Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.11.2014, Az. I ZR 1/11

I. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 929

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I
ZR
1/11
Verkündet am:

27. November 2014

Bürk

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:

ja
[X.]Z:

nein
[X.]R:

ja
Parfumflakon
III
Gemeinschaftsmarkenverordnung Art. 93 Abs. 5; [X.] I-VO Art. 5 Nr. 3
a)
Die Annahme einer Verletzungshandlung im Sinne von Art. 93 Abs. 5 der Verordnung ([X.]) 40/94 setzt ein aktives Verhalten des Verletzers voraus. International zuständig sind deshalb die Gerichte des Mitgliedstaates, in dem sich der Vorfall, der der behaupteten Verletzung zugrunde liegt, ereignet hat oder zu ereignen droht. Nicht zuständig sind dagegen die Ge-richte der Mitgliedstaaten, in dem die behauptete Verletzung lediglich ihre Wirkungen entfal-tet.
b)
An dem internationalen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung im Sinne von Art.
5 Nr. 3 [X.]-I-VO können neben Ansprüchen auf Geldersatz, Unterlassung und Beseitigung auch Nebenansprüche auf Auskunftserteilung geltend gemacht werden.
c)
Die Annahme
einer internationalen Zuständigkeit gemäß Art.
5 Nr.
3 [X.]-I-VO für eine auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb gestützte Klage unter dem Gesichtspunkt des Ortes der Verwirklichung des Schadenserfolgs setzt voraus, dass nach dem Vortrag des [X.] ein Wettbewerbsverstoß, der einen Schaden im Zuständigkeitsbereich des angeru-fenen Gerichts verursacht hat, nicht ausgeschlossen ist. Ob tatsächlich ein schädigendes Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, aus dem sich ein Wettbewerbsverstoß
ergibt, ist eine Frage der Begründetheit der Klage, die vom zuständigen Gericht anhand des an-wendbaren nationalen Rechts zu prüfen ist.
[X.], Urteil vom 27. November 2014 -
I
ZR
1/11 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom
27.
November 2014
durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Büscher,
die Richter
Prof. Dr.
Schaffert,
Dr.
Koch,
Dr.
Löffler
und die Richterin Dr.
Schwonke
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats
des [X.] vom 7. Dezember 2010 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der [X.] für Handelssachen des [X.] vom 17. September 2009 im Hinblick auf die auf Wettbe-werbsrecht gestützten Klageanträge zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision,
an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
-
3
-
Tatbestand:
Die Klägerin produziert und vertreibt Parfüm-
und Kosmetikerzeugnisse. Sie leitet Rechte aus der nachfolgend abgebildeten, für Parfümeriewaren eingetra-genen dreidimensionalen (schwarz/weißen) Gemeinschaftsmarke Nr.
003788767 ab:

Die Klägerin vertreibt in einem der Gemeinschaftsmarke nachgebildeten farbig gestalteten und beschrifteten Flakon das Damenparfüm "Davidoff Cool Water Woman".
Die [X.], eine in [X.] ansässige Gesellschaft, betreibt den Groß-handel mit Parfüms. Zu ihrer Produktpalette gehört ein Damenparfüm, das sie unter der Bezeichnung "[X.]"
anbietet. Im Januar 2007 ver-kaufte sie das Parfüm an den in [X.] geschäftsansässigen [X.]
Die Klägerin hat in dem Vertrieb des [X.] durch die [X.] in dem im Klageantrag abgebildeten [X.] eine Markenverlet-zung, eine unzulässige vergleichende Werbung und eine unlautere Nachah-mung gesehen. Sie hat behauptet, von der Markeninhaberin, der [X.] 1
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4
-
4
-
S.A., [X.], zur Geltendmachung der Ansprüche aus der [X.] ermächtigt zu sein. Der [X.]n sei bekannt gewesen, dass [X.] beabsichtigt habe, das in [X.] erworbene Parfüm in [X.] weiterzu-verkaufen.
Die Klägerin hat beantragt,
[X.]
die [X.] zu verurteilen,
1. Auskunft zu erteilen,
a)
über Namen und Anschrift desjenigen, von dem die [X.] die von ihr an Kunden in [X.], unter anderem [X.] Warenhandel, veräußerten Parfüms mit der Bezeichnung "[X.]"
in dem nachstehend eingeblendeten Flakon erworben hat unter Vorlage der [X.]:

hilfsweise:
b) über Namen und Anschrift desjenigen, von dem die [X.] die von ihr an Kunden in [X.], unter anderem [X.] Warenhandel, veräußerten Parfüms mit der Bezeichnung "[X.]"
in dem nachstehend eingeblendeten Flakon erworben hat und unter Vor-lage der [X.], soweit dieser Verkäufer in [X.] ge-schäftsansässig ist:

(es folgt die vorstehend unter I 1 a wiedergegebene Abbildung);
2.

Basiszinssatz seit dem 12. September 2007 zu zahlen,
hilfsweise hierzu:
5
-
5
-
die Klägerin von [X.] ihrer Verfahrensbevollmächtigten für die außergerichtliche Vertretung im Abmahnverfahren bis zu einem Betrag

I[X.]
festzustellen, dass die [X.] der Klägerin allen Schaden zu ersetzen hat, der aus dem Vertrieb des Parfüms mit der Bezeichnung "[X.]"
in der zu Ziffer I 1 a bezeichneten Ausstattung nach [X.] ent-standen ist und noch entstehen wird.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete [X.] hat das Berufungsgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es die Klage
als unzulässig abgewiesen hat.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die [X.] beantragt, die Revision zurückzuwei-sen.
Mit Beschluss vom 28. Juni 2012 ([X.], 1065 = [X.], 1246

[X.]) hat der Senat dem [X.] fol-gende Fragen zur Auslegung des Art. 93 Abs. 5 der Verordnung ([X.]) 40/1994 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke und zur Aus-legung des Art. 5 Nr. 3 der Verordnung
([X.]) 44/2001 des Rates vom 22. [X.] über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen zur [X.] vorgelegt:
1.
Ist Art. 93 Abs. 5 der Verordnung ([X.]) 40/94 dahin auszulegen, dass eine Ver-letzungshandlung in einem Mitgliedstaat (Mitgliedstaat A) im Sinne von Art. 93 Abs. 5 der Verordnung ([X.]) 40/94 begangen worden ist, wenn durch eine Handlung in einem anderen Mitgliedstaat (Mitgliedstaat B) eine Teilnahme an der im erstgenannten Mitgliedstaat (Mitgliedstaat A) begangenen Rechtsverlet-zung erfolgt?
2.
Ist Art. 5 Nr. 3 der Verordnung ([X.]) 44/2001 dahin auszulegen, dass das schä-digende Ereignis in einem Mitgliedstaat (Mitgliedstaat A) eingetreten ist, wenn die unerlaubte Handlung, die Gegenstand des Verfahrens ist oder aus der [X.] abgeleitet werden, in einem anderen Mitgliedstaat (Mitgliedstaat B) be-6
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gangen ist und in der Teilnahme an der im erstgenannten Mitgliedstaat ([X.]) erfolgten unerlaubten Handlung (Haupttat) besteht?
Der [X.] hat hierüber durch Urteil vom 5.
Juni 2014 ([X.]/12, [X.], 806 -
Coty/First Note Perfumes) wie folgt entschieden:
1.
Der in Art. 93 Abs. 5 der Verordnung
([X.]) Nr. 40/94 des Rates vom 20.
De-zember 1993 über die Gemeinschaftsmarke enthaltene Begriff des Mitglied-staats, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist, ist dahin auszu-legen, dass sich im Fall eines Verkaufs und einer Lieferung einer nachgeahm-ten Ware in einem Mitgliedstaat, die anschließend durch den Erwerber in einem anderen Mitgliedstaat weiterverkauft wird, aus dieser Bestimmung für die Ent-scheidung über eine Verletzungsklage gegen den ursprünglichen Verkäufer, der in dem Mitgliedstaat, dem das angerufene Gericht angehört,
selbst keine Hand-lung vorgenommen hat, eine gerichtliche Zuständigkeit nicht herleiten lässt.
2.
Art. 5 Nr. 3 der Verordnung
([X.]) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.
Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstre-ckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass sich im Fall der Behauptung einer unzulässigen vergleichenden Werbung oder einer unlauteren Nachahmung eines durch eine Gemeinschaftsmarke ge-schützten Zeichens

beides Verbotstatbestände nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb des Mitgliedstaats, dem das angerufene Gericht ange-hört -
aus dieser Bestimmung die Zuständigkeit eines Gerichts dieses Mitglied-staats nicht kraft des Ortes des Geschehens herleiten lässt, das für einen Schaden, der sich aus der Verletzung des genannten Gesetzes ergibt, ursäch-lich ist, wenn derjenige der mutmaßlichen Täter, der in besagtem Mitgliedstaat verklagt wird, dort selbst keine Handlung vorgenommen hat. Dagegen lässt sich in einem solchen Fall aus dieser Bestimmung die gerichtliche Zuständigkeit für die Entscheidung über eine auf das besagte nationale Gesetz gestützte [X.] gegen eine Person, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und dort eine Handlung vorgenommen haben soll, die im Zuständigkeitsbereich des angerufenen Gerichts einen Schaden verursacht hat oder zu verursachen droht, kraft des Ortes der Verwirklichung des Schadenserfolgs herleiten.

Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat für die Klage gegen die in [X.] ansässige [X.] die internationale Zuständigkeit [X.] Gerichte nach der Gemein-9
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7
-
schaftsmarkenverordnung und nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung ([X.]) 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssa-chen ([X.]-I-VO)
verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die [X.] selbst habe in [X.] keine Rechtsverletzung began-gen. Die Klägerin habe den ihr obliegenden Beweis nicht geführt, dass die [X.] die [X.]s nach [X.] geliefert habe. Vielmehr dürfte im Gegenteil davon auszugehen sein, dass der Käufer [X.] die Waren bei der [X.]n in [X.] erworben und abgeholt habe. Dort seien der Handlungsort und der Ort, an dem der [X.] eingetreten sei.
Eine Zuständigkeit [X.] Gerichte ergebe sich auch nicht aus einer Beihilfe der [X.]n zu einer etwaigen Verletzungshandlung des [X.] Käufers. Wenn der Vertrieb der [X.]s die Gemeinschaftsmarke [X.], sei die [X.] Täterin. Als solche könne sie nicht auch Teilnehmerin einer etwaigen Verletzungshandlung des [X.] Käufers sein.
I[X.] Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg, soweit sie gegen die [X.] gestützten Klage als unzulässig ge-richtet ist
(dazu unter I[X.] 2). Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg gegen die Abweisung der Klage als unzulässig, soweit die Klägerin die Verletzung wettbewerbsrechtlicher
Tatbestände geltend gemacht hat
(dazu unter I[X.] 3).
1.
Die Klägerin hat ihr Klagebegehren in der Revisionsinstanz kumulativ
auf die Gemeinschaftsmarke Nr.
003788767 und auf wettbewerbsrechtliche Tatbestände sowie hilfsweise -
soweit eine kumulative Klagehäufung ausschei-det -
in erster Linie auf die Gemeinschaftsmarke und in zweiter Linie auf [X.] gestützt. Trotz des einheitlichen Klagebegehrens liegen
damit 11
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8
-
mehrere Streitgegenstände vor (vgl. [X.], Urteil vom 30.
April 2014

I
ZR
224/12, [X.], 785 Rn. 21 = [X.], 839
Flugvermittlung im [X.], mwN). In den Vorinstanzen hat die Klägerin die Ansprüche im Wege der alternativen Klagehäufung verfolgt. Diese Vorgehensweise entsprach einer im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes verbreiteten Übung, die der Senat erstmals in seinem Hinweisbeschluss vom 24.
März 2011 als unzulässig ange-sehen hat ([X.], Beschluss vom 24.
März 2011
I
ZR
108/09, [X.]Z 189, 56 Rn.
8
TÜV
I). Die Klägerin kann in der Revisionsinstanz nicht mehr von der al-ternativen Klagehäufung zur kumulativen Klagehäufung übergehen, weil darin eine Klageänderung liegt, die in der Revisionsinstanz ausgeschlossen ist (vgl. [X.], Urteil vom 17.
August 2011
I
ZR
108/09, [X.], 1043 Rn.
32 = [X.], 1454
TÜV
II; Urteil vom 19.
April 2012
I
ZR
86/10, [X.], 1145 Rn.
21 = [X.], 1392
[X.]). Die Klägerin ist jedoch in der Revi-sionsinstanz hilfsweise von der alternativen zur eventuellen Klagehäufung übergegangen. Diese Vorgehensweise ist zulässig (vgl. [X.], Urteil vom 9.
November 2011
I
ZR
150/09, [X.], 304 Rn.
18 = [X.], 330

[X.] Haar-Kosmetik). Für die Beurteilung des Streitfalls kommt es deshalb in erster Linie auf die Frage an, ob die [X.] Gerichte zur Entscheidung über die auf Auskunft, Schadensersatz und Erstattung der vorgerichtlichen Rechts-verfolgungskosten gerichteten Anträge wegen Verletzung der Klagemarke [X.] zuständig sind und nur für den Fall, dass die Klage insoweit unzu-lässig oder unbegründet ist, stellt sich die Frage nach der internationalen [X.] [X.] Gerichte wegen Verstoßes gegen wettbewerbsrechtliche Tatbestände.
2. Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit [X.] Gerichte zutreffend verneint, soweit die Klage auf die Verletzung der [X.] gestützt ist.
15
-
9
-
a) Die internationale Zuständigkeit [X.] Gerichte wegen Verletzung der Gemeinschaftsmarke kann sich im Streitfall nur aus Art.
93 Abs.
5 der [X.] ([X.]) 40/94 ergeben.
Art.
97 Abs.
5 der Verordnung ([X.]) Nr.
207/2009 des Rates vom 26.
Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke, der an die Stelle des Art.
93 Abs.
5 der Verordnung ([X.]) 40/94 getreten ist, kommt im vorliegenden Rechts-streit im Hinblick auf den für die Beurteilung des Sachverhalts maßgeblichen Handlungszeitpunkt im Januar 2007 nicht zur Anwendung (vgl. [X.], [X.], 1065 Rn.
13
Parfumflakon
II). In der Sache macht dies allerdings keinen Unterschied, weil Art.
97 Abs.
5 der Verordnung ([X.]) Nr.
207/2009 eine gegen-über Art.
93 Abs.
5 der Verordnung ([X.]) 40/94 inhaltsgleiche Regelung enthält.
Eine internationale Zuständigkeit [X.] Gerichte nach Art.
93 Abs.
1 bis 3 der Verordnung ([X.]) 40/94
nachfolgend [X.]
scheidet aus, weil die [X.] in einem anderen Mitgliedstaat geschäftsansässig ist. Die internatio-nale Zuständigkeit ist entgegen der Ansicht der Revision auch nicht nach Art.
93 Abs.
4 Buchst.
b [X.] begründet worden. Die [X.] hat in ihrem [X.] Verteidigungsvorbringen die mangelnde örtliche Zuständigkeit des zunächst angerufenen [X.]s Berlin geltend gemacht. Darin liegt konkludent eine schlüssige Rüge im Hinblick auf die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte (vgl. [X.], [X.], 1065 Rn.
14
Parfumflakon
II).
b) Nach Art.
93 Abs.
5 [X.]
können die Verfahren, die durch die in Art. 92 [X.]
genannten
Klagen und [X.]
ausgenommen Klagen auf Feststel-lung der Nichtverletzung einer Gemeinschaftsmarke

anhängig gemacht wer-den, auch bei den Gerichten des Mitgliedstaats anhängig gemacht werden, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht oder
in dem ei-ne Handlung nach Art.
9 Abs.
3 Satz 2 [X.]
begangen worden ist. Für die in-16
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-
10
-
ternationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte kommt es daher grundsätz-lich darauf an, ob der Kläger eine im Inland begangene Verletzungshandlung des [X.]n im Sinne des Art. 93 Abs. 5 [X.]
behauptet hat und diese nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann (vgl. zu Art. 5 Nr. 3 [X.]-I-VO [X.], Urteil vom 8. März 2012 -
I [X.], [X.], 621 Rn. 18 = [X.], 716 -
OSCAR, mwN).
Das
hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ver-neint.
aa)
Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, die
[X.] habe in [X.] keine eigene Handlung vorgenommen, die als [X.] für eine Verletzungshandlung im Sinne von Art. 93 Abs. 5 [X.]
in Be-tracht
kommt.
Die Klägerin hat behauptet, die [X.] habe die [X.]s nach [X.] geliefert, während die [X.] vorgetragen hat, die [X.]s [X.] in [X.] übergeben zu haben. Damit ist zwischen den Parteien der Ort der Verletzungshandlung, der Anknüpfungspunkt für die internationale [X.] ist, streitig. Zur Begründung der internationalen Zuständigkeit ist nicht allein auf den Vortrag der Klägerin abzustellen. Der Ort der [X.] ist kein Umstand, der für die Zuständigkeitsbestimmung maßgeblich ist und gleichzeitig ein notwendiges Tatbestandsmerkmal des geltend gemach-ten Anspruchs darstellt (sogenannte doppelt relevante Tatsache). Ob der Ort der Verletzungshandlung in [X.] oder in [X.] liegt, ist nur für die [X.]sbestimmung und damit für die Zulässigkeitsprüfung von Bedeutung. In einem solchen Fall trifft die Klägerin die Beweislast, dass die [X.] die [X.]s nach [X.] geliefert hat. Den ihr obliegenden Nachweis einer Lieferung nach [X.] hat die Klägerin nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geführt. Es ist daher vom Vortrag der [X.]n, den sich die Klägerin hilfsweise zu eigen 20
21
-
11
-
gemacht hat, auszugehen, nach dem der Abnehmer [X.] die Parfümfla-kons in [X.] erworben und nach
[X.] transportiert hat.
bb)
Das Berufungsgericht ist ferner davon ausgegangen, die von ihrem Abnehmer [X.] im Inland begangene Markenverletzung rechtfertige nicht die Annahme einer inländischen Verletzungshandlung der [X.]n.
Der Um-stand, dass
die [X.] durch die
in [X.] vorgenommene Übergabe der
beanstandeten
[X.]s
Beihilfe zu dem in [X.] eingetretenen markenverletzenden
Erfolg geleistet habe, könne
die
internationale Zuständig-keit der [X.] Gerichte nicht begründen. Diese Beurteilung hält der rechtli-chen Nachprüfung stand.

Wie der [X.] auf den Vorlagebeschluss des Senats entschieden hat, setzt die Annahme einer Verletzungshandlung im Sinne von Art. 93 Abs. 5 [X.]
ein aktives Verhalten des Verletzers voraus. [X.] zuständig sind deshalb die Gerichte des Mitgliedstaates, in dem sich der Vorfall, der der behaupteten Verletzung zugrunde liegt, ereignet hat oder zu ereignen droht. Nicht zuständig sind dagegen die Gerichte der Mitgliedstaaten, in dem die behauptete Verletzung lediglich ihre Wirkungen entfaltet ([X.], [X.], 806 Rn. 33 ff. -
Coty/First Note Perfumes).
Nach diesen Maßstä-ben hat die [X.] keine Handlung im Inland begangen, die [X.] für eine internationale Zuständigkeit [X.] Gerichte im Sinne von Art.
93 Abs. 5 [X.] sein kann.
3. Die Revision hat jedoch Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit [X.] Gerichte für die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche verneint hat. Die internationale
Zuständig-keit [X.] Gerichte
ergibt sich insoweit
aus Art. 5 Nr. 3 [X.]-I-VO.
22
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24
-
12
-
a) Gemäß Art. 5 Nr. 3 [X.]-I-VO kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes
verklagt werden, an dem das schädigende Ereignis [X.] ist oder einzutreten droht, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichsteht, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Der [X.] hängt nicht davon ab, dass tatsächlich eine Verletzung des nationa-len Rechts erfolgt ist. Es reicht aus, dass eine Verletzung behauptet wird und diese nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann ([X.], [X.], 621 Rn.
18
-
OSCAR, mwN). Ob tatsächlich ein schädigendes Ereignis einge-treten ist oder einzutreten droht, ist eine Frage der Begründetheit der Klage,
die vom zuständigen Gericht anhand des anwendbaren nationalen Rechts zu prü-fen
ist (vgl. [X.], Urteil vom 19.
April 2012 -
C-523/10, [X.], 654 Rn.
26 -
Wintersteiger; Urteil vom 3. April 2014 -
C-387/12,
[X.], 599 Rn. 20
f. -
Hi Hotel/Spoering;
[X.],
Urteil vom 12. Dezember 2013

I
ZR
131/12, [X.], 601 Rn. 17 = [X.], 548 -
englischsprachige Pressemitteilung).
b) Die von der Klägerin schlüssig als verletzt geltend
gemachten [X.] der unlauteren vergleichenden Werbung
im Sinne von § 6 Abs. 1 und 2 Nr. 6 UWG und des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes nach § 4 Nr. 9 Buchst. a und b UWG fallen unter den Begriff der unerlaubten Handlung im Sinne
von Art. 5 Nr. 3 [X.]-I-VO (vgl. [X.], [X.], 806 Rn. 56 f.

Coty/First Note Perfumes; [X.], Urteil vom 30. März 2006 -
I [X.], [X.]Z 167, 91 Rn. 21
Arzneimittelwerbung im [X.]).
Erfasst werden neben [X.]n auf Geldersatz,
Unterlassung und Beseitigung (vgl. [X.], Urteil vom 29. Januar 2013
[X.], [X.], 228
Rn. 12 -
Trägermaterial für [X.]) auch Nebenansprüche auf Auskunft (zum Auskunftsanspruch 25
26
-
13
-
[X.], Urteil vom 24.
September 2014
I
ZR
35/11, [X.], 264 Rn.
15 = [X.], 347
Hi Hotel
II; MünchKomm.ZPO/[X.], 4. Aufl., Art.
5 EuG-VO Rn. 62 mwN).
c) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union
zu Art. 5 Nr. 3 [X.]-I-VO
ist mit der Wendung "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht", sowohl der Ort
der [X.] des Schadenserfolgs als auch der Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens gemeint, so dass der [X.]
grundsätzlich
nach Wahl des [X.] vor dem Gericht eines dieser beiden Orte verklagt werden kann ([X.], [X.], 806 Rn. 46 -
Coty/First Note Perfumes, mwN).
d) Allerdings ergibt sich die internationale Zuständigkeit [X.] Gerich-te vorliegend nicht unter dem Gesichtspunkt des Ortes des für den Schaden ur-sächlichen Geschehens. Wird -
wie im Streitfall -
nur einer von mehreren mut-maßlichen Verursachern eines behaupteten Schadens
verklagt
und scheidet deshalb der Gerichtsstand der [X.]nmehrheit im Sinne von Art. 6 Nr. 1 [X.]-I-VO aus (vgl. dazu Kur, GRUR Int.
2014, 749, 756), kann dieser [X.]
wegen
des für den Schaden ursächlichen Geschehens nicht
vor einem Gericht verklagt werden, in dessen Zuständigkeitsbereich er keine
Handlung vorgenommen hat ([X.], Urteil vom 16. Mai 2013 -
C-228/11, [X.], 2099 Rn. 30, 40
-
Melzer; [X.], [X.], 806 Rn. 50 f. -
Coty/First Note Perfumes).
e) Das Berufungsgericht ist jedoch unter dem Gesichtspunkt der [X.] des geltend gemachten Schadens gemäß Art. 5 Nr. 3 [X.]-I-VO inter-national zuständig.
27
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-
14
-
aa) Der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs ist derjenige, an dem aus einem Ereignis, das
eine Schadensersatzpflicht wegen unerlaubter Hand-lung oder wegen einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, auslösen kann, ein Schaden entstanden ist ([X.], Urteil vom 16.
Juli 2009

189/08, [X.]. 2009, 17 = NJW 2009, 3501 Rn.
26
Zuid-Chemie; [X.], [X.], 806 Rn.
54
Coty/First Note Perfumes). Wird eine Verletzung ei-nes Rechts des geistigen oder gewerblichen Eigentums geltend gemacht, setzt dies voraus, dass das behauptete Recht im Mitgliedstaat des angerufenen Ge-richts
geschützt ist ([X.], [X.], 654 Rn.
25
Wintersteiger; [X.], Ur-teil vom 3.
Oktober 2013
170/12, [X.], 100 Rn.
33
Pinckney). Geht es um einen Verstoß gegen ein innerstaatliches Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, setzt die Annahme einer
internationalen Zuständigkeit unter dem Gesichtspunkt des Ortes der Verwirklichung des Schadenserfolgs voraus, dass die in einem anderen Mitgliedstaat begangene Tat nach dem Vortrag des [X.] einen Schaden im Zuständigkeitsbereich des angerufenen Gerichts [X.] hat (vgl. [X.], [X.], 806 Rn.
55

Coty/First Note Perfumes).
bb) Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall gemäß Art. 5 Nr. 3 [X.]-I-VO die Zuständigkeit [X.] Gerichte unter dem Gesichtspunkt der [X.] des geltend gemachten Schadens begründet.
Die
Klägerin hat geltend gemacht, die Verwendung der beanstandeten Flakons in [X.] sei ein unlauterer Vergleich im Sinne von § 6 Abs. 1 und 2 Nr. 6 UWG
und verstoße
außerdem
gegen die Grundsätze des wettbe-werbsrechtlichen Leistungsschutzes
gemäß
§ 4 Nr. 9 Buchst. a und b UWG.
Nach ihrem Vorbringen ist davon auszugehen, dass unter diesen Gesichtspunk-ten ein Schaden in [X.] verwirklicht sein kann. Dem entspricht das Kla-gebegehren, das sich auf den Vertrieb der
beanstandeten Flakons in [X.] bezieht.
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31
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-
15
-
cc) Eine Verantwortlichkeit der [X.]n für die geltend gemachten wett-bewerbsrechtlichen Verstöße kann nicht von vornherein ausgeschlossen wer-den. Gegenteiliges ergibt sich nicht aus dem vom Berufungsgericht herangezo-genen Rechtsinstitut der Konsumtion. Das Berufungsgericht hat hierzu ausge-führt, die Haftung der [X.]n als Täterin einer etwaigen Markenverletzung in [X.] schließe ihre Haftung als Teilnehmerin einer von [X.] in [X.] begangenen Markenverletzung und eines Verstoßes gegen das UWG aus, weil die leichtere Begehungsform der Beihilfe durch die schwerere der Haupttat konsumiert werde.
Dem kann nicht zugestimmt werden.
Das
nach inländischem Strafrecht
für den Schuldausspruch und die Straf-zumessung bedeutsame Rechtsinstitut der Konsumtion hat für
die Frage der [X.]en Zuständigkeit [X.] Gerichte
keine Bedeutung. Die [X.] im Rahmen der Auslegung von Art. 5 Nr. 3 [X.]-I-VO würde in den Mitgliedstaaten zu voneinander abweichenden [X.] führen, die geeignet wären, das Ziel einer Vereinheitlichung der [X.] über die gerichtliche Zuständigkeit, das die Verordnung nach ihrem zweiten Erwägungsgrund verfolgt,
zu beeinträchtigen ([X.], [X.], 2099 Rn. 34 -
Melzer). Die Zuständigkeitsregelungen der [X.]-I-VO sind
deshalb
autonom und unter Bezugnahme auf die Systematik und Zielsetzung dieser Verordnung auszulegen
([X.], [X.], 806 Rn. 45 -
Coty/[X.]).
33
34
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16
-
II[X.] Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben, soweit es um die von der Klägerin im Wege der eventuellen
Klagehäufung geltend gemachten wettbe-werbsrechtlichen Ansprüche geht (§ 562 Abs. 1 ZPO). Insoweit ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da Feststellungen zur Begründetheit der auf Wettbewerbsrecht gestützten Klageanträge
nicht getroffen sind
und der Senat nicht selbst entscheiden
kann (§ 563 Abs. 1 ZPO).

Büscher
Ri[X.] Prof. Dr. Schaffert ist im
Koch
Urlaub und daher gehindert zu unterschreiben.

Büscher

Löffler
Schwonke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.09.2009 -
37 [X.]/08 -

O[X.], Entscheidung vom 07.12.2010 -
I-20 U 170/09 -

35

Meta

I ZR 1/11

27.11.2014

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.11.2014, Az. I ZR 1/11 (REWIS RS 2014, 929)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 929

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I ZR 75/10

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20 U 170/09

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