Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2005, Az. III ZR 413/04

III. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 3596

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04
Verkündet am: 12. Mai 2005 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB § 675 Abs. 2

Für das Zustandekommen eines [X.] kann es genügen, wenn der Anleger den Anlagevermittler um einen Beratungstermin bittet und der Anlagevermittler dann Angaben zu der fraglichen Anlage macht.
[X.], Urteil vom 12. Mai 2005 - [X.]/04 - OLG Hamm

LG Detmold

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[X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Mai 2005 durch [X.] und [X.] [X.], Dr. [X.], [X.] und [X.]

für Recht erkannt:
Die Revision des [X.]n gegen das Urteil des 25. Zivilsenats des [X.] vom 3. September 2004 wird [X.].

Der [X.] hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand

Nach Gesprächen mit dem [X.]n beteiligte sich die Klägerin unter anderem mit Anträgen vom 27. April 1992, 3. September 1993 und 8. April 1994 an [X.], die von der [X.]

GmbH als alleiniger Geschäftsführerin und Vertreterin geführt wurden. Hierauf zahlte sie an den Treuhänder der [X.] "[X.] GbR –" - einschließlich einer 10 %igen Abschlußgebühr, die der [X.]

GmbH zufließen sollte - insgesamt 57.900 DM (= 29.603,80 •).
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Der [X.] hatte der Klägerin erklärt, 91 % ihrer Anlage bei [X.]

seien abgesichert und es seien Renditen zwischen 0,4 % und 2 % p.m. zu erwarten. Nach dem prospektierten Anlagekonzept waren [X.] mit [X.] geplant.

Die [X.] GmbH geriet 1995 in Vermögensverfall; über ihr [X.] wurde das Konkursverfahren eröffnet. Es stellte sich heraus, daß sie nach dem Schneeballsystem gearbeitet hatte.

Die Klägerin nimmt den [X.]n auf Schadensersatz in Anspruch, weil er Auskunftspflichten, die ihm als Anlagevermittler obgelegen hätten, schlecht erfüllt habe. Der [X.] schulde ihr daher Erstattung der Aufwendungen, die ihr durch die Beteiligung an dem [X.] der P.

C. GmbH ent-standen seien. Ihre Anspruchsberechtigung werde nicht dadurch infrage ge-stellt, daß sie später ihre Ansprüche gegen die [X.]

GmbH und deren Geschäftsführer [X.], gegen den Notar [X.], die [X.], [X.] , [X.]

"sowie weitere(r) in [X.](r) Firmen und Personen" an den [X.]n als Vorsitzenden des Vereins der [X.] Geschädigten e.V. abgetreten habe.

Das [X.] hat der Klägerin - unter Berücksichtigung, daß sie von [X.] angebliche [X.] erhielt - 17.920,60 • nebst Zinsen zugesprochen und die weitergehende Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.]n ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Berufungsgericht zugelas-senen Revision verfolgt der [X.] sein Begehren, die Klage vollständig abzuweisen, weiter.
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Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

[X.]

Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerin sei aktivlegitimiert, weil die mit dem Verein der [X.]

Geschädigten e.V. getroffene Abtretungsvereinbarung gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 134 BGB unwirksam sei.

Der [X.] und nicht eine durch diesen vertretene C.

GmbH habe der Klägerin die Anlage bei [X.] vermittelt. Im Zuge der Anlagevermitt-lung sei zwischen den Parteien ein [X.] zustande gekommen. [X.] Auskunftspflicht habe der [X.] indes nicht genügt. Das Anlagekonzept von [X.] sei fragwürdig gewesen. Nach dem Prospekt habe eine kon-servative Anlagestrategie, nämlich [X.] mit [X.], verfolgt werden sollen. Der [X.] habe sich bei der gebotenen Plau-sibilitätsprüfung fragen und diese Zweifel der Klägerin offenbaren müssen, wie mit solchen weitgehend risikolosen Geschäften dauerhaft Renditen zwischen 4,8 % und 24 % p.a. erzielt werden könnten. Denn andere - spekulativ einsetz-bare - Anlagegelder als diejenigen, mit denen der Erwerb der [X.] Staatsanleihen hätte finanziert werden sollen, hätten nicht zur Verfügung ge-standen.
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I[X.]

Der Klägerin steht gegen den [X.]n ein Schadensersatzanspruch in Höhe des zuerkannten Betrages zu.

1. Die Klägerin ist anspruchsberechtigt. Wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht, umfaßt die vorgerichtliche Abtretung die Schadensersatz-forderung der Klägerin gegen den [X.]n nicht. Die von der Klägerin und dem [X.]n als Vorstand des Vereins der [X.]

Geschädigten e.V. getroffene "Abtretungsvereinbarung" - die der Senat selbst auslegen kann, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind - nennt als Anspruchsgegner namentlich die [X.] GmbH und deren Geschäftsführer, eine [X.], den an dem [X.] beteiligten Notar und zwei Kauf-leute, nicht jedoch den [X.]n. Es ist auch auszuschließen, daß die Kläge-rin ihren Schadensersatzanspruch gegen den [X.]n unter der [X.] "Ansprüche gegen – weitere(r) in Betracht kommende(r) Firmen und Personen" hat abtreten wollen. Denn ihre Abtretungserklärung richtete sich gerade an den [X.]n als "(Zessionar) Vereinsvorsitzender Verein [X.] Geschädigter e.V.".

2. Die Klägerin kann von dem [X.]n Schadensersatz beanspruchen, weil er einen mit ihr geschlossenen [X.] schuldhaft verletzt hat.

a) Im Rahmen der Anlagevermittlung kommt zwischen dem Anlageinter-essenten und dem Anlagevermittler ein [X.] mit Haftungsfolgen zumindest stillschweigend zustande, wenn der Interessent deutlich macht, daß - 7 -

er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen [X.] und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, und der [X.] die gewünschte Tätigkeit beginnt. Ein solcher Vertrag verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tat-sächlichen Umstände, die für den [X.] des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (Senatsurteile vom 13. Mai 1993 - [X.] - NJW-RR 1993, 1114, vom 13. Januar 2000 - [X.] - [X.], 355, 356 und vom 11. September 2003 - [X.] - NJW-RR 2003, 1690).

b) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, zwischen den Parteien sei ein [X.] im vorbeschriebenen Sinn zustande ge-kommen. Das wird von den im Berufungsurteil in Bezug genommenen und in-soweit unstreitigen Feststellungen des [X.]s getragen. Danach erfuhr die Klägerin von [X.] , als der [X.] ihrem [X.] dieses Anlagemo-dell in dessen Wohnung vorstellte. Sie vereinbarte damals einen [X.] mit dem [X.]n, bei dem dieser das Beteiligungskonzept erörterte und die hohe Rendite aufzeigte.

aa) Die Revision wendet gegen die Annahme einer vertraglichen Aus-kunftspflicht ein, nach dem Vorbringen des [X.]n sei die Klägerin schon vor ihrer ersten Zeichnung fest entschlossen gewesen, sich bei [X.] zu beteiligen. Sie habe es nämlich abgelehnt, eine detaillierte Vermögensbera-tung entgegenzunehmen, und immer nur die Kapitalanlage [X.] ge-wünscht. Von anderen, ihr vom [X.]n angebotenen Kapitalanlagen habe sie nichts wissen wollen. Diese Umstände stellen die Würdigung des [X.] indes nicht durchgreifend in Frage (§ 286 ZPO). - 8 -

Die Klägerin mag das [X.] [X.]
als für sie attraktiv angesehen haben, nachdem sie es bei Gelegenheit eines Werbegesprächs des [X.]n mit ihrem [X.] kennengelernt hatte. Sie wünschte aber [X.] einen eigenen Beratungstermin. Das durfte das Berufungsgericht dahin verstehen, daß die Klägerin von dem als sachkundig eingeschätzten [X.]n dann eine verbindliche Auskunft zur Anlage bei [X.] C.

erwartete. [X.] sich der [X.] - wie geschehen - auf ein solches Ersuchen ein, ist der Aus-kunftsvertrag zustande gekommen.

[X.]) Ohne Erfolg greift die Revision die Feststellung des Berufungsge-richts an, der durch die Anlagevermittlung begründete [X.] sei mit dem [X.]n und nicht mit der [X.] zustande gekommen. Die - be-strittene - Behauptung des [X.]n, er habe sich der Klägerin ausdrücklich als Vertreter der [X.] vorgestellt, blieb [X.]. Die vom [X.]n verwandten formularmäßigen Beteiligungsanträge enthielten teilweise den Stempel der [X.] - die hier nicht im Spiel ist -, aber keinen Hin-weis auf die [X.]. Daß der [X.] für die C.

GmbH auftreten wollte, konnte sich deshalb nicht schon daraus ergeben, daß er in dem Antragsformu-lar seinen Namen in die Spalte "Der Antrag wird eingereicht von Mitarbeiter Nr. 771 Namen des Mitarbeiters: –" eintrug. Zwar hatte die Klägerin jedenfalls nach dem Vorbringen des [X.]n noch ihre persönlichen Daten in dem ihr von dem [X.]n vorgelegten "Leitfaden" der [X.], in dem es [X.] unter anderem hieß "Gehen Sie ihn gemeinsam mit Ihrem [X.]", vermerkt. Dem durfte das Berufungsgericht aber, weil sich die [X.] nicht konkret auf die hier maßgeblichen Anlagege-schäfte bezog, geringeres Gewicht beimessen (§ 286 ZPO) als den Beteili-gungsanträgen. Letztere nannten, wie schon erwähnt, die [X.] nicht; sie - 9 -

boten damit aus Sicht der Klägerin keinen Anhalt dafür, daß die Anlagevermitt-lung nicht durch den tatsächlich tätigen [X.]n, sondern durch eine [X.] erfolgt sein könnte.

Ob die Klägerin jedenfalls bei Zeichnung des letzten Beteiligungsantrags vom Dezember 1994 oder Januar 1995 wußte, daß der [X.] als "Mitarbei-ter" der [X.] handelte, ist unerheblich. Denn die Vorinstanzen haben dem [X.]n ohnehin die Vermittlung dieses [X.] nicht [X.].

c) [X.] ist weiter die Würdigung des Berufungsge-richts, der [X.] habe den mit der Klägerin geschlossenen [X.] schuldhaft verletzt.

aa) Kapitalanlagevermittler sind unabhängig davon, ob sie besonderes Vertrauen genießen, verpflichtet, das Anlagekonzept, bezüglich dessen sie Auskunft erteilen sollen, (wenigstens) auf Plausibilität, insbesondere auf wirt-schaftliche Tragfähigkeit hin, zu prüfen. Sonst können sie keine sachgerechten Auskünfte erteilen. Fehlende Sachkunde muß der Anlagevermittler dem [X.] offenlegen (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2000 aaO [X.]).

[X.]) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat den [X.]n auch zu Recht nicht deshalb der Plausibilitätsprüfung als enthoben angesehen, weil sich aus [X.] von Wirtschaftsprüfern er-gab, daß der Geschäftsablauf, insbesondere der [X.] und die Mittel-verwendung, nach den vertraglichen Vereinbarungen erfolgt sei; den [X.]n entlastete ferner nicht der Informationsbrief von "[X.] intern" vom - 10 -

22. Mai 1992, wonach [X.] als "seriöser als zahlreiche Vergleichsof-ferten" angesehen wurde. Diese Unterlagen besagten erkennbar nichts dar-über, ob das Anlagekonzept von [X.] tragfähig und die von dem [X.] in Aussicht gestellte Rendite von 4,8 % bis 24 % p.a. realistisch war (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2000 aaO).

[X.]) Bei mithin gebotener Plausibilitätsprüfung hätte dem [X.]n die Fragwürdigkeit des Anlagekonzepts von [X.] auffallen müssen. Die von dem [X.]n erwartete Rendite von bis zu 24 % p.a. konnte mit der von [X.] prospektierten Anlagestrategie schwerlich erzielt werden.

Dem Berufungsurteil ist zu entnehmen, daß im Prospekt nicht [X.], sondern weitgehend risikolose Geschäfte konservativen Charakters ange-kündigt wurden. Gegen diese Feststellung wendet sich die Revision vergeblich. Sie macht geltend, das Berufungsgericht habe Vortrag des [X.]n übergan-gen (§ 286 ZPO), demzufolge das Anlagekapital zu 100 % habe spekulativ [X.] sollen; es hätten [X.] und [X.] geschlossen werden sollen, bei denen sehr hohe Renditen gewunken hätten.

Die Rüge ist unbegründet. Nach dem - von dem [X.]n beispielhaft vorgelegten - Prospekt waren [X.] und [X.], die nach der Behauptung des [X.]n Spekulation waren, zugleich aber außer-ordentliche Gewinnchancen boten, gerade nicht geplant; sie wurden "zur [X.] nicht angeboten" (S. 10 des Prospekts). Vielmehr sollte laut Prospekt [X.] mit [X.], also mit Wertpapieren höchster Bonität, betrieben werden. Die Arbitrage war laut Prospekt von [X.] zu unterscheiden. Es handele sich um ein Geschäft, das - 11 -

Preisunterschiede für dasselbe Objekt an verschiedenen Märkten - vor allem Börsen - zur Gewinnerzielung ausnutze. Voraussetzung sei eine schnelle Nachrichtenübermittlung sowie eine Kursdifferenz, die höher sei als die [X.]. Da per Arbitrage nur örtliche Kursdifferenzen ausgenutzt wür-den, sei sie theoretisch risikolos. Die [X.] würden aus-schließlich von der "Summe der einzelnen monatlichen Beträge der GbR" von der [X.] geordert und dem [X.] zugeführt (S. 10 des Prospekts). Diesen Prospektangaben durfte das Berufungsgericht durchaus entnehmen, [X.] habe - zumindest für einen wesentlichen Teil der Anlagegelder - eine konservative, "theoretisch risikolose" Anlagestrategie an-gekündigt. Damit war aber, wie auf der Hand liegt und die Revision nicht be-zweifelt, eine Rendite zwischen 4,8 % und 24 % p.a. nicht zu erzielen. Auf die Frage, wie die weiter prospektierte "91 %ige Kapitalsicherheit" (vgl. S. 5, 6, 7, 11, 13, 18 des Prospekts) gewährleistet war, kam es nicht mehr an.

[X.]) Nach der nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts hat der [X.] die vorbeschriebenen, im Zuge der Plausibilitätsprüfung gebote-nen Überlegungen nicht angestellt. Hatte der [X.] aber die Schlüssigkeit des prospektierten Anlagekonzepts nicht geprüft, dann hätte er auf die Erklä-rung, es seien Renditen in einer Größenordnung zwischen 4,8 % und 24 % jährlich zu erwarten, verzichten oder zumindest offenbaren müssen, daß es sich um eine rein subjektive Einschätzung handelte, die er ohne Prüfung des Anlagekonzepts abgebe (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2000 aaO [X.]). Wenn der [X.] Kraftfahrer war, keine gesonderte Ausbildung im Finanz-dienstleistungssektor hatte und deshalb das Anlagekonzept nicht [X.] konnte, hätte er dies gegenüber der Klägerin aufdecken oder von der Anla-gevermittlung überhaupt Abstand nehmen müssen. - 12 -

- 13 -

d) Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die Kausalität der Vertragsverletzung für den der Klägerin entstandenen Schaden bejaht und ein Mitverschulden der Klägerin verneint hat, lassen Rechtsfehler nicht erkennen.
[X.] [X.] [X.]

[X.] [X.]

Meta

III ZR 413/04

12.05.2005

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2005, Az. III ZR 413/04 (REWIS RS 2005, 3596)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3596

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