Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2005, Az. VI ZR 204/04

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 723

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.]/04 Verkündet am: 22. November 2005 [X.], Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 [X.], 1004; StGB § 186 Liegt es nahe, aus mehreren unstreitigen Tatsachen eine bestimmte ehrverletzende Schlussfolgerung zu ziehen, so ist eine bewusst unvollständige Berichterstattung rechtlich wie eine unwahre Tatsachenbehauptung zu behandeln, wenn die Schluss-folgerung bei Mitteilung der verschwiegenen Tatsache weniger nahe liegend er-scheint und deshalb durch das Verschweigen dieser Tatsache beim unbefangenen Durchschnittsleser ein falscher Eindruck entstehen kann. [X.], Urteil vom 22. November 2005 - [X.]/04 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2005 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.], den [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll für Recht erkannt: Die Revision des [X.]n gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des [X.] vom 1. Juli 2004 wird auf seine Kos-ten zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand:Die Kläger, ein [X.] Erzbistum, dessen Kardinal und ein Prälat, nehmen den [X.]n, einen Journalisten, auf Unterlassung wörtlicher oder sinngemäßer Tatsachenbehauptungen dahingehend in Anspruch, den Klägern sei es aufgrund eines an sie gerichteten Briefes einer [X.] vom 18. Sep-tember 1996 möglich gewesen, den Schwangerschaftsabbruch einer angeblich von einem Pfarrer geschwängerten Minderjährigen zu verhindern, außerdem hätten sie den Pfarrer, der die angebliche Sexualbeziehung zu der Minderjähri-gen erpresst habe, aus seinem Amt entfernen können. Sie behaupten, der [X.] habe diese Tatsachenbehauptungen versteckt in zwei Zeitungsartikeln und einem Rundfunkbeitrag, die alle Ende 1996 erschienen sind, aufgestellt. 1 - 3 - Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Das in NJW-RR 1998, 1175 veröffentlichte Berufungsurteil, mit dem die Berufung des [X.]n nur hin-sichtlich des [X.] zu 3 wegen fehlender Aktivlegitimation erfolgreich gewe-sen, im übrigen jedoch zurückgewiesen worden war, ist vom Bundesverfas-sungsgericht (NJW 2004, 1942) wegen Verstoßes gegen das [X.] aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung zurückverwie-sen worden. Die Kläger haben den [X.]n nunmehr auf Unterlassung ver-schiedener Äußerungen in Anspruch genommen, aus denen sie die versteckten Aussagen im Sinne des ursprünglichen Antrages herleiten. Die Berufung ist weitgehend ohne Erfolg geblieben; das Berufungsgericht hat der [X.] stattgegeben mit der Einschränkung, dass dem [X.]n die Ver-breitung der beanstandeten verdeckten Tatsachenbehauptungen, wie in den zwei 1996 erschienenen Artikeln und dem am 24. November 1996 gesendeten Rundfunkbeitrag geschehen, verboten werde ohne den klarstellenden Zusatz, dass den Klägern weder der Name des betroffenen Mädchens noch der des Pfarrers bekannt gewesen, weil von [X.] nicht mitgeteilt worden sei. Mit [X.] vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der [X.] die Klageabweisung auch gegenüber den Klägern zu 1, 2 und 4. 2 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht bejaht einen Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 1004 BGB, § 186 StGB, da der [X.] in den zwei 1996 veröf-fentlichten Artikeln und dem am 24. November 1996 ausgestrahlten [X.] in verdeckter Form unrichtige Tatsachenbehauptungen aufgestellt habe, 3 - 4 - welche geeignet seien, das Ansehen der Kläger in der Öffentlichkeit [X.]. So habe der Kläger im Radiobeitrag die verdeckten und unrichtigen [X.] aufgestellt, die Kläger hätten aufgrund eines Schreibens von [X.] vom 18. September 1996, in dem diese das Bistum darüber infor-mierte, dass eine Jugendliche aufgrund einer erpressten Sexualbeziehung zu einem [X.] Pfarrer schwanger geworden sei und nach Beratung diese Schwangerschaft in den nächsten Tagen abbrechen werde, die Möglichkeit [X.], unmittelbar Kontakt mit der Betroffenen aufzunehmen und den Schwan-gerschaftsabbruch zu verhindern, sowie, den Klägern sei der Name des be-schuldigten Pfarrers bekannt gewesen, so dass sie ihn aus dem Amt hätten entfernen können. 4 In dem Artikel für die Zeitschrift "[X.]" seien die beiden verdeckten Behauptungen ebenfalls aufgestellt worden, während im Artikel in der Zeitschrift "[X.] intern" nur die erste (bezüglich der Kontaktaufnahmemöglichkeit) [X.] worden sei. 5 Der [X.] habe dabei verschwiegen, dass der Kläger zu 4 unstreitig in einem dem Schreiben vorangegangenen Telefonat mit [X.] nach dem Namen des Pfarrers und der betroffenen Minderjährigen gefragt und keine Ant-wort erhalten hatte und dass der Brief diese Informationen unstreitig ebenfalls nicht enthielt. Das Verschweigen wesentlicher Umstände und damit die unvoll-ständige Darstellung des Sachverhalts begründe eine verdeckte Tatsachenbe-hauptung, die dadurch unrichtig sei. 6 - 5 - I[X.] Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. Den Klägern steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 1004 BGB, § 186 StGB mit der im Tenor des Berufungsgerichts erfolgten Einschränkung zu. 7 1. Die Revision rügt erfolglos die Aktivlegitimation des [X.] zu 2 ([X.]). 8 a) Das Berufungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass auch juristische Personen des öffentlichen Rechts wie das klagende Bis-tum zivilrechtlichen Ehrenschutz gegenüber Angriffen in Anspruch nehmen können, durch die ihr Ruf in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabge-setzt wird. Zwar haben sie weder eine "persönliche" Ehre noch können sie wie eine natürliche Person Träger des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sein; sie genießen jedoch, wie § 194 Abs. 3 StGB zeigt, im Zusammenhang mit der [X.] ihrer öffentlichen Aufgaben - hier im Bereich der Seelsorge und der Verbreitung und Vertretung von Glaubensinhalten - strafrechtlichen Ehren-schutz, der über §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 185 ff. StGB zivilrechtliche Unterlassungsansprüche begründen kann (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - [X.] ZR 251/80 - NJW 1982, 2246 und vom 16. November 1982 - [X.] ZR 122/80 - NJW 1983, 1183, jeweils m.w.N.; [X.] 93, 266, 291). 9 b) Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist weiterhin die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Kläger zu 2 durch die Berichterstattung selbst betroffen ist. 10 Wenn die Revision meint, dass nur Mitarbeiter einer juristischen Person von einer Äußerung betroffen sein könnten, trifft dies für den vorliegenden 11 - 6 - Sachverhalt nicht zu. Auch wenn die juristische Person durch ihre Mitarbeiter bzw. gesetzlichen Vertreter handelt, kann sie doch - wie soeben ausgeführt - selbst Rechtsträger sein und deshalb Unterlassungsansprüche geltend ma-chen, wenn sie in ihrer Rechtsstellung beeinträchtigt wird. Dies gilt im [X.] Fall bereits deshalb, weil das Erzbistum als Institution mehrfach direkt benannt bzw. angesprochen ist. Soweit die Revision mit der Unterscheidung zwischen Erzbistum und Erzdiözese in Zweifel zieht, ob das Erzbistum eine juristische Person sei, kann zur Beseitigung dieser Zweifel auf [X.] 124, 173, 174 f. verwiesen werden, wonach im Bereich der [X.] [X.] dem Bistum als der maßgeblichen Territorialgliederung die grundgesetzlich geschützte Rechtsstellung (Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 WRV) als Körperschaft öffentlichen Rechts zukommt (vgl. auch Schmidt-Bleibtreu/[X.], Kommentar zum [X.], 10. Auflage, Art. 140, Rn. 12). 12 2. Ohne Erfolg rügt die Revision, dass das Berufungsgericht bei Ermitt-lung des Aussagegehalts der drei Presseberichte deren [X.] außer [X.] gelassen und deshalb ihren Sinn nicht zutreffend erfasst habe. 13 a) Die zutreffende Sinndeutung einer Äußerung ist unabdingbare Vor-aussetzung für die richtige rechtliche Würdigung ihres Aussagegehalts. Sie [X.] in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. Se-natsurteile [X.] 78, 9, 16; 132, 13, 21; vom 7. Dezember 1999 - [X.] ZR 51/99 - [X.], 327, 330; vom 30. Mai 2000 - [X.] ZR 276/99 - [X.], 1162, 1163; vom 25. November 2003 - [X.] ZR 226/02 - VersR 2004, 343, 344). Ziel der Deutung ist stets, den objektiven Sinngehalt zu ermitteln. Dabei ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden maßgeblich noch das subjektive Ver-ständnis des Betroffenen, sondern das Verständnis eines unvoreingenomme-14 - 7 - nen und verständigen Publikums. Ausgehend vom Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für die Leser, Hörer oder Zu-schauer erkennbar sind. Hingegen wird die isolierte Betrachtung eines umstrit-tenen [X.] den Anforderungen an eine zuverlässige Sinnermittlung regelmäßig nicht gerecht (vgl. [X.] 93, 266, 295; Senatsurteile vom 25. März 1997 - [X.] ZR 102/96 - [X.], 842, 843 m.w.N.; vom 25. Novem-ber 2003 - [X.] ZR 226/02 - VersR 2004, 343, 344). b) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist diese revisions-rechtliche Überprüfung auch im Streitfall vorzunehmen und nicht etwa durch das [X.] (NJW 2004, 1942) abschließend erfolgt. [X.] erstreckt sich die Bindungswirkung des Beschlusses des [X.] nur auf den Umfang der Feststellung nach § 95 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Feststellung im Sinne dieser [X.] ist jedenfalls die Entscheidungsformel, nach ständiger Rechtspre-chung des [X.]s ergänzt um die tragenden Gründe der Entscheidung ([X.] 1, 14, 37; 19, 377, 392; 20, 56, 87; 40, 88, 93; 96, 375, 404; 104, 151, 197; [X.]/[X.], [X.], 2. A., § 31 Rn. 58). Jedoch erfasst die Bindungswirkung nur die Auslegung der Verfassung, nicht die einfachrechtlicher Normen ([X.]/[X.] aaO, Rn. 60). [X.] ist dem Beschluss des [X.]s lediglich zu entnehmen, dass die Rechtsprechung der Fachgerichte, wonach bei der Annahme von ver-deckten Aussagen eine besondere Zurückhaltung geboten sei und deshalb die dem Leser nahe gelegte Schlussfolgerung unabweislich sein müsse, von [X.] wegen nicht zu beanstanden sei. 15 - 8 - c) Mit Recht hat sich das Berufungsgericht bei der Ermittlung des [X.] nicht auf "offene" Behauptungen beschränkt, sondern die Prüfung auf ehrenkränkende Beschuldigungen erstreckt, die im Gesamtzusammenhang der offenen Einzelaussagen "versteckt" bzw. "zwischen den Zeilen" stehen könnten (vgl. Senatsurteile [X.] 78, 9, 14; vom 28. Juni 1994 - [X.] ZR 273/93 - [X.], 1123, 1124; vom 25. November 2003 - [X.] ZR 226/02 - VersR 2004, 343, 344). Das Berufungsgericht gibt auch die Grundsätze zur Nachprüfung solcher verdeckter Aussagen zutreffend wieder. 16 Danach ist bei der Ermittlung so genannter verdeckter Aussagen zu [X.] zwischen der Mitteilung einzelner Fakten, aus denen der Leser ei-gene Schlüsse ziehen kann und soll, und der erst eigentlich "verdeckten" [X.], mit der der Autor durch das Zusammenspiel offener Äußerungen eine zusätzliche Sachaussage macht bzw. sie dem Leser als unabweisliche Schluss-folgerung nahe legt. Unter dem Blickpunkt des Art. 5 Abs. 1 GG kann nur im zweiten Fall die "verdeckte" Aussage einer "offenen" Behauptung des [X.] gleichgestellt werden. Denn der Betroffene kann sich in aller Regel nicht dagegen wehren, dass der Leser aus den ihm "offen" mitgeteilten Fakten eige-ne Schlüsse auf einen Sachverhalt zieht, für den die offenen Aussagen [X.] bieten, der von dem sich Äußernden so aber weder offen noch ver-deckt behauptet worden ist (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 1994 - [X.] ZR 273/93 - aaO und vom 25. November 2003 - [X.] ZR 226/02 aaO). 17 d) Ob das Berufungsgericht im Streitfall mit Recht die dem Leser nahe-gelegten Schlussfolgerungen für so unabweislich gehalten hat, dass sie eine verdeckte Äußerung beinhalten, kann letztlich dahinstehen. Denn jedenfalls liegt eine bewusst unvollständige Berichterstattung vor, die ebenfalls unzulässig ist. Wenn nämlich - wie die Revision geltend macht - dem Leser Tatsachen [X.] worden sind, aus denen er erkennbar eigene Schlussfolgerungen ziehen 18 - 9 - soll, so durften hierbei keine wesentlichen Tatsachen verschwiegen werden, die dem Vorgang ein anderes Gewicht geben könnten (vgl. [X.] 12, 113, 130; Senatsurteile [X.] 31, 308, 318; vom 26. Oktober 1999 - [X.] ZR 322/98 - [X.], 193) und deren Kenntnis für den Leser unerlässlich ist, der sich im Kernpunkt ein zutreffendes Urteil bilden will (vgl. Senatsurteile vom 20. Juni 1961 - [X.] ZR 222/60 - VersR 1961, 980, 982; vom 9. November 1965 - [X.] ZR 276/64 - [X.], 85, 87; vom 30. Januar 1979 - [X.] ZR 163/77 - VersR 1979, 520, 521; vom 26. Oktober 1999 - [X.] ZR 322/98 - [X.], 193; ebenso Soehring, Presserecht, 3. A., Rn. 16.44b; [X.], Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, [X.], [X.]. 5 Rn. 81). Liegt es - wie im Streitfall auch von der Revision nicht in Abrede gestellt - nahe, aus mehreren unstreiti-gen Tatsachen eine bestimmte (ehrverletzende) Schlussfolgerung zu ziehen, so ist jedenfalls eine bewusst unvollständige Berichterstattung rechtlich wie eine unwahre Tatsachenbehauptung zu behandeln, wenn die Schlussfolgerung bei Mitteilung der verschwiegenen Tatsache weniger nahe liegend erscheint und deshalb durch das Verschweigen dieser Tatsache beim unbefangenen [X.] ein falscher Eindruck entstehen kann (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 1999 - [X.] ZR 322/98 - [X.], 193). Eine Tatsachenbehaup-tung, die nur Teilwahrheiten vermittelt und dadurch beim Adressaten der Äuße-rung zu einer Fehleinschätzung des Angegriffenen führt, ist schon aus diesem Grund rechtswidrig (vgl. Senatsurteile [X.] 31, 308, 316; vom 18. Juni 1974 - [X.] ZR 16/73 - NJW 1974, 1762, 1763 und vom 26. Oktober 1999 - [X.] ZR 322/98 - [X.], 193, 195 m.w.N.). Es dürfen also nicht solche Fakten verschwiegen werden, deren Mitteilung beim Adressaten zu einer dem Betroffenen günstigeren Beurteilung des [X.] hätte führen können (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2003 - [X.] ZR 226/02 - aaO). Insoweit gelten für die Vollständigkeit einer solchen Berichterstattung die gleichen Grundsätze wie für die Verdachtsberichterstattung. Auch hier ist näm-19 - 10 - lich eine vollständige Berichterstattung erforderlich, so dass dem Leser auch die entlastenden Umstände mitgeteilt werden müssen (vgl. Senatsurteil vom 26. November 1996 - [X.] ZR 323/95 - [X.], 325, 327). So darf bei einem Bericht, der sich mit einer namentlich genannten Person besonders beschäftigt, die Kürzung des mitgeteilten Sachverhalts nicht so weit gehen, dass der Zu-schauer oder Leser ein nach der negativen Seite entstelltes Bild dieser Person erhält, weil ihm nur einseitige Ausschnitte mitgeteilt werden (vgl. Senatsurteile [X.] 31, 308, 316 und vom 26. Oktober 1999 - [X.] ZR 322/98 - [X.], 193, 195). e) Um solche Umstände handelt es sich hier. Es liegt auf der Hand, dass die Tatsache, dass den Klägern weder der Name des Mädchens noch der Na-me des Pfarrers mitgeteilt worden waren, geeignet ist, die mitgeteilten [X.] und insbesondere den Vorwurf verspäteten Handelns bzw. der Untätigkeit in den Augen des unbefangenen Durchschnittslesers in einem anderen, den [X.] günstigeren Licht erscheinen zu lassen. Denn während es bei Bekanntheit der Personalien aller an dem Vorfall beteiligten Personen beim Durchschnittsle-ser auf Unverständnis stoßen dürfte, dass weder der Minderjährigen umgehend Hilfe angeboten noch gegen den Pfarrer vorgegangen wurde, erscheint eine entsprechende Schlussfolgerung bei Wissen darum, dass die Namen und Per-sonalien der Beteiligten den Klägern nicht bekannt waren, wesentlich ferner lie-gend. Deshalb durften hier diese Umstände, die eine Entlastung bewirken konn-ten, im Rahmen der konkreten Berichterstattung nicht verschwiegen werden. 20 Unstreitig sind den Klägern weder durch den Brief noch durch das [X.] Telefonat die Namen des betroffenen Mädchens und des [X.] mitgeteilt worden. Das reicht unter den gegebenen Umständen für die An-nahme einer bewusst unvollständigen Berichterstattung aus, weil der [X.] 21 - 11 - nach den tatrichterlichen Feststellungen keinen Anhaltspunkt für eine Kenntnis der Kläger hatte, die unstreitig auch nicht vorhanden war. f) Ist mithin diese bewusst unvollständige Berichterstattung der Verbrei-tung einer unwahren Tatsachenbehauptung gleichzustellen, greift der Grund-satz ein, dass an solchen Äußerungen kein berechtigtes Interesse besteht (vgl. [X.] 61, 1, 8 f.; 85, 1, 15); der Rechtfertigungsgrund des § 193 StGB steht dem [X.]n nicht zur Seite. Unter diesen Umständen kann dahinstehen, ob der [X.] bei seinen Recherchen hinsichtlich der Frage der nachfolgenden Informationsmöglichkeiten der Kläger über [X.] die publizistische Sorgfalt gewahrt hat oder nicht. Dem durch Art. 5 GG geschützten Anliegen des Beklag-ten, durch seine Berichterstattung aufzuzeigen, dass die Kläger von sich aus keinen Versuch unternommen hätten, mit dem betroffenen Mädchen in Kontakt zu treten oder die Identität des Pfarrers in Erfahrung zu bringen, wird 22 - 12 - durch die jetzige Tenorierung des Berufungsurteils ausreichend Rechnung ge-tragen, die auch im übrigen nicht zu beanstanden ist. [X.] Wellner [X.] [X.] Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 11.06.1997 - 28 O 44/97 - [X.], Entscheidung vom 01.07.2004 - 15 U 126/97 -

Meta

VI ZR 204/04

22.11.2005

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2005, Az. VI ZR 204/04 (REWIS RS 2005, 723)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 723

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