Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2016, Az. I ZR 107/14

I. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 17733

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:140116UIZR107.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
I [X.]
Verkündet am:

14. Januar 2016

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Schadensregulierung durch Versicherungsmakler
UWG § 3a nF (§ 4 Nr. 11 aF); [X.] §§ 2, 3, 5
a)
Die Schadensregulierung im Auftrag des Versicherers gehört im Regelfall nicht als Nebenleistung zum Berufs-
oder Tätigkeitsbild des [X.]s.
b)
Der Begriff der Rechtsdienstleistung in §
2 Abs.
1 [X.] erfasst jede konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter die maßgeblichen rechtlichen Bestim-mungen, die über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht; ob es sich um eine einfache
oder schwierige Rechtsfrage handelt, ist dabei unerheblich.
[X.], Urteil vom 14. Januar 2016 -
I [X.] -
[X.]

[X.]

Berichtigt durch Beschluss
vom 12. September 2016
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 14.
Januar 2016 durch [X.] Dr.
Büscher, [X.], Dr.
Kirchhoff, Prof. Dr. Koch und Feddersen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6.
Zivilsenats des [X.] vom 11. April 2014 aufgehoben.
Auf die Berufung der
Klägerin wird das Urteil der 3.
Kammer für Handelssachen des [X.] vom 17.
Oktober 2013 ab-geändert.
Die Beklagte wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgelds bis zu 250.000

tätig zu werden, wie sich das aus ihrem nachfolgend eingeblende-ten Schreiben vom 16.
November 2011 ergibt:
-
3
-

-
4
-

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
-
5
-
Tatbestand:
Die Beklagte vermittelt als Versicherungsmakler Verträge an [X.]. Im Auftrag der Versicherer ist sie daneben mit der Scha-densregulierung befasst.
Im Streitfall hatte
die Beklagte einen Versicherungsvertrag zwischen
einem Textilreinigungsunternehmen (Versicherungsnehmer) und einem Haft-pflichtversicherer aus der [X.] vermittelt. Der Versiche-rungsnehmer wurde
wegen eines Schadensfalls
von einem Kunden in [X.] genommen. Unter dem 16.
November 2011 wandte sich die Beklagte mit folgendem Schreiben an den Kunden:

1
2
-
6
-

-
7
-

Nach Auffassung der Klägerin, der [X.],
hat die Beklagte mit diesem Schreiben gegen das [X.]. Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsgeld zu verurteilen, es zu unterlas-sen, schadensregulierend so tätig zu werden, wie sich das aus ihrem Schreiben vom 16.
November 2011 ergibt.
Das [X.] hat die Klage
abgewiesen
([X.], Urteil vom 17. Ok-tober 2013 -
14 O 44/13, juris). Die Berufung der Klägerin ist
ohne Erfolg
ge-blieben
([X.], [X.] 2014, 292).

Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
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4
5
-
8
-
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin nach §
8 Abs.
1 und 3 Nr.
2, §
3 Abs.
1, §
4 Nr.
11 UWG in Verbindung mit §
3 [X.] verneint. Dazu hat es ausgeführt:
Unabhängig davon, ob die Beklagte mit dem beanstandeten Schreiben überhaupt eine Rechtsdienstleistung erbracht habe,
handele es sich um eine schadensregulierende Tätigkeit, die als Nebenleistung zum Berufs-
oder Tätig-keitsbild der Beklagten gehöre und deshalb gemäß §
5 Abs.
1 [X.] erlaubt sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beklagte nicht für den [X.], sondern für den Versicherer tätig geworden sei, der sie ausdrücklich mit der Schadensregulierung beauftragt habe und dafür
gesondert
honoriere. Die Tätigkeit der Beklagten sei gegenüber dem "Normalfall"
des [X.], der eher "im Lager"
des Versicherungsnehmers stehe, mehr der Position des [X.] angenähert, der für den Versicherer tätig werde. Für die seinerzeit als Versicherungsagenten bezeichneten Versicherungsvertre-ter sei bereits unter Geltung des [X.]es anerkannt gewesen, dass sie im Rahmen der Schadensregulierung für den Versicherer [X.] als Nebentätigkeit erbringen durften. Dies gelte dann auch für den Versi-cherungsmakler, der für den Versicherer tätig werde. Soweit mit dem beanstan-deten Schreiben Rechtsdienstleistungen erbracht worden seien, stellten diese
eine Nebenleistung
zur
Tätigkeit der Beklagten im Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag dar, die
mit einem Anteil von ungefähr fünf Prozent an
ihrer gesamten Tätigkeit nicht entscheidend ins Gewicht falle. Die [X.] Tätigkeit der Beklagten stehe zudem in sachlichem Zusammenhang mit der Tätigkeit der Beklagten bei der Betreuung der von ihr vermittelten [X.].
Eine Unzulässigkeit des Schreibens folge nicht aus §
4 [X.]. Die maß-gebliche Rechtsdienstleistung, die in der Prüfung der Höhe der geltend ge-machten Ansprüche
bestanden habe, entspreche sowohl dem Interesse des 6
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-
9
-
Versicherungsnehmers als auch dem des Versicherers, so dass die Erfüllung der Leistungspflichten der Beklagten weder gegenüber dem Versicherungs-nehmer noch gegenüber dem Versicherer gefährdet sei.
I[X.] Die Revision hat Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, das beanstandete Verhalten der Beklagten sei lauterkeitsrechtlich zulässig, hält so-wohl nach dem zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung im November 2011 gelten-den Recht (§§
8, 3, 4 Nr.
11 UWG aF in Verbindung mit §§
3, 5 [X.]) als auch nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung im Januar 2016 maßgeblichen neu-en Recht (§
3a UWG in Verbindung mit §§
3, 5 [X.]) der rechtlichen Nachprü-fung nicht stand.
1. Nach dem Zeitpunkt der Zuwiderhandlung im November 2011 ist das im Streitfall maßgebliche Recht mit Wirkung ab 10.
Dezember 2015 durch das [X.] zur Änderung des [X.] novelliert worden ([X.]
I, S.
2158). Die Vorschrift des §
4 Nr.
11 UWG aF ist nunmehr inhaltsgleich in §
3a UWG nF enthalten, und die neue Bestimmung ist um die Spürbarkeitsschwelle nach §
3 Abs.
1 und 2 Satz
1 UWG aF ergänzt worden. In der Sache hat sich durch die Gesetzesänderung für den Tatbestand des [X.] nichts geändert.
2. Das
Berufungsgericht hat dahinstehen lassen, ob die Beklagte mit dem beanstandeten Schreiben eine Rechtsdienstleistung erbracht habe. [X.] handele es sich um eine schadensregulierende Tätigkeit, die als [X.] zum Berufs-
oder Tätigkeitsbild der Beklagten gehöre und deshalb ge-mäß §
5 Abs.
1 [X.] erlaubt sei. Dem kann nicht zugestimmt werden.
a)
Gemäß §
3 [X.] ist die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch Gesetz erlaubt wird.
Die Bestimmung ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne von §
4 Nr.
11 UWG
aF und §
3a UWG, die mit der Richtlinie 2005/29/[X.] über un-lautere Geschäftspraktiken vereinbar ist (vgl. [X.], Urteil vom 4.
November 9
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10
-
2010
I
ZR
118/09, [X.], 539 Rn.
23, 25 = [X.], 742
Rechts-beratung durch Lebensmittelchemiker).
b)
Die von der Beklagten mit dem beanstandeten Schreiben erbrachte Tätigkeit bei der Schadensregulierung für den Versicherer ist
nicht gemäß §
5 Abs.
1 [X.] erlaubt (ebenso [X.]/Deckenbrock, [X.] 2014,
2151, 2152 ff.; [X.], [X.]. 2015, 19; aA Werber,
[X.], 1321, 1325).
aa) Nach §
5 Abs.
1 Satz
1 [X.] sind Rechtsdienstleistungen im Zu-sammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs-
oder Tätigkeitsbild gehören. Die Frage, ob eine Nebenleistung vor-liegt, ist dabei nach Inhalt, Umfang und sachlichem Zusammenhang
der Leis-tung
mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu [X.], die für die Haupttätigkeit erforderlich sind

5 Abs.
1 Satz
2 [X.]).
bb) Der sachliche Zusammenhang der Schadensregulierung mit der Haupttätigkeit ist gegeben. Das Schreiben der Beklagten steht im [X.] mit einem von ihr für ein Textilreinigungsunternehmen vermittelten [X.]. Es handelt sich um die Abwicklung eines von dem vermittelten Versicherungsvertrag abgedeckten Schadensfalls.
cc) Die Schadensregulierung im Auftrag des Versicherers gehört jedoch

-
jedenfalls im Bereich der Textilhaftpflichtversicherung -
nicht als Nebenleis-tung zum Berufs-
oder Tätigkeitsbild der Beklagten als Versicherungsmaklerin.
(1) Für das Berufs-
und Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers ist die gesetzliche Definition in §
59 Abs.
3 [X.] maßgeblich. Danach ist Versiche-rungsmakler, wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein.
Eine Doppeltätig-keit des Versicherungsmaklers sowohl für den Versicherer als auch für den Versicherungsnehmer bei der Vermittlung von Versicherungsverträgen ent-spricht nicht diesem gesetzlichen Leitbild.
Damit unterscheidet sich das Berufs-13
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-
bild des Versicherungsmaklers grundlegend von dem des [X.] nach §
98 HGB, der grundsätzlich von beiden Parteien beauftragt wird, und von dem-jenigen
anderer
Makler im Sinne von § 652 BGB, die unter bestimmten Voraus-setzungen etwa als Immobilienmakler ebenfalls für beide Parteien der
von ihnen
vermittelten Verträge
tätig werden dürfen
(vgl. [X.], Beschluss vom 30.
April 2003 -
III ZR 318/02, NJW-RR 2003, 991 mwN; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 93 HGB
Rn. 38).
Dementsprechend unterscheidet auch die Vorschrift des § 34d Abs. 1 [X.] zwischen Versicherungsmaklern und Versicherungsvertretern. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll ein Versicherungsvermittler nicht zugleich als Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter tätig sein

34d Abs.
1 Satz
3 [X.]). Die Einordnung als Makler oder Vertreter soll für den Kunden zudem transparent sein
und einer Typenvermischung entgegenwirken. Ein Versiche-rungsvermittler muss daher von vornherein entscheiden, ob er als Versiche-rungsmakler oder als Versicherungsvertreter tätig sein will (vgl. [X.], Urteil vom 6.
November 2013 -
I ZR 104/12, [X.], 88
Rn. 16
= [X.], 57
-
Vermittlung von Netto-Policen).
Zu den Aufgaben des Versicherungsmaklers gegenüber dem Versiche-rungsnehmer gehört
es, den Versicherungsvertrag nach Abschluss weiter zu betreuen, indem
er
den Vertrag ungefragt auf etwaigen Anpassungsbedarf so-wie Verlängerungen hin überprüft und den Versicherungsnehmer rechtzeitig darauf hinweist, den Zahlungsverkehr fördert, im Schadensfall den Versiche-rungsnehmer sachkundig berät, für sachgerechte Schadensanzeigen sorgt und bei der Schadensregulierung die Interessen des Versicherungsnehmers [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 22. Mai 1985 -
IVa [X.], [X.]Z 94, 356, 359; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 29.
Aufl., §
59 Rn.
74). Der Versicherungsmakler ist danach Sachwalter des (zukünftigen) Versicherungsnehmers und steht "im Lager des Kunden"
und
nicht des Versicherers (vgl.
[X.], [X.], 88 Rn. 20
-
Vermittlung von Netto-Policen;
[X.] in [X.]/[X.] aaO §
59 Rn.
72; [X.] in [X.], [X.], 9.
Aufl., §
59 Rn.
64). Für den Versiche-18
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-
rungskunden kann er im Schadensfall im Rahmen einer gemäß § 5 Abs. 1 [X.] erlaubten Nebenleistung schadensregulierend tätig werden (vgl. Begründung
des
[X.]
eines Gesetzes
zur Neuregelung des [X.], BT-Drucks.
16/1935, S.
18).
Eine Tätigkeit für den Versicherer gehört dagegen nicht zum gesetzlichen Leitbild des Versicherungsmaklers.
An der Eigenschaft des Versicherungsmaklers als treuhänderischer Sachwalter des Versicherungsnehmers
ändert auch
die verbreitete Übung nichts, dass der Versicherungsmakler sein Vermittlungshonorar als Courtage für den Abschluss vom Versicherer bezieht
(vgl. [X.], Urteil vom 22. Mai 1985
-
IVa
[X.], [X.]Z 94, 356, 359).
(2) Nicht zugestimmt werden kann der Ansicht des Berufungsgerichts, eine Tätigkeit des Versicherungsmaklers bei der Schadensregulierung für den Versicherer sei im Hinblick auf ein Urteil des [X.] vom 8.
Juni
1979 (I
ZR
136/77, [X.], 714) erlaubt. In dieser Entscheidung hat es der [X.] als zulässig angesehen, dass Versicherungsagenten im Rahmen der Schadensregulierung für den Versicherer auch Rechtsberatung als Nebentätig-keit im Sinne von Art.
1 §
5 Nr.
1 [X.] erbringen konnten. Mit dem Begriff "Versicherungsagent"
wurden bis zum Inkrafttreten des [X.] des [X.] am 22.
Mai 2007 Versicherungsvertreter im Sinne von §
59 Abs.
2 [X.] bezeichnet (vgl. [X.].[X.]/Reif, §
59 Rn.
2, 26). Versicherungsvertreter ist gemäß §
59 Abs.
2 [X.], wer von einem Versicherer oder einem Versicherungsvertreter damit beauftragt ist, gewerbs-mäßig Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen. Der Versiche-rungsvertreter handelt also anders als der Versicherungsmakler im Auftrag und Interesse des Versicherers.
Soweit es im
vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang zitierten Schrifttum heißt, zum Gewerbe des Versicherungsmaklers gehöre "möglicher-weise auch (die) Abwicklung für den Versicherer"
(Chemnitz/[X.], [X.], 11.
Aufl. 2003, Art.
1 §
5 Rn.
545),
bezieht sich das dort ange-führte Urteil des [X.] vom 5.
April 1967 (Ib
ZR
56/65, NJW 20
21
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13
-
1967, 1562) auf die Frage, inwieweit die Vertretung und
Beratung der Versiche-rungsnehmer bei der Schadensregulierung gegenüber [X.] zum Berufsbild speziell der [X.] Versicherungsmakler gehört. Zu einer entsprechenden Tätigkeit von Versicherungsmaklern für Versicherer verhält sich diese Entschei-dung dagegen nicht. Das ebenfalls angeführte Urteil des [X.], [X.] 1986, 705, betrifft keinen Versicherungsmakler,
sondern einen Versicherungsvertreter.
(3) Die Tätigkeit des Versicherungsmaklers für den Versicherer bei der Schadensabwicklung lässt sich auch nicht mit der von der Revisionserwiderung vorgetragenen Erwägung rechtfertigen, der Erlaubnistatbestand des §
5 Abs.
1 [X.] sei für eine weitere Entwicklung
offen und berücksichtige deshalb, dass sich neue Dienstleistungsberufe, bei deren
Ausübung rechtliche Fragen betrof-fen seien, herausbildeten, und dass sich ältere, klassische Berufsbilder verän-derten (vgl. Begründung des [X.] eines
Gesetzes
zur Neurege-lung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drucks.
16/3655, S.
52; [X.], Urteil vom 6.
Oktober 2011
I ZR
54/10, [X.], 405 Rn.
26 = [X.], 461

[X.]). Zum einen handelt es sich beim Versicherungsmakler um ein seit langem praktiziertes Gewerbe. Zum anderen kann die gebotene Offenheit für weitere Entwicklungen nicht
Unterschiede zwischen gesetzlich fixierten [X.] auflösen, deren Unterscheidung gerade der Pflicht zur [X.] gegenüber verschiedenen Parteien desselben Vertrags Rech-nung tragen soll. Mit der Entwicklungsoffenheit des gesetzlichen Tatbestands können daher keine Tätigkeiten legitimiert werden, die zu einem [X.] führen können.
Es kann deshalb auch dahinstehen, ob die bei der [X.] beanstandete Tätigkeit
tatsächlich
schon längere Zeit unter [X.] mehr oder weniger stark verbreitet ist.
Ein solcher Interessenkonflikt ist bei der Tätigkeit eines [X.]s für den Versicherer bei der Abwicklung eines Schadensfalls, der durch eine von dem Makler vermittelte Versicherung abgedeckt ist, gerade bei
der Haftpflichtversicherung nicht ausgeschlossen. In Fällen wie dem streitgegen-23
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-
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-
ständlichen müssen
die Interessen von Versicherer und Versicherungsnehmer bei der Schadensabwicklung keineswegs gleichgerichtet sein.
Der Versicherer ist regelmäßig daran interessiert, den von ihm zu zahlenden Betrag für die Schadensregulierung so niedrig wie möglich zu halten. Zwar kann das auch im Interesse des Versicherungsnehmers liegen, doch muss dies keineswegs der Fall sein. Oft wird dem Versicherungsnehmer an einer möglichst raschen und unproblematischen Schadensabwicklung gelegen sein, um seinen geschädig-ten Kunden doch noch halten zu können oder um jedenfalls nicht durch [X.] Erfahrungen des Kunden bei der Schadensregulierung weiter in die Kritik zu geraten (vgl. auch [X.]/Deckenbrock, [X.] 2014, 2151, 2155).
(4) Die
Zulässigkeit der in Rede stehenden rechtsberatenden Tätigkeit der Beklagten folgt auch nicht daraus, dass sich die Zugehörigkeit einer Rechtsdienstleistung als Nebenleistung zu einer Haupttätigkeit außer aus dem bestehenden Berufs-
oder Tätigkeitsbild auch aus dem einzelnen vertraglichen oder gesetzlichen Schuldverhältnis ergeben kann (BT-Drucks.
16/3655, S.
52). Diese Passage aus der Begründung
des [X.]
ist dahin zu [X.], dass es für die Zulässigkeit rechtsberatender Nebenleistungen auch auf die vertraglichen Regelungen für die Haupttätigkeit ankommen kann. Die ver-traglichen Regelungen über die Haupttätigkeit des Versicherungsmaklers erge-ben aber keinen Anhalt für die Zulässigkeit der hier in Rede stehenden [X.].
Nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint allerdings, dass sich in bestimmten Branchen das Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers [X.] gewandelt hat oder künftig wandeln könnte, dass es eine schadensregu-lierende Tätigkeit des Maklers umfasst. Für die im Streitfall maßgebliche Bran-che der Haftpflichtversicherung
im Bereich der Textilreinigung
ist dazu indes nichts vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich.
(5) Darüber hinaus ist zweifelhaft, ob
eine nach §
5 Abs.
1 [X.] zulässi-ge Nebenleistung vorliegen kann, wenn ihr Auftraggeber (hier die Versicherung) nicht mit dem Auftraggeber der Haupttätigkeit (hier dem Versicherungsnehmer) 25
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15
-
identisch ist. Nach der Begründung des [X.] kann schon der Umstand, dass der rechtsdienstleistende Teil der Leistung aufgrund einer ge-sonderten vertraglichen Vereinbarung zu erbringen ist und besonders vergütet wird, indiziell gegen das Vorliegen einer bloßen Nebenleistung sprechen (BT-Drucks.
16/3655, S.
52). Umso mehr muss das gelten, wenn ein solcher [X.] entgeltlicher Vertrag nicht mit dem Auftraggeber der Haupttätigkeit, son-dern einem [X.] abgeschlossen wird. So liegt der Fall hier. Nach den Fest-stellungen des Berufungsgerichts wird die Schadensbearbeitung der Beklagten für den Versicherer durch eine Erhöhung der "laufenden Courtage"
gesondert vergütet.
(6) Gegen die Annahme einer Nebenleistung im Sinne von §
5 Abs.
1 [X.]
spricht
im Streitfall schließlich, dass für die Tätigkeit auf dem Gebiet der Schadensregulierung keine Rechtskenntnisse benötigt werden, die für die Haupttätigkeit als Versicherungsmakler erforderlich sind. Diese Haupttätigkeit umfasst die Vermittlung und den Abschluss von Versicherungsverträgen sowie die laufende Betreuung und Verwaltung dieser Verträge für den Versicherungs-nehmer. Dafür sind vertragsrechtliche Kenntnisse erforderlich
und keine nähe-ren
Kenntnisse des [X.]. Solcher haftpflichtrechtlicher Kenntnisse bedarf es auch nicht im Zusammenhang mit der sachkundigen Beratung des Kunden im Schadensfall, insbesondere dessen Unterstützung durch [X.], die noch der Haupttätigkeit des [X.] zugerechnet werden könnten (vgl. [X.] in [X.]/[X.] aaO §
59 Rn.
52).
Nach §
5 Abs.
1 [X.] sind allein die für die Haupttätigkeit erforderlichen Rechtskenntnisse erheblich. Es ist deshalb ohne Bedeutung, welche Rechts-kenntnisse für den Versicherungsmakler erforderlich sind, um im Rahmen einer nach §
5 Abs.
1 [X.] zulässigen Nebenleistung bei der Schadensregulierung für Versicherungsnehmer tätig zu werden.
(7) Unter Berücksichtigung des gesetzlichen Leitbilds des [X.] und der mit einer Doppeltätigkeit verbundenen Gefahr von Inter-28
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essenkonflikten
stellt
es auch im Hinblick auf
das Grundrecht des Art. 12 GG, das
grundsätzlich einer engen Auslegung des § 5 Abs. 1 [X.] entgegensteht (vgl. [X.],
[X.], 405 Rn.
24
[X.]),
eine
verfassungsrechtlich zulässige und insbesondere
verhältnismäßige
Beschränkung der Berufsaus-übungsfreiheit dar, Versicherungsmaklern
zu
verbieten, im Rahmen an [X.] vermittelter Haftpflichtversicherungen schadensregulierend für den Versicherer tätig zu werden
(zu den insoweit geltenden Maßstäben vgl. [X.] 117, 163 Rn. 60 ff.).
c) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts
steht der Annahme einer erlaubten Rechtsdienstleistung im Streitfall außerdem §
4 [X.] entgegen ([X.]/Deckenbrock, [X.] 2014, 2151, 2155; [X.], [X.]. 2015, 19, 21 f.; [X.], VersVerm 2015, 142, 143; aA Werber, [X.], 1321, 1327). Danach dürfen Rechtsdienstleistungen, die unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben können, nicht erbracht wer-den, wenn hierdurch die ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gefährdet wird.
Diese Regelung soll Interessenkollisionen vermeiden ([X.] in [X.]/Prütting, [X.], 4. Aufl., § 4 [X.] Rn.
1; [X.].UWG/Schaffert, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 93). Sie ist durch vernünftige Gründe des Ge-meinwohls gerechtfertigt und deshalb sowohl mit
Art. 56 AEUV als auch mit Art.
12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ([X.] in [X.]/Prütting aaO
§
4 [X.] Rn. 3
bis 11; [X.].UWG/Schaffert aaO
§ 4 Nr. 11 Rn. 94).
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die maßgebliche Rechts-dienstleistung, also die Prüfung der Höhe des Schadensersatzanspruchs gegen den Versicherungsnehmer, entspreche sowohl dessen Interesse als auch
dem-jenigen des Versicherers, so dass die Erfüllung der Leistungspflichten der [X.] weder gegenüber dem Versicherungsnehmer noch gegenüber dem Versicherer gefährdet sei.
bb) Mit dieser Beurteilung hat das Berufungsgericht verkannt, dass sich der Versicherungsmakler in einen Interessenkonflikt begibt, wenn er vom [X.] mit der Schadensregulierung beauftragt wird. Die Erfüllung dieser 31
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Rechtsdienstleistung gegenüber dem Versicherer verlangt, dass dieser eine möglichst niedrige Schadenssumme zahlt, während das vom [X.] aufgrund seiner Haupttätigkeit zu wahrende Interesse des [X.], etwa die Vermeidung eines Rechtsstreits oder einer weiteren Belastung der Kundenbeziehung mit dem Anspruchsteller, durchaus auf [X.] Zahlung einer deutlich höheren Schadenssumme gerichtet sein kann. Zudem gehört es zu den Pflichten des Versicherungsmaklers, dem [X.] gegebenenfalls wegen einer unbefriedigenden Schadensregulierung zu einem Wechsel des Versicherers (Umdeckung)
zu raten, was dem Interesse des Versicherers entgegengesetzt ist.
Die für den Versicherer erbrachte Rechtsdienstleistung der [X.] hat damit unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung der dem Versiche-rungsmakler gegenüber dem Versicherungsnehmer obliegenden Pflicht, diesen ebenfalls bei der Schadensregulierung zu unterstützen. Aufgrund seiner Pflicht zur Interessenwahrung ist der Versicherungsmakler gegenüber dem Versiche-rungsnehmer verpflichtet, dessen Interessen auch bei der Erbringung der
Rechtsdienstleistung für den Versicherer zu berücksichtigen. Das kann die [X.] Erbringung der Rechtsdienstleistung gegenüber dem [X.] gefährden, weil der Versicherungsmakler den Versicherer etwa dazu veran-lassen kann, einen höheren als den gesetzlich geschuldeten [X.] an den Geschädigten zu bezahlen. In dieser Konstellation ist der Tatbestand des §
4 [X.] erfüllt (ebenso [X.], [X.]. 2015, 2019, 2021
f.; [X.]/
Deckenbrock, [X.] 2014, 2151, 2155
f.; vgl. auch [X.] in [X.]/[X.] aaO §
59 Rn.
68, 72, die eine Pflichtenkollision beim Versicherungsmakler anneh-men, wenn er nach Abschluss des [X.] im Verhältnis zum Versicherer Verpflichtungen übernimmt, die über die mit der laufenden Betreu-ung des [X.] zusammenhängenden Zusammenarbeits-
und Korrespondenzpflichten hinausgehen).
cc) Soweit teilweise die Ansicht vertreten wird, der Versicherungsmakler sei am besten geeignet, Interessenkonflikte zwischen Versicherungsnehmer 34
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18
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und Versicherer zu lösen (Werber, [X.], 1321,1327), wird übersehen, dass der Versicherungsmakler nach seinem typischen Tätigkeitsbild die Inter-essen des Versicherungsnehmers zu wahren, aber keine neutrale Mittlerfunkti-on im Verhältnis zwischen den Parteien des [X.] wahrzu-nehmen hat. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das wirt-schaftliche Interesse des Versicherungsmaklers an der regelmäßigen, [X.] Tätigkeit für bestimmte Versicherer häufig erheblich größer sein wird, als
sein wirtschaftliches Interesse im Hinblick auf seine Beziehung zu einem einzelnen schadensersatzpflichtigen oder geschädigten Versicherungs-kunden, dessen Versicherungsvertrag er zuvor gegen Provision vermittelt hat. Das erscheint auch im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen, in dem die
[X.] als Versicherer und ein Textilreinigungsbetrieb als Versicherungsnehmer beteiligt sind. Unter diesen Umständen hat der Versiche-rungsmakler einen Anreiz, die Interessen des Versicherungsnehmers,
die wahrzunehmen seine Berufspflicht ist, nur zurückhaltend gegenüber dem [X.] zu vertreten. Vor solchen Einflüssen soll § 4 [X.] schützen.
II[X.] Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
3 ZPO). Der Unterlassungsantrag der Klägerin ist aus §
8 Abs. 1, Abs.
3 Nr.
2 UWG und §
3 Abs.
1, §
3a UWG nF (§ 4 Nr.
11 UWG aF) in Verbindung mit §
3 [X.] begründet. Die Beklagte erbringt mit der fraglichen Schadensregulierung eine gemäß § 3 [X.] erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 [X.] ohne die erforderliche Erlaubnis.
1. Rechtsdienstleistung
ist nach § 2 [X.]
jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.
a) Die Beklagte ist im Auftrag des zuständigen Versicherers und damit in fremden Angelegenheiten tätig geworden. Das Schreiben betrifft eine konkrete 36
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Angelegenheit, und zwar die Abwicklung eines bestimmten Schadensfalls, der bei dem versicherten Textilreinigungsunternehmen aufgetreten ist.
b) Die Beklagte hat
die auf den Einzelfall bezogene rechtliche Auskunft erteilt, dass der Schadensersatzanspruch des Geschädigten aus dem konkre-ten Schadensfall 59,50

trägt. Diese Auskunft erforderte eine rechtliche [X.] im Sinne von §
2 Abs.
1 [X.].
aa) Der [X.] hat über die Frage, welche Anforderungen an die rechtliche Prüfung im Sinne von §
2 Abs.
1 [X.] zu stellen sind, bislang nicht abschließend entschieden ([X.], [X.], 539 Rn.
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Rechts-beratung durch Lebensmittelchemiker).
Das Bundessozialgericht hat angenommen, der Begriff der rechtlichen Prüfung verlange jedenfalls ein gewisses Maß an substantieller Prüfung, die über eine bloße Rechtsanwendung hinausgehe. Es hat die Anforderungen an den Begriff der rechtlichen Prüfung indes ebenfalls nicht
abschließend be-stimmt, sondern in dem von ihm entschiedenen Fall jede rechtliche Prüfung verneint, weil sich die dort beanstandete Tätigkeit eines Steuerberaters auf das Ausfüllen eines von der Behörde vorgefertigten Formulars, die Beifügung [X.] Belege und eine Entbindung behandelnder Ärzte von ihrer Schweige-pflicht beschränkte (BSG, Urteil vom 14.
November 2013
B9
SB
5/12
r, [X.], 18 Rn.
31
ff.).

Im Schrifttum ist die
Auslegung des Begriffs der rechtlichen Prüfung in §
2 Abs.
1 [X.]
umstritten. Nach einer Auffassung ist §
2 Abs.
1 [X.] restriktiv auszulegen. Eine tatbestandsmäßige Rechtsdienstleistung
sei daher
nur bei einer besonderen, intensiven
und
substantiellen Prüfung der Rechtslage anzu-nehmen, die einen über eine schlichte Rechtsanwendung hinausgehenden ju-ristischen [X.] zum Gegenstand habe (Kleine-Cosack, [X.], 3.
Aufl., §
2 Rn.
33;
Werber, [X.], 1321, 1323).
Nach der [X.] soll an das Erfordernis rechtlicher Prüfung kein hoher Maßstab angelegt werden (Deckenbrock/[X.], [X.], 4. Aufl., §
2 Rn. 38; [X.]/Römer-39
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42
-
20
-
mann, Rechtsdienstleistungsgesetz, 2008, § 2 Rn. 29; [X.] in [X.]/Wolf/
Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2010, §
2 [X.] Rn.
33; [X.], Rechts-dienstleistungsgesetz, 2009, §
2 Rn.
15).

bb) Die Vorschrift des §
2 Abs.
1
[X.] erfasst jede
konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter die maßgeblichen
rechtlichen Bestimmungen,
die über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht. Ob es sich um eine einfache oder schwierige Rechtsfrage handelt, ist unerheblich. Dies ergibt sich aus Wortlaut, [X.], Zweck und systematischer Einordnung des §
2 Abs.
1 [X.].
(1) Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, lässt der Wortlaut von §
2 Abs.
1 [X.] keine Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Tätigkeiten erkennen, die eine "besondere"
rechtliche Prüfung des Einzel-falls erfordern. Vielmehr
erfasst der
Wortlaut der Norm ausnahmslos alle [X.] in konkreten fremden Angelegenheiten,
die eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordern, unabhängig davon, wie intensiv oder schwierig diese [X.] ist.
(2) Nach dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts erforderte
eine
Rechtsdienstleistung im Sinne von
§
2 Abs.
1
[X.]
eine "besondere rechtliche Prüfung des Einzelfalls"
(vgl. BT-Drucks.
16/3655, S.
7). Demgegenüber hielt es der Bundesrat für angezeigt, den Anwendungsbereich des [X.] auf alle Tätigkei-ten auszudehnen, die ihrem Gehalt nach über eine einfache Rechtsauskunft hinausgehen. Er schlug deshalb vor, in §
2 Abs.
1 [X.] das Wort "besondere"
zu streichen (BT-Drucks.
16/3655, S.
103).
Dieser Vorschlag wurde vom Rechtsausschuss des [X.] in seine Beschlussempfehlung übernom-men. Danach sollte
durch die Streichung des Wortes "besondere"
vermieden werden, dass an das Erfordernis der rechtlichen Prüfung zu hohe Maßstäbe angelegt werden. Damit werde klargestellt, dass die Norm nicht nur besonders schwierige oder umfassende rechtliche Prüfungen
erfasse, sondern jede recht-liche Tätigkeit, die über die bloße Anwendung von Rechtsnormen auf einen 43
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-
21
-
Sachverhalt hinausgehe, ohne dass es einer besonderen Prüfungstiefe bedürfe. Um klar hervorzuheben, dass es in §
2 Abs.
1 [X.] nur um die Abgrenzung von bloßer Rechtsanwendung zu juristischer Rechtsprüfung und nicht um die Unter-scheidung von "einfachem"
und "schwierigem"
Rechtsrat geht, hielt der [X.] die Streichung des Wortes "besondere"
für geboten (Beschluss-empfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drucks.
16/6634, S.
51).
Nach diesem in der Gesetzesfassung zum Ausdruck gekommenen Wil-len des Gesetzgebers
bleibt
für eine Beschränkung des Tatbestands auf Fälle einer "besonderen"
rechtlichen Prüfung kein Raum.
(3) Dieses Auslegungsergebnis steht im Einklang mit dem Zweck des §
2 [X.]. Die Vorschrift bestimmt den materiellen Anwendungsbereich des Geset-zes. Je enger der Begriff der Rechtsdienstleistung gefasst wird, umso weiter erstreckt sich der Bereich der allgemeinen Dienstleistung, die von vornherein nicht den Beschränkungen des [X.] unterliegt (vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks.
16/3655, S.
103). In diesem Zu-sammenhang ist wesentlich, dass das Rechtsdienstleistungsgesetz einen wei-ten Bereich dessen, was nach dem zuvor geltenden, verfassungskonform ein-geschränkten Recht schon nicht in den Anwendungsbereich des [X.]sgesetzes fiel, erfassen und in den für zulässige Nebenleistungen geschaf-fenen Erlaubnistatbestand des §
5 Abs.
1 [X.] überführen soll. Erst innerhalb dieses Erlaubnistatbestands soll unter Berücksichtigung der Schutzzwecke des [X.] entschieden werden, ob eine Tätigkeit als Ne-benleistung zulässig ist oder ob sie als darüber hinausgehende Leistung nicht oder nur durch oder in Zusammenarbeit mit einer Person erbracht werden darf, die diese Rechtsdienstleistung als Hauptleistung erbringen dürfte (Begründung des [X.] zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drucks.
16/3655, S.
51
f.).
Der danach mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz verfolgte [X.] kann
nicht
durch eine einengende Auslegung des Be-griffs der Rechtsdienstleistung erreicht werden.
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47
-
22
-
(4) Systematisch verfolgt das Rechtsdienstleistungsgesetz gegenüber dem [X.] ein neues Regelungskonzept.
Einem erweiterten Anwendungsbereich steht eine gegenüber dem früheren Recht großzügigere
Regelung für
Nebenleistungen
in §
5 Abs.
1 [X.] gegenüber (vgl.
[X.]/[X.]
aaO
§
5 Rn.
3).
Auch danach gibt es keinen Anlass,
§
2 Abs.
1 [X.]
restriktiv auszulegen.
cc) Nach diesen Maßstäben
hat die Beklagte mit dem beanstandeten Schreiben eine Rechtsdienstleistung im Sinne von §
2 [X.] erbracht.
Das
Schreiben
stellt die konkrete Subsumtion eines Schadensfalls unter die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen des [X.]
dar, die über eine bloß
schematische
Anwendung von Rechtsnormen
ohne rechtliche Prüfung
hinausgeht. Das ergibt sich bereits daraus, dass der [X.] auf der Grundlage des von ihm angegebenen Anschaf-fungspreises unter Berücksichtigung eines konkret ermittelten [X.] neu für alt berechnet wurde. Diese Berechnungsmethode ist den gesetzlichen Bestimmungen keineswegs unmittelbar zu entnehmen. Im Gegenteil stellte sie sogar eine unzutreffende Auslegung der §
249 Abs.
1, §
251 Abs.
1 BGB dar. Danach orientieren sich Ersatzbeschaffung und Geldentschädigung am [X.], also grundsätzlich am Preis für die Ersatzbeschaffung, wobei gegebenenfalls ein Abzug "neu für alt"
zu berücksichtigen ist (vgl. [X.], Urteil vom 10.
Juli 1984
VI
ZR
262/82, [X.]Z 92, 85, 87; Urteil vom 15.
Oktober 1991
VI
ZR
314/90, [X.]Z 115,
364, 367
f.; konkret zu
Haftungs-begrenzungen in Textilreinigungsverträgen [X.], Urteil vom 4.
Juli 2013

VII
ZR
249/12, [X.]Z 198, 23 Rn.
18).
Auch die
Stellungnahme zu einem
[X.] des Geschädigten auf Rückerstattung der Reinigungskosten erfordert substantielle rechtliche Überlegungen,
die über eine bloß schematische Rechts-anwendung hinausgehen. Dasselbe
gilt für die Frage, inwieweit Kosten für Ab-holversuche oder Telefonate im Zusammenhang mit Reinigungsreklamationen ersatzpflichtig sind.
48
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-
23
-
Demgegenüber ist unerheblich, ob das Schreiben
der Beklagten
einen typischen Fall der Beschädigung oder des Abhandenkommens von Textilien in einer Reinigung betrifft oder ob es sich um ein standardisiertes, massenhaft verwendetes und aus einer geringfügigen Anpassung vorhandener Textbau-steine zusammengesetztes Schreiben handelt
(vgl. Werber, [X.], 1321, 1327). Diese Umstände, die nicht selten auch bei anwaltlicher Tätigkeit vorlie-gen können, führen zwar dazu, dass die rechtliche Prüfung des Einzelfalls [X.] erscheinen mag. Die
rechtliche Prüfung des Einzelfalls wird aber nicht dadurch überflüssig, dass ein Musterschreiben für
einen
konkreten Fall ange-passt wird.

2. Da keiner der Tatbestände eingreift, bei denen die Erbringung der Rechtsdienstleistung erlaubt ist, hat die Beklagte mit der Schadensregulierung gegen §
3 [X.] verstoßen.
51
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-
24
-
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §
91 Abs.
1 ZPO.
Büscher
Schaffert
Kirchhoff

Koch
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.10.2013 -
14 O 44/13 -

[X.], Entscheidung vom 11.04.2014 -
6 [X.] -
53
[X.]:[X.]:[X.]:2016:120916BIZR107.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I [X.]
vom

12. September 2016

in dem Rechtsstreit

[X.]:[X.]:[X.]:2016:120916BIZR107.14.0
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 12.
September 2016 durch [X.] Dr.
Büscher, [X.], [X.], Prof. Dr. Koch und Feddersen
beschlossen:
Das Urteil vom 14.
Januar 2016 wird wegen offenbarer [X.] gemäß §
319 Abs.
1 ZPO wie folgt berichtigt:
In Rn.
17, Zeile
10, muss es statt "§
98 HGB" heißen "§
93 HGB".

Büscher
Schaffert
Kirchhoff

Koch
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.10.2013 -
14 O 44/13 -

[X.], Entscheidung vom 11.04.2014 -
6 [X.] -

Meta

I ZR 107/14

14.01.2016

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2016, Az. I ZR 107/14 (REWIS RS 2016, 17733)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 17733

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 107/14

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