Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.07.2010, Az. 2 B 109/09

2. Senat | REWIS RS 2010, 4847

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Gegenstand

Versorgungsbezüge; nicht zu berücksichtigende Dienstzeiten; Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit Rente; Mindestruhegehalt


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des [X.] vom 18. August 2009 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Nichtzulassungsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

1. Der Kläger bezieht eine Altersrente in Höhe von 831,59 € und begehrt höhere Versorgungsbezüge. Er war zunächst als Grenzbeamter und dann als Volkspolizist in der ehemaligen [X.] tätig. Von 1988 bis 1990 war er inoffizieller Mitarbeiter des [X.]. Nach der [X.] war er kurze [X.] als Angestellter und vom Juli 1991 bis zur Vollendung seines 60. Lebensjahres im Jahre 2001 als Beamter im Polizeidienst des beklagten Landes tätig.

3

Während das Verwaltungsgericht seiner Klage stattgegeben hat, hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Die Versorgungsbezüge sind nach Auffassung des Berufungsgerichts wie folgt zu berechnen: Nach § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b, § 12a [X.] seien [X.]en der Tätigkeit beim [X.] von der ruhegehaltfähigen Dienstzeit vorab abzuziehen, so dass nur die [X.] vom 1. April 1990 bis zum Eintritt des [X.] am 30. September 2001 als ruhegehaltfähige Dienstzeit zugrunde zu legen sei. Die so errechnete fiktive ruhegehaltfähige Dienstzeit nach § 14 Abs. 1 [X.] in Höhe von 20,63 v.H. ergebe Versorgungsbezüge in Höhe von 531,36 €. Da diese sowohl das amtsbezogene als auch das amtsunabhängige Mindestruhegehalt unterschritten, sei der höhere der beiden Beträge, nämlich 1 196,44 € (§ 14 Abs. 4 Satz 1 und 2 [X.]), als Höchstgrenze i.S.d. § 55 Abs. 2 [X.] zugrunde zu legen und hiervon die Altersrente abzuziehen; daraus ergebe sich der zu zahlende Betrag der Versorgungsbezüge (364,85 €).

4

2. Der Kläger wendet sich gegen diese Auslegung der §§ 55, 14 und 12a [X.] i.V.m. § 30 [X.]. Er sieht darin einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Versorgung eines Beamten sei nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) aus dem letzten Amt zu bestimmen. Hiermit sei es unvereinbar, wenn der Beamte nach dem Eintritt in den Ruhestand unabhängig vom erreichten Amt lediglich eine Versorgung in Höhe der amtsunabhängigen Mindestversorgung erhalte und diese ihm wegen der Anrechnung seiner Altersrente auch nur in Teilen ausgezahlt werde. § 12a [X.] könne nur dann zur Anwendung kommen, wenn ein Mitarbeiter des [X.] später in ein Beamtenverhältnis übernommen werde. Ansonsten stünde ein nicht entlassener Beamter schlechter als ein belasteter Beamter, der aus dem Dienst entfernt und nachversichert werde. Insofern sei klärungsbedürftig,

ob § 55 [X.] i.V.m. § 30 [X.] und § 12a [X.] eine Verletzung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums aufgrund der damit verbundenen Kürzungen der Versorgungsbezüge der Ruhestandsbeamten in sich berge.

5

Die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (stRspr, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = [X.] 310 § 132 VwGO Nr. 18). Daran fehlt es hier. Die vom Kläger aufgeworfene Frage ist teilweise schon höchstrichterlich geklärt und lässt sich im Übrigen anhand des eindeutigen Gesetzeswortlauts im vom Berufungsgericht dargestellten Sinne beantworten, ohne dass es hierfür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

6

a) Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist über die Regelung des § 55 Abs. 2 [X.], in dessen Rahmen die Vorschriften über die Mindestversorgung nach § 14 Abs. 4 Satz 1 und 2 [X.] gelten, sichergestellt, dass die Gesamtversorgung des Beamten ausnahmslos zumindest das Niveau der beamtenrechtlichen Mindestversorgung erreicht und damit in jedem Falle dem Gebot der amtsangemessenen Versorgung nach Art. 33 Abs. 5 GG genügt.

7

Etwas anders folgt auch nicht aus § 12a [X.] (i.V.m. § 30 [X.]). Die Bestimmung betrifft diejenigen Beamten, die - wie der Kläger - im Beitrittsgebiet erst seit dem 3. Oktober 1990 in ein Beamtenverhältnis getreten sind. Da § 12a [X.] i.V.m. § 30 [X.] an davor liegende [X.]en bzw. Tätigkeiten anknüpft, sind Beamte umso mehr von der Regelung betroffen, je lebens- bzw. dienstälter sie in das Beamtenverhältnis getreten sind. In diesen Fällen haben sie nur eine kurze Dienstzeit im aktiven Beamtenverhältnis verbracht, so dass dann die amts(un)abhängige Versorgung nach § 14 Abs. 4 Satz 1 oder 2 [X.] zu zahlen ist. Aus diesem Grunde hat § 12a [X.] bei Beamten, die - wie der Kläger - sehr geringe, nämlich weniger als derzeit 20 Dienstjahre (35 v.H. ./. 1,79375 v.H., vgl. § 14 Abs. 4 Satz 1 [X.]; beim Kläger: 10 Jahre und 69 Tage) aufweisen können, im Ergebnis keine Rechtswirkung, weil das Ruhegehalt nicht nach § 14 Abs. 1 [X.], sondern nach § 14 Abs. 4 Satz 1 oder 2 [X.] berechnet wird. Auch hierauf hat das Berufungsgericht bereits zutreffend hingewiesen. Aus dem [X.] der Mindestversorgung folgt zugleich, dass auch sie im Beamtenstatus „[X.]" ist und sich demgemäß nicht von der Versorgung nach Maßgabe des § 14 Abs. 1 [X.] unterscheidet (Urteile vom 23. Juni 2005 - BVerwG 2 C 25.04 - BVerwGE 124, 19 = [X.] 239.1 § 14a [X.] Nr. 4 und vom 12. November 2009 - BVerwG 2 C 29.08 - [X.] 2010, 67 f.).

8

b) Durch die Rechtsprechung des [X.] ist außerdem geklärt, dass es keinen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums gibt, wonach Renten auf die Versorgungsbezüge nicht in der in § 55 [X.] vorgesehenen Art angerechnet werden dürfen (vgl. [X.], Beschluss vom 16. März 2009 - 2 BvR 1003/08 - [X.] 2009, 381 m.w.N.). Der Dienstherr kann sich von seiner Alimentationspflicht dadurch entlasten, dass er den Versorgungsberechtigten auf Einkünfte aus einer anderen öffentlichen Kasse verweist, sofern diese ebenfalls der Existenzsicherung des Versorgungsberechtigten und seiner Familie zu dienen bestimmt sind. Bei den Renten im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 [X.] handelt es sich um solche auf die Versorgungsbezüge anrechenbare Leistungen aus einer anderen öffentlichen Kasse. Es ist insbesondere nicht sachwidrig, wenn der Gesetzgeber bei Rente beziehenden Versorgungsempfängern eine Kürzung der Versorgungsbezüge anordnet, um eine Überhöhung der Gesamtversorgung zu beseitigen, die nicht durch eine Eigenleistung des Versorgungsempfängers, sondern dadurch entstanden ist, dass Rentenrecht und Beamtenversorgungsrecht nicht hinreichend aufeinander abgestimmt sind. Anderenfalls erhielte der Beamte mit einer [X.] grundlos eine überproportionale Versorgung (vgl. [X.], Beschluss vom 16. März 2009 a.a.[X.] m.w.N.).

9

Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass im Fall des [X.] eine nach dem Maßstab des § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 und 2 [X.] ausgesprochen kurze Dienstzeit im Beamtenverhältnis von lediglich 10 Jahren und 69 Tagen ruhegehaltfähig ist und im Übrigen nur noch ein [X.]raum im Angestelltenverhältnis von 293 Tagen, so dass ein [X.]raum von lediglich insgesamt knapp 12 Jahren im versorgungsrechtlichen Sinne im öffentlichen Dienst zugebracht wurde. Vor diesem Hintergrund ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber den Kläger versorgungsrechtlich im Ergebnis nicht anders behandelt als einen „[X.]“, der gleichfalls letztlich nur die amtsunabhängige Mindestversorgung erhält.

c) Auch einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG legt die Beschwerde nicht dar.

Der Regelfall des § 55 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b [X.] führt im Ergebnis dazu, dass gerechnet ab dem vollendeten 17. Lebensjahr von einer fiktiven ruhegehaltfähigen Dienstzeit von 40 Jahren auszugehen und das Ruhegehalt nach Maßgabe von § 14 Abs. 1 [X.] mit einem Faktor von derzeit 1,79375 zu berechnen ist, so dass der [X.] in Höhe von derzeit 71,75 v.H. erreicht ist und danach die Höchstgrenze gemäß § 55 Abs. 2 [X.] bemessen wird.

Die Anwendung von § 12a [X.] i.V.m. § 30 [X.] führt nach Maßgabe von § 55 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b [X.] im Ergebnis demgegenüber dazu, dass sich nach dem [X.] des § 14 Abs. 1 oder § 14 Abs. 4 Satz 1 bzw. 2 [X.] in der Regel eine geringere Höchstgrenze als der [X.] ergibt. Von diesen Regelungen negativ betroffen sind indes lediglich diejenigen Beamten, mit denen trotz Vorliegens der in § 30 [X.] geregelten Tatbestände ein Beamtenverhältnis begründet oder aufrecht erhalten wurde.

Eine im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG sachwidrige Ungleichbehandlung ist insoweit - entgegen der Auffassung des [X.] - nicht in Bezug auf diejenigen Personen gegeben, mit denen ein Beamtenverhältnis (etwa aus den Gründen des § 30 [X.]) gar nicht erst begründet oder die aus diesem wieder entlassen bzw. entfernt wurden. Denn diese Personen beziehen keine Versorgungsleistungen des Dienstherrn, was die Ungleichbehandlung rechtfertigt. Auch hierauf hat das Berufungsgericht bereits hingewiesen.

Auch durfte der Gesetzgeber die in § 12a [X.] angeführten [X.]en, die nach § 30 [X.] für das [X.] nicht berücksichtigt werden, als nicht ruhegehaltfähig und damit im Rahmen des § 55 [X.] zugleich als nicht berücksichtigungsfähig bestimmen. Insofern ist für § 30 [X.] bereits höchstrichterlich geklärt, dass die dort genannten [X.]en nicht besoldungssteigernd zu berücksichtigen sind. Grundgedanke von § 30 Abs. 1 [X.] ist, Dienstzeiten im öffentlichen Dienst der [X.], die durch eine in verschiedener Weise herausgehobene Nähe zum Herrschaftssystem der [X.] gekennzeichnet sind, von der - besoldungssteigernden - Anrechnung auf das [X.] auszuschließen. Die Regelung geht davon aus, dass solche Dienstzeiten, während derer der Beamte außerhalb des Rahmens einer rechtsstaatlichen Verwaltung tätig geworden ist, nicht mit Tätigkeiten in der rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichteten öffentlichen Verwaltung der [X.] gleichgestellt und deshalb bei der Festsetzung des [X.]s nicht besoldungssteigernd berücksichtigt werden dürfen ([X.], Beschluss vom 4. April 2001 - 2 BvL 7/98 - [X.]E 103, 310; BVerwG, Urteil vom 19. April 2004 - BVerwG 2 C 5.03 - [X.] 240 § 30 [X.] Nr. 2). Diesen Grundgedanken hat § 12a [X.] lediglich aufgegriffen, indem die vorgenannten [X.]en ebenfalls nicht versorgungssteigernd wirken sollen, wobei § 14 Abs. 4 Satz 1 und 2 [X.] in jedem Falle im System der Beamtenversorgung sicherstellen, dass Beamte die amts(un)abhängige Mindestversorgung erhalten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 2 GKG.

Meta

2 B 109/09

14.07.2010

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 18. August 2009, Az: 1 L 40/09, Beschluss

§ 30 BBesG, § 55 Abs 2 BeamtVG, § 14 Abs 4 S 1 BeamtVG, § 14 Abs 4 S 2 BeamtVG, § 12a BeamtVG, Art 3 Abs 1 GG, Art 33 Abs 5 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.07.2010, Az. 2 B 109/09 (REWIS RS 2010, 4847)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4847

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Zugang öffentlicher Stellen zu den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes; Anerkennung von Beschäftigungszeiten; ehemalige Angehörige des Staatssicherheitsdienstes


Referenzen
Wird zitiert von

6 A 826/16 HGW

Zitiert

2 BvL 7/98

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