Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.01.2023, Az. VI ZB 82/20

6. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 425

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Gegenstand

Rechtsweg beim Rückgriff des Unfallversicherungsträgers gegen einen für ihn tätigen Durchgangsarzt


Leitsatz

Zum Rechtsweg beim Rückgriff des Unfallversicherungsträgers gegen den für ihn tätigen Durchgangsarzt bezüglich einer fehlerhaften Behandlung im Rahmen eines Arbeitsunfalls.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des [X.] vom 30. September 2020 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des [X.] trägt die Klägerin.

Gründe

[X.].

1

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten.

2

Die Klägerin ist Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung, der Beklagte ein für sie tätiger Durchgangsarzt. Zwischen den Parteien gilt ein gemäß § 34 Abs. 3 [X.] geschlossener Vertrag über die Behandlung von bei der Klägerin versicherten Patienten.

3

Am 18. Oktober 2010 erlitt ein Versicherter der Klägerin einen Arbeitsunfall. Die durchgangsärztliche Behandlung des Versicherten erfolgte auf Veranlassung des Beklagten durch einen Assistenzarzt. Der Versicherte erhob den Vorwurf ärztlicher Fehlbehandlung und verlangte in einem Vorprozess Schadensersatz und Schmerzensgeld von der hiesigen Klägerin. Mit rechtskräftigem Urteil vom 17. Mai 2017 verurteilte das [X.], das von einem Befunderhebungsfehler ausging, die Klägerin zur Zahlung von 40.120,72 € (40.000 € Schmerzensgeld und 120,72 € Attestkosten) nebst Zinsen an den Versicherten und zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.196,43 € nebst Zinsen. Zudem stellte es die Ersatzpflicht der Klägerin für alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden des Versicherten aus der fehlerhaften Behandlung vom 18. Oktober 2010 fest.

4

[X.]m vorliegenden Rechtsstreit macht die Klägerin geltend, dem Beklagten, dem sie im Vorprozess den Streit verkündet hatte, sei das Verschulden des [X.] zuzurechnen. Sie begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von insgesamt 133.956,55 € (Klageanträge zu [X.] bis [X.][X.][X.]) sowie die Feststellung der Haftung des Beklagten für alle weiteren aus dem Behandlungsfehler vom 18. Oktober 2010 resultierenden Aufwendungen (Klageantrag zu [X.]V). Mit den Klageanträgen zu [X.] und [X.][X.] verlangt die Klägerin dabei Ersatz für Zahlungen, die sie aufgrund des Urteils vom 17. Mai 2017 an den Versicherten geleistet habe, mit dem Klageantrag zu [X.][X.][X.] Ersatz für Mehraufwendungen in Höhe von insgesamt 78.984,07 €, die ihr aufgrund der fehlerhaften Behandlung entstanden seien (13.440,11 € Heilbehandlungsmehrkosten, 33.616,27 € Verletztengeld, 31.927,69 € Verletztenrente bis zur Klageeinreichung).

5

Das [X.] hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das [X.] verwiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der diese die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses begehrt hat, hat das [X.] als Beschwerdegericht den Beschluss des [X.]s abgeändert. Es hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nur hinsichtlich des Klageantrags zu [X.][X.][X.] für unzulässig erklärt, den Rechtsstreit insoweit an das [X.] verwiesen und ausgesprochen, dass im Übrigen der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist. Die weitergehende sofortige Beschwerde hat es zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragt die Klägerin, den Beschluss des [X.] aufzuheben, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist, und den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten auch hinsichtlich des Klageantrags zu [X.][X.][X.] für zulässig zu erklären.

[X.][X.].

6

Die gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 [X.] statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

7

1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, hinsichtlich der Klageanträge zu [X.] und [X.][X.] (Erstattung von Zahlungen an den Versicherten aufgrund des Urteils vom 17. Mai 2017) sei gemäß Art. 34 Satz 3 [X.] der ordentliche Rechtsweg eröffnet, da die Klägerin insoweit einen Regress aus Amtshaftung gemäß § 839 Abs. 1 BGB, Art. 34 Satz 1 [X.] verfolge. Entsprechendes gelte für den Klageantrag zu [X.]V (Feststellungsantrag), da dieser auch etwaige künftige Aufwendungen aus Amtshaftung erfasse. Hingegen seien gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 3 [X.] die Sozialgerichte für die Entscheidung über den mit dem Klageantrag zu [X.][X.][X.] verfolgten Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihres "[X.]" in Höhe von 78.984,07 € zuständig. Dieser Schaden sei der Klägerin ausschließlich aufgrund sozialrechtlicher Bestimmungen entstanden. Art. 34 Satz 3 [X.] sei aber nur für Schadensersatzansprüche unmittelbar aus und wegen Amtshaftung einschlägig. Die resultierende Aufspaltung des Rechtswegs sei der Klägerin zuzumuten. § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] stehe der Aufspaltung nicht entgegen.

8

2. Das hält der rechtlichen Prüfung stand. Das Beschwerdegericht hat zutreffend entschieden, dass nicht die ordentlichen Gerichte, sondern die Sozialgerichte für die Entscheidung über die mit dem Klageantrag zu [X.][X.][X.] begehrte Erstattung von Heilbehandlungsmehrkosten, Verletztengeld und Verletztenrente zuständig sind und insoweit eine Verweisung gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 [X.] zu erfolgen hat.

9

a) Die Klage betrifft insoweit keine bürgerliche Rechtsstreitigkeit gemäß § 13 [X.], sondern eine grundsätzlich den Sozialgerichten zugewiesene öffentlich-rechtliche Streitigkeit in einer Angelegenheit der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 3 [X.].

aa) Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlicher oder bürgerlich-rechtlicher Art ist, richtet sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche gesetzliche Regelung dieser Frage fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der [X.] hergeleitet wird (st. Rspr.; etwa Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des [X.], Beschluss vom 10. April 1986 - GmS-OGB 1/85, [X.], 312, 313 f., juris Rn. 10; Senatsbeschluss vom 14. April 2015 - V[X.] ZB 50/14, [X.], 378 Rn. 12; [X.], Beschluss vom 9. Februar 2021 - V[X.][X.][X.] ZB 20/20, NVwZ 2021, 660 Rn. 17; jeweils mwN). Dieser Grundsatz bestimmt die Auslegung sowohl von § 13 [X.] als auch von § 51 Abs. 1 [X.] (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des [X.], Beschluss vom 10. April 1986 - GmS-OGB 1/85, [X.], 312, 314, juris Rn. 10; BSG, Beschluss vom 6. September 2007 - B 3 SF 1/07 R, juris Rn. 9). Es kommt nicht auf die Bewertung durch die klagende Partei, sondern darauf an, ob sich das Klagebegehren nach den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen bei objektiver Würdigung aus einem Sachverhalt herleitet, der von Rechtssätzen des Zivil- oder des öffentlichen Rechts geprägt wird (Senatsbeschluss vom 14. April 2015 - V[X.] ZB 50/14, [X.], 378 Rn. 12; [X.], Beschluss vom 9. Februar 2021 - V[X.][X.][X.] ZB 20/20, NVwZ 2021, 660 Rn. 17; jeweils mwN).

bb) Die Klägerin macht keine gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] vermeintlich auf sie übergegangenen privatrechtlichen Ansprüche ihres Versicherten gegen den Beklagten geltend. Vielmehr leitet sie den mit dem Klageantrag zu [X.][X.][X.] verfolgten Anspruch aus dem zwischen ihr als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung und dem Beklagten als Durchgangsarzt bestehenden, gemäß § 34 Abs. 3 Satz 1 [X.] vertraglich geregelten Rechtsverhältnis her. Dieses Rechtsverhältnis ist öffentlich-rechtlicher Natur (vgl. Senatsurteil vom 28. Juni 1994 - V[X.] ZR 153/93, [X.]Z 126, 297, 299, juris Rn. 9; [X.], 47 Rn. 22; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 51 Rn. 8; [X.] in BeckOGK-[X.], Stand: 1.8.2022, § 51 Rn. 57; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 51 Rn. 72). Dementsprechend handelt es sich bei dem gemäß § 34 Abs. 3 Satz 1 [X.] geschlossenen Vertrag um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 [X.] (sog. Normsetzungsvertrag, [X.], 47 Rn. 25; [X.], Beschluss vom 22. Juli 2019 - 4 W 497/19, juris Rn. 9; [X.] in [X.] Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand: 1.3.2018, § 34 [X.] Rn. 23; [X.], [X.], 4. Aufl., § 34 Rn. 11; allgemein zur Abgrenzung von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verträgen etwa [X.], Beschluss vom 9. Februar 2021 - V[X.][X.][X.] ZB 20/20, NVwZ 2021, 660 Rn. 41 mwN).

Dass die Klägerin ihre Ansprüche auf § 280 Abs. 1 BGB stützt, also auf eine Norm des bürgerlichen Rechts, ist unerheblich. Ob es sich um eine bürgerliche Rechtstreitigkeit handelt, hängt nicht von der geltend gemachten Anspruchsgrundlage ab, sondern - wie bereits dargelegt - von der Rechtsnatur der Pflichten, aus deren Verletzung der [X.] hergeleitet wird (vgl. [X.] 105, 210 Rn. 9 mwN). [X.]m Übrigen gelten für öffentlich-rechtliche Verträge aus dem Bereich des Sozialrechts die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches und damit auch § 280 BGB entsprechend (§ 61 [X.]); es bleibt damit aber auch bei Anwendung des § 280 BGB bei dem Charakter einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit.

cc) Es handelt sich um eine Angelegenheit der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 3 [X.] (vgl. Wagner, [X.] 2020, 410, 415; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 51 Rn. 28a; [X.] in [X.], [X.], 6. Aufl., § 51 Rn. 9 a.E.). Das Durchgangsarztverfahren gehört gemäß § 34 [X.] zu den Maßnahmen, mit denen die Unfallversicherungsträger die ihnen übertragenen Aufgaben auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung erfüllen (vgl. [X.] 37, 267, 268, juris Rn. 17). Streitigkeiten im Verhältnis des [X.] zum Durchgangsarzt f[X.] daher grundsätzlich unter die umfassende ([X.] in [X.], Sozialrecht, 7. Aufl., § 51 [X.] Rn. 9) Zuständigkeitsregel des § 51 Abs. 1 Nr. 3 [X.] ([X.] in BeckOGK-[X.], Stand: 1.8.2022, § 51 Rn. 57 mwN).

b) Die ordentlichen Gerichte sind auch nicht kraft einer Sonderzuweisung gemäß Art. 34 Satz 3 [X.] für die Entscheidung über den Klageantrag zu [X.][X.][X.] zuständig. Denn die Klage stellt sich insoweit nicht als Rückgriff der Klägerin gegen den Beklagten im Sinne von Art. 34 Satz 3 [X.] dar.

aa) Gemäß Art. 34 Satz 3 [X.] darf der ordentliche Rechtsweg für den Anspruch auf Schadensersatz aus Amtspflichtverletzung und für den Rückgriff nicht ausgeschlossen werden. Ein Rückgriff im Sinne von Art. 34 Satz 3 [X.] ist dabei nur dann anzunehmen, wenn der klagende öffentlich-rechtliche Dienstherr die von ihm geltend gemachten Regressansprüche darauf stützt, dass er aufgrund eines aus § 839 BGB hergeleiteten Schadensersatzanspruchs Leistungen an einen [X.] erbracht und dadurch einen - mittelbaren - Schaden (Haftungsschaden) erlitten hat (vgl. [X.], NJW 1963, 69, 70; Papier/Shirvani in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 97. EL, Art. 34 Rn. 301; [X.] in [X.] BeamtenR Bund, Stand: 1.8.2022, § 75 [X.] Rn. 26; [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.]: Juli 2022, § 75 Rn. 123 f.). Nicht erfasst werden Ansprüche des Dienstherrn gegen den Amtsträger wegen anderer Schäden, mögen diese auch auf eine Amtspflichtverletzung zurückzuführen sein.

bb) [X.]m Streitfall ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin mit dem Klageantrag zu [X.][X.][X.] den Ersatz ihres aus einem etwaigen Amtshaftungsanspruch des Versicherten resultierenden Haftungsschadens geltend macht. Die Klägerin beruft sich hierauf nicht und Entsprechendes ergibt sich auch nicht eindeutig aus dem Gegenstand der hier in Rede stehenden von ihr erbrachten Leistungen, so dass es eines ausdrücklichen Sich-Berufens nicht bedürfte. Bei den Heilbehandlungskosten, dem Verletztengeld und der Verletztenrente handelt es sich um Zahlungen aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß §§ 26 ff. [X.]. Zu den vom Unfallversicherungsträger zu entschädigenden Folgen eines Versicherungsfalls zählen auch Gesundheitsschäden, die durch die Durchführung einer Heilbehandlung oder der zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordneten Untersuchung wesentlich verursacht wurden (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 und 3 [X.]; [X.] 122, 162 Rn. 19; [X.] 108, 274 Rn. 33), so dass auch eine (gegebenenfalls fehlerhafte) ärztliche Maßnahme Unfallversicherungsleistungen erforderlich machen kann, wenn die Maßnahme - wie hier - der Feststellung oder Behandlung von Unfallfolgen diente.

cc) Dass der Versicherte die Klägerin möglicherweise hinsichtlich der mit dem Klageantrag zu [X.][X.][X.] regressierten Leistungen aus Amtshaftung hätte in Anspruch nehmen können (vgl. zur Haftung des [X.] für Behandlungsfehler des [X.] vom 29. November 2016 - V[X.] ZR 208/15, [X.]Z 213, 120 Rn. 7 ff.; vom 20. Dezember 2016 - V[X.] ZR 395/15, [X.], 495 Rn. 11 f., 14), eröffnet den ordentlichen Rechtsweg nach Art. 34 Satz 3 [X.] nicht. Wie oben ausgeführt, ist allein maßgeblich, ob die Klägerin tatsächlich einen Haftungsschaden geltend macht, weil der Verfassungsgeber nur derartige Ansprüche ausnahmsweise den ordentlichen Gerichten zugewiesen hat.

dd) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde findet Art. 34 Satz 3 [X.] auf den Klageantrag zu [X.][X.][X.] auch nicht wegen des Sachzusammenhangs mit den im Übrigen von der Klägerin verfolgten und vom Beschwerdegericht unter dem Gesichtspunkt des Amtshaftungsrückgriffs dem ordentlichen Rechtsweg zugeordneten Ansprüchen Anwendung.

Die von der Rechtsbeschwerde zur Untermauerung ihrer Ansicht angeführten Entscheidungen des [X.]gerichtshofs und des [X.]verwaltungsgerichts ([X.], Urteile vom 21. Dezember 1964 - [X.][X.][X.] ZR 70/63, [X.]Z 43, 34; vom 3. Oktober 1985 - [X.][X.][X.] ZR 60/84, NJW 1986, 1109; [X.]E 37, 231; [X.] NJW 2002, 2894) sind nicht auf den Streitfall übertragbar. Zum einen betrafen sie jeweils nicht den Rückgriff des Dienstherrn gegen den Amtsträger, sondern die [X.]nanspruchnahme der öffentlichen Hand durch einen [X.]. Zum anderen ging es jeweils um die Frage, ob Ansprüche aus der Verletzung bestimmter, insbesondere vorvertraglicher öffentlich-rechtlicher Pflichten im ordentlichen Rechtsweg zu verfolgen sind, während der Streitfall die Frage aufwirft, hinsichtlich welcher Schäden - bei identischer Pflichtverletzung - der ordentliche Rechtsweg eröffnet ist.

[X.]m Streitfall besteht kein Grund, den Klageantrag zu [X.][X.][X.] aufgrund eines Sachzusammenhangs zur Amtshaftung, der darin besteht, dass der gesamte Schaden auf einer fehlerhaften durchgangsärztlichen Behandlung beruhen soll, den ordentlichen Gerichten zuzuweisen. Der mit dem Antrag geltend gemachte, durch die Erbringung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung entstandene Schaden lässt sich ohne Weiteres von dem auf dem [X.] zu regressierenden Schaden aus der Erfüllung der Amtshaftungsansprüche des Versicherten trennen. Nicht jeder Sachzusammenhang zur Amtshaftung rechtfertigt eine Ausdehnung der auf der Sonderzuweisung des Art. 34 Satz 3 [X.] beruhenden Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte (vgl. [X.], Urteil vom 3. Oktober 1985 - [X.][X.][X.] ZR 60/84, NJW 1986, 1109 f., juris Rn. 16).

c) [X.] des Rechtsstreits widerspricht auch nicht § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.].

Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter [X.] in Betracht kommen Gesichtspunkten. Die hierdurch begründete rechtswegüberschreitende Sach- und Entscheidungskompetenz setzt voraus, dass Gegenstand des Verfahrens ein einheitlicher Streitgegenstand im Sinne eines einheitlichen prozessualen Anspruchs ist. Liegt hingegen eine Mehrheit prozessualer Ansprüche vor, ist für jeden dieser Ansprüche die [X.] gesondert zu prüfen, da andernfalls eine Rechtswegmanipulation durch beliebige Klagehäufungen möglich wäre ([X.], Urteil vom 12. März 2020 - [X.] ZR 126/18, [X.]Z 225, 59 Rn. 23; Beschluss vom 27. November 2013 - [X.][X.][X.] ZB 59/13, [X.]Z 199, 159 Rn. 13 f. mwN; Urteil vom 28. Februar 1991 - [X.][X.][X.] ZR 53/90, [X.]Z 114, 1, 2, juris Rn. 6). [X.]st der beschrittene Rechtsweg für einen der prozessualen Ansprüche nicht eröffnet, hat eine Prozesstrennung gemäß § 145 Abs. 1 ZPO mit anschließender Teilverweisung gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 [X.] zu erfolgen (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Oktober 2009 - [X.] 19/08, [X.]Z 183, 35 Rn. 17; Lückemann in [X.], ZPO, 34. Aufl., § 17 [X.] Rn. 6; [X.] in [X.]/[X.], VwGO, 5. Aufl., § 17 [X.] Rn. 39; [X.] in [X.], ZPO, 23. Aufl., § 17 [X.] Rn. 16).

[X.]m Streitfall bilden die mit dem Klageantrag zu [X.][X.][X.] geltend gemachten Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung und die auf das Urteil vom 17. Mai 2017 an den Versicherten gezahlten Beträge in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eigenständige Schadenspositionen und damit entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde unterschiedliche Streitgegenstände (vgl. Senatsurteil vom 22. Mai 1984 - V[X.] ZR 228/82, NJW 1984, 2346, 2347, juris Rn. 16 f.; Vollkommer in [X.], ZPO, 34. Aufl., [X.]. Rn. 73). Dass sämtliche Schäden nach dem Vortrag der Klägerin auf demselben schädigenden Ereignis beruhen, begründet noch keinen einheitlichen Streitgegenstand (vgl. Senatsurteil vom 22. Mai 1984 - V[X.] ZR 228/82, NJW 1984, 2346, 2347, juris Rn. 17; [X.], Urteil vom 27. Mai 1993 - [X.][X.][X.] ZR 59/92, NJW 1993, 2173, juris Rn. 8).

Dass die Teilverweisung zu einer Rechtswegspaltung führt und die Gefahr begründet, dass die durchgangsärztliche Behandlung des Versicherten von den Gerichten unterschiedlich beurteilt wird, ist als Konsequenz der gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung hinzunehmen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde setzt eine Teilverweisung gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht voraus, dass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist. Die Möglichkeit, dass ein und derselbe Sachverhalt auseinandergerissen und in den sich aus ihm ergebenden Ansprüchen auf verschiedene Rechtswege verteilt wird, ist durch Art. 34 Satz 3 [X.] verfassungsrechtlich vorgegeben (vgl. [X.]E 37, 231, 237, juris Rn. 22; Papier/Shirvani in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 97. EL, Art. 34 Rn. 307 ff.).

[X.]     

      

Offenloch     

      

[X.]

      

Müller     

      

Böhm     

      

Meta

VI ZB 82/20

09.01.2023

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Bamberg, 30. September 2020, Az: 4 W 46/20

§ 280 Abs 1 BGB, § 839 BGB, Art 34 S 3 GG, § 13 GVG, § 51 Abs 1 Nr 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.01.2023, Az. VI ZB 82/20 (REWIS RS 2023, 425)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 425

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Zitiert

VI ZR 208/15

VI ZB 50/14

VIII ZB 20/20

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I ZR 126/18

III ZB 59/13

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