Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.10.2016, Az. 2 StR 386/16

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 3422

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Gegenstand

Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung eines Asylbewerbers: Rechtsfehlerhafte strafschärfende Erwägungen


Leitsatz

Die strafschärfende Erwägung, ein wegen Landfriedensbruch und gefährlicher Körperverletzung verurteilter Asylbewerber habe durch seine Tat das Ansehen der in Deutschland lebenden Asylbewerber stark geschädigt und einer positiven Einstellung der Bevölkerung gegenüber anwesenden Asylsuchenden und anderen Ausländern entgegengewirkt, ist rechtsfehlerhaft.

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 7. April 2016, auch soweit es die Angeklagten A.    und B.    betrifft, im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Landfriedensbruchs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat im Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.

2

1. Das [X.] hat zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, dass er "das Ansehen der Asylbewerber in [X.] stark beschädigt und damit einer positiven Einstellung der Bevölkerung gegenüber anwesenden Asylsuchenden und anderen Ausländern entgegengewirkt" habe. Diese moralisierende Erwägung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie macht den Angeklagten zu Unrecht verantwortlich für die Vorurteile Dritter und lässt zudem besorgen, die [X.] habe den Umstand, dass es sich bei dem Angeklagten um einen Asylsuchenden handelt, straferschwerend berücksichtigt; das wäre nicht statthaft (vgl. [X.], 105). Die Stellung als Asylbewerber als solche kann eine Erhöhung der Strafe grundsätzlich nicht begründen; denn aus ihr ergibt sich keine gesteigerte Pflicht, keine Gewalttaten zu begehen ([X.]R StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 13; [X.], Beschluss vom 7. Juli 1998 - 5 [X.]). Etwas anderes gilt zwar dann, wenn die Tat durch die [X.] des [X.] oder seine Stellung als Asylbewerber in einer für die Schuldgewichtung erheblichen Weise geprägt wird (vgl. [X.]R StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 13). Auch wenn es sich bei der Tat um eine gewaltsame Auseinandersetzung zwischen Asylsuchenden in einer Flüchtlingsunterkunft handelte, liegt die Annahme eines solchen Ausnahmefalls nicht auf der Hand.

3

2. In gleicher Weise wie bei dem Angeklagten hat das [X.] auch bei den nicht revidierenden Mitangeklagten [X.]berücksichtigt, dass sie das Ansehen der Asylbewerber in [X.] beschädigt haben, bei dem Angeklagten [X.]zudem, dass er mit seiner Tat einer positiven Einstellung der Bevölkerung gegenüber anwesenden Asylsuchenden und Ausländern entgegenwirkte. Aus diesem Grund war die Aufhebung auf diese Mitangeklagten zu erstrecken (§ 357 StPO).

Fischer                             Krehl                             Ott

                     Zeng                              Bartel

Meta

2 StR 386/16

25.10.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Meiningen, 7. April 2016, Az: 3 KLs - 409 Js 22218/15 jug

§ 46 Abs 2 StGB, § 125 StGB, § 224 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.10.2016, Az. 2 StR 386/16 (REWIS RS 2016, 3422)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 1491 REWIS RS 2016, 3422

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Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 575/16

2 StR 386/16

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