Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.01.2010, Az. 4 StR 622/09

4. Strafsenat | REWIS RS 2010, 9932

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Gegenstand

Grundsatz des gesetzlichen Richters: Bestimmung eines Richters als so genannter Sondervertreter in einer Strafkammer


Tenor

1. Das Verfahren wird gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall 2 c der Gründe des Urteils des [X.] vom 17. August 2009 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten.

2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen schuldig ist,

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den Feststellungen aufgehoben.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

4. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen unter Einbeziehung der [X.]n aus dem Urteil des [X.] vom 22. Januar 2009 sowie unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen diese Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit einer Verfahrensrüge und beanstandet ferner die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat - nach Einstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO hinsichtlich Fall 2 c der Urteilsgründe - den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg.

I.

2

Die Rüge der Verletzung von § 338 Nr. 1 StPO, weil die zur Entscheidung berufene [X.]. [X.] des [X.]s in der Person der Richterin am [X.] Dr. D. vorschriftswidrig besetzt gewesen sei, hat keinen Erfolg. Ergänzend zu den Ausführungen in der Antragsschrift des [X.] vom 18. Dezember 2009 bemerkt der Senat:

3

Jedenfalls soweit die Revision eine Verletzung von § 338 Nr. 1 StPO in der nach ihrer Auffassung fehlerhaften Annahme der Verhinderung von Frau Richterin am [X.] B. sieht, ist die Rüge unzulässig, da der Inhalt der dienstlichen Erklärung der Vorsitzenden vom 5. August 2009 nicht mitgeteilt wird (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

4

Die weiter gehende Rüge bleibt in der Sache erfolglos.

5

Zwar kann die Bestellung eines sog. Sondervertreters gemäß § 21 e Abs. 3 Satz 1 [X.] gegen § 338 Nr. 1 StPO verstoßen, wenn schon aus der Wahl der [X.] die Möglichkeit ersichtlich ist, dass bei gleichzeitigen Sitzungen auch der Vertreterkammern die bestellten Vertreter nicht in der Lage sein werden, ihre Aufgaben in der [X.] wahrzunehmen, sodass Veranlassung bestand, diesen Mangel des Geschäftsverteilungsplanes zu beheben (Senatsbeschluss vom 7. April 1987 - 4 [X.], [X.], 286). Die Revision, die sich auf diese Entscheidung des Senats stützt, übersieht indessen, dass im damaligen Fall die im Geschäftsverteilungsplan vorgesehene Vertretungsregelung schon für sich genommen nicht ausreichte, um die ordnungsgemäße Besetzung der zur Entscheidung berufenen [X.] sicher zu stellen, da nur zwei Vertretungskammern vorgesehen waren und deshalb wegen der Verteilung der [X.] vorhersehbar war, dass die planmäßigen Vertreter sämtlich verhindert sein könnten. So liegt der Fall hier aber nicht. Die Zahl der Mitglieder der insgesamt neun im Geschäftsverteilungsplan vorgesehenen Vertreterkammern rechtfertigte unter Berücksichtigung der Verteilung der [X.] die Erwartung, dass auch bei Verhinderung von Mitgliedern einer oder mehrerer [X.]n jedenfalls ein Mitglied einer der anderen Kammern zur Verfügung stehen würde. Die im vorliegenden Fall festzustellende Häufung von [X.] war danach nicht vorhersehbar.

6

Entgegen der Auffassung der Revision war die Vorsitzende der hier zur Entscheidung berufenen [X.]. Großen [X.] nicht gehalten, dem Eintritt des [X.] durch kurzfristige Veränderung der Terminierung Rechnung zu tragen, nachdem sie erfahren hatte, dass die Mitglieder der geschäftsplanmäßigen Vertreterkammern auch für die bereits anberaumten [X.] nicht zur Verfügung standen. Die Annahme einer Verhinderung und die Bestellung eines außerplanmäßigen Vertreters erweist sich vor dem Hintergrund der von der Vorsitzenden mitgeteilten angespannten Terminslage der [X.]. Großen [X.] sowie der in den geschäftsplanmäßigen Vertreterkammern austerminierten [X.] jedenfalls nicht als willkürlich.

II.

7

Die Einstellung des Verfahrens im [X.] 3 der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO auf Antrag des [X.] und der daraus folgende Wegfall der insoweit verhängten [X.] von einem Jahr und vier Monaten Freiheitsstrafe führt zum Wegfall des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe, die deshalb vom Tatrichter neu zugemessen werden muss.

8

Soweit das Verfahren eingestellt wird, beruht die Entscheidung über die Kosten und Auslagen auf § 467 Abs. 1 StPO.

Athing                              Solin-Stojanović                                    Ernemann

                  Franke                                             Mutzbauer

Meta

4 StR 622/09

28.01.2010

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Essen, 17. August 2009, Az: 26 KLs 42/09 - 71 Js 448/08, Urteil

§ 21e Abs 3 S 1 GVG, § 338 Nr 1 StPO, Art 101 Abs 1 S 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.01.2010, Az. 4 StR 622/09 (REWIS RS 2010, 9932)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9932

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Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 622/09

4 StR 374/19

3 StR 485/20

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