Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2007, Az. III ZR 193/05

III. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5816

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 11. Januar 2007 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 675 Abs. 2 Im Rahmen einer Anlagevermittlung kommt zwischen dem [X.] und dem Vermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zumindest stillschweigend zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonde[X.] Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, und der [X.] die gewünschte Tätigkeit beginnt (st. Rspr., zuletzt [X.]surteil vom 19. Oktober 2006 - [X.]/05 - ZIP 2006, 2221). Der Feststellung weiterer besonderer Umstände bedarf es nicht. Das gilt auch dann, wenn der Vermittler bei den Vertragsverhandlungen zugleich als selbständiger "Reprä-sentant" einer Bank auftritt. [X.], Urteil vom 11. Januar 2007 - [X.] - [X.]

LG Mannheim - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2007 durch [X.] und [X.] [X.], [X.], Dr. [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 12. Juli 2005 aufgehoben, so-weit es nicht durch die übereinstimmend erklärte [X.] wirkungslos geworden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.] sowie die auf die [X.] entfallenden Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand Die Klägerin verwaltet das Vermögen einer Stiftung, nach de[X.] Satzung ihr Vermögen mündelsicher anzulegen ist. Die Beklagte firmiert unter "h. GmbH" und war zugleich Repräsentantin der [X.], einer Niederlassung der [X.] in [X.]. 1 - 3 - Im [X.] 2001 rief der seinerzeit bei der [X.] beschäftigte Zeuge [X.] die Klägerin an und stellte ihr Anlagemöglichkeiten bei der [X.] vor. In einem Telefax vom 22. Oktober 2001 mit Briefkopf der [X.] teilte er der Klägerin unter Bezugnahme auf einen Artikel in der Zeitschrift "Finanzen" mit, die [X.]gehöre dem "Einlagensicherungsfonds" (sc. des [X.]) an. Die Klägerin legte daraufhin unter dem 26. Oktober 2001 345.144,49 [X.]) als Festgeld für 90 Tage bei der [X.] an. Der Anlageauftrag enthält vor den Unterschriften die vorgedruckte Bestätigung des Kunden: "Ich/Wir habe/n die [X.] der Bank mit Hinweisen zur Einlagensicherung erhalten, zur Kenntnis ge-nommen und bin/sind mit de[X.] Geltung einverstanden –". Nach Fristablauf wurde die Anlage von der Klägerin bis zum 22. Juli 2003 mehrfach verlängert. Unter dem 28. Mai 2003 übertrug die B.

Bank den Geldbetrag von 175.469 • zuzüglich Zinsen in Höhe von 1.955,50 • auf ein neu eingerichtetes [X.] bei ihr. 2 Im Mai 2003 hatte das [X.] [X.] geschlossen. Über de[X.] Vermögen ist das Insolvenzverfah[X.] beim Amtsgericht [X.] eröffnet. Tatsächlich war die Bank nicht Mitglied im [X.] [X.]. Die Klägerin hat ihre Forderung im Insolvenzverfah[X.] angemeldet. 3 Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung in Höhe von 178.832,05 • nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Abtretung ihrer im Insolvenzverfah[X.] angemeldeten Forde-rung gegen die [X.] Bank, geltend gemacht. Das [X.] hat der Klage stattgegeben, das [X.] hat sie abgewiesen. Im [X.] - 4 - [X.] verfolgt die Klägerin unter Abzug eines zwischenzeitlich vom [X.] gezahlten Betrags von [X.] • ih[X.] Klageantrag weiter. Entscheidungsgründe Die Revision hat Erfolg. 5 [X.] Nach Ansicht des Berufungsgerichts lässt sich ein gesonderter [X.] oder Auskunftsvertrag zwischen den Parteien nicht feststellen. Wenn ein solcher Auskunftsvertrag zustande gekommen sei, was zugunsten der Klägerin unterstellt werden könne, sei er zwischen dieser und der [X.] geschlossen worden. Die Bank sei dabei durch die Beklagte und diese durch den Zeugen M. vertreten worden. Allerdings sei die Beklagte gegenüber der Klägerin als Anlagevermittlerin aufgetreten. Sie habe aber diese Tätigkeit in ihrer Eigen-schaft als Repräsentantin der [X.]Bank im Sinne des § 53a [X.] ausgeübt. Übernehme ein Vermittler mit Wissen und Wollen einer der späte[X.] Vertrags-parteien Aufgaben, die typischerweise dieser oblägen, so werde er in de[X.] Pflichtenkreis tätig und sei zugleich als de[X.] Hilfsperson zu betrachten. Um eine solche, den vielfältigen Fällen der Vertreterhaftung von Banken, Sparkas-sen und Versicherungen in der Rechtsprechung des [X.] ent-sprechende Konstellation handele es sich im vorliegenden Fall. Die [X.] habe sich vor allem der Geschäftsvermittlung durch Repräsentanten wie der [X.] bedient, die darauf in ihrem Briefkopf auch offen hingewiesen hätten. Angesichts des hier allein in Rede stehenden [X.] ge-6 - 5 - mäß § 1 Abs. 1 [X.] sei von vornherein klar gewesen, dass dieses nur mit [X.] habe vermittelt werden können. Die [X.] habe es den für sie ständig als selbständige Vermittler tätigen Repräsentanten überlassen, Kunden für ihre Anlagen zu werben, die erforderlichen Vertragsverhandlungen zu füh[X.] und die Vertragsunterlagen vorzubereiten. Dieser Ablauf und das Auftreten der [X.] als Repräsentantin der B.

Bank sei der Klägerin auch bekannt gewesen. Dass die Beklagte daneben auch als "Vermittlung von Kapitalanla-gen" firmiert habe und so im Geschäftsverkehr aufgetreten sei, habe für den Streitfall keine wesentliche Bedeutung gehabt. Zwar könne im Rahmen der Anlagevermittlung zwischen dem Anlagein-teressenten und dem Anlagevermittler ein gesonderter, konkludent geschlosse-ner Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zustande kommen, wenn der [X.] deutlich mache, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezo-gen, die besonde[X.] Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen wolle und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginne. Das hänge jedoch von den Umständen des Einzelfalls ab, beispielsweise einem ei-genen wirtschaftlichen Interesse des Auskunftsgebers an dem [X.], einem persönlichen Engagement in der Form von Zusicherungen nach Art einer Garantieübernahme, dem Versprechen eigener Nachprüfung, der [X.] zu Vertragsverhandlungen auf Verlangen des [X.] oder einer bereits anderweitig bestehenden Vertragsbe-ziehung zwischen Auskunftsgeber und Auskunftsempfänger. Ein solcher zu-sätzlicher, neben die Tätigkeit der [X.] in Vertretung der [X.] tre-tender und eine eigene Haftung begründender Auskunftsvertrag sei zwischen den Parteien aber nicht geschlossen worden. Entsprechendes gelte für [X.] der Klägerin aus Verschulden bei Vertragsschluss (culpa in contrahendo); auch insoweit sei nur die [X.], nicht aber die Beklagte persönlich haftbar. 7 - 6 - Beiden Anspruchsgrundlagen sei gemeinsam, dass eine Eigenhaftung nur ein-trete, wenn der Vertreter wirtschaftlich betrachtet gleichsam in eigener Sache tätig werde. Davon könne hier keine Rede sein. Die Beklagte habe für ihre [X.] keine Provision erhalten, der für sie handelnde Zeuge [X.]nur eine ganz geringe Provision in Höhe von 500 •. Das bloß mittelbare Provi-sionsinteresse rechtfertige auch die Annahme eines eigenen Interesses des Vertreters nicht. Besonderes Vertrauen habe die Beklagte gleichfalls nicht in Anspruch genommen. I[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts haftet die Beklagte der Klägerin wegen Verletzung eines zwischen den Parteien [X.]. Das Berufungsgericht setzt zu Unrecht den - enge-[X.] - Tatbestand einer Eigenhaftung des Vertreters bei Schadensersatzansprü-chen aus Verschulden bei Vertragsschluss (culpa in contrahendo) mit den Vor-aussetzungen für den stillschweigenden Abschluss eines [X.] bei der Vermittlung einer Kapitalanlage gleich. 8 1. Zutreffend ist, dass die Eigenhaftung des Vertreters - über das ange-bahnte Rechtsverhältnis zwischen [X.] und [X.] hinaus - entweder die Inanspruchnahme besonde[X.] persönlichen Vertrauens durch den Vertreter erfordert, insbesondere wenn er dem [X.] eine zu-sätzliche, von ihm persönlich ausgehende Gewähr für die Richtigkeit und Voll-ständigkeit seiner Erklärungen bietet, oder ein unmittelbares wirtschaftliches Eigeninteresse des Vertreters an dem Zustandekommen des [X.] - 7 - ses, so dass er wirtschaftlich betrachtet gleichsam in eigener Sache verhandelt ([X.] 129, 136, 170; [X.], Urteil vom 29. Januar 1997 - [X.] - NJW 1997, 1233; Urteil vom 24. Mai 2005 - [X.]/01 - NJW-RR 2005, 1137; Se-natsurteil vom 27. Oktober 2005 - [X.] - NJW-RR 2006, 109; 110; die-ses Urteil wäre vorliegend einschlägig, wenn es um eine persönliche Haftung des Zeugen [X.]ginge). Hieran dürfte es in der Tat im Verhältnis zwischen der Klägerin und der [X.], die bei den Vertragsverhandlungen über die Festgeldanlage als Repräsentantin die kapitalsuchende [X.]Bank vertreten hat und als de[X.] Erfüllungsgehilfe wiederum nach den rechtsfehlerfreien Feststel-lungen des Berufungsgerichts der Zeuge [X.]anzusehen ist, fehlen. Darauf kommt es aber nicht an, weil das Berufungsgericht die außerdem zu prüfenden tatbestandlichen Voraussetzungen für den konkludenten Abschluss eines [X.] mit dem Anlagevermittler übermäßig ve[X.]gt. 2. In der Rechtsprechung des [X.], insbesondere des jetzt zuständigen erkennenden [X.]s, ist anerkannt, dass im Rahmen der hier inte-ressie[X.]den Anlagevermittlung zwischen dem [X.] und dem Anlagevermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zumindest stillschwei-gend zustande kommt, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonde[X.] Kenntnisse und Ver-bindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt ([X.] 100, 117, 118 f.; [X.]surteile vom 13. Mai 1993 - [X.] - NJW-RR 1993, 1114; vom 13. Januar 2000 - [X.]/99 - NJW-RR 2000, 998; vom 13. Juni 2002 - [X.]/01 - NJW 2002, 2641, 2642; vom 11. September 2003 - [X.] - NJW-RR 2003, 1690 und vom 12. Mai 2005 - [X.]/04 - NJW 2005, 1120, 1121; zuletzt Urteil vom 19. Oktober 2006 - [X.]/05 - ZIP 2006, 2221 Rn. 9). Der Feststellung weiterer besonderer Merkmale unter den [X.], wie sie 10 - 8 - das Berufungsgericht unter Hinweis auf das einen ande[X.] Sachverhalt betref-fende [X.]surteil vom 16. Juni 1988 - [X.] ([X.]R BGB § 676 Aus-kunftsvertrag 1) verlangt, etwa eines eigenen wirtschaftlichen Interesses des Vermittlers an dem Geschäftsabschluss, bedarf es in dieser Fallgestaltung nicht. Ebenso wenig ist von entscheidender Bedeutung, ob der Vermittler den Kapitalsuchenden innerhalb seiner Rechtsbeziehungen mit dem Kapitalanleger vertritt und inwieweit jener seinerseits unter dem Gesichtspunkt des § 278 BGB für Fehler des Vermittlers einzustehen hat. Die dargestellte [X.]srechtspre-chung trägt zum Schutz des Anlegers bereits typisie[X.]d der Interessenlage und den Besonderheiten bei der Vermittlung von Kapitalanlagen Rechnung. Diese werden geprägt durch die regelmäßig erhebliche wirtschaftliche Bedeu-tung für den Kapitalanleger und einen zugleich auf seiner Seite ebenso regelmäßig bestehenden Aufklärungsbedarf, der in der großen Mehr-zahl der Fälle hinreichend nur durch den Vermittler befriedigt werden kann, und zudem umgekehrt durch die von dem Vermittler im Allgemeinen zu erwartende und auch nach eigenem Verständnis bestehende Sachkunde (in diesem Sinne schon [X.] 74, 103, 106 f.). 3. Nach diesen Maßstäben ist an dem Zustandekommen eines konkludent geschlossenen [X.] zwischen der Klägerin und der [X.], vertreten durch den Zeugen [X.], auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei ge-troffenen tatrichterlichen Feststellungen nicht zu zweifeln. Die Klägerin hat mit ihrer Frage nach der Zugehörigkeit der [X.] zum [X.] erkennbar gerade die spezifischen Kenntnisse der [X.] über Einzelheiten der angebotenen Kapitalanlage für sich nutzen wollen und ihre Anlageentscheidung hiervon abhängig gemacht. Dass die Beklagte zu-gleich als Repräsentantin der Bank firmierte und in dieser Eigenschaft bei den Vorverhandlungen über Art und Inhalt der Anlage die Bank vertreten konnte, ist 11 - 9 - für den stillschweigenden Abschluss eines gesonderten [X.] mit der Klägerin mangels einer eindeutigen Beschränkung auf die Abgabe von [X.] nur für die [X.] Bank ohne Belang (vgl. auch zur Anlageberatung durch den Repräsentanten einer Bank [X.]surteil vom 23. September 1999 - [X.] - NJW-RR 2000, 51). Die von der Revisionserwiderung in [X.] Zusammenhang weiter erhobenen Verfah[X.]srügen hat der [X.] geprüft und für nicht durchgreifend erachtet; von einer nähe[X.] Begründung wird ge-mäß § 564 ZPO abgesehen. 4. Mit Recht hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass die sach-lich unrichtigen und auf einer unvollständigen tatsächlichen Grundlage beru-henden Angaben des Zeugen [X.]über eine bei der [X.] Bank bestehende Einlagensicherung pflichtwidrig wa[X.]. Damit steht eine die Beklagte dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtende schuldhafte [X.] fest. 12 5. Zur Höhe des Schadens, zum [X.] sowie zu der Frage eines etwaigen Mitverschuldens der Klägerin hat das [X.] keine abschließenden Feststellungen getroffen. Der [X.] kann deswegen über die Klage nicht endgültig entscheiden. Aus diesem Grunde ist das ange- 13 - 10 - fochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurück-zuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen nachholen kann [X.] [X.] [X.]

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 12.11.2004 - 3 O 23/04 - [X.], Entscheidung vom 12.07.2005 - 8 U 275/04 -

Meta

III ZR 193/05

11.01.2007

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2007, Az. III ZR 193/05 (REWIS RS 2007, 5816)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5816

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.