Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2015, Az. VII ZB 53/13

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 10873

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 53/13

vom

20. Mai 2015

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 50; FamFG § 394 Abs. 1
Die Löschung einer vermögenslosen GmbH nach §
394 Abs.
1 FamFG hat zur Folge, dass die [X.] ihre Rechtsfähigkeit verliert und damit nach §
50 Abs.
1 ZPO auch ihre Fähigkeit, [X.] eines Rechtsstreits zu sein. Nur wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass noch verwertbares Vermögen vor-handen ist, bleibt die [X.] trotz der Löschung rechts-
und parteifähig.
Dabei sind wertlose Forderungen nicht als verwertbares Vermögen anzuse-hen.
[X.], Beschluss vom 20. Mai 2015 -
VII ZB 53/13 -
KG Berlin

[X.]
-
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-
Der
VII. Zivilsenat des [X.] hat am 20. Mai 2015
durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Eick,
die Richter
Halfmeier, Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterinnen
Graßnack
und Wimmer
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 7.
Zivilsenats des [X.] vom 24.
September 2013 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
[X.]: 106.070,90

Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt die [X.] als Gesamtschuldner auf Zahlung von Werklohn für Ingenieurleistungen in Anspruch.
Die Beklagte zu 1, die ihrerseits mit der [X.]
einen Vertrag über die Erbringung von
Ingenieurleistungen geschlossen hatte, beauftragte die Klägerin als Nachunternehmerin im Mai 2010 mit der Erbringung von Planungsleistun-gen betreffend das Gewerk Lüftung für das Bauvorhaben B. Aus diesem [X.] steht der Klägerin noch ein Vergütungsanspruch in Höhe von 106.070,90

Alleingesellschafter und Geschäftsführer der [X.] zu 1, einer GmbH,
war der Beklagte zu 4. Dieser fasste im Mai 2010 den Beschluss, die [X.] zu liquidieren. Im selben
Monat gründete der Beklagte zu 4 die 1
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Beklagte zu 2, über deren Vermögen im Jahre 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Am 9. Dezember 2010 stellte die Beklagte zu 1 ihrer Auftraggeberin, der [X.], eine zu
2 angegeben wurde. Nach
dem Vortrag der Klägerin zahlte die [X.]
den
Rechnungsbetrag nicht an die Beklagte zu 1, sondern auf das angegebene Konto.
Am 13. Februar 2012 wurde gemäß § 394 Abs. 1 FamFG von Amts we-gen die Löschung der [X.] zu 1 im Handelsregister eingetragen, nachdem zuvor die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der [X.] zu 1 mangels Masse abgelehnt worden war.
Die Klägerin ist der Auffassung,
die Beklagte zu 1 sei parteifähig, da sie noch nicht vollbeendet sei. Sie sei zwar im Handelsregister gelöscht, jedoch nicht vermögenslos. Ihr stünden aufgrund der auf das Konto der [X.] zu
2 von Seiten der [X.]
geleisteten Zahlungen Ansprüche gegen die Beklagte zu 2 zu.
Das [X.] hat die Klage gegen die Beklagte zu 1 als unzulässig abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Berufungs-gericht nach vorherigem Hinweis durch Beschluss als unzulässig verworfen.
Mit ihrer Rechtsbeschwerde
begehrt die Klägerin die Aufhebung des die Berufung verwerfenden Beschlusses und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

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II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt,
die Berufung sei unzulässig, da die Beklagte zu 1 nicht mehr existent und mithin nicht
parteifähig sei.
Die Klägerin habe ursprünglich
vorgetragen, die Forderungen der [X.] zu 1 gegen die Beklagte zu 2 seien erst nach der Löschung der [X.] zu 1 entstanden. Auf den Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts, dass ein Vermögenserwerb
der liquidierten GmbH nach deren Löschung ausge-schlossen sei und nicht zum Wiederaufleben der GmbH führen könne, habe die Klägerin ihren Vortrag dahin geändert, dass der [X.] zu 1 bereits zum Zeitpunkt ihrer Löschung noch erhebliche Forderungen gegen
die Beklagte zu 2 zugestanden hätten. Dieser Vortrag sei widersprüchlich. Im Übrigen fehle es an jeglicher Konkretisierung und Begründung dafür, dass diese angeblichen Forde-rungen zu einem bestimmten Zeitpunkt entstanden seien.
2.
a) Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO, und auch im Übrigen zulässig, da die Sicherung einer [X.] Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert, § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der angefochtene Beschluss verletzt die Klägerin in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewäh-rung rechtlichen Gehörs, Art. 103 Abs. 1 GG. Diese Verletzung führt
unabhän-gig davon zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde, ob sie sich auf das Ergebnis auswirkt
(vgl. [X.], Beschlüsse vom 26.
Januar 2009 -
II ZB 6/08, [X.], 1083 Rn. 13; vom 23.
Oktober 2003 -
V [X.], [X.], 367, 368).
Das
Berufungsgericht hat sich mit dem Vorbringen der Klägerin, die
[X.]
habe auf Forderungen der [X.] zu 1 Zahlungen an die Beklagte 9
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zu
2 erbracht, ohne dass hierfür ein Rechtsgrund im Verhältnis zur [X.] zu
1 bestanden habe, nicht hinreichend auseinandergesetzt.
Es hat diesen Kernvortrag gehörswidrig wegen Widersprüchlichkeit und Unsubstanziiertheit als unbeachtlich außer Betracht gelassen. Diese Vorgehensweise verstößt in mehrfacher Hinsicht gegen Art. 103 Abs. 1 GG.
aa)
Zutreffend hat das Berufungsgericht zwar ausgeführt, dass das [X.] der Klägerin zur Vermögenslosigkeit der [X.] zu
1 widersprüch-lich ist. Dieser Umstand rechtfertigt die Nichtberücksichtigung des Vorbringens jedoch nicht. Hierin liegt eine, gegen Art. 103 GG verstoßende vorweggenom-mene Beweiswürdigung, die im Prozessrecht keine Stütze findet. Eine [X.] ist nicht gehindert, ihren Vortrag im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbeson-dere auch zu berichtigen. Eine etwaige Widersprüchlichkeit kann nur im Rah-men der Beweiswürdigung berücksichtigt werden ([X.], Beschlüsse vom 6.
Februar 2013 -
I ZR 22/12, BeckRS 2013, 08902 Rn. 11; vom 23.
Juli 2013

[X.], juris Rn.
7; vom 21.
Juli 2011 -
IV ZR 216/09, [X.], 1384 Rn.
6).
bb)
Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör zudem dadurch verletzt, dass es die [X.] offenkundig überspannt hat.
Eine [X.] genügt ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Tatsa-chen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das gel-tend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen. Wird das [X.]vor-bringen diesen Anforderungen gerecht, so kann der Vortrag weiterer Einzeltat-sachen, wie z.B. Details zu Zeit und Ort, nicht verlangt werden. Es ist dann Sa-che des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei [X.] die benannten Zeugen oder die zu vernehmende [X.] nach weiteren Ein-14
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zelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Fragen zu unterbreiten (vgl. [X.], Beschlüsse vom 21. Oktober 2014 -
VIII ZR 34/14, [X.] 2015, 139 Rn. 13, 20 f.; vom 6.
Februar 2014 -
VII ZR 160/12, [X.], 221
Rn. 12; jeweils m.w.[X.]). So verhält es sich hier.
Die Klägerin hat unter Beweisantritt dargelegt, dass die [X.]
unter anderem auf die Rechnung der [X.] zu 1
vom 9.
Dezember 2010, mithin vor Löschung der [X.] zu
1, Zahlungen geleistet hatte -
die allerdings vor Rechnungsstellung in dem Zeitraum von August bis Dezember 2010 erfolgt sein sollen -
ohne dass ein Rechtsgrund hierfür erkennbar sei. Die Klägerin
hat so-wohl erstinstanzlich als auch im Rahmen des Berufungsverfahrens mit
Schrift-satz vom 19.
September 2013 jeweils konkrete Daten für die einzelnen Zahlun-gen von Seiten der [X.]
benannt. Weitere Voraussetzungen waren an ei-nen substanziierten Vortrag nicht zu stellen.
b) Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Berufungsge-richt hat der
Berufung im Ergebnis zu Recht den Erfolg versagt.
Die Beklagte zu 1 ist seit ihrer Löschung am 13. Februar 2012 nicht mehr parteifähig. Die Löschung einer vermögenslosen GmbH nach §
394 Abs. 1 FamFG hat zur Folge, dass die [X.] ihre Rechtsfähigkeit verliert und damit nach § 50 Abs. 1 ZPO auch ihre Fähigkeit, [X.] eines Rechtsstreits zu sein. Die [X.] ist materiell-rechtlich nicht mehr existent. Nur wenn
An-haltspunkte dafür
bestehen, dass noch verwertbares Vermögen vorhanden ist, bleibt die [X.] trotz der Löschung rechts-
und parteifähig ([X.], Urteile vom 5. Juli 2012 -
III ZR 116/11, [X.], 1482 Rn. 27; vom 25.
Oktober 2010 -
II ZR 115/09, NJW-RR 2011, 115 Rn. 22; vom 29.
September 1967 -
V ZR 40/66,
[X.]Z 48, 303, 307; jeweils m.w.[X.]).
Wertlose [X.] und Forderungen, wegen derer nicht vollstreckt werden kann, sind kein verwertbares Vermögen
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(Schmidt in [X.], GmbHG, 11. Aufl., § 74 Rn. 12).
In solchen Fällen
ist das Interesse des Gläubigers einer liquidierten und gelöschten [X.], für die lediglich abstrakte Möglichkeit, dass sich doch noch [X.] findet, einen Vollstreckungstitel erwirken zu können, nicht schützenswert
(vgl. auch [X.]/[X.], 4.
Aufl., §
50 Rn.
15).
Es kann dahinstehen, ob der [X.] zu 1 noch Ansprüche gegen die Beklagte zu 2 zustehen. Etwaige Ansprüche sind
nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin nicht werthaltig. Über das Vermögen der [X.] zu
2 ist zwi-schenzeitlich im September 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. [X.] nach dem Vorbringen der Klägerin noch sonst ist ersichtlich, dass [X.] der [X.] zu
1 gegen die Beklagte zu
2 erfolgreich durchzusetzen wä-ren. Die Klägerin hat mit [X.] vom 2. Oktober 2013 vielmehr
ausgeführt, die Beklagte zu 2 sei im Wesentlichen vermögenslos, was wohl unter normalen Umständen zur Folge hätte, dass Ansprüche nicht zu realisieren wären. Eine reelle Aussicht, dass der [X.] zu 1 hinsichtlich ihrer etwaigen Ansprüche gegen die Beklagte zu
2 [X.] zur Verfügung stehen wird, besteht vor diesem Hintergrund nicht.
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III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.
1 ZPO.

Eick

Halfmeier

Jurgeleit

Graßnack

Wimmer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 01.03.2013 -
22 O 174/11 -

KG Berlin, Entscheidung vom 24.09.2013 -
7 [X.] -

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Meta

VII ZB 53/13

20.05.2015

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2015, Az. VII ZB 53/13 (REWIS RS 2015, 10873)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 10873

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VII ZB 53/13

I ZR 22/12

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VIII ZR 34/14

VII ZR 160/12

III ZR 116/11

II ZR 115/09

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