Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2017, Az. I ZB 103/16

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 8078

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:130717BIZB103.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I [X.]
vom
13. Juli
2017
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
nein

ZPO § 750 Abs. 1
a)
Das Erfordernis der eindeutigen Bezeichnung der Schuldner im Vollstre-ckungstitel oder in der Vollstreckungsklausel gemäß § 750 Abs. 1 ZPO be-steht auch dann, wenn die Räumungsvollstreckung ein rechtswidrig besetz-tes Grundstück betrifft und es dem Gläubiger im Erkenntnisverfahren ohne polizeiliche Hilfe nicht möglich ist, die Schuldner namentlich zu bezeichnen.
b)
Der Verzicht auf das Erfordernis einer sicheren Identifizierung des [X.] aufgrund der Bezeichnung im Vollstreckungstitel oder in der [X.] ist nicht deshalb geboten, weil der Eigentümer ansonsten [X.] rechtlos gestellt wäre. Eine Räumung gegenüber Hausbesetzern kann vielmehr nach dem Polizei-
und Ordnungsrecht erfolgen.
[X.], Beschluss vom 13. Juli 2017 -
I [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.] Zivilsenat
des [X.]s hat am 13. Juli
2017 durch den
Vorsitzenden Richter am [X.] Prof.
Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Löffler, die Richterin Dr.
Schwonke
und den Richter Feddersen

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des [X.] vom 21. Oktober 2016 wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.

Gründe:
[X.] Die
Gläubigerin
betreibt
auf der Grundlage einer
einstweiligen Verfü-gung die Räumung eines von den Schuldnern rechtswidrig besetzten
Haus-grundstücks.
Auf Antrag der Gläubigerin erließ das [X.] mit Beschluss vom 25. Juli 2016 eine einstweilige Verfügung, mit welcher den Schuldnern zu 1 und 2 unter Androhung von Ordnungsmitteln
aufgegeben wurde,
1.
die im beigefügten Lageplan [näher bezeichnete] Fläche mit [X.] Wirkung zugunsten der Gläubigerin

und mit ihr nach § 15 AktG verbundenen Unternehmen jederzeit wieder zugänglich zu machen, auch mit Kraftfahrzeugen. Den Schuldnern

wird dazu aufgegeben, jegliche anderen Maßnahmen zu unterlassen, die die Begehbarkeit und Befahrbarkeit der genannten Flächen beein-trächtigen,
1
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2.
die im beigefügten Lageplan [näher bezeichnete] Fläche unver-züglich zu räumen und geräumt an die [Gläubigerin] herauszuge-ben.
Außerdem wurde den Schuldnern untersagt, das näher bezeichnete Grundstück sowie die darauf befindlichen Gebäude zu betreten und zu befah-ren.
Im Rubrum der einstweiligen Verfügung ist
der Schuldner zu 2 mit seinem Namen und seiner Anschrift
aufgeführt. Die
Schuldner zu 1 sind
wie folgt [X.]:
Eine Anzahl von 40 männlichen und weiblichen Personen, die sich als "Kulturkol-lektiv Arno-Nitzsche" bezeichnen und sich zum Zeitpunkt der Zustellung auf der im Grundbuch des [X.] eingetragenen Fläche, Gemarkung ..., Blatt ..., Flurstück Nr. ... dauerhaft aufhalten.
Mit Schreiben vom 8. August 2016
beauftragte die Gläubigerin die Ge-richtsvollzieherin mit der Zustellung der einstweiligen Verfügung an die Schuld-ner sowie mit der Durchführung einer beschränkten Räumung gemäß § 885a ZPO.
Die Gerichtsvollzieherin lehnte mit Schreiben vom 9. August 2016 den [X.] mit der Begründung ab, die Schuldner zu 1 seien nicht in Person identifizierbar. Eine Zustellung der einstweiligen Verfügung sei wegen dieser Unbestimmtheit ebenfalls nicht möglich.
Dagegen hat
die
Gläubigerin
Erinnerung
eingelegt. Das Amtsgericht
hat die Erinnerung
mit Beschluss vom 15. August
2016 zurückgewiesen. Die gegen den Beschluss des Amtsgerichts von der
Gläubigerin
eingelegte sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt
die
Gläubigerin
ihr Begehren weiter.
I[X.] Das Beschwerdegericht hat angenommen, das Amtsgericht habe die Erinnerung der Gläubigerin mit Recht zurückgewiesen, weil
die Voraussetzun-gen der Zwangsvollstreckung im Streitfall nicht vorlägen.
Entgegen §
750 3
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-
4
-
Abs.
1 ZPO seien die Schuldner zu 1
in der einstweiligen Verfügung
nicht na-mentlich bezeichnet. Die Schuldner zu 1 seien dort auch nicht so klar bezeich-net, dass sie durch Auslegung des Titels identifiziert werden könnten. Es sei nicht sicher feststellbar, ob eine auf dem Gelände angetroffene Person zu der Gruppe der Schuldner zu 1 gehöre und ob diese Person sich dort dauerhaft aufhalte. Der Umstand, dass es für einen Grundstückseigentümer unmöglich sein könne, die Besetzer seines Grundstücks individuell
zu bestimmen und mit zivilrechtlichen Mitteln in Anspruch zu nehmen, rechtfertige es nicht, auf eine bestimmte Bezeichnung der [X.] als individuell feststehende Person oder Personengruppe zu verzichten.
Vielmehr führe
die Unmöglichkeit der hinrei-chend genauen Bezeichnung der Besetzer dazu, dass gerichtlicher Schutz im Sinne von § 2 Abs. 2 [X.] nicht rechtzeitig zu erlangen sei und damit der Schutz des Eigentums der Polizei obliege.
II[X.] Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist [X.] (§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2
und
Abs.
3 Satz
2 ZPO) und auch sonst zulässig (§
575 ZPO). In der Sache
hat sie
keinen
Erfolg. Das Beschwerdegericht hat
zutreffend
angenommen, dass eine allgemeine Voraussetzung
der [X.] gemäß §
750 Abs. 1
ZPO nicht vorliegt
und die Gerichtsvollzieherin deshalb mit Recht die Durchführung der beantragten Zwangsvollstreckungs-maßnahmen abgelehnt hat.
1. Gemäß § 750 Abs. 1 ZPO darf die Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.
Die Anforderungen des § 750 Abs. 1 ZPO gelten
nicht nur für Urteile, sondern
auch für die im Streitfall maßgebliche Vollstreckung von einstweiligen Verfügungen (§ 795 Satz
1, § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, vgl.
[X.] in Musielak/[X.], ZPO, 14. Aufl., 7
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5
-
§ 750 Rn. 2
und
§ 794 Rn. 44; [X.] in [X.], [X.], Stand 1.
März 2017, § 750 Rn. 2; [X.]/Kindl, ZPO, 7. Aufl., § 750 Rn. 2).
2. [X.] fehlt es in Bezug auf die Schuldner zu 1 an einer [X.], die eine hinreichend sichere
Identifizierung der durch die einstweilige Verfügung betroffenen Personen ermöglicht.
a) Allerdings fehlt es nicht bereits deshalb an den Zwangsvollstreckungs-voraussetzungen, weil die Schuldner zu 1 in der einstweiligen Verfügung nicht mit ihrem Namen bezeichnet sind. Zwar kann nach dem Wortlaut von
§ 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Zwangsvollstreckung nur gegen eine Person begonnen werden, die im Titel oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel als Schuldner namentlich bezeichnet ist. Trotz der Formenstrenge, die in der Zwangsvollstreckung herrscht, genügt
es
jedoch, wenn durch eine Auslegung anhand des Titels ohne weiteres festgestellt werden kann, wer [X.] des Ver-fügungsverfahrens ist ([X.], Beschluss vom 23. Oktober 2003 -
I [X.], [X.]Z 156, 335, 339
-
Euro-Einführungsrabatt; Beschluss vom 29. Mai 2008

IX ZB 102/07, [X.]Z 177, 12 Rn. 14).
b) Von diesen Grundsätzen ist das Beschwerdegericht zutreffend [X.]. Es hat angenommen, die Schuldner zu 1 seien in der einstweiligen Verfügung nicht so klar bezeichnet, dass sie durch Auslegung des Titels zwei-felsfrei identifiziert werden könnten. Es sei nicht sicher feststellbar, ob eine auf dem Gelände angetroffene Person zu der Gruppe der Schuldner zu 1 gehöre.
Dass die Mitglieder des sogenannten Kulturkollektivs, die sich dauerhaft auf der Fläche aufhielten, nicht zeitweise Besuch von außenstehenden Personen er-hielten, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Es sei nicht feststellbar, dass auf dem bezeichneten Grundstück nur 40 männliche und weibliche Personen anzutreffen seien, die sich als "[X.]" bezeichneten und sich dort dauerhaft aufhielten. Es sei nicht klar, wie die Zugehörigkeit von an-9
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wesenden Personen zu einem "Kulturkollektiv"
festgestellt
und die Frage be-antwortet werden könne,
ob die angetroffenen Personen sich dort dauerhaft aufhielten. Damit
sei durch die Gerichtsvollzieherin nicht sicher feststellbar, ob eine auf dem Gelände
angetroffene Person zu der Gruppe der Schuldner zu 1 gehöre. Gegen diese Beurteilung
wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Er-folg.
c) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das
Beschwerdege-richt keinen zu strengen rechtlichen Maßstab
an die [X.] gemäß § 750 Abs. 1 ZPO angelegt.
aa) Dem aus § 750 Abs. 1 ZPO folgenden Erfordernis einer sicheren [X.] kommt [X.] eine zentrale Bedeutung zu. Durch diese Vollstreckungsvoraussetzung
wird der für das Zivilprozessrecht kennzeichnende
Grundsatz der Trennung von Erkenntnis-
und Vollstreckungsverfahren gesichert, wonach das Vollstreckungsorgan
den durch den Vollstreckungstitel urkundlich ausgewiesenen Anspruch des [X.] gegen den Schuldner nicht zu überprüfen hat (vgl. [X.]/Stöber, ZPO, 31.
Aufl., § 750 Rn. 3, vor § 704 Rn. 14; [X.] in Musielak/[X.] aaO § 750 Rn. 1; [X.] in [X.].ZPO, 5. Aufl., § 750 Rn. 5). Die Regelung über die Bezeichnung der Vollstreckungsparteien in § 750 Abs. 1 ZPO sichert die für die Funktions-
und Verantwortungsteilung zwischen [X.] und Voll-streckungsorgan notwendige Formalisierung der Vollstreckungsvoraussetzun-gen, indem es dem Vollstreckungsorgan ermöglicht, die Identität der [X.]en auf der Grundlage von Titel und [X.] zu bestimmen
(vgl. [X.] in [X.].ZPO
aaO § 750 Rn. 3 und
5; [X.]
in Musielak/[X.] aaO § 750 Rn.
1; [X.] in [X.]
aaO
§ 750 Rn. 8).

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-
[X.]) § 750 Abs. 1 ZPO sichert zudem nicht lediglich die Einhaltung einer Formalität. Vielmehr wird durch das Erfordernis der namentlichen Bezeichnung des Schuldners gewährleistet, dass staatlicher Zwang nur zur Durchsetzung eines urkundlich bereits ausgewiesenen Anspruchs gegen die in dem Titel oder der [X.] genannten Personen ausgeübt wird ([X.], Beschluss vom 18.
Juli 2003 -
IXa [X.], NJW-RR 2003, 1450, 1451; Beschluss vom 25. Juni 2004 -
IXa [X.], [X.]Z 159, 383, 385 f.; [X.]Z 177, 12 Rn.
14; [X.], [X.] vom 14. August 2008 -
I [X.], [X.], 3287 Rn. 10). Damit wird verhindert, dass durch staatlichen Zwang in grundrechtlich
geschützte Rechte Unbeteiligter eingegriffen wird.
d) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, das Beharren des [X.] auf streng formalen Kriterien im Vollstreckungstitel werde dem Phäno-men der illegalen Hausbesetzungen bei
gleichzeitiger vorsätzlicher Verschleie-rung der Identität der Besetzer nicht gerecht. Dieser Sachverhalt
führe dazu, dass letztlich die Gläubigerin als diejenige, die sich redlich und gesetzestreu verhalte, ohne rechtlichen Schutz und ohne staatliche Unterstützung bei der Wahrung ihrer Rechte gegen illegale Hausbesetzer bleibe. Ein solches Ergeb-nis könne nicht befriedigen. Es könne nicht sein, dass das Vollstreckungsorgan in Fällen seinen Schutz versage, in denen der materiell-rechtliche Anspruch des
Gläubigers
offenkundig sei. Es stehe nicht in
Frage, dass die Hausbesetzer

gegen die
Gläubigerin als Eigentümerin
-
zu keinem Zeitpunkt ein legales Be-sitzrecht an der betreffenden Liegenschaft begründen konnten. Es sei deshalb unvertretbar, einen
Grundstückseigentümer, dem eine offenbare Rechtsverlet-zung widerfahren sei, in solche Kalamitäten zu treiben, nur weil
ihm aus forma-len Gründen die Verfolgung seines Rechtsanspruchs verwehrt sein solle. Dem Grundstückseigentümer werde
in einem Fall
der Schutz versagt, in welchem einzig und allein aufgrund deliktischen Handelns der Schuldner eine [X.]be-zeichnung nur umschreibend sein könne. Mit dieser Begründung kann die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg haben.
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aa) Das Beschwerdegericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass der Umstand, dass
sich die auf dem Grundstück
der Gläubigerin
anzutreffenden Personen eindeutig unerlaubt
aufhalten, nicht dazu führen
kann, dass die im Streitfall beauftragte Gerichtsvollzieherin die Zwangsvollstreckung ohne das Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen durchführen darf.
Nach
der stän-digen Rechtsprechung des [X.]s
können
die
allgemeinen [X.] der Zwangsvollstreckung zum Erfordernis der bestimmten Be-zeichnung des Vollstreckungsschuldners nicht durch materiell-rechtliche Erwä-gungen
oder Gesichtspunkte der Billigkeit
außer Kraft gesetzt werden ([X.], NJW-RR 2003, 1450, 1451; [X.]Z 177, 12 Rn. 14;
[X.],
[X.], 3287 Rn.
11; [X.] in Musielak/[X.] aaO § 885 Rn. 7). Für oder gegen andere als in Titel oder [X.] bezeichnete Personen darf die Zwangsvollstreckung auch dann nicht erfolgen, wenn zweifelsfrei feststeht,
dass sie Gläubiger oder Schuldner sind ([X.]Z 177, 12 Rn. 14; [X.], [X.], 3287 Rn. 11). Eine Person, gegen die die Zwangsvollstreckung stattfinden soll, beruft sich zudem nicht unter Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben auf eine nur formale Rechtsstellung, wenn sie geltend macht, die Zwangsvollstreckung sei nach § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO unzulässig, weil sie in dem Titel oder der [X.] namentlich nicht bezeichnet sei ([X.], [X.], 3287 Rn. 10).
[X.]) Das Beschwerdegericht ist ferner mit Recht davon ausgegangen, dass es auch die Unmöglichkeit einer hinreichend genauen Bezeichnung der Beset-zer des Grundstücks der Gläubigerin nicht rechtfertigen kann, vom zentralen Erfordernis einer sicheren Identifizierung der Schuldner anhand des Vollstre-ckungstitels abzusehen
(ebenso [X.] in [X.].ZPO aaO § 750
Rn.
51; [X.] in Musielak/[X.] aaO § 750 Rn. 8; [X.] in Kindl/[X.], Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 3. Aufl.,
§ 885 ZPO Rn. 23; [X.] in Kindl/[X.] aaO § 750 ZPO Rn. 6; Stürner in [X.] aaO § 885 Rn. 19; Brehm
in Stein/[X.], ZPO,
22. Aufl., § 885 Rn. 7; aA
Lehmann-Richter in [X.], Mietrecht, 12. Aufl., § 885 ZPO 16
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Rn. 17; [X.], NJW 1981, 663; [X.], NJW 1982, 1136, 1137; Geißler, [X.] 2011, 37, 40 f.; [X.], [X.], 67, 70).
(1) Die Zulassung eines "Titels
gegen Unbekannt"
(vgl.
[X.], NJW 1981, 663; Geißler,
[X.] 2011, 37, 40),
eines
"Titels
gegen den, den es angeht"
(vgl. [X.], NJW 1982, 1136, 1137)
oder eines "lagebezogenen" Titels (so [X.], [X.], 67, 70)
ist mit der geltenden Rechtslage nicht vereinbar. Das Erfordernis der namentlichen Bezeichnung des Vollstreckungsschuldners gemäß
§ 750 Abs. 1 ZPO
sichert
in formeller
Hinsicht
den
Grundsatz der Tren-nung von Erkenntnis-
und Vollstreckungsverfahren, indem es dem Vollstre-ckungsorgan
ermöglicht, die Identität der [X.]en auf der Grundlage von Titel und [X.] zu bestimmen. Außerdem gewährleistet
das Erfordernis der na-mentlichen Bezeichnung des Schuldners materiell, dass staatlicher Zwang nur zur Durchsetzung eines urkundlich bereits ausgewiesenen Anspruchs gegen die in dem Titel oder der [X.] genannten Personen ausgeübt wird. Ein ledig-lich auf die Räumlichkeit bezogener Räumungstitel ist nach dem Willen des [X.] mit den Grundsätzen des [X.] Vollstreckungsrechts nicht ver-einbar (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs des
MietRÄndG, [X.]. 313/12, Seite 47).

(2) Der Verzicht auf das Erfordernis einer sicheren Identifizierung des Schuldners aufgrund der
Bezeichnung
im Vollstreckungstitel oder in der [X.] ist entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde auch nicht deshalb geboten,
weil
der Eigentümer ansonsten vollständig rechtlos gestellt
wäre. Eine Räumung gegenüber Hausbesetzern kann vielmehr nach dem Poli-zei-
und Ordnungsrecht erfolgen ([X.]
in [X.].ZPO aaO §
750 Rn.
51; [X.]
in Kindl/[X.]/[X.] aaO § 885
ZPO
Rn. 23; Geißler, [X.] 2011, 37, 39). Das widerrechtliche Eindringen und Verweilen in Woh-nungen, Geschäftsräumen oder befriedetem
Besitztum ist gemäß § 123 Abs. 1 StGB strafbar;
die Verletzung strafrechtlicher Normen stellt stets eine Störung 18
19

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10
-
der öffentlichen Sicherheit im Sinne der polizei-
und ordnungsrechtlichen Ein-griffsermächtigungen der Bundesländer dar (vgl. z.B. § 3 Abs. 1 [X.]). Die Beseitigung dieser Störung fällt in die polizeiliche Aufgabenzuständigkeit;
das Polizei-
und Ordnungsrecht stellt insoweit auch die zur Durchsetzung erfor-derlichen Eingriffsbefugnisse zur Verfügung (vgl. zum Ganzen Geißler, [X.] 2011, 37, 39; [X.] in [X.].ZPO aaO § 750 Rn. 51; [X.] in Kindl/[X.]/[X.] aaO § 885
ZPO
Rn. 23; Gaul
in Gaul/[X.]/[X.], Zwangsvollstreckungsrecht, 12. Aufl., § 22 Rn. 3; Christ-mann, [X.] 1984, 101, 105;
[X.], [X.], 330
f.).
Der Pflicht zum Eingreifen der Polizei steht nicht entgegen, dass nach dem Polizei-
und [X.] der Bundesländer der Schutz privater Rechte der Polizei nur dann obliegt, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird (vgl. z.B. § 2 Abs. 2 [X.]). Diese Bestimmungen betreffen die ausschließliche Gefährdung privater Rechte wie etwa das Vermögen oder Forderungen Privater
(vgl. [X.] in BeckOK.Polizei-
und Ordnungsrecht [X.], 6. Edition, Stand 20. Mai 2017, § 2 Rn. 35). Bei
Haus-
und [X.] geht es jedoch um gemäß § 123 StGB strafbare Handlungen und damit um die Störung der öffentlichen Sicherheit
im Sinne der allgemeinen polizeilichen Eingriffsermächtigungen. Im Übrigen wer-den bei Haus-
und [X.] regelmäßig auch die Vorausset-zungen der Eingriffsvoraussetzungen des Polizei-
und Ordnungsrechts für den polizeilichen Schutz privater Rechte vorliegen (vgl. [X.], [X.], 330, 331).

(3) Den im Schrifttum vorgeschlagenen Maßnahmen zur Vollstreckung ei-nes Räumungstitels gegen Unbekannt durch den Gerichtsvollzieher stehen au-ßerdem erhebliche rechtliche und praktische Schwierigkeiten entgegen. So wird vertreten, die Polizei müsse in analoger Anwendung des § 758 Abs. 3 ZPO oder
aber im Wege der
Amtshilfe vor der Räumung das betreffende Objekt [X.]

-
11
-
chern und damit gewährleisten, dass
nur die aktiven Besetzer und keine Sym-pathisanten, aber auch alle aktiven Besetzer angetroffen werden. Sodann soll-ten diese nacheinander zur Feststellung der Personalien nach draußen ver-bracht werden. Den identifizierten Personen solle der Gerichtsvollzieher sodann jeweils eine Ausfertigung des gegen unbekannt ergangenen Räumungstitels aushändigen
und dies in einer Liste vermerken. Anhand dieser Liste solle der Gerichtsvollzieher dann die Zustellungsurkunden erstellen; das zuvor auf "[X.]" lautende Rubrum der einstweiligen Verfügung sei schließlich
gemäß §
319 ZPO entsprechend den nunmehr ermittelten Personalien zu berichtigen
(vgl. Geißler, [X.] 2011, 37, 40 f.; [X.], NJW 1981, 663, 664 f.). Diese Vorschläge verdeutlichen
nicht nur die erheblichen
rechtlichen
und prak-tischen
Schwierigkeiten bei der Vollstreckung eines "Räumungstitels gegen [X.]"
(vgl. [X.] in [X.].ZPO aaO § 750 Rn. 51; Gaul
in
Gaul/
[X.]/[X.]
aaO
§ 22 Rn. 3), sondern offenbaren, dass es inso-weit nicht um die Vollstreckung eines Titels geht, der

wie
gemäß §
130 Nr. 1, §
253 Abs. 2 Nr. 1, § 313
Abs. 1 Nr. 1, § 750 Abs. 1 ZPO
in der [X.] vorgesehen -
in einem Erkenntnisverfahren gegen konkrete Schuldner erlassen wurde. Der Sache nach wird es vielmehr
im Widerspruch zum elemen-taren
zivilprozessualen Grundsatz, dass staatlicher Zwang nur zur Durchset-zung eines urkundlich bereits ausgewiesenen Anspruchs
gegen die in dem Titel oder der [X.] genannten Personen ausgeübt wird
([X.]Z 159, 383, 385 f.; [X.], NJW-RR 2003, 1450, 1451; [X.]Z 177, 12 Rn. 14; [X.], [X.], 3287 Rn. 1),
als ausreichend angesehen, dass die Identität des Schuldners erstmals im Vollstreckungsverfahren durch den Gerichtsvollzieher ermittelt und festgestellt wird.

-
12
-

(4) Angesichts des klaren Wortlauts, der systematischen Stellung, des gesetzgeberischen Willens, von Sinn und Zweck
des Erfordernisses der na-mentlichen Bezeichnung gemäß §
750 Abs. 1 ZPO
und der
rechtlichen und praktischen Schwierigkeiten bei der Durchsetzung
eines Titels gegen Unbe-kannt
würde es
nach alledem
die Grenzen der zulässigen richterlichen Geset-zesauslegung überschreiten,
auf diese
gesetzliche Vollstreckungsvorausset-zung
zu verzichten, wenn -
wie in Fällen von Haus-
oder Grundstücksbesetzun-gen -
eine sichere Identifizierung von Schuldnern im Erkenntnisverfahren (§ 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) regelmäßig nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten möglich ist und die Schuldner deshalb auch im Vollstreckungstitel nicht sicher identifizierbar angegeben werden können.
Der [X.] verkennt nicht, dass sich in Fällen illegaler Haus-
und [X.] ein gesetzliches Defizit bei der Durchsetzung zivilrechtlicher Räumungsansprüche offenbart.
Ein Ver-zicht auf die gesetzliche Vorgabe der namentlichen Bezeichnung des [X.] im Vollstreckungstitel oder in der Vollstreckungsklausel kann für solche besonders gelagerten Fälle vielmehr

unter umfassender Abwägung der be-troffenen Rechte und Interessen -
aber
allein der Gesetzgeber regeln.
e) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde schließlich geltend, die Ge-richtsvollzieherin habe zumindest den Versuch unternehmen müssen, die einstweilige Verfügung zuzustellen. Da die Schuldner zu
1 entgegen §
750 Abs.
1 ZPO in der einstweiligen Verfügung nicht namentlich oder doch sicher identifizierbar bezeichnet worden waren, lag eine wesentliche Voraussetzung der Zwangsvollstreckung nicht vor. Damit durfte die Gerichtsvollzieherin
den Zwangsvollstreckungsakt der Zustellung der einstweiligen Verfügung nicht vor-nehmen.
21
22

-
13
-
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Büscher
Schaffert
Löffler

Schwonke
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.08.2016 -
433 M 16444/16 -

LG [X.], Entscheidung vom 21.10.2016 -
8 T 753/16 -

23

Meta

I ZB 103/16

13.07.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2017, Az. I ZB 103/16 (REWIS RS 2017, 8078)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8078

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

I ZB 42/23

Zitiert

I ZB 103/16

Zitieren mit Quelle:
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