. [X.]in weiterer Anhaltspunkt, der Rückschlüsse auf ein hohes Alter der Klägerin zugelassen hätte, war die Angabe in der [X.] Verwendung einer kleinen Schrifttype immerhin zwölfseitigen-- [X.]inspruchsentscheidung, die Klägerin beziehe seit 1994 Altersrente. [X.]as [X.] ist aber jedenfalls ohne einen besonderen Hinweis nicht verpflichtet, die im Rahmen der Klageerhebung und -begründung übersandten Unterlagen sofort von Amts wegen darauf durchzusehen, ob sich daraus Anhaltspunkte für ein besonders hohes Alter des Verfahrensbeteiligten und eine damit eventuell verbundene Beschleunigungsnotwendigkeit ergeben.

bb) Ob für die Bearbeitung einer Untätigkeitsklage generell ein besonderes Beschleunigungsgebot besteht, kann der [X.] im Rahmen der vorliegend zu treffenden [X.]ntscheidung offenlassen.

[X.]in solches Gebot besteht nämlich jedenfalls dann nicht, wenn die Untätigkeitsklage noch vor Ablauf der gesetzlichen Sechs-Monats-Frist des § 46 Abs. 1 Satz 2 [X.]O erhoben wird --die Sachentscheidungsvoraussetzungen also gar nicht erfüllt sind (vgl. hierzu [X.] vom 7. März 2006 VI B 78/04, [X.], 433, [X.], 430, unter 3.)-- und sich dem [X.] keine Anhaltspunkte für ein besonderes [X.] aufdrängen. So liegt es hier.

3. [X.]aher ist eine Betrachtung der konkreten Verfahrensabläufe unter Berücksichtigung der Regelvermutung für die Angemessenheit der [X.]auer finanzgerichtlicher Klageverfahren vorzunehmen. [X.]iese führt zu dem [X.]rgebnis, dass im [X.]ntschädigungsklageverfahren [X.] (Ausgangsverfahren 4 K 1870/13 wegen [X.]inkommensteuer 2006) eine unangemessene Verfahrensdauer von acht Monaten anzunehmen ist. In den [X.] (Ausgangsverfahren 4 K 1878/13 wegen [X.]inkommensteuer 2005), [X.] (Ausgangsverfahren 4 K 1879/13 wegen [X.]inkommensteuer 1996, 1997 und 2000 bis 2003) und [X.] (Ausgangsverfahren 4 K 1412/13 wegen [X.]inkommensteuer 2008) beläuft sich die unangemessene Verfahrensdauer auf jeweils sieben Monate.

a) In dem seit dem 7. Mai 2013 beim [X.] anhängigen Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 2008 endete der Wechsel der vorbereitenden Schriftsätze am 30. Januar 2014. In den seit dem 20. Juni 2013 anhängigen weiteren Ausgangsverfahren endete der Schriftsatzaustausch am 17. bzw. 31. Juli 2013.

Geht man nach den vorstehend unter 1.a dargelegten Grundsätzen davon aus, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu vermuten ist, wenn das Gericht gut zwei Jahre nach dem [X.]ingang der Klage mit Maßnahmen beginnt, die das Verfahren einer [X.]ntscheidung zuführen sollen, hätte das [X.] die Verfahren ab Juni 2015 ([X.]inkommensteuer 2008) bzw. Juli 2015 (die übrigen Ausgangsverfahren) aufgreifen und durch kontinuierliches Tätigwerden zur [X.]ntscheidung führen müssen. Tatsächlich ist es aber in allen Verfahren [X.] [X.]rhebung ordnungsgemäßer Verzögerungsrügen im Juli 2015-- zunächst nicht tätig geworden.

Während des Monats Juli 2015 --im Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 2008 auch während des Monats Juni 2015-- sind daher sämtliche Ausgangsverfahren unangemessen verzögert worden.

[X.]ntgegen der Auffassung der Klägerin ist aber allein aus dem Umstand, dass das [X.] auf die Verzögerungsrügen nicht reagiert hat, kein zusätzlicher Verzögerungszeitraum abzuleiten.

b) Von August bis [X.]ezember 2015 ist es sodann durchgängig zu einem neuen Schriftsatzaustausch zwischen den Beteiligten gekommen. Gerichtliche Aktivitäten haben in diesem [X.]raum allerdings --abgesehen von der Übermittlung der eingehenden Schriftsätze an den jeweils anderen [X.] nicht stattgefunden.

aa) [X.]ieser Schriftsatzaustausch wurde dadurch ausgelöst, dass das [X.] am 28. August 2015 umfangreiche neue Unterlagen der Steuerfahndung in das Verfahren eingeführt hatte. Im entsprechenden Übersendungsschreiben hatte es allerdings nur die Streitjahre 2007 bis 2011 bezeichnet. Jedenfalls auf diese Jahre --und damit auch auf die [X.]inkommensteuer 2008, die Gegenstand des [X.]ntschädigungsklageverfahrens [X.] ist-- bezog sich der bis einschließlich [X.]ezember 2015 ununterbrochen andauernde weitere Schriftsatzaustausch zwischen den Beteiligten.

Unter den besonderen Umständen des Streitfalls ist die [X.]auer dieses Schriftsatzaustausches für das Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 2008 ungeachtet dessen, dass diese Phase des Verfahrens durch das [X.] nicht begleitet, gelenkt oder gefördert wurde, als angemessen zu würdigen. [X.]er [X.] hat hierzu die Auffassung vertreten, auch ein Schriftsatzaustausch, der ohne Förderung durch das Ausgangsgericht stattfinde, diene der Gewährung rechtlichen Gehörs; eine [X.]ntscheidung des Gerichts sei daher vor Ablauf der letzten Stellungnahmefrist ausgeschlossen.

[X.]ies ist im Ausgangspunkt zutreffend. Allerdings verdichtet sich mit zunehmender Verfahrensdauer die Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Förderung, Beschleunigung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen ([X.]-Beschluss vom 27. Juli 2004  1 BvR 1196/04, NJW 2004, 3320, unter [X.], m.w.N.; [X.]surteil in [X.], 126, [X.], 179, Rz 55). [X.]aher darf sich das Gericht jedenfalls in einem Verfahren, dessen [X.]auer bereits als deutlich unangemessen anzusehen ist, nicht mehr auf die bloße Weiterleitung eingehender Schriftsätze beschränken, sondern muss das Verfahren aktiv fördern. [X.]as vorliegende Verfahren weist indes die Besonderheit auf, dass das [X.] im August 2015 umfassende neue Schätzungsgrundlagen vorgelegt hat. [X.]a die Klägerin an der Sachverhaltsaufklärung nicht mitgewirkt, sondern schlicht abgewartet hatte, ob das [X.] durch eigene [X.]rmittlungen im nicht kooperierenden Ausland weitere Beweismittel würde erlangen können, kann sich die hierdurch verursachte Verfahrensverzögerung im späteren [X.] nicht zu Gunsten der --insoweit bewusst untätig gebliebenen-- Klägerin auswirken. [X.]er erneute Schriftwechsel war also unter den besonderen Umständen des vorliegenden Verfahrens sachgerecht und bedeutet daher keine unangemessene Verfahrensdauer.

[X.]er [X.] kann auch nicht feststellen, dass der von August bis [X.]ezember 2015 dauernde Schriftsatzaustausch kürzer ausgefallen wäre, wenn das [X.] lenkende Hinweise gegeben hätte. [X.]ie Schriftsätze der Beteiligten folgten recht schnell aufeinander und waren inhaltlich zielgerichtet. Zudem waren die Ausgangsverfahren in diesem [X.]raum --in Bezug auf die [X.]inkommensteuer 2008 zwei Monate nach Beginn der objektiven [X.] noch nicht allzu stark verzögert. [X.]a sich die Pflicht des [X.] zur Verfahrensförderung mit zunehmender Verfahrensdauer immer mehr verdichtet, ist sie zu Beginn des objektiven Verzögerungszeitraums weniger stark ausgeprägt als in einem Verfahren, dessen [X.]auer bereits als deutlich unangemessen zu bewerten ist.

bb) [X.]arüber hinaus entfaltet dieser --unmittelbar nur für die [X.]inkommensteuer 2007 bis 2011 eingeleitete-- Schriftsatzaustausch aufgrund der Besonderheiten des zugrunde liegenden Sachverhalts aber auch Wirkungen für die übrigen Ausgangsverfahren, so dass deren [X.]auer in den Monaten August bis [X.]ezember 2015 ebenfalls nicht als unangemessen angesehen werden kann.

[X.]ies folgt allerdings nicht bereits daraus, dass das [X.] bei der Weiterleitung der vom [X.] am 28. August 2015 übermittelten Unterlagen an die Klägerin aufgrund eines Versehens zusätzliche Streitjahre angegeben hatte. Allein ein solches Versehen des Gerichts könnte für objektiv nicht von einem Schriftsatzaustausch betroffene Jahre nicht dazu führen, dass die Verfahrensdauer auch insoweit als angemessen anzusehen ist.

Bei wertender Betrachtung waren aber objektiv sämtliche Ausgangsverfahren von den neuen Schätzungsgrundlagen des [X.] betroffen. Im Vermerk der Steuerfahndung vom 30. April 2015 wurde mitgeteilt, dass nunmehr erstmals "belastbare Werte" des Vermögens zum 31. [X.]ezember 2004 und auch die Struktur des angelegten Vermögens bekannt geworden waren. Im ergänzenden Vermerk der Steuerfahndung vom 27. August 2015 waren erstmals Kontostände des [X.] ab 1998 ermittelt worden. [X.]ie vom [X.] im August 2015 übersandten Unterlagen haben sich auch tatsächlich fördernd auf sämtliche Ausgangsverfahren --nicht nur auf die im Übersendungsschreiben bezeichneten Veranlagungszeiträume 2007 bis 2011-- ausgewirkt. Zunächst hat der [X.]svorsitzende des [X.] in seinem Hinweisschreiben vom 18. Juli 2016 (dort bezogen auf das [X.]) eine Auswirkung dieser Unterlagen auch auf Vorjahre bejaht, insbesondere im Hinblick auf die nunmehr erstmals bekannt gewordene Struktur des angelegten [X.]. Auch die späteren, sämtliche Streitjahre betreffenden (Teil-)Abhilfebescheide des [X.] beruhten auf den [X.]rkenntnissen, die das [X.] im August 2015 in die Verfahren eingeführt hatte und die den neuen Schriftsatzaustausch ausgelöst hatten.

c) Im Januar 2016 ist das [X.] --in Gestalt des dortigen [X.]svorsitzenden-- mehrfach tätig geworden. [X.]er Vorsitzende hat zunächst mit dem [X.] telefoniert und anschließend einen entsprechenden Hinweis an die Klägerin erteilt. [X.]ie Verfahrensdauer ist daher in Bezug auf den Januar 2016 für sämtliche Ausgangsverfahren als angemessen zu werten.

d) Von Februar bis Juni 2016 ist hingegen keine Aktivität des [X.] festzustellen, obwohl sämtliche Ausgangsverfahren bereits verzögert waren. In Bezug auf diese Monate ist die Verfahrensdauer als unangemessen anzusehen.

e) In den Monaten Juli bis September 2016 ist keine weitere Verzögerung eingetreten. [X.]er Vorsitzende hat am 18. Juli 2016 einen umfangreichen rechtlichen Hinweis an die Verfahrensbeteiligten gerichtet. Anders als die Klägerin meint, war die darin gesetzte zweimonatige Stellungnahmefrist angesichts des erheblichen Umfangs der Hinweisverfügung keinesfalls zu lang. Im Übrigen haben weder die Klägerin noch das [X.] die [X.] ausgeschöpft, so dass diese objektiv nicht zu einer weiteren Verzögerung des Verfahrens geführt hat.

In den Monaten August und September 2016 kam es --ausgelöst durch die Hinweisverfügung des [X.]-- zu weiterem Schriftwechsel der Beteiligten. Am 22. September 2016 richtete der [X.]svorsitzende zudem in den Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 2007 bis 2011 eine umfangreiche Aufklärungsanordnung nach § 79b Abs. 2 [X.]O an die Klägerin.

f) In den Monaten Oktober und November 2016 sind zwar keine weiteren Aktivitäten in den Ausgangsverfahren zu verzeichnen. Allerdings war hier die Beantwortung der vom [X.] an die Klägerin gerichteten [X.] abzuwarten. [X.]ie gesetzte Frist von drei Monaten war angesichts des erheblichen Umfangs der angeforderten Unterlagen noch angemessen und zudem im eigenen Interesse der Klägerin. Sie hat diese Frist auch tatsächlich ausgeschöpft und die Unterlagen nicht etwa vorfristig eingereicht.

aa) [X.]ie [X.] bezog sich indes unmittelbar nur auf die Jahre 2007 bis 2011. [X.]aher ist die [X.] des entsprechenden [X.] zunächst nur in Bezug auf das [X.]ntschädigungsklageverfahren [X.] ([X.]inkommensteuer 2008) als angemessen anzusehen.

bb) [X.]arüber hinaus ist aber in Bezug auf diese [X.] des [X.] auch für die übrigen --nicht unmittelbar von der Aufklärungsanordnung berührten-- Ausgangsverfahren ebenfalls keine Verzögerung anzunehmen.

[X.]as [X.] ([X.]) hat bereits entschieden, dass der dem Gericht zukommende Gestaltungsspielraum auch die Befugnis umfasst, eines von mehreren anhängigen Parallelverfahren als Leitverfahren zu behandeln und vordringlich zu fördern, wenn zu erwarten ist, dass die dort gewonnenen [X.]rkenntnisse auch für die übrigen Verfahren von Bedeutung sind. Solange das Leitverfahren bearbeitet wird, ist es vertretbar, die Parallelverfahren faktisch auszusetzen ([X.]-Urteil vom 14. November 2016  5 [X.] 10/15 [X.], [X.][X.] 156, 229, Rz 155).

So liegt es hier. [X.]s war jedenfalls nicht ausgeschlossen, von der Aufklärung der Verhältnisse für die Jahre ab 2007 auch Rückschlüsse für die Vorjahre bis 2006 zu erwarten, da in allen Jahren letztlich dasselbe Kapitalvermögen ertragbringend angelegt war.

g) In den Monaten [X.]ezember 2016 und Januar 2017 kam es aufgrund der Vorlage einer neuen Schätzung des [X.], die sämtliche Streitjahre betraf, zu einem weiteren Schriftsatzaustausch zwischen den Beteiligten. Auch wenn das [X.] in diesem Stadium erneut nicht lenkend und fördernd tätig geworden ist, sind diese zwei Monate als Teil der angemessenen Verfahrensdauer anzusehen.

h) [X.]emgegenüber ist im Monat Februar 2017 keine Aktivität in den Ausgangsverfahren erkennbar.

aa) In dem Verfahren 4 K 1412/13 liefen allerdings für beide Beteiligte noch Stellungnahmefristen, die das [X.] jeweils bis zum 5. März 2017 gesetzt hatte. In Bezug auf die [X.]inkommensteuer 2008 war das [X.] um Stellungnahme zu den von der Klägerin am 15. bzw. 19. [X.]ezember 2016 eingereichten Unterlagen gebeten worden. Angesichts des Umfangs dieser Unterlagen war die [X.]auer der gesetzten Frist angemessen. [X.]ieses Verfahren ist daher im Februar 2017 nicht unangemessen verzögert worden.

bb) Anders ist die Situation in Bezug auf die anderen Verfahren zu beurteilen. Zwar hatte das [X.] der Klägerin eine Frist bis zum 5. März 2017 zur Stellungnahme auf den Schriftsatz des [X.] vom 20. [X.]ezember 2016 eingeräumt. [X.]ie Klägerin hatte aber bereits mit Schreiben vom 20. und 30. Januar 2017 deutlich zu erkennen gegeben, dass sie die Verfahren für entscheidungsreif hielt und keine weitere Stellungnahme abgeben möchte. [X.]aher hätte das [X.] diese Verfahren zügig weiter fördern müssen. Hinzu kommt, dass das [X.] schon in den Vormonaten (seit September 2016) nicht mehr selbst tätig geworden war, sondern sich auf die bloße Weiterleitung der von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze beschränkt hatte. Zudem hatte sich die Pflicht des [X.] zur Förderung der bereits verzögerten Verfahren in diesem [X.]punkt bereits in stärkerem Maße verdichtet als beispielsweise noch im [X.]raum August bis [X.]ezember 2015 (dazu oben b aa).

i) Im März 2017 hat das [X.] Teilabhilfebescheide für sämtliche Streitjahre mit Ausnahme des Jahres 2005 erlassen. Schon wegen der Notwendigkeit, diese Bescheide --als neue Gegenstände der Ausgangsverfahren (§ 68 [X.]O)-- prüfen zu müssen, ist die Verfahrensdauer in Bezug auf diesen Monat als angemessen anzusehen.

[X.]ies gilt auch im Hinblick auf das Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 2005. Zwar ist hier aufgrund der Regelungen der Kleinbetragsverordnung kein Änderungsbescheid ergangen. [X.]ies hatte das [X.] am 3. März 2017 aber ausdrücklich mitgeteilt, so dass auch insoweit eine Überprüfungsnotwendigkeit des [X.] gegeben war.

j) Im April 2017 ist es in Bezug auf das Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 2006 zu einer Verzögerung gekommen, da die übereinstimmenden [X.]rledigungserklärungen der Beteiligten bereits am 14. bzw. 21. März 2017 abgegeben, vom [X.] aber zunächst übersehen wurden. [X.]as [X.] hätte den einfachen Kostenbeschluss ohne Weiteres spätestens im April 2017 treffen können, ist tatsächlich aber erst im Mai 2017 tätig geworden.

In den übrigen Verfahren war das [X.] im April 2017 noch an einer [X.]ntscheidung gehindert, da das [X.] angekündigt hatte, die Steuerfahndung werde zu zwei --näher bezeichneten-- Punkten noch Stellung nehmen.

k) Ab Mai 2017 ist das [X.] in sämtlichen Ausgangsverfahren bis zu deren abschließender [X.]rledigung ununterbrochen tätig geworden. So hat es im Mai 2017 die Verfahren wegen der [X.]inkommensteuer 2004 und 2006 erledigt und in allen übrigen Verfahren zur mündlichen Verhandlung geladen. Im Juni 2017 hat es in allen noch anhängigen Verfahren umfangreiche rechtliche Hinweise erteilt. Im Juli 2017 hat es die mündlichen Verhandlungen durchgeführt und auch die Urteile abgefasst und zugestellt. Soweit in den Monaten August und September 2017 im Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 2008 noch eine Anhörungsrüge der Klägerin zu bearbeiten war, ist auch dies ohne Verzögerung geschehen.

l) Im [X.]rgebnis ist die Verfahrensdauer damit für sämtliche Verfahren in den Monaten Juli 2015 sowie Februar bis Juni 2016 als unangemessen anzusehen. Für die [X.]inkommensteuer 2008 kommt zusätzlich der Monat Juni 2015 hinzu, für die übrigen Verfahren der Monat Februar 2017 (insgesamt sieben Monate je Ausgangsverfahren). Für das Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 2006 ist zusätzlich noch der Monat April 2017 der unangemessenen Verfahrensdauer zuzurechnen (insoweit acht Monate unangemessene Verfahrensdauer).

4. [X.]er [X.] hat vor- und außergerichtlich in den [X.]ntschädigungsklageverfahren X K 3-5/17 jeweils Geldentschädigungen von 1.100 € (für je elf Monate) und im Verfahren [X.] eine Geldentschädigung von 1.300 € (für 13 Monate) anerkannt und geleistet. [X.]a sich die tatsächlich unangemessenen Teile der Verfahrensdauern im Verfahren [X.] auf acht Monate und in den Verfahren [X.] auf sieben Monate belaufen (dazu oben 3.), der gesetzliche Regelbetrag der Geldentschädigung vorliegend nicht zu erhöhen ist (unten a) und der für das abgetrennte Verfahren zur [X.]inkommensteuer 2004 vorgerichtlich gezahlte [X.] auf das gesamte Ausgangsverfahren wegen [X.]inkommensteuer 1996, 1997 und 1999 bis 2004 anzurechnen ist (unten b), steht der Klägerin keine weitere [X.]ntschädigung zu.

a) Vorliegend sind keine Umstände dafür gegeben, dass der in § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG genannte Regelbetrag von 1.200 € für jedes Jahr der Verzögerung unbillig (§ 198 Abs. 2 Satz 4 GVG) sein könnte.

[X.]ie Klägerin macht in diesem Zusammenhang geltend, der Regelbetrag der Geldentschädigung für Nichtvermögensschäden sei wegen ihres hohen Alters, des mangelhaft geführten Verwaltungsverfahrens und der Zusammenveranlagung mit [X.] zu verdoppeln.

[X.]em ist zu entgegnen, dass --gerade angesichts der nahezu vollständig fehlenden Mitwirkung der Klägerin und der Notwendigkeit, [X.]rmittlungen im Ausland durchführen zu müssen-- keine Anhaltspunkte für eine Mangelhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens bestehen. Zudem hat die [X.]auer des Verwaltungsverfahrens ohnehin keinen [X.]influss auf die Beurteilung der Angemessenheit der [X.]auer des gerichtlichen Verfahrens ([X.]sbeschluss vom 26. Juli 2012 [X.] (PKH), [X.], 1822, Rz 4 f.).

Auf ihr hohes Alter hat die Klägerin in den Ausgangsverfahren weder hingewiesen noch musste sich dies dem [X.] aus den Unterlagen, die die Klägerin dem [X.] vorgelegt hatte, aufdrängen (dazu oben 2.b aa).

[X.]ie Zusammenveranlagung mit [X.] kann schon deshalb nicht zu einer Verdoppelung des [X.]s führen, weil [X.] --der bereits vor [X.]rlass der in den Ausgangsverfahren angefochtenen Bescheide verstorben [X.] an den verzögerten Ausgangsverfahren gar nicht beteiligt war.

b) [X.]er für das abgetrennte Verfahren zur [X.]inkommensteuer 2004 vorgerichtlich gezahlte [X.] ist auf das gesamte wegen der [X.]inkommensteuer 1996, 1997 und 1999 bis 2004 geführte Ausgangsverfahren 4 K 1879/13 anzurechnen.

[X.]ie [X.]auer dieses Ausgangsverfahrens war in Bezug auf die Monate Juli 2015, Februar bis Juni 2016 sowie Februar 2017 als unangemessen anzusehen (siehe oben 3.l). In all diesen Monaten ist das verzögerte Ausgangsverfahren noch einheitlich geführt worden. [X.]rst am 2. Mai 2017 --nachdem die gesamte Verzögerung bereits eingetreten [X.] ist das Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 2004 unter dem neuen Aktenzeichen 4 K 1195/17 aus dem Verfahren 4 K 1879/13 abgetrennt und mit Kostenbeschluss vom selben Tage beendet worden.

Vor der Abtrennung war in Bezug auf die [X.]inkommensteuer 1996, 1997 und 1999 bis 2004 nur ein einziges Verfahren beim [X.] anhängig. Hierfür entsteht bei einer unangemessenen Verfahrensdauer nur ein einziger --einheitlicher-- [X.]ntschädigungsanspruch. In Fällen der objektiven Klagehäufung vervielfacht sich der [X.]ntschädigungsanspruch --im Gegensatz zur subjektiven [X.] nicht (so bereits [X.]surteil vom 12. Juli 2017 [X.], BFH[X.] 259, 393, [X.] 2018, 103, Rz 57).

[X.]anach deckt die vom [X.]n vorgerichtlich insoweit gezahlte [X.]ntschädigung nicht allein isoliert die im Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 2004 eingetretene Verzögerung, sondern die gesamte Verzögerung der Ausgangsverfahren 4 K 1879/13 und 4 K 1195/17 ab. Hierfür sprechen schon die von der Klägerin selbst in dem Schriftsatz, mit dem sie ihren [X.]ntschädigungsanspruch vorgerichtlich geltend gemacht hatte, gewählten Formulierungen. [X.]arin hatte sie beide Aktenzeichen angegeben, den geltend gemachten Anspruch also selbst ausdrücklich auch auf das ursprüngliche Verfahren bezogen. Auch das Antwortschreiben des [X.]n vom 13. Juni 2017, mit dem er den Anspruch teilweise anerkannt hatte, bezog sich eindeutig auf das gesamte Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 1996, 1997 sowie 1999 bis 2004, nicht aber ausschließlich auf das später abgetrennte Verfahren wegen [X.]inkommensteuer 2004.

Nicht überzeugen kann demgegenüber die Argumentation der Klägerin, ein Anerkenntnis vom 13. Juni 2017 könne sich nicht auf ein Verfahren beziehen, das erst im Juli 2017 beendet worden sei. [X.]enn ein Anspruch auf [X.]ntschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer kann bereits vor dem rechtskräftigen Abschluss des Ausgangsverfahrens geltend gemacht --und damit auch erfüllt-- werden, wie § 201 Abs. 3 GVG zweifelsfrei zeigt.

c) [X.]anach kann offenbleiben, ob die Anwaltskosten für die teilweise vergebliche außergerichtliche Geltendmachung des [X.]ntschädigungsanspruchs einen materiellen Schaden darstellen, der im Rahmen der [X.]ntschädigungsklage auszugleichen sein könnte. [X.]iese Frage würde sich nur stellen, wenn der Klägerin eine höhere [X.]ntschädigung zustünde als bisher vom [X.]n anerkannt worden ist. [X.]ies ist aber nicht der Fall.

Unabhängig davon neigt der [X.] aber zu der Auffassung, dass die [X.]rstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten --wie auch in allen anderen [X.] nicht dem [X.]ntschädigungsklageverfahren als solchem, sondern dem nachgehenden [X.] zuzuordnen ist.

5. Auch soweit die Klägerin vorgerichtlich erfolgreich war, steht ihr nur ein geringfügiger Teil des geltend gemachten [X.] zu.

a) [X.]in Anspruch auf Geldentschädigung ist auch in den öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten ab [X.]intritt der Rechtshängigkeit gemäß § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ([X.]) mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen ([X.]surteil vom 19. März 2014 [X.], BFH[X.] 244, 521, [X.], 584, Rz 39 ff.). [X.]a die [X.]ntschädigungsklagen indes erfolglos geblieben sind, kommen [X.] nicht in Betracht.

b) [X.]in weitergehender Zinsanspruch könnte sich nur unter dem Gesichtspunkt des Verzugs ergeben (§ 288 Abs. 1 Satz 1 [X.]). [X.]ies setzt aber grundsätzlich eine vorherige Mahnung voraus, die nach dem [X.]intritt der Fälligkeit der Schuld ausgesprochen worden sein muss (§ 286 Abs. 1 Satz 1 [X.]).

[X.]ine solche Mahnung lässt sich den von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen nur in Bezug auf den vom [X.]n anerkannten [X.]ntschädigungsanspruch zur [X.]inkommensteuer 2006 entnehmen (Schreiben der Klägerin vom 7. Juli 2017). [X.]a der [X.] die Hauptforderung am 14. Juli 2017 erfüllt hat, sind Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1 Satz 2 [X.]) für die [X.] vom 8. bis zum 14. Juli 2017 entstanden. [X.]ie Bemessungsgrundlage für die Zinsen beschränkt sich allerdings auf den tatsächlich bestehenden [X.]ntschädigungsanspruch zur [X.]inkommensteuer 2006 (800 €); der höhere vom [X.]n anerkannte Betrag (1.100 €) ist insoweit nicht maßgeblich.

[X.]ass die Klägerin auch in Bezug auf die übrigen [X.]ntschädigungsansprüche vorgerichtliche Mahnungen ausgesprochen hätte, ist demgegenüber weder von ihr selbst vorgetragen worden noch den Akten zu entnehmen.

6. [X.]ie Kosten der Verfahren sind der Klägerin aufzuerlegen.

a) Soweit der [X.] die Klagen abgewiesen hat (Verfahren [X.]), beruht die Kostenentscheidung auf § 135 Abs. 1 [X.]O.

Anders als die Klägerin meint, folgt aus der [X.]uropäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ([X.]MRK) nicht, dass der [X.] auch dann stets die gesamten Kosten eines [X.]ntschädigungsklageverfahrens zu tragen hat, wenn er ganz oder teilweise obsiegt. Zu einer Kostentragungspflicht für den eine überlange Verfahrensdauer [X.] kommt es in [X.]ntschädigungsklageverfahren im Regelfall nur dann, wenn die geltend gemachte Menschenrechtsverletzung gerade nicht stattgefunden hat. Wenn es aber nicht zu einer Menschenrechtsverletzung gekommen ist, ist nicht nachvollziehbar, weshalb aus menschenrechtlichen Gründen von der Anwendung der allgemeinen Kostentragungsregelungen abzusehen sein sollte. Auch die Klägerin hat ihr entsprechendes Begehren nicht durch Hinweise auf Normen der [X.]MRK oder die Rechtsprechung des [X.] substantiiert. [X.]ie [X.]rwägungen in Rz 74 ff. des von ihr genannten [X.]surteils vom 17. April 2013 [X.] (BFH[X.] 240, 516, [X.] 2013, 547), die sich ausschließlich mit der Kostenentscheidung in Fällen eines Feststellungsausspruchs ohne Anspruch auf Geldentschädigung befassen, sind ebensowenig einschlägig wie die Ausführungen in Rz 201 des in der vorgenannten [X.]ntscheidung zitierten Urteils des [X.] vom 29. März 2006  36813/97 --Scordino/[X.] (NJW 2007, 1259), die allein den Fall einer begründeten [X.]ntschädigungsklage betreffen.

b) Im Verfahren [X.], bei dem die Klägerin nur mit einem geringfügigen Teil des von ihr geltend gemachten [X.] obsiegt hat, beruht die Kostenentscheidung auf § 136 Abs. 1 Satz 3, weil das Unterliegen des [X.]n geringfügig ist.

Meta

X K 3-6/17, X K 3/17, X K 4/17, X K 5/17, X K 6/17

27.06.2018

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

§ 198 Abs 1 GVG, § 288 Abs 1 BGB, § 198 Abs 1 S 2 GVG, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 19 Abs 4 GG, MRK, § 135 Abs 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.06.2018, Az. X K 3-6/17, X K 3/17, X K 4/17, X K 5/17, X K 6/17 (REWIS RS 2018, 7085)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7085

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